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Schellenberger, Christoph: Leichpredig Bey der Christlichen Bestattung. Gießen, 1618.

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Christliche Leichpredig.
Zebaoth/ Esa. 6. v. 3. Also wird auch vns das anschawen
Gottes im ewigen Leben nicht das geringste Stück vnserer
Seeligkeit sein.

Es achts ein Mensch offtmals sehr hoch/ vnd wil sich
gleichsam vor Seelig preisen/ wann Er den Römischen Key-
ser oder sonst einen mechtigen Potentaten in seiner Keyserli-
chen oder Königlichen Majestat vnd Herrlichkeit sehen mag/
oder gesehen hat. Wie wir dann 1. Reg. 10. v. 1. von der Kö-
nigin auß Reich Arabia
lesen/ daß sie sich seelig
gepriesen/ daß sie den König Salomon gesehen/
vnd dessen Weißheit gehöret.
Aber es war doch ein Pur
menschliches/ vnd also ein vergengliches sehen. Drumb kön-
te sich viel seeliger preisen der Ertzvatter Jacob/ darumm/
daß er Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen
hatte/
wie er Gen. 32. v. 30. selber sagt: Jch habe Gott
von Angesicht zu Angesicht gesehen/ vnnd meine
Seele ist genesen.

Jtem viel seeliger könte sich S. Paulus rühmen/ daß er
seine Theologiam im Paradeiß oder dritten Himmel stu-
diret vnd vnaußsprechliche ding darinn gesehen vnd gehöret
hatte/ wie 2. Cor. 12. v. 4. geschrieben stehet. Aber gegen diesem
sehen/ das im ewigen Leben geschehen wird/ ist auch das sehen
Jacobs vnd Pauli gleich als nichts zu achten. Dann Jacobs
sehen ist geschehen in menschlicher gestalt/ vnd ist also ein vnvol
kommenes sehen gewesen. So rufft S. Paulus sein sehen
selbst vor Stückwerck auß 1. Cor. 13. v. 12.

Wann derowegen das vnvolkommene vnd Stuckwerck
wird auffhören/ das vollkommene aber hergegen angehen/
vnd vns das Erkentnuß der heyligen Göttlichen Dreyfaltig-

keit/

Chriſtliche Leichpredig.
Zebaoth/ Eſa. 6. v. 3. Alſo wird auch vns das anſchawen
Gottes im ewigen Leben nicht das geringſte Stuͤck vnſerer
Seeligkeit ſein.

Es achts ein Menſch offtmals ſehr hoch/ vnd wil ſich
gleichſam vor Seelig preiſen/ wann Er den Roͤmiſchen Key-
ſer oder ſonſt einen mechtigen Potentaten in ſeiner Keyſerli-
chen oder Koͤniglichen Majeſtat vnd Herꝛlichkeit ſehen mag/
oder geſehen hat. Wie wir dann 1. Reg. 10. v. 1. von der Koͤ-
nigin auß Reich Arabia
leſen/ daß ſie ſich ſeelig
geprieſen/ daß ſie den Koͤnig Salomon geſehen/
vnd deſſen Weißheit gehoͤret.
Aber es war doch ein Pur
menſchliches/ vnd alſo ein vergengliches ſehen. Drumb koͤn-
te ſich viel ſeeliger preiſen der Ertzvatter Jacob/ darum̃/
daß er Gott von Angeſicht zu Angeſicht geſehen
hatte/
wie er Gen. 32. v. 30. ſelber ſagt: Jch habe Gott
von Angeſicht zu Angeſicht geſehen/ vnnd meine
Seele iſt geneſen.

Jtem viel ſeeliger koͤnte ſich S. Paulus ruͤhmen/ daß er
ſeine Theologiam im Paradeiß oder dritten Himmel ſtu-
diret vnd vnaußſprechliche ding darinn geſehen vnd gehoͤret
hatte/ wie 2. Cor. 12. v. 4. geſchrieben ſtehet. Aber gegen dieſem
ſehen/ das im ewigen Leben geſchehen wird/ iſt auch das ſehen
Jacobs vnd Pauli gleich als nichts zu achten. Dann Jacobs
ſehen iſt geſchehen in menſchlicher geſtalt/ vnd iſt alſo ein vnvol
kommenes ſehen geweſen. So rufft S. Paulus ſein ſehen
ſelbſt vor Stuͤckwerck auß 1. Cor. 13. v. 12.

Wann derowegen das vnvolkommene vnd Stuckwerck
wird auffhoͤren/ das vollkommene aber hergegen angehen/
vnd vns das Erkentnuß der heyligen Goͤttlichen Dreyfaltig-

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[18/0018] Chriſtliche Leichpredig. Zebaoth/ Eſa. 6. v. 3. Alſo wird auch vns das anſchawen Gottes im ewigen Leben nicht das geringſte Stuͤck vnſerer Seeligkeit ſein. Es achts ein Menſch offtmals ſehr hoch/ vnd wil ſich gleichſam vor Seelig preiſen/ wann Er den Roͤmiſchen Key- ſer oder ſonſt einen mechtigen Potentaten in ſeiner Keyſerli- chen oder Koͤniglichen Majeſtat vnd Herꝛlichkeit ſehen mag/ oder geſehen hat. Wie wir dann 1. Reg. 10. v. 1. von der Koͤ- nigin auß Reich Arabia leſen/ daß ſie ſich ſeelig geprieſen/ daß ſie den Koͤnig Salomon geſehen/ vnd deſſen Weißheit gehoͤret. Aber es war doch ein Pur menſchliches/ vnd alſo ein vergengliches ſehen. Drumb koͤn- te ſich viel ſeeliger preiſen der Ertzvatter Jacob/ darum̃/ daß er Gott von Angeſicht zu Angeſicht geſehen hatte/ wie er Gen. 32. v. 30. ſelber ſagt: Jch habe Gott von Angeſicht zu Angeſicht geſehen/ vnnd meine Seele iſt geneſen. Jtem viel ſeeliger koͤnte ſich S. Paulus ruͤhmen/ daß er ſeine Theologiam im Paradeiß oder dritten Himmel ſtu- diret vnd vnaußſprechliche ding darinn geſehen vnd gehoͤret hatte/ wie 2. Cor. 12. v. 4. geſchrieben ſtehet. Aber gegen dieſem ſehen/ das im ewigen Leben geſchehen wird/ iſt auch das ſehen Jacobs vnd Pauli gleich als nichts zu achten. Dann Jacobs ſehen iſt geſchehen in menſchlicher geſtalt/ vnd iſt alſo ein vnvol kommenes ſehen geweſen. So rufft S. Paulus ſein ſehen ſelbſt vor Stuͤckwerck auß 1. Cor. 13. v. 12. Wann derowegen das vnvolkommene vnd Stuckwerck wird auffhoͤren/ das vollkommene aber hergegen angehen/ vnd vns das Erkentnuß der heyligen Goͤttlichen Dreyfaltig- keit/

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Zitationshilfe: Schellenberger, Christoph: Leichpredig Bey der Christlichen Bestattung. Gießen, 1618, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/523612/18>, abgerufen am 29.03.2024.