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Allgemeine Zeitung. Nr. 29. Augsburg, 29. Januar 1840.

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Sammlung auch als sein Eigenthum zu betrachten gewohnt war. - Blumenbach hinterläßt ein großes Vermögen, und wird, da seine beiden Töchter, Frau v. Jasmund und Fräulein Adele, ohne Erben gestorben sind, von seinem Sohne, dem geheimen Kanzleirath Blumenbach in Hannover, beerbt. So alt Blumenbach auch geworden ist, so kann man doch sagen, er hat seinen Ruf nicht überlebt, denn er empfing noch bis auf seine letzten Lebenstage Zeichen der Anerkennung aller Art. Zu den Eigenthümlichkeiten seines Charakters gehörte, daß es mit jedem Jahre schwerer wurde, mit ihm umzugehen und seine Launen zu ertragen; daß vorzüglich ein schweres Geschäft war, ihn als Friseur u. s. w. zu bedienen, da beim Pudern u. s. w. täglich Neuigkeiten erzählt werden mußten. Die dem alten Manne auf diese Weise erzählten Lügen, denen er meist vollen Glauben schenkte, sollen die Münchhausischen zum Theil noch übertreffen. - Zu dem politisch Bedeutungsvollen, was sich in der letzten Zeit hier ereignet, gehört die am 18 d. vorgenommene Prorectorwahl. Es sind der Regierung als Candidaten präsentirt der zeitige Prorector Gieseler und die Professoren Kraut und Ritter. Man betrachtet diese Wahl als ein sicheres Zeichen, daß die Universität sich treu bleiben werde. - Nachdem zu der zweiten nicht zu Stande gekommenen Wahl eines Bürgervorstehers die fehlenden Wahlberechtigten letzten Sonnabend erschienen waren und ihre Stimmen abgegeben hatten, ergab sich, daß auch in diesem District der Advocat Breithaupt gewählt sey. Es steht also eine nochmalige Wahl bevor.

Schweden.

Der Anfang des Reichstags wurde heute Mittags auf allen Plätzen der Hauptstadt durch den Reichsherold feierlich verkündigt. Der König erhob zum Landmarschall den Landeshauptmann von Ostgothland, Freiherrn Palmstjerna, und überlieferte ihm den Landmarstallstab, worauf er von den beiden ältesten Grafen, Brahe und Lewenhaupt, nach dem Ritterhause begleitet wurde. Zum Sprecher des Priesterstandes wurde, der Constitution gemäß, der Erzbischof Wingard ernannt. Zugleich wurde zum Vicesprecher dieses Standes der Bischof von Linköping, Hedren, ernannt. Die Sprecher der Bürger und der Bauern werden erst nach der Verification der Vollmachten erwählt. Man glaubt jetzt, der Bürgermeister Holm, obgleich er bisher nicht als der Regierung ergeben angesehen worden, dürfte zum Sprecher des Bürgerstandes ernannt werden. Der Secretär des Bauernstandes wird ebenfalls der Constitution gemäß vom König ernannt. Die Wahl Sr. Maj. fiel auf den Advocatfiscal der Reichsbank, Heurlin. Er ist ein Vetter des Bischofs von Wisby und Staatssecretärs für die geistlichen Angelegenheiten, Heurlin. - Der als Chef einer vermeintlichen Coalition gegen die Regierung oft erwähnte Freiherr Nordin befindet sich an Gicht bettlägerig, und kann vorerst nicht auf den Reichstag kommen.

Rußland.

Der Admiral Lazareff hat plötzlich Befehl erhalten sich nach Sebastopol zu verfügen. Dunkle Gerüchte, daß Ibrahim Pascha mit dem Eintritt einer günstigen Witterung vorrücken wolle, haben sich verbreitet, und man will wissen, daß russische Hülfe in Kleinasien zur unumgänglichen Nothwendigkeit geworden sey, um den Vicekönig von Aegypten im Zaum zu halten. Das Kriegsdampfboot "der Nordstern" hatte den Befehl erhalten, nach Konstantinopel zu segeln, um sich dort zur Disposition des russischen Botschafters zu stellen. Wenn der Nordstern vom Treibeis nicht zurückgehalten wird, so ist er wohl in diesem Augenblick bereits auf dem Wege dahin begriffen.

Oesterreich.

Das Unwohlseyn Ihrer Maj. der Kaiserin, welches mehrere deutsche Blätter berühren, bestand lediglich in einem Schnupfen, der bald vorüberging, und Ihre Maj. zu keiner andauernden Zurückziehung in ihre Appartements nöthigte. - Se. kais. H. der Erzherzog Karl Ferdinand ist am 17 Jan. von Mailand nach Turin abgereist. Während seines Aufenthalts in Mailand veranstalteten der Gouverneur Graf Hartig und die adelige Gesellschaft ihm zu Ehren glänzende Ballfeste. - Der Bischof von Lodi hat zur Unterstützung der durch die Ueberschwemmungen Verunglückten 4000 Mailänder Lire gespendet. - Der österreichische Botschafter Fürst Paul Esterhazy wird bald wieder nach London abreisen, um der Vermählungsfeier der Königin beizuwohnen. Diese ist übrigens den neuesten Nachrichten zufolge wegen des Hintritts der Prinzessin von Hessen-Homburg, einer Tante der Königin, verschoben. Die Verbindung der Prinzessin Victoire Coburg mit dem Herzog von Nemours wird hier als eine ausgemachte Sache angenommen. - Dem Vernehmen nach ist die Abreise des französischen Botschafters nach Paris auf den 17 Febr. festgesetzt. - Vorgestern producirte Fürst Pückler-Muskau in einer hiesigen Reitschule vor einer Versammlung von erlauchten und angesehenen Personen seine mitgebrachten arabischen Pferde, die, wie man sagt, hier veräußert werden sollen. Fürst Pückler gedenkt, dem Vernehmen nach, mit Ende März Wien zu verlassen.

Griechenland.

Wir erhalten heute weitere sehr ausführliche Berichte aus Athen, die zwar kein späteres Datum als die zuletzt gelieferten tragen, aber über den Zusammenhang und die Entwickelung manche neue Aufschlüsse bringen. Die Athenischen Journale sprechen gleichfalls sehr umständlich über das vor ihren Augen Vorgefallene. Eine fast allgemeine Anklage der Saumseligkeit oder der Connivenz erhob sich gegen den Minister des Innern und des Cultus, Hrn. Glarakis, welcher längst als Anhänger der Kapodistrianischen Partei bezeichnet worden war. Am 11 Abends wurde er seines Postens enthoben, und an seine Stelle provisorisch der Staatsrath Theocharis ernannt. Einer unserer Berichte schließt: "In Stadt und Land herrscht freilich Spannung, aber vollkommene Ruhe." Wir werden morgen die Details so ausführlich, als es uns möglich seyn wird, nachtragen.

