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Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Laune. Wie toll vor Freude kreiselte sich in den Gängen der alte Lauson. Er war um Vieles dicker geworden, und sein Wesen hatte einen vornehmen Anstrich, der dem schlichten Bürger sonst fremd gewesen. Behrend dagegen konnte kaum die ernste Würde, die ihm eigen, aufrecht erhalten; so blitzte die Freude aus seinem Vaterauge. Ja, Gevatter, sagte Lauson, wer hätte das damals erwartet! Dem Verdienste wird doch seine Krone, und die Welt ist schön und gut. -- Ich kann noch immer eine gewisse Aengstlichkeit nicht unterdrücken, entgegnete Behrend. Noch immer ist die Einwilligung des Freiherrn nicht da. Sein Schweigen ist bedenklich, wenn man seinen Charakter erwägt. -- Was bedenken, rief Lauson, er muß, er muß! Wofür haben wir unsern durchlauchtigen Herzog, meinen dankbaren Herzensjungen. Wenn er nicht will, schicken wir ihn zum Zobeljagen. Deiner muß tanzen nach meiner Pfeife. Dein Franzwein ist sauer, Nichts ist aus ihm geworden. Wir erheben ihn erst, durch uns kann er es zu etwas bringen. Pereant die Duckmäuser!

Pack! murmelte der Ergrimmte in die Zähne. Die Brautleute kamen den Gang herauf. Seligkeit in den Blicken der Umschlungenen. Benigna war sehr schön geworden, der Liebreiz umfloß ihre zarte Gestalt. Sie wischte eine Thräne aus dem Auge: Und mir ist doch noch bange, hauchte ihre klangvolle Stimme, wenn er so plötzlich vor uns träte, wie ich ihn oft sah -- der zornige Blick vor sich hinstarrend aus dem bärtigen Ge-

Laune. Wie toll vor Freude kreiselte sich in den Gängen der alte Lauson. Er war um Vieles dicker geworden, und sein Wesen hatte einen vornehmen Anstrich, der dem schlichten Bürger sonst fremd gewesen. Behrend dagegen konnte kaum die ernste Würde, die ihm eigen, aufrecht erhalten; so blitzte die Freude aus seinem Vaterauge. Ja, Gevatter, sagte Lauson, wer hätte das damals erwartet! Dem Verdienste wird doch seine Krone, und die Welt ist schön und gut. — Ich kann noch immer eine gewisse Aengstlichkeit nicht unterdrücken, entgegnete Behrend. Noch immer ist die Einwilligung des Freiherrn nicht da. Sein Schweigen ist bedenklich, wenn man seinen Charakter erwägt. — Was bedenken, rief Lauson, er muß, er muß! Wofür haben wir unsern durchlauchtigen Herzog, meinen dankbaren Herzensjungen. Wenn er nicht will, schicken wir ihn zum Zobeljagen. Deiner muß tanzen nach meiner Pfeife. Dein Franzwein ist sauer, Nichts ist aus ihm geworden. Wir erheben ihn erst, durch uns kann er es zu etwas bringen. Pereant die Duckmäuser!

Pack! murmelte der Ergrimmte in die Zähne. Die Brautleute kamen den Gang herauf. Seligkeit in den Blicken der Umschlungenen. Benigna war sehr schön geworden, der Liebreiz umfloß ihre zarte Gestalt. Sie wischte eine Thräne aus dem Auge: Und mir ist doch noch bange, hauchte ihre klangvolle Stimme, wenn er so plötzlich vor uns träte, wie ich ihn oft sah — der zornige Blick vor sich hinstarrend aus dem bärtigen Ge-

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[0085] Laune. Wie toll vor Freude kreiselte sich in den Gängen der alte Lauson. Er war um Vieles dicker geworden, und sein Wesen hatte einen vornehmen Anstrich, der dem schlichten Bürger sonst fremd gewesen. Behrend dagegen konnte kaum die ernste Würde, die ihm eigen, aufrecht erhalten; so blitzte die Freude aus seinem Vaterauge. Ja, Gevatter, sagte Lauson, wer hätte das damals erwartet! Dem Verdienste wird doch seine Krone, und die Welt ist schön und gut. — Ich kann noch immer eine gewisse Aengstlichkeit nicht unterdrücken, entgegnete Behrend. Noch immer ist die Einwilligung des Freiherrn nicht da. Sein Schweigen ist bedenklich, wenn man seinen Charakter erwägt. — Was bedenken, rief Lauson, er muß, er muß! Wofür haben wir unsern durchlauchtigen Herzog, meinen dankbaren Herzensjungen. Wenn er nicht will, schicken wir ihn zum Zobeljagen. Deiner muß tanzen nach meiner Pfeife. Dein Franzwein ist sauer, Nichts ist aus ihm geworden. Wir erheben ihn erst, durch uns kann er es zu etwas bringen. Pereant die Duckmäuser! Pack! murmelte der Ergrimmte in die Zähne. Die Brautleute kamen den Gang herauf. Seligkeit in den Blicken der Umschlungenen. Benigna war sehr schön geworden, der Liebreiz umfloß ihre zarte Gestalt. Sie wischte eine Thräne aus dem Auge: Und mir ist doch noch bange, hauchte ihre klangvolle Stimme, wenn er so plötzlich vor uns träte, wie ich ihn oft sah — der zornige Blick vor sich hinstarrend aus dem bärtigen Ge-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/85>, abgerufen am 18.04.2024.