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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

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Im tiefen tiefen Thurm bey Wasser und bey Brodt,
"Ey du verfluchter Bettelvogt, krieg du die schwerste
Noth!"

Und wenn der Bettelvogt gestorben erst ist,
Man sollt ihn nicht begraben wie 'nen andern Christ,
Lebendig ihn begraben bey Wasser und bey Brodt,
Wie mich der alte Bettelvogt begraben ohne Noth.
Ihr Brüder seyd nun lustig, der Bettelvogt ist todt,
Er hängt schon im Galgen ganz schwer und voller Noth,
In der verwichenen Woch am Dienstag um halber neun,
Da haben sie 'n gehangen in Galgen fest hinein.
Er hätt die schöne Frau beynahe umgebracht,
Weil sie mich armen Lumpen freundlich angelacht.
In der vergangenen Woch, da sah er noch hinaus,
Und heut bin ich bei ihr in seinem Haus.


Von den klugen Jungfrauen.

Schuppis Schriften S. 277.

Wachet auf, ruft uns die Stimme
Der Wächter sehr hoch auf der Zinne,
Wach auf du Stadt Jerusalem,
Mitternacht heißt diese Stunde,
Sie rufen uns mit hellem Munde:
"Wohlan der Bräutigam kömmt,
"Steht auf, die Lampen nehmt!

Im tiefen tiefen Thurm bey Waſſer und bey Brodt,
„Ey du verfluchter Bettelvogt, krieg du die ſchwerſte
Noth!“

Und wenn der Bettelvogt geſtorben erſt iſt,
Man ſollt ihn nicht begraben wie 'nen andern Chriſt,
Lebendig ihn begraben bey Waſſer und bey Brodt,
Wie mich der alte Bettelvogt begraben ohne Noth.
Ihr Bruͤder ſeyd nun luſtig, der Bettelvogt iſt todt,
Er haͤngt ſchon im Galgen ganz ſchwer und voller Noth,
In der verwichenen Woch am Dienſtag um halber neun,
Da haben ſie 'n gehangen in Galgen feſt hinein.
Er haͤtt die ſchoͤne Frau beynahe umgebracht,
Weil ſie mich armen Lumpen freundlich angelacht.
In der vergangenen Woch, da ſah er noch hinaus,
Und heut bin ich bei ihr in ſeinem Haus.


Von den klugen Jungfrauen.

Schuppis Schriften S. 277.

Wachet auf, ruft uns die Stimme
Der Waͤchter ſehr hoch auf der Zinne,
Wach auf du Stadt Jeruſalem,
Mitternacht heißt dieſe Stunde,
Sie rufen uns mit hellem Munde:
„Wohlan der Braͤutigam koͤmmt,
„Steht auf, die Lampen nehmt!
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[101/0110] Im tiefen tiefen Thurm bey Waſſer und bey Brodt, „Ey du verfluchter Bettelvogt, krieg du die ſchwerſte Noth!“ Und wenn der Bettelvogt geſtorben erſt iſt, Man ſollt ihn nicht begraben wie 'nen andern Chriſt, Lebendig ihn begraben bey Waſſer und bey Brodt, Wie mich der alte Bettelvogt begraben ohne Noth. Ihr Bruͤder ſeyd nun luſtig, der Bettelvogt iſt todt, Er haͤngt ſchon im Galgen ganz ſchwer und voller Noth, In der verwichenen Woch am Dienſtag um halber neun, Da haben ſie 'n gehangen in Galgen feſt hinein. Er haͤtt die ſchoͤne Frau beynahe umgebracht, Weil ſie mich armen Lumpen freundlich angelacht. In der vergangenen Woch, da ſah er noch hinaus, Und heut bin ich bei ihr in ſeinem Haus. Von den klugen Jungfrauen. Schuppis Schriften S. 277. Wachet auf, ruft uns die Stimme Der Waͤchter ſehr hoch auf der Zinne, Wach auf du Stadt Jeruſalem, Mitternacht heißt dieſe Stunde, Sie rufen uns mit hellem Munde: „Wohlan der Braͤutigam koͤmmt, „Steht auf, die Lampen nehmt!

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/110>, abgerufen am 29.03.2024.