Beilage zur Allgemeinen Zeitung
29 Januar 1840

Reisen und Reiselitteratur.

Texier in Persien.

(Journal des Debats.) Durch ein Schreiben des Hrn. Karl Texier an Hrn. Xivrey, Mitglied des Instituts, aus Tauris datirt, erfahren wir, daß die letzten Ereignisse in der Türkei die Fortsetzung der Reise jenes Gelehrten nach Kleinasien und Persien in Gesellschaft der HH. La Bourdonnaye und La Guiche nicht gehindert haben. Nachdem diese französischen Reisenden Kurdistan durchwandert hatten, kamen sie zu Ende Octobers in Tauris an. In aller Sicherheit bereisten sie die Ufer des Wansees und die Gebirge, welche die Gränzen Persiens bilden. Die durch den Tod des Sultans Mahmud in der Türkei verursachte Erschütterung erstreckte sich bis in jene fernen Provinzen. Alle kurdischen Stämme waren kampfbereit, und die Sympathie der dortigen Bevölkerung erklärte sich laut für Mehemed Ali. Der mächtigste Bey der Gegend, Khan-Mahmud, dessen Herrschaft sich über das ganze Gebirge im Süden des Wansees erstreckt, wurde von Iskender, Pascha von Wan, ungerechterweise angegriffen, und zog sich in eine Kassab, die inmitten uneinnehmbarer Engpässe liegt, zurück. Seine Agenten durchziehen das Land, um die Kurden gegen seine Feinde, die Paschas von Erzerum und Wan, aufzuwiegeln. Dieser innere Krieg brach in den kurdischen Provinzen aus, weil die Paschas, seit dem Tode des Sultans Mahmud, von dem Khan der Kurden Abgaben erheben wollten, welche dieser nur an den Großherrn zu entrichten gewöhnt war. Die verschiedenen Beys, welche Khan Mahmud gehorchen, erklären offen, daß sie nur die Ankunft Ibrahim Pascha's erwarten, um sich unter dessen Befehle zu stellen. Während dieser Anarchie machten die Perser einen Einfall auf das türkische Gebiet und bemächtigten sich sechsundzwanzig Dörfer, welche Khan Mahmud gehörten. Sie raubten dort 270 Stück Vieh. Khan Mahmud, in seine Gebirge eingeschlossen, konnte jenen Dörfern nicht zu Hülfe kommen, welche gegenwärtig von den Persern besetzt sind. Die kurdischen Stämme in den Umgebungen der großen Seen waren noch nicht in ihre Dörfer zurückgekehrt, als die französischen Reisenden dort ankamen. Sie bewohnten unter Zelten das Hochland zwischen Bayazid und Wan.

Zu Bayazid besuchte Hr. Texier mit seinen Gefährten das Gefängniß, in welchem im Jahr 1811 Hr. Amedee Jaubert mit seinem Diener acht Monate lang eingekerkert saß. Es ist eine Cisterne, in welche man durch eine Fallthüre hinabsteigt. Gegenwärtig bildet die Citadelle von Bayazid, welche im Jahr 1828 von den Türken zerstört wurde, im Innern nur noch einen Trümmerhaufen. Auf den Felsen, welche das Gefängniß umgeben, fanden die Reisenden ein persisches Basrelief vom höchsten Alterthum, welches bis jetzt noch nicht bekannt gewesen zu seyn scheint. Zu Schelmas in Persien fanden sie gleichfalls ein sehr merkwürdiges Denkmal der Sassanidischen Fürsten. Es stellt zwei bewaffnete Reiter vor, welche den Tribut besiegter Völker in Empfang nehmen. Der Haarschmuck dieser Reiter hat das Merkwürdige, daß er noch umfangreicher ist, als die Perrücken a la Louis XIV. Heutiges Tages rasiren sich bekanntlich alle asiatischen Völker den Kopf. Das Denkmal ist in einen Felsen eingehauen, unweit des Urmiasees.

Der gegenwärtige Zustand Persiens ist noch unruhiger, als der der Türkei. Die Armee erhält seit einem Jahre keinen Sold mehr, und der Bruder des Schahs, der in Schiras, wo die Nizans ihren rückständigen Sold fordern, blokirt ist, sah sich bei Abgang der Briefe genöthigt, sich in seine Citadelle einzuschließen. Der Schah und seine Familie haben den Nationalhaß der Perser gegen sich, welcher aus Kastenprincipien entspringt. Mohammed Schah ist türkischer Abkunft, und zwischen Türken und Persern besteht eine eingefleischte Antipathie.

Mitte Novembers gingen die Reisenden von Tauris nach Bagdad ab; sie machen den Weg über Sultanieh, Ispahan, Schiras, Dirful. Ein Schreiben des Reisenden an seinen Bruder, den Doctor Texier, gibt noch folgenden Beitrag zur Kennniß der Sitten der Perser. "Wir machten dem Fürsten Karaman-Mirza, Statthalter von Tauris und Bruder des Schah, einen Besuch. Er plauderte lange mit uns und fragte mich, ob es in Paris Porträts von Schah Mohammed, seinem Bruder, gebe. Auf meine verneinende Antwort forderte er mich auf, ein großes Porträt dieses Fürsten, welches er in seinem Salon hatte, zu copiren. Er verlangte auch von mir ein Porträt des Kaisers Napoleon, welches ich ihm, so gut es ging, verfertigte; es fiel ziemlich ähnlich aus. Die Perser stimmen hierin nicht mit den Türken überein. Sie lieben Zeichnungen und Gemälde sehr. Man findet bei ihnen Bildnisse, die manchmal sehr hübsch sind, ganz im Geschmack der chinesischen Malereien."

Der Orient und die französischen Kammerdebatten.

(Zweiter Artikel.)

Ist, wie wir im ersten Artikel darzuthun suchten, die Sachlage nicht wie die Rede des Hrn. Thiers sie darstellt, sondern viel ernster, die Verwicklung schwerer, der Riß tiefer, so wird man um so mehr zu der Erklärung getrieben, zu der selbst sein beschränkter Standpunkt ihn in den Worten führte, er wisse nicht, wie man die Verwirrung jetzt noch lösen könne. Man weiß in der That nicht, wie das enden kann und wird. Etwas Anderes ist es aber, wenn den Besorgnissen und den Hemmnissen Wünsche untergestellt werden, und da wir auf dem publicistischen Gebiete auf sie allein mehr noch als die Redner auf ihrer Bühne beschränkt sind, so wird man gestatten, daß wir mit solchen enden, zumal das Wünschenswerthe sich auf jedem der behandelten Punkte leicht herausstellt.

