Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite

Wilhelm Arent.

Hinstirbt die Sehnsucht,
Die ewige Sehnsucht
Der erdkranken Seele.
Gesprengt sind die Bande
Der sterblichen Hülle,
Ertödtet die wilden
Dämonen des Fleisches.
Dann werd' ich dich schauen,
Ganz schauen und fühlen,
Erlöser und Allgott,
Mit Sonnen und Sternen
Im Schooße dir liegen
Und träumen, was du träumst.
Dann stillst du die brennenden
Schmerzen des Müden,
Dann stillst du den Durst,
Den unersättlichen Durst
Nach ewiger Tröstung,
Dann labt mich dein Auge,
Dein lichtspendend Auge,
Du Urquell der Gnade,
Dann zerfließ' ich im Weihkuß
Deiner Seelenumarmung,
Du allmächtige Selbstkraft!



Abenddämmern.

Gedichte 1883, S. 43.

Abenddämmern trüb und fahl,
Tiefe Stille webt im Thal.
Schleier rings die Berge kränzt,
Selten nur ein Stern erglänzt.
Wellen zieh'n und Winde rauschen,
Träumend neig' ich mich, zu lauschen
Und mir dünkt, daß Höh'n und Tiefen
Und die Wälder all' mich riefen.

Wilhelm Arent.

Hinſtirbt die Sehnſucht,
Die ewige Sehnſucht
Der erdkranken Seele.
Geſprengt ſind die Bande
Der ſterblichen Hülle,
Ertödtet die wilden
Dämonen des Fleiſches.
Dann werd’ ich dich ſchauen,
Ganz ſchauen und fühlen,
Erlöſer und Allgott,
Mit Sonnen und Sternen
Im Schooße dir liegen
Und träumen, was du träumſt.
Dann ſtillſt du die brennenden
Schmerzen des Müden,
Dann ſtillſt du den Durſt,
Den unerſättlichen Durſt
Nach ewiger Tröſtung,
Dann labt mich dein Auge,
Dein lichtſpendend Auge,
Du Urquell der Gnade,
Dann zerfließ’ ich im Weihkuß
Deiner Seelenumarmung,
Du allmächtige Selbſtkraft!



Abenddämmern.

Gedichte 1883, S. 43.

Abenddämmern trüb und fahl,
Tiefe Stille webt im Thal.
Schleier rings die Berge kränzt,
Selten nur ein Stern erglänzt.
Wellen zieh’n und Winde rauſchen,
Träumend neig’ ich mich, zu lauſchen
Und mir dünkt, daß Höh’n und Tiefen
Und die Wälder all’ mich riefen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <pb facs="#f0022" n="4"/>
              <fw place="top" type="header">Wilhelm Arent.</fw><lb/>
              <l>Hin&#x017F;tirbt die Sehn&#x017F;ucht,</l><lb/>
              <l>Die ewige Sehn&#x017F;ucht</l><lb/>
              <l>Der erdkranken Seele.</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;prengt &#x017F;ind die Bande</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;terblichen Hülle,</l><lb/>
              <l>Ertödtet die wilden</l><lb/>
              <l>Dämonen des Flei&#x017F;ches.</l><lb/>
              <l>Dann werd&#x2019; ich dich &#x017F;chauen,</l><lb/>
              <l>Ganz &#x017F;chauen und fühlen,</l><lb/>
              <l>Erlö&#x017F;er und Allgott,</l><lb/>
              <l>Mit Sonnen und Sternen</l><lb/>
              <l>Im Schooße dir liegen</l><lb/>
              <l>Und träumen, was du träum&#x017F;t.</l><lb/>
              <l>Dann &#x017F;till&#x017F;t du die brennenden</l><lb/>
              <l>Schmerzen des Müden,</l><lb/>
              <l>Dann &#x017F;till&#x017F;t du den Dur&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Den uner&#x017F;ättlichen Dur&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Nach ewiger Trö&#x017F;tung,</l><lb/>
              <l>Dann labt mich dein Auge,</l><lb/>
              <l>Dein licht&#x017F;pendend Auge,</l><lb/>
              <l>Du Urquell der Gnade,</l><lb/>
              <l>Dann zerfließ&#x2019; ich im Weihkuß</l><lb/>
              <l>Deiner Seelenumarmung,</l><lb/>
              <l>Du allmächtige Selb&#x017F;tkraft!</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Abenddämmern.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Gedichte 1883, S. 43.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Abenddämmern trüb und fahl,</l><lb/>
              <l>Tiefe Stille webt im Thal.</l><lb/>
              <l>Schleier rings die Berge kränzt,</l><lb/>
              <l>Selten nur ein Stern erglänzt.</l><lb/>
              <l>Wellen zieh&#x2019;n und Winde rau&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Träumend neig&#x2019; ich mich, zu lau&#x017F;chen</l><lb/>
              <l>Und mir dünkt, daß Höh&#x2019;n und Tiefen</l><lb/>
              <l>Und die Wälder all&#x2019; mich riefen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0022] Wilhelm Arent. Hinſtirbt die Sehnſucht, Die ewige Sehnſucht Der erdkranken Seele. Geſprengt ſind die Bande Der ſterblichen Hülle, Ertödtet die wilden Dämonen des Fleiſches. Dann werd’ ich dich ſchauen, Ganz ſchauen und fühlen, Erlöſer und Allgott, Mit Sonnen und Sternen Im Schooße dir liegen Und träumen, was du träumſt. Dann ſtillſt du die brennenden Schmerzen des Müden, Dann ſtillſt du den Durſt, Den unerſättlichen Durſt Nach ewiger Tröſtung, Dann labt mich dein Auge, Dein lichtſpendend Auge, Du Urquell der Gnade, Dann zerfließ’ ich im Weihkuß Deiner Seelenumarmung, Du allmächtige Selbſtkraft! Abenddämmern. Gedichte 1883, S. 43. Abenddämmern trüb und fahl, Tiefe Stille webt im Thal. Schleier rings die Berge kränzt, Selten nur ein Stern erglänzt. Wellen zieh’n und Winde rauſchen, Träumend neig’ ich mich, zu lauſchen Und mir dünkt, daß Höh’n und Tiefen Und die Wälder all’ mich riefen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/22
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/22>, abgerufen am 28.03.2024.