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Seiler, Tobias: De praefixo vitae termino. [Görlitz], 1635.

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das mans desto lieblicher zubringen möge. Ob nun zwar
solche Liebe vnd freundschafft zu finden vnd anzutreffen
bey gutten Freunden/ bey Pilade vnd Oreste, bey Damone
vnd Pythio, bey David vnd Jonathan: jedoch so ist sie am
allermeisten zu finden vnd anzutreffen im H. Ehestande/
bey Eltern vnd Kinder/ bey Mann vnd Weib. So lange
Man vnd Weib/ Eltern vnd Kindern bey einander leben/
so ist allen theilen wol: Da ist friede/ freude/ lust vnd won-
ne/ da dienet eines dem andern/ da ist eines gerne vmb
das andern/ da frewen sie sich mit einander/ da betrüben
sie sich mit einander/ da pfleget vnd wartet eines des an-
dern/ da henget eines Seele an dem andern/ Mit einem
worte: da ist recht vita Deorum ein recht Götter leben/
da ist ein jrrdisch Paradieß/ ein vorschmack des ewigen
Lebens. Wenn aber nun GOtt der HERR kömpt
vnd eine dikho@omian macht/ die Kinder von den Eltern/
das Weib vom Manne durch den zeitlichen Todt schei-
det vnd trennet: Ach das beist laschen/ da ist Angst/
da ist Jammer vnd Noth verhanden: Da were kein
wunder/ das Eltern über dem Todesfall jhrer Kinder/
der Ehemann über dem Todesfall seines Weibes/ für
Hertzenleid vergiengen/ vnd sich etliche klafftern tieff in
die Erde hinunter schirren. Denn von Kindern heists:
Kinder kommen von Hertzen/ darümb gehen sie wider zu
Hertzen/ vnd schmertzen in lieb vnd leide. Von Eheleu-
ten heists

Non dolor est major, quam cum violentia mortis
Unanimi solvit corda ligata fide.
Kein grösser schmertz auff Erden ist/
Als wenn der Todt mit gewalt aufflöst
Zwey Hertzen/ die in Lieb vnd Leidt
Fest verbunden gewesen allezeit.
Welche

das mans deſto lieblicher zubringen moͤge. Ob nun zwar
ſolche Liebe vnd freundſchafft zu finden vnd anzutreffen
bey gutten Freunden/ bey Pilade vnd Oreſte, bey Damone
vnd Pythio, bey David vnd Jonathan: jedoch ſo iſt ſie am
allermeiſten zu finden vnd anzutreffen im H. Eheſtande/
bey Eltern vnd Kinder/ bey Mann vnd Weib. So lange
Man vnd Weib/ Eltern vnd Kindern bey einander leben/
ſo iſt allen theilen wol: Da iſt friede/ freude/ luſt vnd won-
ne/ da dienet eines dem andern/ da iſt eines gerne vmb
das andern/ da frewen ſie ſich mit einander/ da betruͤben
ſie ſich mit einander/ da pfleget vnd wartet eines des an-
dern/ da henget eines Seele an dem andern/ Mit einem
worte: da iſt recht vita Deorum ein recht Goͤtter leben/
da iſt ein jrrdiſch Paradieß/ ein vorſchmack des ewigen
Lebens. Wenn aber nun GOtt der HERR koͤmpt
vnd eine διχοομίαν macht/ die Kinder von den Eltern/
das Weib vom Manne durch den zeitlichen Todt ſchei-
det vnd trennet: Ach das beiſt laſchen/ da iſt Angſt/
da iſt Jammer vnd Noth verhanden: Da were kein
wunder/ das Eltern uͤber dem Todesfall jhrer Kinder/
der Ehemann uͤber dem Todesfall ſeines Weibes/ fuͤr
Hertzenleid vergiengen/ vnd ſich etliche klafftern tieff in
die Erde hinunter ſchirren. Denn von Kindern heiſts:
Kinder kommen von Hertzen/ daruͤmb gehen ſie wider zu
Hertzen/ vnd ſchmertzen in lieb vnd leide. Von Eheleu-
ten heiſts

Non dolor est major, quam cum violentia mortis
Unanimi ſolvit corda ligata fide.
Kein groͤſſer ſchmertz auff Erden iſt/
Als wenn der Todt mit gewalt auffloͤſt
Zwey Hertzen/ die in Lieb vnd Leidt
Feſt verbunden geweſen allezeit.
Welche
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Zitationshilfe: Seiler, Tobias: De praefixo vitae termino. [Görlitz], 1635, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/386414/6>, abgerufen am 28.03.2024.