Vor Allem ist zu wünschen, daß man bei der Frage, wie der Pforte gegen Mehemed Ali zu helfen, d. h. wie sie gegen seine Uebermacht zu schützen, oder diese zu beschränken sey, den Tractrat von Hunkiar-Skelessi ganz aus dem Spiele lasse. Man kann, wir wiederholen es, nicht zugleich mit Rußland und gegen Rußland gehen, es sey denn, daß Rußland durch andere Rücksichten, als die durch die türkisch-ägyptische Frage gebotenen, bestimmt würde, die Aufhebung desselben sich als einen besondern Punkt einer umfassenderen Vereinbarung mit England gefallen zu lassen. Dabei aber ist wünschenswerth, daß die hierin gegen Rußland einschreitenden Mächte sich über den Belang des von der Pforte zu Begehrenden oder von ihr zu Rathenden möglichst klar werden möchten.

Als Grundlage dieses ganzen Handels gilt, daß die Pforte, als ausschließliche Eigenthümerin des Canals, der mit dem Bosporus anfängt und mit dem Hellespont endet, das Recht hat, ihn zu schließen oder zu öffnen, wie es ihrem Interesse oder ihrer Politik gemäß ist. Auch hat ihr, so viel mir bekannt, dieses Recht Niemand bestritten, und die einzelnen Verträge darüber sind nur bestimmt, sey es, dieses Recht anzuerkennen,


Sammlung auch als sein Eigenthum zu betrachten gewohnt war. – Blumenbach hinterläßt ein großes Vermögen, und wird, da seine beiden Töchter, Frau v. Jasmund und Fräulein Adele, ohne Erben gestorben sind, von seinem Sohne, dem geheimen Kanzleirath Blumenbach in Hannover, beerbt. So alt Blumenbach auch geworden ist, so kann man doch sagen, er hat seinen Ruf nicht überlebt, denn er empfing noch bis auf seine letzten Lebenstage Zeichen der Anerkennung aller Art. Zu den Eigenthümlichkeiten seines Charakters gehörte, daß es mit jedem Jahre schwerer wurde, mit ihm umzugehen und seine Launen zu ertragen; daß vorzüglich ein schweres Geschäft war, ihn als Friseur u. s. w. zu bedienen, da beim Pudern u. s. w. täglich Neuigkeiten erzählt werden mußten. Die dem alten Manne auf diese Weise erzählten Lügen, denen er meist vollen Glauben schenkte, sollen die Münchhausischen zum Theil noch übertreffen. – Zu dem politisch Bedeutungsvollen, was sich in der letzten Zeit hier ereignet, gehört die am 18 d. vorgenommene Prorectorwahl. Es sind der Regierung als Candidaten präsentirt der zeitige Prorector Gieseler und die Professoren Kraut und Ritter. Man betrachtet diese Wahl als ein sicheres Zeichen, daß die Universität sich treu bleiben werde. – Nachdem zu der zweiten nicht zu Stande gekommenen Wahl eines Bürgervorstehers die fehlenden Wahlberechtigten letzten Sonnabend erschienen waren und ihre Stimmen abgegeben hatten, ergab sich, daß auch in diesem District der Advocat Breithaupt gewählt sey. Es steht also eine nochmalige Wahl bevor.

Schweden.

Der Anfang des Reichstags wurde heute Mittags auf allen Plätzen der Hauptstadt durch den Reichsherold feierlich verkündigt. Der König erhob zum Landmarschall den Landeshauptmann von Ostgothland, Freiherrn Palmstjerna, und überlieferte ihm den Landmarstallstab, worauf er von den beiden ältesten Grafen, Brahe und Lewenhaupt, nach dem Ritterhause begleitet wurde. Zum Sprecher des Priesterstandes wurde, der Constitution gemäß, der Erzbischof Wingård ernannt. Zugleich wurde zum Vicesprecher dieses Standes der Bischof von Linköping, Hedren, ernannt. Die Sprecher der Bürger und der Bauern werden erst nach der Verification der Vollmachten erwählt. Man glaubt jetzt, der Bürgermeister Holm, obgleich er bisher nicht als der Regierung ergeben angesehen worden, dürfte zum Sprecher des Bürgerstandes ernannt werden. Der Secretär des Bauernstandes wird ebenfalls der Constitution gemäß vom König ernannt. Die Wahl Sr. Maj. fiel auf den Advocatfiscal der Reichsbank, Heurlin. Er ist ein Vetter des Bischofs von Wisby und Staatssecretärs für die geistlichen Angelegenheiten, Heurlin. – Der als Chef einer vermeintlichen Coalition gegen die Regierung oft erwähnte Freiherr Nordin befindet sich an Gicht bettlägerig, und kann vorerst nicht auf den Reichstag kommen.

Rußland.

Der Admiral Lazareff hat plötzlich Befehl erhalten sich nach Sebastopol zu verfügen. Dunkle Gerüchte, daß Ibrahim Pascha mit dem Eintritt einer günstigen Witterung vorrücken wolle, haben sich verbreitet, und man will wissen, daß russische Hülfe in Kleinasien zur unumgänglichen Nothwendigkeit geworden sey, um den Vicekönig von Aegypten im Zaum zu halten. Das Kriegsdampfboot „der Nordstern“ hatte den Befehl erhalten, nach Konstantinopel zu segeln, um sich dort zur Disposition des russischen Botschafters zu stellen. Wenn der Nordstern vom Treibeis nicht zurückgehalten wird, so ist er wohl in diesem Augenblick bereits auf dem Wege dahin begriffen.

Oesterreich.

Das Unwohlseyn Ihrer Maj. der Kaiserin, welches mehrere deutsche Blätter berühren, bestand lediglich in einem Schnupfen, der bald vorüberging, und Ihre Maj. zu keiner andauernden Zurückziehung in ihre Appartements nöthigte. – Se. kais. H. der Erzherzog Karl Ferdinand ist am 17 Jan. von Mailand nach Turin abgereist. Während seines Aufenthalts in Mailand veranstalteten der Gouverneur Graf Hartig und die adelige Gesellschaft ihm zu Ehren glänzende Ballfeste. – Der Bischof von Lodi hat zur Unterstützung der durch die Ueberschwemmungen Verunglückten 4000 Mailänder Lire gespendet. – Der österreichische Botschafter Fürst Paul Esterhazy wird bald wieder nach London abreisen, um der Vermählungsfeier der Königin beizuwohnen. Diese ist übrigens den neuesten Nachrichten zufolge wegen des Hintritts der Prinzessin von Hessen-Homburg, einer Tante der Königin, verschoben. Die Verbindung der Prinzessin Victoire Coburg mit dem Herzog von Nemours wird hier als eine ausgemachte Sache angenommen. – Dem Vernehmen nach ist die Abreise des französischen Botschafters nach Paris auf den 17 Febr. festgesetzt. – Vorgestern producirte Fürst Pückler-Muskau in einer hiesigen Reitschule vor einer Versammlung von erlauchten und angesehenen Personen seine mitgebrachten arabischen Pferde, die, wie man sagt, hier veräußert werden sollen. Fürst Pückler gedenkt, dem Vernehmen nach, mit Ende März Wien zu verlassen.

