Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite

Carl Bleibtreu.

Mein Lieben ist für mich mein ganzes Leben,
Mein Lied mein ganzer Ruhm; und wenn gegeben
Mir eine Seele, die unsterblich, dann
Zuleika's Name nimmer sterben kann.
Denn "meine Seele" nannte ich sie immer --
Sie lebt in meinem Lied und das stirbt nimmer.

2.
Mir sind deine schwarzen Augen,
Wie Fahnen auf dem Zelt
Von unserm Herrn zu Bagdad,*)
Wo der Halbmond Wache hält.
Roßschweife ihn umflattern --
Wie Wolken des Mondes Pracht
Umwallen auf dem Zelte
Der allbedeckenden Nacht.
Ich bin ein Kalif des Geistes,
Ein Mehrer des Reichs fürwahr.
Doch ein König ohne Land nur
Im großen Weltbazar.
Einen Schatz nur hat der Kurde
An Harmonia's Bucht:
Die stolzen Feuerrosse
Von Kochlani's alter Zucht --
So habe ich nur den Simurg,
Den alten Fabelgreif;
Der trägt mich zum siebenten Himmel
Auf seinem flammenden Schweif.
Den Isthakar-Schatz kann ich heben,
Den Gott meinem Innern verlieh,
Und mit Salomos Siegel beschwören
Die Geister der Phantasie.

*) "Schatten" und "Nacht", die schwarzen Reichs-Banner des Kalifen.

Carl Bleibtreu.

Mein Lieben iſt für mich mein ganzes Leben,
Mein Lied mein ganzer Ruhm; und wenn gegeben
Mir eine Seele, die unſterblich, dann
Zuleika’s Name nimmer ſterben kann.
Denn „meine Seele“ nannte ich ſie immer —
Sie lebt in meinem Lied und das ſtirbt nimmer.

2.
Mir ſind deine ſchwarzen Augen,
Wie Fahnen auf dem Zelt
Von unſerm Herrn zu Bagdad,*)
Wo der Halbmond Wache hält.
Roßſchweife ihn umflattern —
Wie Wolken des Mondes Pracht
Umwallen auf dem Zelte
Der allbedeckenden Nacht.
Ich bin ein Kalif des Geiſtes,
Ein Mehrer des Reichs fürwahr.
Doch ein König ohne Land nur
Im großen Weltbazar.
Einen Schatz nur hat der Kurde
An Harmonia’s Bucht:
Die ſtolzen Feuerroſſe
Von Kochlani’s alter Zucht —
So habe ich nur den Simurg,
Den alten Fabelgreif;
Der trägt mich zum ſiebenten Himmel
Auf ſeinem flammenden Schweif.
Den Iſthakar-Schatz kann ich heben,
Den Gott meinem Innern verlieh,
Und mit Salomos Siegel beſchwören
Die Geiſter der Phantaſie.

*) „Schatten“ und „Nacht“, die ſchwarzen Reichs-Banner des Kalifen.
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <lg type="poem">
                <lg n="1">
                  <pb facs="#f0329" n="7"/>
                  <fw place="top" type="header">Carl Bleibtreu.</fw><lb/>
                  <l>Mein Lieben i&#x017F;t für mich mein ganzes Leben,</l><lb/>
                  <l>Mein Lied mein ganzer Ruhm; und wenn gegeben</l><lb/>
                  <l>Mir eine Seele, die un&#x017F;terblich, dann</l><lb/>
                  <l>Zuleika&#x2019;s Name nimmer &#x017F;terben kann.</l><lb/>
                  <l>Denn &#x201E;meine Seele&#x201C; nannte ich &#x017F;ie immer &#x2014;</l><lb/>
                  <l>Sie lebt in meinem Lied und das &#x017F;tirbt nimmer.</l>
                </lg>
              </lg>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>2.</head><lb/>
              <lg type="poem">
                <lg n="1">
                  <l>Mir &#x017F;ind deine &#x017F;chwarzen Augen,</l><lb/>
                  <l>Wie Fahnen auf dem Zelt</l><lb/>
                  <l>Von un&#x017F;erm Herrn zu Bagdad,<note place="foot" n="*)">&#x201E;Schatten&#x201C; und &#x201E;Nacht&#x201C;, die &#x017F;chwarzen Reichs-Banner des Kalifen.</note></l><lb/>
                  <l>Wo der Halbmond Wache hält.</l>
                </lg><lb/>
                <lg n="2">
                  <l>Roß&#x017F;chweife ihn umflattern &#x2014;</l><lb/>
                  <l>Wie Wolken des Mondes Pracht</l><lb/>
                  <l>Umwallen auf dem Zelte</l><lb/>
                  <l>Der allbedeckenden Nacht.</l>
                </lg><lb/>
                <lg n="3">
                  <l>Ich bin ein Kalif des Gei&#x017F;tes,</l><lb/>
                  <l>Ein Mehrer des Reichs fürwahr.</l><lb/>
                  <l>Doch ein König ohne Land nur</l><lb/>
                  <l>Im großen Weltbazar.</l>
                </lg><lb/>
                <lg n="4">
                  <l><hi rendition="#g">Einen</hi> Schatz nur hat der Kurde</l><lb/>
                  <l>An Harmonia&#x2019;s Bucht:</l><lb/>
                  <l>Die &#x017F;tolzen Feuerro&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
                  <l>Von Kochlani&#x2019;s alter Zucht &#x2014;</l>
                </lg><lb/>
                <lg n="5">
                  <l>So habe ich nur den Simurg,</l><lb/>
                  <l>Den alten Fabelgreif;</l><lb/>
                  <l>Der trägt mich zum &#x017F;iebenten Himmel</l><lb/>
                  <l>Auf &#x017F;einem flammenden Schweif.</l>
                </lg><lb/>
                <lg n="6">
                  <l>Den I&#x017F;thakar-Schatz kann ich heben,</l><lb/>
                  <l>Den Gott meinem Innern verlieh,</l><lb/>
                  <l>Und mit Salomos Siegel be&#x017F;chwören</l><lb/>
                  <l>Die Gei&#x017F;ter der Phanta&#x017F;ie.</l>
                </lg><lb/>
              </lg>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[7/0329] Carl Bleibtreu. Mein Lieben iſt für mich mein ganzes Leben, Mein Lied mein ganzer Ruhm; und wenn gegeben Mir eine Seele, die unſterblich, dann Zuleika’s Name nimmer ſterben kann. Denn „meine Seele“ nannte ich ſie immer — Sie lebt in meinem Lied und das ſtirbt nimmer. 2. Mir ſind deine ſchwarzen Augen, Wie Fahnen auf dem Zelt Von unſerm Herrn zu Bagdad, *) Wo der Halbmond Wache hält. Roßſchweife ihn umflattern — Wie Wolken des Mondes Pracht Umwallen auf dem Zelte Der allbedeckenden Nacht. Ich bin ein Kalif des Geiſtes, Ein Mehrer des Reichs fürwahr. Doch ein König ohne Land nur Im großen Weltbazar. Einen Schatz nur hat der Kurde An Harmonia’s Bucht: Die ſtolzen Feuerroſſe Von Kochlani’s alter Zucht — So habe ich nur den Simurg, Den alten Fabelgreif; Der trägt mich zum ſiebenten Himmel Auf ſeinem flammenden Schweif. Den Iſthakar-Schatz kann ich heben, Den Gott meinem Innern verlieh, Und mit Salomos Siegel beſchwören Die Geiſter der Phantaſie. *) „Schatten“ und „Nacht“, die ſchwarzen Reichs-Banner des Kalifen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/329
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/329>, abgerufen am 18.04.2024.