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Schlegel, Christoph: Glückseliger Reichthumb. Leutschau, 1647.

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giments-sorgen nicht seinen Dienern und Beampten übergeben/
sondern sich derer selbst angenommen/ und darauff gedacht ha-
be/ wie er seinen Vnterthanen mit Rath und That wohl helffen
könne. Das er sich nicht nur das Auge oder den Fuß nennet/
sondern beyde Augen/ beyde Füsse (In Ebr: est numerus Du-
alis)
des Blinden und Lahmen/ ist darumb geschehen/ das er an-
deute/ wie er nicht nur in etwas/ sondern gantz und völlig zu ra-
then bereit gewesen. Einäugige sehen zwar: Aber der mangel
des andern Auges gibt einen grossen übelstand. Die auff einem
Beine hincken/ kommen zwar endlich auch fort/ Aber sehr be-
schwert und langsam. So hat er demnach seinen unverständi-
gen und ungeschickten Vnterthanen beyde Augen/ beyde Füsse
seyn wollen/ also/ das sie die jhnen obliegende oder vorfallende
sachen wohl verstehen/ und den Wandel jhres lebens richtig füh-
ren sollen. Er vergleicht sich den Augen/ weil er jhnen gewesen
ein Führer des Weges zum Verstande: Den Füssen aber/
weil er sie geführet hat auff den Weg guter Sitten und richti-
ges Wandels (Origenes sup. r h. l. Usurpatus est Oculus, tan-
quam Dux viae ad
Intelligendum: Pes. a. quasi Dux viae Mo-
rum)
Er hat sie angewiesen zu guten Wissen/ und zu guten
Wercken zu rechtem Verstande und rechtem Wandel/ wie jhm
Job 4. verß
3. 4.
denn auch sein Freund/ der Eliphas cap. 4 das Zeugnis gibt:
Sihe du hast viel unterweiset/ und lasse Hände gestärcket. Dei-
ne rede hat die Gefallenen auffgerichtet/ und die bebende Knie
hastu bekräfftiget. Denn Richter und Regenten bedürffen der
Weißheit/ zu beyderley fällen. Zu

1. Vnterweisung der Vnwissenden/ das sie das jenige/
was rechtens sey oder nicht/ verstehen/ und also denen rathen und
helffen können/ die dessen eigentliche wissenschafft nicht haben/
aus Vnverstand fehlen und verstossen. Solcher gestalt sind sie
des Blinden Augen. Denn durch Blindheit wird in H.Schrifft
zum öfftern verftanden die Vnwissenheit und Thorheit/ da
man das/ was heilsam ist/ nicht erkennet oder erkennen will.

(5. Buch

giments-ſorgen nicht ſeinen Dienern und Beampten uͤbergeben/
ſondern ſich derer ſelbſt angenommen/ und darauff gedacht ha-
be/ wie er ſeinen Vnterthanen mit Rath und That wohl helffen
koͤnne. Das er ſich nicht nur das Auge oder den Fuß nennet/
ſondern beyde Augen/ beyde Fuͤſſe (In Ebr: eſt numerus Du-
alis)
des Blinden und Lahmen/ iſt darumb geſchehen/ das er an-
deute/ wie er nicht nur in etwas/ ſondern gantz und voͤllig zu ra-
then bereit geweſen. Einaͤugige ſehen zwar: Aber der mangel
des andern Auges gibt einen groſſen uͤbelſtand. Die auff einem
Beine hincken/ kommen zwar endlich auch fort/ Aber ſehr be-
ſchwert und langſam. So hat er demnach ſeinen unverſtaͤndi-
gen und ungeſchickten Vnterthanen beyde Augen/ beyde Fuͤſſe
ſeyn wollen/ alſo/ das ſie die jhnen obliegende oder vorfallende
ſachen wohl verſtehen/ und den Wandel jhres lebens richtig fuͤh-
ren ſollen. Er vergleicht ſich den Augen/ weil er jhnen geweſen
ein Fuͤhrer des Weges zum Verſtande: Den Fuͤſſen aber/
weil er ſie gefuͤhret hat auff den Weg guter Sitten und richti-
ges Wandels (Origenes ſup. r h. l. Uſurpatus eſt Oculus, tan-
quam Dux viæ ad
Intelligendum: Pes. a. quaſi Dux viæ Mo-
rum)
Er hat ſie angewieſen zu guten Wiſſen/ und zu guten
Wercken zu rechtem Verſtande und rechtem Wandel/ wie jhm
Job 4. verß
3. 4.
denn auch ſein Freund/ der Eliphas cap. 4 das Zeugnis gibt:
Sihe du haſt viel unterweiſet/ und laſſe Haͤnde geſtaͤrcket. Dei-
ne rede hat die Gefallenen auffgerichtet/ und die bebende Knie
haſtu bekraͤfftiget. Denn Richter und Regenten beduͤrffen der
Weißheit/ zu beyderley faͤllen. Zu