Griechenland.

Wir erhalten heute weitere sehr ausführliche Berichte aus Athen, die zwar kein späteres Datum als die zuletzt gelieferten tragen, aber über den Zusammenhang und die Entwickelung manche neue Aufschlüsse bringen. Die Athenischen Journale sprechen gleichfalls sehr umständlich über das vor ihren Augen Vorgefallene. Eine fast allgemeine Anklage der Saumseligkeit oder der Connivenz erhob sich gegen den Minister des Innern und des Cultus, Hrn. Glarakis, welcher längst als Anhänger der Kapodistrianischen Partei bezeichnet worden war. Am 11 Abends wurde er seines Postens enthoben, und an seine Stelle provisorisch der Staatsrath Theocharis ernannt. Einer unserer Berichte schließt: „In Stadt und Land herrscht freilich Spannung, aber vollkommene Ruhe.“ Wir werden morgen die Details so ausführlich, als es uns möglich seyn wird, nachtragen.

Beilage zur Allgemeinen Zeitung
29 Januar 1840

Reisen und Reiselitteratur.

Texier in Persien.

(Journal des Débats.) Durch ein Schreiben des Hrn. Karl Texier an Hrn. Xivrey, Mitglied des Instituts, aus Tauris datirt, erfahren wir, daß die letzten Ereignisse in der Türkei die Fortsetzung der Reise jenes Gelehrten nach Kleinasien und Persien in Gesellschaft der HH. La Bourdonnaye und La Guiche nicht gehindert haben. Nachdem diese französischen Reisenden Kurdistan durchwandert hatten, kamen sie zu Ende Octobers in Tauris an. In aller Sicherheit bereisten sie die Ufer des Wansees und die Gebirge, welche die Gränzen Persiens bilden. Die durch den Tod des Sultans Mahmud in der Türkei verursachte Erschütterung erstreckte sich bis in jene fernen Provinzen. Alle kurdischen Stämme waren kampfbereit, und die Sympathie der dortigen Bevölkerung erklärte sich laut für Mehemed Ali. Der mächtigste Bey der Gegend, Khan-Mahmud, dessen Herrschaft sich über das ganze Gebirge im Süden des Wansees erstreckt, wurde von Iskender, Pascha von Wan, ungerechterweise angegriffen, und zog sich in eine Kassab, die inmitten uneinnehmbarer Engpässe liegt, zurück. Seine Agenten durchziehen das Land, um die Kurden gegen seine Feinde, die Paschas von Erzerum und Wan, aufzuwiegeln. Dieser innere Krieg brach in den kurdischen Provinzen aus, weil die Paschas, seit dem Tode des Sultans Mahmud, von dem Khan der Kurden Abgaben erheben wollten, welche dieser nur an den Großherrn zu entrichten gewöhnt war. Die verschiedenen Beys, welche Khan Mahmud gehorchen, erklären offen, daß sie nur die Ankunft Ibrahim Pascha's erwarten, um sich unter dessen Befehle zu stellen. Während dieser Anarchie machten die Perser einen Einfall auf das türkische Gebiet und bemächtigten sich sechsundzwanzig Dörfer, welche Khan Mahmud gehörten. Sie raubten dort 270 Stück Vieh. Khan Mahmud, in seine Gebirge eingeschlossen, konnte jenen Dörfern nicht zu Hülfe kommen, welche gegenwärtig von den Persern besetzt sind. Die kurdischen Stämme in den Umgebungen der großen Seen waren noch nicht in ihre Dörfer zurückgekehrt, als die französischen Reisenden dort ankamen. Sie bewohnten unter Zelten das Hochland zwischen Bayazid und Wan.

Zu Bayazid besuchte Hr. Texier mit seinen Gefährten das Gefängniß, in welchem im Jahr 1811 Hr. Amédée Jaubert mit seinem Diener acht Monate lang eingekerkert saß. Es ist eine Cisterne, in welche man durch eine Fallthüre hinabsteigt. Gegenwärtig bildet die Citadelle von Bayazid, welche im Jahr 1828 von den Türken zerstört wurde, im Innern nur noch einen Trümmerhaufen. Auf den Felsen, welche das Gefängniß umgeben, fanden die Reisenden ein persisches Basrelief vom höchsten Alterthum, welches bis jetzt noch nicht bekannt gewesen zu seyn scheint. Zu Schelmas in Persien fanden sie gleichfalls ein sehr merkwürdiges Denkmal der Sassanidischen Fürsten. Es stellt zwei bewaffnete Reiter vor, welche den Tribut besiegter Völker in Empfang nehmen. Der Haarschmuck dieser Reiter hat das Merkwürdige, daß er noch umfangreicher ist, als die Perrücken à la Louis XIV. Heutiges Tages rasiren sich bekanntlich alle asiatischen Völker den Kopf. Das Denkmal ist in einen Felsen eingehauen, unweit des Urmiasees.

Der gegenwärtige Zustand Persiens ist noch unruhiger, als der der Türkei. Die Armee erhält seit einem Jahre keinen Sold mehr, und der Bruder des Schahs, der in Schiras, wo die Nizans ihren rückständigen Sold fordern, blokirt ist, sah sich bei Abgang der Briefe genöthigt, sich in seine Citadelle einzuschließen. Der Schah und seine Familie haben den Nationalhaß der Perser gegen sich, welcher aus Kastenprincipien entspringt. Mohammed Schah ist türkischer Abkunft, und zwischen Türken und Persern besteht eine eingefleischte Antipathie.

