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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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allenfalls, nein, dreizehn, sagte ich; ja, sagte er, das
ist schon alt, da müssen Sie bald regieren.

(Die Antwort fehlt.)


Liebe Fr. Rath! -- Alles was ich aufgeschrieben
habe, das will ich Ihr vorlesen; Sie kann selbst sich
überzeugen, daß ich nichts hinzugesetzt habe und das
blos geschrieben, was meine Augen Ihr aus dem Mund
gesogen haben, nur das kann ich nicht begreifen, daß
es aus Ihrem Mund so gescheut lautet und daß meine
Feder es so dumm wieder giebt; daß ich nicht sehr klug
bin, davon geb' ich häufige Beweise. Also das kann
ich wohl zugeben, daß Sie zu den Leuten sagt, Sie
wünscht' sie wären alle so närrisch wie ich; aber sag'
Sie ja nicht, ich sey klug, sonst compromitirt Sie sich,
und der Wirth in Kassel an der großen Rheinbrücke
kann den Gegenbeweis führen. Es war so langweilig
bis unsere ganze Bagage an der Douane untersucht war,
ich nahm den Mückenplätscher und verfolgte ein paar
Mücken, sie setzten sich an die Fensterscheiben, ich schlug
zu, die Scheibe flog hinaus, und mit ihr die Mücken

allenfalls, nein, dreizehn, ſagte ich; ja, ſagte er, das
iſt ſchon alt, da müſſen Sie bald regieren.

(Die Antwort fehlt.)


Liebe Fr. Rath! — Alles was ich aufgeſchrieben
habe, das will ich Ihr vorleſen; Sie kann ſelbſt ſich
überzeugen, daß ich nichts hinzugeſetzt habe und das
blos geſchrieben, was meine Augen Ihr aus dem Mund
geſogen haben, nur das kann ich nicht begreifen, daß
es aus Ihrem Mund ſo geſcheut lautet und daß meine
Feder es ſo dumm wieder giebt; daß ich nicht ſehr klug
bin, davon geb' ich häufige Beweiſe. Alſo das kann
ich wohl zugeben, daß Sie zu den Leuten ſagt, Sie
wünſcht' ſie wären alle ſo närriſch wie ich; aber ſag'
Sie ja nicht, ich ſey klug, ſonſt compromitirt Sie ſich,
und der Wirth in Kaſſel an der großen Rheinbrücke
kann den Gegenbeweis führen. Es war ſo langweilig
bis unſere ganze Bagage an der Douane unterſucht war,
ich nahm den Mückenplätſcher und verfolgte ein paar
Mücken, ſie ſetzten ſich an die Fenſterſcheiben, ich ſchlug
zu, die Scheibe flog hinaus, und mit ihr die Mücken

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[20/0052] allenfalls, nein, dreizehn, ſagte ich; ja, ſagte er, das iſt ſchon alt, da müſſen Sie bald regieren. (Die Antwort fehlt.) Winckel. Liebe Fr. Rath! — Alles was ich aufgeſchrieben habe, das will ich Ihr vorleſen; Sie kann ſelbſt ſich überzeugen, daß ich nichts hinzugeſetzt habe und das blos geſchrieben, was meine Augen Ihr aus dem Mund geſogen haben, nur das kann ich nicht begreifen, daß es aus Ihrem Mund ſo geſcheut lautet und daß meine Feder es ſo dumm wieder giebt; daß ich nicht ſehr klug bin, davon geb' ich häufige Beweiſe. Alſo das kann ich wohl zugeben, daß Sie zu den Leuten ſagt, Sie wünſcht' ſie wären alle ſo närriſch wie ich; aber ſag' Sie ja nicht, ich ſey klug, ſonſt compromitirt Sie ſich, und der Wirth in Kaſſel an der großen Rheinbrücke kann den Gegenbeweis führen. Es war ſo langweilig bis unſere ganze Bagage an der Douane unterſucht war, ich nahm den Mückenplätſcher und verfolgte ein paar Mücken, ſie ſetzten ſich an die Fenſterſcheiben, ich ſchlug zu, die Scheibe flog hinaus, und mit ihr die Mücken

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/52>, abgerufen am 28.03.2024.