1. Vnterweiſung der Vnwiſſenden/ das ſie das jenige/
was rechtens ſey oder nicht/ verſtehen/ und alſo denen rathen und
helffen koͤnnen/ die deſſen eigentliche wiſſenſchafft nicht haben/
aus Vnverſtand fehlen und verſtoſſen. Solcher geſtalt ſind ſie
des Blinden Augen. Denn durch Blindheit wird in H.Schrifft
zum oͤfftern verftanden die Vnwiſſenheit und Thorheit/ da
man das/ was heilſam iſt/ nicht erkennet oder erkennen will.

(5. Buch
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[[32]/0032] giments-ſorgen nicht ſeinen Dienern und Beampten uͤbergeben/ ſondern ſich derer ſelbſt angenommen/ und darauff gedacht ha- be/ wie er ſeinen Vnterthanen mit Rath und That wohl helffen koͤnne. Das er ſich nicht nur das Auge oder den Fuß nennet/ ſondern beyde Augen/ beyde Fuͤſſe (In Ebr: eſt numerus Du- alis) des Blinden und Lahmen/ iſt darumb geſchehen/ das er an- deute/ wie er nicht nur in etwas/ ſondern gantz und voͤllig zu ra- then bereit geweſen. Einaͤugige ſehen zwar: Aber der mangel des andern Auges gibt einen groſſen uͤbelſtand. Die auff einem Beine hincken/ kommen zwar endlich auch fort/ Aber ſehr be- ſchwert und langſam. So hat er demnach ſeinen unverſtaͤndi- gen und ungeſchickten Vnterthanen beyde Augen/ beyde Fuͤſſe ſeyn wollen/ alſo/ das ſie die jhnen obliegende oder vorfallende ſachen wohl verſtehen/ und den Wandel jhres lebens richtig fuͤh- ren ſollen. Er vergleicht ſich den Augen/ weil er jhnen geweſen ein Fuͤhrer des Weges zum Verſtande: Den Fuͤſſen aber/ weil er ſie gefuͤhret hat auff den Weg guter Sitten und richti- ges Wandels (Origenes ſup. r h. l. Uſurpatus eſt Oculus, tan- quam Dux viæ ad Intelligendum: Pes. a. quaſi Dux viæ Mo- rum) Er hat ſie angewieſen zu guten Wiſſen/ und zu guten Wercken zu rechtem Verſtande und rechtem Wandel/ wie jhm denn auch ſein Freund/ der Eliphas cap. 4 das Zeugnis gibt: Sihe du haſt viel unterweiſet/ und laſſe Haͤnde geſtaͤrcket. Dei- ne rede hat die Gefallenen auffgerichtet/ und die bebende Knie haſtu bekraͤfftiget. Denn Richter und Regenten beduͤrffen der Weißheit/ zu beyderley faͤllen. Zu Job 4. verß 3. 4. 1. Vnterweiſung der Vnwiſſenden/ das ſie das jenige/ was rechtens ſey oder nicht/ verſtehen/ und alſo denen rathen und helffen koͤnnen/ die deſſen eigentliche wiſſenſchafft nicht haben/ aus Vnverſtand fehlen und verſtoſſen. Solcher geſtalt ſind ſie des Blinden Augen. Denn durch Blindheit wird in H.Schrifft zum oͤfftern verftanden die Vnwiſſenheit und Thorheit/ da man das/ was heilſam iſt/ nicht erkennet oder erkennen will. (5. Buch

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Zitationshilfe: Schlegel, Christoph: Glückseliger Reichthumb. Leutschau, 1647, S. [32]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/537788/32>, abgerufen am 18.04.2024.