Mitte Novembers gingen die Reisenden von Tauris nach Bagdad ab; sie machen den Weg über Sultanieh, Ispahan, Schiras, Dirful. Ein Schreiben des Reisenden an seinen Bruder, den Doctor Texier, gibt noch folgenden Beitrag zur Kennniß der Sitten der Perser. „Wir machten dem Fürsten Karaman-Mirza, Statthalter von Tauris und Bruder des Schah, einen Besuch. Er plauderte lange mit uns und fragte mich, ob es in Paris Porträts von Schah Mohammed, seinem Bruder, gebe. Auf meine verneinende Antwort forderte er mich auf, ein großes Porträt dieses Fürsten, welches er in seinem Salon hatte, zu copiren. Er verlangte auch von mir ein Porträt des Kaisers Napoleon, welches ich ihm, so gut es ging, verfertigte; es fiel ziemlich ähnlich aus. Die Perser stimmen hierin nicht mit den Türken überein. Sie lieben Zeichnungen und Gemälde sehr. Man findet bei ihnen Bildnisse, die manchmal sehr hübsch sind, ganz im Geschmack der chinesischen Malereien.“

Der Orient und die französischen Kammerdebatten.

(Zweiter Artikel.)

Ist, wie wir im ersten Artikel darzuthun suchten, die Sachlage nicht wie die Rede des Hrn. Thiers sie darstellt, sondern viel ernster, die Verwicklung schwerer, der Riß tiefer, so wird man um so mehr zu der Erklärung getrieben, zu der selbst sein beschränkter Standpunkt ihn in den Worten führte, er wisse nicht, wie man die Verwirrung jetzt noch lösen könne. Man weiß in der That nicht, wie das enden kann und wird. Etwas Anderes ist es aber, wenn den Besorgnissen und den Hemmnissen Wünsche untergestellt werden, und da wir auf dem publicistischen Gebiete auf sie allein mehr noch als die Redner auf ihrer Bühne beschränkt sind, so wird man gestatten, daß wir mit solchen enden, zumal das Wünschenswerthe sich auf jedem der behandelten Punkte leicht herausstellt.

Vor Allem ist zu wünschen, daß man bei der Frage, wie der Pforte gegen Mehemed Ali zu helfen, d. h. wie sie gegen seine Uebermacht zu schützen, oder diese zu beschränken sey, den Tractrat von Hunkiar-Skelessi ganz aus dem Spiele lasse. Man kann, wir wiederholen es, nicht zugleich mit Rußland und gegen Rußland gehen, es sey denn, daß Rußland durch andere Rücksichten, als die durch die türkisch-ägyptische Frage gebotenen, bestimmt würde, die Aufhebung desselben sich als einen besondern Punkt einer umfassenderen Vereinbarung mit England gefallen zu lassen. Dabei aber ist wünschenswerth, daß die hierin gegen Rußland einschreitenden Mächte sich über den Belang des von der Pforte zu Begehrenden oder von ihr zu Rathenden möglichst klar werden möchten.

Als Grundlage dieses ganzen Handels gilt, daß die Pforte, als ausschließliche Eigenthümerin des Canals, der mit dem Bosporus anfängt und mit dem Hellespont endet, das Recht hat, ihn zu schließen oder zu öffnen, wie es ihrem Interesse oder ihrer Politik gemäß ist. Auch hat ihr, so viel mir bekannt, dieses Recht Niemand bestritten, und die einzelnen Verträge darüber sind nur bestimmt, sey es, dieses Recht anzuerkennen,

