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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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theil. p. 116 u. f. häuffig zu sehen. Jn dem 17. Seculo, bald um den an-
fang schrieb von dem Päbstischen opere operato der Lutheraner im kir-
chengehen
der Lutherische Professor zu Altorff (ein Braunschweiger
und Helmstädtischer D[i]scipul) Conr. Rittershusius in lectionibus S. Lib.
III. cap.
12. Jch fürchte/ es könne auch jetzo von vielen allzuwahr
gesaget werden/ daß die kirchen - versammlungen gar nicht aus
ernst geschehen/ sich zu bessern/ sondern nur
NB. aus gewohnheit
und geboth/ oben hin/
item, daß sie einander sehen und sich sehen
lassen.
Und bald darauff klagte ein Lutherischer Prediger und Superint.
zu Nördlingen mitten unter den kriegsplagen: Wir müssen mit unse-
rer grossen schande und schaden bekennen/ daß die himmel-schrey-
ende sünden auch bey uns
NB. im höchsten schwange gehen. Wo
wird grausame abgötterey verübet? Jn Teutschland: Das ge-
geschicht -- von uns Evangelischen selbst -- wo ist heucheley[?]
Jn Teutschland. Da kan man sich äusserlich gar fromm und heilig
stellen/ man geht in die kirchen/ findet sich ein in die betstunde
-- wenn aber der hertzenkündiger hinein siehet/ so sitztein schreck-
licher Pharisäer drinnen.
Matth. VI. 5. Wo ist verachtung
GOttes und seines worts? u. s. f.
(Georg Albrecht im himmels - rie-
gel Conc. II. p. 147. u. f.)

7. Man höre ferner. Was D. Josua Stegmannus Theol. Doct.
und Prof. zu Rinteln von der schändlichen heucheley der kirchgänger saget
in seinem wahren Christenthum/ p. 52. Es werden vielleicht diejeni-
gen sich gerne wollen entschuldigen/ daß sie nicht ärger als die
Heiden seyn/ die da
NB. fleißig zur kirchen gehen/ gerne Gottes
wort hören/ des jahrs etlichemal
confitiren und beichten/ ehr-
bahr leben/ und also ihrem bedüncken nach alle stücke des Chri-
stenthums an sich haben. Mit solchen gedancken rühmet und
erhebet sich mancher/
(wie Herr Cypr.) als wenn in besagten äus-
sern wercken das Christenthum bestünde. Aber es ist
NB. ein bo-
trug des teuffels und der leute blindheit/
etc. Ein anderer Luth. Pa-
stor Paulus Egardus
schreibt in Mundo immundo, oder falschem Christen-
thum der welt Cap. VII. p. 32. von den falschen Christen: Sie gehen zur
kirchen/ nicht aus liebe des HErrn und seines worts/ nicht im
geist/ nicht mit heiliger lust und andacht/ sondern nach ihrer al-
ten gewohnheit und weise/ zur gesellschafft/ oder daß sie gesehen
werden/ etwas neues hören/ die zeit hinbringen/ und sich mit an-
dern bereden und ihresachen bestellen. Da ist nicht lust/ liebe

und
D

theil. p. 116 u. f. haͤuffig zu ſehen. Jn dem 17. Seculo, bald um den an-
fang ſchrieb von dem Paͤbſtiſchen opere operato der Lutheraner im kir-
chengehen
der Lutheriſche Profeſſor zu Altorff (ein Braunſchweiger
und Helmſtaͤdtiſcher D[i]ſcipul) Conr. Rittershuſius in lectionibus S. Lib.
III. cap.
12. Jch fuͤrchte/ es koͤnne auch jetzo von vielen allzuwahr
geſaget werden/ daß die kirchen - verſammlungen gar nicht aus
ernſt geſchehen/ ſich zu beſſern/ ſondern nur
NB. aus gewohnheit
und geboth/ oben hin/
item, daß ſie einander ſehen und ſich ſehen
laſſen.
Und bald darauff klagte ein Lutheriſcher Prediger und Superint.
zu Noͤrdlingen mitten unter den kriegsplagen: Wir muͤſſen mit unſe-
rer groſſen ſchande und ſchaden bekennen/ daß die himmel-ſchrey-
ende ſuͤnden auch bey uns
NB. im hoͤchſten ſchwange gehen. Wo
wird grauſame abgoͤtterey veruͤbet? Jn Teutſchland: Das ge-
geſchicht — von uns Evangeliſchen ſelbſt — wo iſt heucheley[?]
Jn Teutſchland. Da kan man ſich aͤuſſeꝛlich gar fromm und heilig
ſtellen/ man geht in die kirchen/ findet ſich ein in die betſtunde
— wenn aber der hertzenkuͤndiger hinein ſiehet/ ſo ſitztein ſchreck-
licher Phariſaͤer drinnen.
Matth. VI. 5. Wo iſt verachtung
GOttes und ſeines worts? u. ſ. f.
(Georg Albrecht im himmels - rie-
gel Conc. II. p. 147. u. f.)

