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Adams, George: Versuch über die Electricität. Leipzig, 1785.

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Sechstes Capitel.

Die Leichtigkeit, mit welcher die Spitzen die elektri-
sche Materie annehmen und mittheilen, und die verschie-
denen Erscheinungen des Lichts an den Spitzen in verschie-
denen Versuchen, haben vielen Physikern Anlaß gegeben
zu glauben, daß diese Erscheinungen die Richtungen der
elektrischen Materie auf eine ganz entscheidende Art bewie-
sen. Sie nehmen an, die Erscheinung des runden Lichts
oder Sterns sey ein Zeichen, daß die elektrische Materie
in die Spitze eindringe, aus derjenigen Spitze hingegen,
an welcher der helle Kegel oder Büschel erscheint, ströme
die Materie aus. Diese Meinung bestätiget sich dadurch,
daß diese Erscheinungen den Gesetzen der Bewegung an-
derer flüssiger Materien gemäß sind, welche beym Aus-
strömen durch den Widerstand der Luft eben so divergent
gemacht werden, wie die elektrische Materie, welche aus
einer am Ende des positiven Conductors befestigten Spitze
ausströmt. Man hat zwar den Einwurf gemacht, daß
man die Stralen auch so ansehen könne, als ob sie aus
eben so vielen Punkten der umliegenden Luft gegen die me-
tallische Spitze zuströmten. Es ist aber schwer anzuge-
ben, warum ein sichtbarer Stral eher aus einem Punkte
der Atmosphäre ausbrechen sollte, als aus einem andern,
da doch die Luft dem Durchgange der elektrischen Materie
aller Wahrscheinlichkeit nach überall gleichförmig wider-
steht, und also diese Materie aus der Luft gegen die Spitze
nicht anders als langsam, unmerklich und auf allen Sei-
ten gleichförmig hinzudringen kan, bis sie ihr so nahe
kömmt, daß sie sich einen Weg durch den Zwischenraum
durchbrechen, und an die Spitze selbst kommen kan, wo
sie sich als ein leuchtendes Kügelchen zeiget.

73. Versuch.

Man bringe eine geriebene Glasröhre nahe an eine
am Ende eines positiv elektrisirten Conductors befestigte
Spitze, so wird der leuchtende Büschel durch die Wirkung
[d]er geriebenen Röhre gebogen und aus dem Wege gelen-

Sechſtes Capitel.

Die Leichtigkeit, mit welcher die Spitzen die elektri-
ſche Materie annehmen und mittheilen, und die verſchie-
denen Erſcheinungen des Lichts an den Spitzen in verſchie-
denen Verſuchen, haben vielen Phyſikern Anlaß gegeben
zu glauben, daß dieſe Erſcheinungen die Richtungen der
elektriſchen Materie auf eine ganz entſcheidende Art bewie-
ſen. Sie nehmen an, die Erſcheinung des runden Lichts
oder Sterns ſey ein Zeichen, daß die elektriſche Materie
in die Spitze eindringe, aus derjenigen Spitze hingegen,
an welcher der helle Kegel oder Büſchel erſcheint, ſtröme
die Materie aus. Dieſe Meinung beſtätiget ſich dadurch,
daß dieſe Erſcheinungen den Geſetzen der Bewegung an-
derer flüſſiger Materien gemäß ſind, welche beym Aus-
ſtrömen durch den Widerſtand der Luft eben ſo divergent
gemacht werden, wie die elektriſche Materie, welche aus
einer am Ende des poſitiven Conductors befeſtigten Spitze
ausſtrömt. Man hat zwar den Einwurf gemacht, daß
man die Stralen auch ſo anſehen könne, als ob ſie aus
eben ſo vielen Punkten der umliegenden Luft gegen die me-
talliſche Spitze zuſtrömten. Es iſt aber ſchwer anzuge-
ben, warum ein ſichtbarer Stral eher aus einem Punkte
der Atmoſphäre ausbrechen ſollte, als aus einem andern,
da doch die Luft dem Durchgange der elektriſchen Materie
aller Wahrſcheinlichkeit nach überall gleichförmig wider-
ſteht, und alſo dieſe Materie aus der Luft gegen die Spitze
nicht anders als langſam, unmerklich und auf allen Sei-
ten gleichförmig hinzudringen kan, bis ſie ihr ſo nahe
kömmt, daß ſie ſich einen Weg durch den Zwiſchenraum
durchbrechen, und an die Spitze ſelbſt kommen kan, wo
ſie ſich als ein leuchtendes Kügelchen zeiget.

73. Verſuch.

Man bringe eine geriebene Glasröhre nahe an eine
am Ende eines poſitiv elektriſirten Conductors befeſtigte
Spitze, ſo wird der leuchtende Büſchel durch die Wirkung
[d]er geriebenen Röhre gebogen und aus dem Wege gelen-

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[62/0082] Sechſtes Capitel. Die Leichtigkeit, mit welcher die Spitzen die elektri- ſche Materie annehmen und mittheilen, und die verſchie- denen Erſcheinungen des Lichts an den Spitzen in verſchie- denen Verſuchen, haben vielen Phyſikern Anlaß gegeben zu glauben, daß dieſe Erſcheinungen die Richtungen der elektriſchen Materie auf eine ganz entſcheidende Art bewie- ſen. Sie nehmen an, die Erſcheinung des runden Lichts oder Sterns ſey ein Zeichen, daß die elektriſche Materie in die Spitze eindringe, aus derjenigen Spitze hingegen, an welcher der helle Kegel oder Büſchel erſcheint, ſtröme die Materie aus. Dieſe Meinung beſtätiget ſich dadurch, daß dieſe Erſcheinungen den Geſetzen der Bewegung an- derer flüſſiger Materien gemäß ſind, welche beym Aus- ſtrömen durch den Widerſtand der Luft eben ſo divergent gemacht werden, wie die elektriſche Materie, welche aus einer am Ende des poſitiven Conductors befeſtigten Spitze ausſtrömt. Man hat zwar den Einwurf gemacht, daß man die Stralen auch ſo anſehen könne, als ob ſie aus eben ſo vielen Punkten der umliegenden Luft gegen die me- talliſche Spitze zuſtrömten. Es iſt aber ſchwer anzuge- ben, warum ein ſichtbarer Stral eher aus einem Punkte der Atmoſphäre ausbrechen ſollte, als aus einem andern, da doch die Luft dem Durchgange der elektriſchen Materie aller Wahrſcheinlichkeit nach überall gleichförmig wider- ſteht, und alſo dieſe Materie aus der Luft gegen die Spitze nicht anders als langſam, unmerklich und auf allen Sei- ten gleichförmig hinzudringen kan, bis ſie ihr ſo nahe kömmt, daß ſie ſich einen Weg durch den Zwiſchenraum durchbrechen, und an die Spitze ſelbſt kommen kan, wo ſie ſich als ein leuchtendes Kügelchen zeiget. 73. Verſuch. Man bringe eine geriebene Glasröhre nahe an eine am Ende eines poſitiv elektriſirten Conductors befeſtigte Spitze, ſo wird der leuchtende Büſchel durch die Wirkung der geriebenen Röhre gebogen und aus dem Wege gelen-

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Zitationshilfe: Adams, George: Versuch über die Electricität. Leipzig, 1785, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adams_elektricitaet_1785/82>, abgerufen am 28.03.2024.