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              <p>(<hi rendition="#g">Journal des Débats</hi>.) Durch ein Schreiben des Hrn. Karl Texier an Hrn. Xivrey, Mitglied des Instituts, aus Tauris datirt, erfahren wir, daß die letzten Ereignisse in der Türkei die Fortsetzung der Reise jenes Gelehrten nach Kleinasien und Persien in Gesellschaft der HH. La Bourdonnaye und La Guiche nicht gehindert haben. Nachdem diese französischen Reisenden Kurdistan durchwandert hatten, kamen sie zu Ende Octobers in Tauris an. In aller Sicherheit bereisten sie die Ufer des Wansees und die Gebirge, welche die Gränzen Persiens bilden. Die durch den Tod des Sultans Mahmud in der Türkei verursachte Erschütterung erstreckte sich bis in jene fernen Provinzen. <hi rendition="#g">Alle kurdischen Stämme waren kampfbereit</hi>, <hi rendition="#g">und die Sympathie der dortigen Bevölkerung erklärte sich laut für Mehemed Ali</hi>. Der mächtigste Bey der Gegend, Khan-Mahmud, dessen Herrschaft sich über das ganze Gebirge im Süden des Wansees erstreckt, wurde von Iskender, Pascha von Wan, ungerechterweise angegriffen, und zog sich in eine Kassab, die inmitten uneinnehmbarer Engpässe liegt, zurück. Seine Agenten durchziehen das Land, um die Kurden gegen seine Feinde, die Paschas von Erzerum und Wan, aufzuwiegeln. Dieser innere Krieg brach in den kurdischen Provinzen aus, weil die Paschas, seit dem Tode des Sultans Mahmud, von dem Khan der Kurden Abgaben erheben wollten, welche dieser nur an den Großherrn zu entrichten gewöhnt war. Die verschiedenen Beys, welche Khan Mahmud gehorchen, erklären offen, <hi rendition="#g">daß sie nur die Ankunft Ibrahim Pascha</hi>'s <hi rendition="#g">erwarten</hi>, <hi rendition="#g">um sich unter dessen Befehle zu stellen</hi>. Während dieser Anarchie machten die Perser einen Einfall auf das türkische Gebiet und bemächtigten sich sechsundzwanzig Dörfer, welche Khan Mahmud gehörten. Sie raubten dort 270 Stück Vieh. Khan Mahmud, in seine Gebirge eingeschlossen, konnte jenen Dörfern nicht zu Hülfe kommen, welche gegenwärtig von den Persern besetzt sind. Die kurdischen Stämme in den Umgebungen der großen Seen waren noch nicht in ihre Dörfer zurückgekehrt, als die französischen Reisenden dort ankamen. Sie bewohnten unter Zelten das Hochland zwischen Bayazid und Wan.</p><lb/>
              <p>Zu Bayazid besuchte Hr. Texier mit seinen Gefährten das Gefängniß, in welchem im Jahr 1811 Hr. Amédée Jaubert mit seinem Diener acht Monate lang eingekerkert saß. Es ist eine Cisterne, in welche man durch eine Fallthüre hinabsteigt. Gegenwärtig bildet die Citadelle von Bayazid, welche im Jahr 1828 von den Türken zerstört wurde, im Innern nur noch einen Trümmerhaufen. Auf den Felsen, welche das Gefängniß umgeben, fanden die Reisenden ein persisches Basrelief vom höchsten Alterthum, welches bis jetzt noch nicht bekannt gewesen zu seyn scheint. Zu Schelmas in Persien fanden sie gleichfalls ein sehr merkwürdiges Denkmal der Sassanidischen Fürsten. Es stellt zwei bewaffnete Reiter vor, welche den Tribut besiegter Völker in Empfang nehmen. Der Haarschmuck dieser Reiter hat das Merkwürdige, daß er noch umfangreicher ist, als die Perrücken à la Louis XIV. Heutiges Tages rasiren sich bekanntlich alle asiatischen Völker den Kopf. Das Denkmal ist in einen Felsen eingehauen, unweit des Urmiasees.</p><lb/>
              <p>Der gegenwärtige Zustand Persiens ist noch unruhiger, als der der Türkei. Die Armee erhält seit einem Jahre keinen Sold mehr, und der Bruder des Schahs, der in Schiras, wo die Nizans ihren rückständigen Sold fordern, blokirt ist, sah sich bei Abgang der Briefe genöthigt, sich in seine Citadelle einzuschließen. Der Schah und seine Familie haben den Nationalhaß der Perser gegen sich, welcher aus Kastenprincipien entspringt. Mohammed Schah ist türkischer Abkunft, und zwischen Türken und Persern besteht eine eingefleischte Antipathie.</p><lb/>
              <p>Mitte Novembers gingen die Reisenden von Tauris nach Bagdad ab; sie machen den Weg über Sultanieh, Ispahan, Schiras, Dirful. Ein Schreiben des Reisenden an seinen Bruder, den Doctor Texier, gibt noch folgenden Beitrag zur Kennniß der Sitten der Perser. &#x201E;Wir machten dem Fürsten Karaman-Mirza, Statthalter von Tauris und Bruder des Schah, einen Besuch. Er plauderte lange mit uns und fragte mich, ob es in Paris Porträts von Schah Mohammed, seinem Bruder, gebe. Auf meine verneinende Antwort forderte er mich auf, ein großes Porträt dieses Fürsten, welches er in seinem Salon hatte, zu copiren. Er verlangte auch von mir ein Porträt des Kaisers Napoleon, welches ich ihm, so gut es ging, verfertigte; es fiel ziemlich ähnlich aus. Die Perser stimmen hierin nicht mit den Türken überein. Sie lieben Zeichnungen und Gemälde sehr. Man findet bei ihnen Bildnisse, die manchmal sehr hübsch sind, ganz im Geschmack der chinesischen Malereien.&#x201C;</p><lb/>
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              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Orient und die französischen Kammerdebatten</hi>.</hi> </head>
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              <p>(<hi rendition="#g">Zweiter Artikel</hi>.)</p><lb/>
              <p>Ist, wie wir im ersten Artikel darzuthun suchten, die Sachlage nicht wie die Rede des Hrn. Thiers sie darstellt, sondern viel ernster, die Verwicklung schwerer, der Riß tiefer, so wird man um so mehr zu der Erklärung getrieben, zu der selbst sein beschränkter Standpunkt ihn in den Worten führte, er wisse nicht, wie man die Verwirrung jetzt noch lösen könne. Man weiß in der That nicht, wie das enden kann und wird. Etwas Anderes ist es aber, wenn den Besorgnissen und den Hemmnissen Wünsche untergestellt werden, und da wir auf dem publicistischen Gebiete auf sie allein mehr noch als die Redner auf ihrer Bühne beschränkt sind, so wird man gestatten, daß wir mit solchen enden, zumal das Wünschenswerthe sich auf jedem der behandelten Punkte leicht herausstellt.</p><lb/>
              <p>Vor Allem ist zu wünschen, daß man bei der Frage, wie der Pforte gegen Mehemed Ali zu helfen, d. h. wie sie gegen seine Uebermacht zu schützen, oder diese zu beschränken sey, den Tractrat von Hunkiar-Skelessi ganz aus dem Spiele lasse. Man kann, wir wiederholen es, nicht zugleich mit Rußland und gegen Rußland gehen, es sey denn, daß Rußland durch andere Rücksichten, als die durch die türkisch-ägyptische Frage gebotenen, bestimmt würde, die Aufhebung desselben sich als einen besondern Punkt einer umfassenderen Vereinbarung mit England gefallen zu lassen. Dabei aber ist wünschenswerth, daß die hierin gegen Rußland einschreitenden Mächte sich über den Belang des von der Pforte zu Begehrenden oder von ihr zu Rathenden möglichst klar werden möchten.</p><lb/>