7. Man hoͤre ferner. Was D. Joſua Stegmannus Theol. Doct.
und Prof. zu Rinteln von der ſchaͤndlichen heucheley der kirchgaͤnger ſaget
in ſeinem wahren Chriſtenthum/ p. 52. Es werden vielleicht diejeni-
gen ſich gerne wollen entſchuldigen/ daß ſie nicht aͤrger als die
Heiden ſeyn/ die da
NB. fleißig zur kirchen gehen/ gerne Gottes
wort hoͤren/ des jahrs etlichemal
confitiren und beichten/ ehr-
bahr leben/ und alſo ihrem beduͤncken nach alle ſtuͤcke des Chri-
ſtenthums an ſich haben. Mit ſolchen gedancken ruͤhmet und
erhebet ſich mancher/
(wie Herr Cypr.) als wenn in beſagten aͤuſ-
ſern wercken das Chriſtenthum beſtuͤnde. Aber es iſt
NB. ein bo-
trug des teuffels und der leute blindheit/
ꝛc. Ein anderer Luth. Pa-
ſtor Paulus Egardus
ſchreibt in Mundo immundo, oder falſchem Chriſten-
thum der welt Cap. VII. p. 32. von den falſchen Chriſten: Sie gehen zur
kirchen/ nicht aus liebe des HErrn und ſeines worts/ nicht im
geiſt/ nicht mit heiliger luſt und andacht/ ſondern nach ihrer al-
ten gewohnheit und weiſe/ zur geſellſchafft/ oder daß ſie geſehen
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[25/0026] theil. p. 116 u. f. haͤuffig zu ſehen. Jn dem 17. Seculo, bald um den an- fang ſchrieb von dem Paͤbſtiſchen opere operato der Lutheraner im kir- chengehen der Lutheriſche Profeſſor zu Altorff (ein Braunſchweiger und Helmſtaͤdtiſcher Diſcipul) Conr. Rittershuſius in lectionibus S. Lib. III. cap. 12. Jch fuͤrchte/ es koͤnne auch jetzo von vielen allzuwahr geſaget werden/ daß die kirchen - verſammlungen gar nicht aus ernſt geſchehen/ ſich zu beſſern/ ſondern nur NB. aus gewohnheit und geboth/ oben hin/ item, daß ſie einander ſehen und ſich ſehen laſſen. Und bald darauff klagte ein Lutheriſcher Prediger und Superint. zu Noͤrdlingen mitten unter den kriegsplagen: Wir muͤſſen mit unſe- rer groſſen ſchande und ſchaden bekennen/ daß die himmel-ſchrey- ende ſuͤnden auch bey uns NB. im hoͤchſten ſchwange gehen. Wo wird grauſame abgoͤtterey veruͤbet? Jn Teutſchland: Das ge- geſchicht — von uns Evangeliſchen ſelbſt — wo iſt heucheley? Jn Teutſchland. Da kan man ſich aͤuſſeꝛlich gar fromm und heilig ſtellen/ man geht in die kirchen/ findet ſich ein in die betſtunde — wenn aber der hertzenkuͤndiger hinein ſiehet/ ſo ſitztein ſchreck- licher Phariſaͤer drinnen. Matth. VI. 5. Wo iſt verachtung GOttes und ſeines worts? u. ſ. f. (Georg Albrecht im himmels - rie- gel Conc. II. p. 147. u. f.) 7. Man hoͤre ferner. Was D. Joſua Stegmannus Theol. Doct. und Prof. zu Rinteln von der ſchaͤndlichen heucheley der kirchgaͤnger ſaget in ſeinem wahren Chriſtenthum/ p. 52. Es werden vielleicht diejeni- gen ſich gerne wollen entſchuldigen/ daß ſie nicht aͤrger als die Heiden ſeyn/ die da NB. fleißig zur kirchen gehen/ gerne Gottes wort hoͤren/ des jahrs etlichemal confitiren und beichten/ ehr- bahr leben/ und alſo ihrem beduͤncken nach alle ſtuͤcke des Chri- ſtenthums an ſich haben. Mit ſolchen gedancken ruͤhmet und erhebet ſich mancher/ (wie Herr Cypr.) als wenn in beſagten aͤuſ- ſern wercken das Chriſtenthum beſtuͤnde. Aber es iſt NB. ein bo- trug des teuffels und der leute blindheit/ ꝛc. Ein anderer Luth. Pa- ſtor Paulus Egardus ſchreibt in Mundo immundo, oder falſchem Chriſten- thum der welt Cap. VII. p. 32. von den falſchen Chriſten: Sie gehen zur kirchen/ nicht aus liebe des HErrn und ſeines worts/ nicht im geiſt/ nicht mit heiliger luſt und andacht/ ſondern nach ihrer al- ten gewohnheit und weiſe/ zur geſellſchafft/ oder daß ſie geſehen werden/ etwas neues hoͤren/ die zeit hinbringen/ und ſich mit an- dern bereden und ihreſachen beſtellen. Da iſt nicht luſt/ liebe und D

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/26>, abgerufen am 29.03.2024.