              <p>Als Grundlage dieses ganzen Handels gilt, daß die Pforte, als ausschließliche Eigenthümerin des Canals, der mit dem Bosporus anfängt und mit dem Hellespont endet, das Recht hat, ihn zu schließen oder zu öffnen, wie es ihrem Interesse oder ihrer Politik gemäß ist. Auch hat ihr, so viel mir bekannt, dieses Recht Niemand bestritten, und die einzelnen Verträge darüber sind nur bestimmt, sey es, dieses Recht anzuerkennen,<lb/></p>
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[0231/0007] Sammlung auch als sein Eigenthum zu betrachten gewohnt war. – Blumenbach hinterläßt ein großes Vermögen, und wird, da seine beiden Töchter, Frau v. Jasmund und Fräulein Adele, ohne Erben gestorben sind, von seinem Sohne, dem geheimen Kanzleirath Blumenbach in Hannover, beerbt. So alt Blumenbach auch geworden ist, so kann man doch sagen, er hat seinen Ruf nicht überlebt, denn er empfing noch bis auf seine letzten Lebenstage Zeichen der Anerkennung aller Art. Zu den Eigenthümlichkeiten seines Charakters gehörte, daß es mit jedem Jahre schwerer wurde, mit ihm umzugehen und seine Launen zu ertragen; daß vorzüglich ein schweres Geschäft war, ihn als Friseur u. s. w. zu bedienen, da beim Pudern u. s. w. täglich Neuigkeiten erzählt werden mußten. Die dem alten Manne auf diese Weise erzählten Lügen, denen er meist vollen Glauben schenkte, sollen die Münchhausischen zum Theil noch übertreffen. – Zu dem politisch Bedeutungsvollen, was sich in der letzten Zeit hier ereignet, gehört die am 18 d. vorgenommene Prorectorwahl. Es sind der Regierung als Candidaten präsentirt der zeitige Prorector Gieseler und die Professoren Kraut und Ritter. Man betrachtet diese Wahl als ein sicheres Zeichen, daß die Universität sich treu bleiben werde. – Nachdem zu der zweiten nicht zu Stande gekommenen Wahl eines Bürgervorstehers die fehlenden Wahlberechtigten letzten Sonnabend erschienen waren und ihre Stimmen abgegeben hatten, ergab sich, daß auch in diesem District der Advocat Breithaupt gewählt sey. Es steht also eine nochmalige Wahl bevor. Schweden. *Stockholm, 14 Jan. Der Anfang des Reichstags wurde heute Mittags auf allen Plätzen der Hauptstadt durch den Reichsherold feierlich verkündigt. Der König erhob zum Landmarschall den Landeshauptmann von Ostgothland, Freiherrn Palmstjerna, und überlieferte ihm den Landmarstallstab, worauf er von den beiden ältesten Grafen, Brahe und Lewenhaupt, nach dem Ritterhause begleitet wurde. Zum Sprecher des Priesterstandes wurde, der Constitution gemäß, der Erzbischof Wingård ernannt. Zugleich wurde zum Vicesprecher dieses Standes der Bischof von Linköping, Hedren, ernannt. Die Sprecher der Bürger und der Bauern werden erst nach der Verification der Vollmachten erwählt. Man glaubt jetzt, der Bürgermeister Holm, obgleich er bisher nicht als der Regierung ergeben angesehen worden, dürfte zum Sprecher des Bürgerstandes ernannt werden. Der Secretär des Bauernstandes wird ebenfalls der Constitution gemäß vom König ernannt. Die Wahl Sr. Maj. fiel auf den Advocatfiscal der Reichsbank, Heurlin. Er ist ein Vetter des Bischofs von Wisby und Staatssecretärs für die geistlichen Angelegenheiten, Heurlin. – Der als Chef einer vermeintlichen Coalition gegen die Regierung oft erwähnte Freiherr Nordin befindet sich an Gicht bettlägerig, und kann vorerst nicht auf den Reichstag kommen. Rußland. **Odessa, 12 Jan. Der Admiral Lazareff hat plötzlich Befehl erhalten sich nach Sebastopol zu verfügen. Dunkle Gerüchte, daß Ibrahim Pascha mit dem Eintritt einer günstigen Witterung vorrücken wolle, haben sich verbreitet, und man will wissen, daß russische Hülfe in Kleinasien zur unumgänglichen Nothwendigkeit geworden sey, um den Vicekönig von Aegypten im Zaum zu halten. Das Kriegsdampfboot „der Nordstern“ hatte den Befehl erhalten, nach Konstantinopel zu segeln, um sich dort zur Disposition des russischen Botschafters zu stellen. Wenn der Nordstern vom Treibeis nicht zurückgehalten wird, so ist er wohl in diesem Augenblick bereits auf dem Wege dahin begriffen. Oesterreich. ✝Wien, 22 Jan. Das Unwohlseyn Ihrer Maj. der Kaiserin, welches mehrere deutsche Blätter berühren, bestand lediglich in einem Schnupfen, der bald vorüberging, und Ihre Maj. zu keiner andauernden Zurückziehung in ihre Appartements nöthigte. – Se. kais. H. der Erzherzog Karl Ferdinand ist am 17 Jan. von Mailand nach Turin abgereist. Während seines Aufenthalts in Mailand veranstalteten der Gouverneur Graf Hartig und die adelige Gesellschaft ihm zu Ehren glänzende Ballfeste. – Der Bischof von Lodi hat zur Unterstützung der durch die Ueberschwemmungen Verunglückten 4000 Mailänder Lire gespendet. – Der österreichische Botschafter Fürst Paul Esterhazy wird bald wieder nach London abreisen, um der Vermählungsfeier der Königin beizuwohnen. Diese ist übrigens den neuesten Nachrichten zufolge wegen des Hintritts der Prinzessin von Hessen-Homburg, einer Tante der Königin, verschoben. Die Verbindung der Prinzessin Victoire Coburg mit dem Herzog von Nemours wird hier als eine ausgemachte Sache angenommen. – Dem Vernehmen nach ist die Abreise des französischen Botschafters nach Paris auf den 17 Febr. festgesetzt. – Vorgestern producirte Fürst Pückler-Muskau in einer hiesigen Reitschule vor einer Versammlung von erlauchten und angesehenen Personen seine mitgebrachten arabischen Pferde, die, wie man sagt, hier veräußert werden sollen. Fürst Pückler gedenkt, dem Vernehmen nach, mit Ende März Wien zu verlassen. Griechenland. Wir erhalten heute weitere sehr ausführliche Berichte aus Athen, die zwar kein späteres Datum als die zuletzt gelieferten tragen, aber über den Zusammenhang und die Entwickelung manche neue Aufschlüsse bringen. Die Athenischen Journale sprechen gleichfalls sehr umständlich über das vor ihren Augen Vorgefallene. Eine fast allgemeine Anklage der Saumseligkeit oder der Connivenz erhob sich gegen den Minister des Innern und des Cultus, Hrn. Glarakis, welcher längst als Anhänger der Kapodistrianischen Partei bezeichnet worden war. Am 11 Abends wurde er seines Postens enthoben, und an seine Stelle provisorisch der Staatsrath Theocharis ernannt. Einer unserer Berichte schließt: „In Stadt und Land herrscht freilich Spannung, aber vollkommene Ruhe.“ Wir werden morgen die Details so ausführlich, als es uns möglich seyn wird, nachtragen. Beilage zur Allgemeinen Zeitung 29 Januar 1840 Reisen und Reiselitteratur. Texier in Persien. (Journal des Débats.) Durch ein Schreiben des Hrn. Karl Texier an Hrn. Xivrey, Mitglied des Instituts, aus Tauris datirt, erfahren wir, daß die letzten Ereignisse in der Türkei die Fortsetzung der Reise jenes Gelehrten nach Kleinasien und Persien in Gesellschaft der HH. La Bourdonnaye und La Guiche nicht gehindert haben. Nachdem diese französischen Reisenden Kurdistan durchwandert hatten, kamen sie zu Ende Octobers in Tauris an. In aller Sicherheit bereisten sie die Ufer des Wansees und die Gebirge, welche die Gränzen Persiens bilden. Die durch den Tod des Sultans Mahmud in der Türkei verursachte Erschütterung erstreckte sich bis in jene fernen Provinzen. Alle kurdischen Stämme waren kampfbereit, und die Sympathie der dortigen Bevölkerung erklärte sich laut für Mehemed Ali. Der mächtigste Bey der Gegend, Khan-Mahmud, dessen Herrschaft sich über das ganze Gebirge im Süden des Wansees erstreckt, wurde von Iskender, Pascha von Wan, ungerechterweise angegriffen, und zog sich in eine Kassab, die inmitten uneinnehmbarer Engpässe liegt, zurück. Seine Agenten durchziehen das Land, um die Kurden gegen seine Feinde, die Paschas von Erzerum und Wan, aufzuwiegeln. Dieser innere Krieg brach in den kurdischen Provinzen aus, weil die Paschas, seit dem Tode des Sultans Mahmud, von dem Khan der Kurden Abgaben erheben wollten, welche dieser nur an den Großherrn zu entrichten gewöhnt war. Die verschiedenen Beys, welche Khan Mahmud gehorchen, erklären offen, daß sie nur die Ankunft Ibrahim Pascha's erwarten, um sich unter dessen Befehle zu stellen. Während dieser Anarchie machten die Perser einen Einfall auf das türkische Gebiet und bemächtigten sich sechsundzwanzig Dörfer, welche Khan Mahmud gehörten. Sie raubten dort 270 Stück Vieh. Khan Mahmud, in seine Gebirge eingeschlossen, konnte jenen Dörfern nicht zu Hülfe kommen, welche gegenwärtig von den Persern besetzt sind. Die kurdischen Stämme in den Umgebungen der großen Seen waren noch nicht in ihre Dörfer zurückgekehrt, als die französischen Reisenden dort ankamen. Sie bewohnten unter Zelten das Hochland zwischen Bayazid und Wan. Zu Bayazid besuchte Hr. Texier mit seinen Gefährten das Gefängniß, in welchem im Jahr 1811 Hr. Amédée Jaubert mit seinem Diener acht Monate lang eingekerkert saß. Es ist eine Cisterne, in welche man durch eine Fallthüre hinabsteigt. Gegenwärtig bildet die Citadelle von Bayazid, welche im Jahr 1828 von den Türken zerstört wurde, im Innern nur noch einen Trümmerhaufen. Auf den Felsen, welche das Gefängniß umgeben, fanden die Reisenden ein persisches Basrelief vom höchsten Alterthum, welches bis jetzt noch nicht bekannt gewesen zu seyn scheint. Zu Schelmas in Persien fanden sie gleichfalls ein sehr merkwürdiges Denkmal der Sassanidischen Fürsten. Es stellt zwei bewaffnete Reiter vor, welche den Tribut besiegter Völker in Empfang nehmen. Der Haarschmuck dieser Reiter hat das Merkwürdige, daß er noch umfangreicher ist, als die Perrücken à la Louis XIV. Heutiges Tages rasiren sich bekanntlich alle asiatischen Völker den Kopf. Das Denkmal ist in einen Felsen eingehauen, unweit des Urmiasees. Der gegenwärtige Zustand Persiens ist noch unruhiger, als der der Türkei. Die Armee erhält seit einem Jahre keinen Sold mehr, und der Bruder des Schahs, der in Schiras, wo die Nizans ihren rückständigen Sold fordern, blokirt ist, sah sich bei Abgang der Briefe genöthigt, sich in seine Citadelle einzuschließen. Der Schah und seine Familie haben den Nationalhaß der Perser gegen sich, welcher aus Kastenprincipien entspringt. Mohammed Schah ist türkischer Abkunft, und zwischen Türken und Persern besteht eine eingefleischte Antipathie. Mitte Novembers gingen die Reisenden von Tauris nach Bagdad ab; sie machen den Weg über Sultanieh, Ispahan, Schiras, Dirful. Ein Schreiben des Reisenden an seinen Bruder, den Doctor Texier, gibt noch folgenden Beitrag zur Kennniß der Sitten der Perser. „Wir machten dem Fürsten Karaman-Mirza, Statthalter von Tauris und Bruder des Schah, einen Besuch. Er plauderte lange mit uns und fragte mich, ob es in Paris Porträts von Schah Mohammed, seinem Bruder, gebe. Auf meine verneinende Antwort forderte er mich auf, ein großes Porträt dieses Fürsten, welches er in seinem Salon hatte, zu copiren. Er verlangte auch von mir ein Porträt des Kaisers Napoleon, welches ich ihm, so gut es ging, verfertigte; es fiel ziemlich ähnlich aus. Die Perser stimmen hierin nicht mit den Türken überein. Sie lieben Zeichnungen und Gemälde sehr. Man findet bei ihnen Bildnisse, die manchmal sehr hübsch sind, ganz im Geschmack der chinesischen Malereien.“ Der Orient und die französischen Kammerdebatten.✝ (Zweiter Artikel.) Ist, wie wir im ersten Artikel darzuthun suchten, die Sachlage nicht wie die Rede des Hrn. Thiers sie darstellt, sondern viel ernster, die Verwicklung schwerer, der Riß tiefer, so wird man um so mehr zu der Erklärung getrieben, zu der selbst sein beschränkter Standpunkt ihn in den Worten führte, er wisse nicht, wie man die Verwirrung jetzt noch lösen könne. Man weiß in der That nicht, wie das enden kann und wird. Etwas Anderes ist es aber, wenn den Besorgnissen und den Hemmnissen Wünsche untergestellt werden, und da wir auf dem publicistischen Gebiete auf sie allein mehr noch als die Redner auf ihrer Bühne beschränkt sind, so wird man gestatten, daß wir mit solchen enden, zumal das Wünschenswerthe sich auf jedem der behandelten Punkte leicht herausstellt. Vor Allem ist zu wünschen, daß man bei der Frage, wie der Pforte gegen Mehemed Ali zu helfen, d. h. wie sie gegen seine Uebermacht zu schützen, oder diese zu beschränken sey, den Tractrat von Hunkiar-Skelessi ganz aus dem Spiele lasse. Man kann, wir wiederholen es, nicht zugleich mit Rußland und gegen Rußland gehen, es sey denn, daß Rußland durch andere Rücksichten, als die durch die türkisch-ägyptische Frage gebotenen, bestimmt würde, die Aufhebung desselben sich als einen besondern Punkt einer umfassenderen Vereinbarung mit England gefallen zu lassen. Dabei aber ist wünschenswerth, daß die hierin gegen Rußland einschreitenden Mächte sich über den Belang des von der Pforte zu Begehrenden oder von ihr zu Rathenden möglichst klar werden möchten. Als Grundlage dieses ganzen Handels gilt, daß die Pforte, als ausschließliche Eigenthümerin des Canals, der mit dem Bosporus anfängt und mit dem Hellespont endet, das Recht hat, ihn zu schließen oder zu öffnen, wie es ihrem Interesse oder ihrer Politik gemäß ist. Auch hat ihr, so viel mir bekannt, dieses Recht Niemand bestritten, und die einzelnen Verträge darüber sind nur bestimmt, sey es, dieses Recht anzuerkennen,

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Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 29. Augsburg, 29. Januar 1840, S. 0231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_029_18400129/7>, abgerufen am 23.04.2024.