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Allgemeine Zeitung. Nr. 52. Augsburg, 21. Februar 1840.

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diesem Ende schon morgen von hier abreisen. - Auch der Urlaub des französischen Gesandten am Berliner Hofe ist seinem Ende nahe, und Graf Bresson trifft bereits Anstalten, auf seinen Posten zurückzukehren. - Der König hatte den Wunsch geäußert, den Grafen Sebastiani zum Marschall von Frankreich zu erheben. Das Ministerconseil widersetzte sich, weil die Zahl der Marschälle bereits voll sey. (Maisons Tod macht einen Marschallstab vacant.) Man kann den Grafen Sebastiani als das zweite Opfer betrachten, das Frankreich der orientalischen Frage gebracht hat, einer Frage, die bis jetzt nur dem Admiral Lalande Anerkennung und Auszeichnung verschaffte, während der einstige Vertheidiger der Dardanellen wie der Sieger von Navarin ihr unterlagen.

Ein philosophischer Beobachter würde ohne Zweifel in dem französischen Heerwesen viel zu tadeln finden. Die nationelle Leichtigkeit, die angeborne Unbesorgtheit, und die Abwesenheit erschöpfender Voraussicht werden hier so wenig, als in den übrigen Zweigen der öffentlichen Erziehung und des Unterrichts abzuläugnen seyn. Allein in der allgemeinen militärischen Zucht wie in dem Schul- und litterarischen Bildungswesen der untern Volksclassen verlassen die Franzosen sich gern auf jenes Selbstgefühl und die instinctive Wissenschaft, die ihnen wenigstens während der glorreichen Tage des Kaiserthums zum schützenden Vorwande dienen mochten. Indessen jene Zeiten und die ganze Beurtheilungsweise, die sich daran knüpfte, sind vorbei, und nichts gleicht sich weniger, als das kriegerische Europa, besonders Deutschland und Frankreich vom Jahr 1807, von 1812 und von 1840 Wir wissen alle, welche Fortschritte in dieser Beziehung in Deutschland gemacht worden sind. Auch Frankreich hat, abgesehen von seiner Artillerie und seinem Geniewesen, die von jeher mit der ausgezeichnetsten Sorgfalt gehegt wurden, der wissenschaftlichen und moralischen Bildung seines Heeres eine bessere, eine würdigere Aufmerksamkeit und Leitung gewidmet. Der letzte Act, der dafür zeugt, ist eine ganz neuerlichst gefaßte Entschließung des Kriegsministeriums, die mehrere wichtige Bücher für die Regimenter hervorruft und deren allgemeine Verbreitung unter den Truppen vorschreibt. Ich sage hervorruft, denn die Bücher sind noch nicht fertig, und der Minister, um sie zu erhalten, hat einen Concurs ausgeschrieben und einen Preis für die beste Leistung festgesetzt. "Pflichten des französischen Soldaten", das soll das erste Bändchen werden, und den Soldaten über seine Obliegenheiten belehren, die er in allen denkbaren Fällen seiner Laufbahn zu erfüllen haben mag. Dieses Bändchen soll, meines Erachtens sehr weise, nicht mehr als hundert Seiten in Octav füllen. Die zweite Preisaufgabe ist: "Sammlung der merkwürdigsten Züge von Tapferkeit, Großmuth, Menschlichkeit, Vaterlandsliebe, Uneigennützigkeit und Heldenmuth, welche die französischen Krieger zu allen Zeiten der Geschichte ausgezeichnet haben". Das dritte Werk endlich soll enthalten: "Biographische Notizen über die berühmtesten Krieger des französischen Heeres." Den beiden letzten Sammlungen wird, einer jeden insbesondere, ein Umfang von 4 - 500 Seiten gestattet. Indem das Ministerium diese Preisaufgaben stellt, die bis zum 1 Dec. 1840gelöst seyn sollen, und für das erste Büchelchen eine Belohnung von 500 Fr., für die zweite Sammlung 1500 Fr. und für die dritte 2000 Fr. bestimmt, empfiehlt es den Schriftstellern die größtmögliche Einfachheit und Klarheit, dadamit auch die Wenigstunterrichteten Nutzen davon ziehen, und Alle in gleichem Maaße Liebe zu ihrem Vaterlande, und muthige, edle Gesinnungen darin schöpfen können. Beurtheilen wir den französischen Charakter und die französische Darstellungsgabe richtig, so dürfen wir Arbeiten entgegensehen, welche die gestellte Aufgabe in vollem Maaße lösen werden. Das Talent der einfachen, ansprechenden Erzählung ist ihnen so eigen, so natürlich, daß sie hierdurch der populären Belehrung des Soldaten einen sehr charakteristischen Reiz verleihen werden. Zwar wird es einem Fremden, der diese Galerie liest, wahrscheinlich vorkommen, als ob die französische Eitelkeit die Farben des Selbstlobes ein wenig stark aufgetragen habe; indessen an diesen Krankheiten laboriren so ziemlich alle Nationen, die das Gefühl ihres Werthes haben, und das Unglück, in diesem besondern Falle, besteht eher in dem Zuwenig, als in dem Zuviel.

Niederlande.

Aus den holländischen Armencolonien meldet man, daß die Bevölkerung dort zunimmt. In den gewöhnlichen Colonien ist nun Alles besetzt. In letzterer Zeit sind viele Bettler dorthin gesendet worden, so daß jetzt die ganze Bevölkerung schon 8900 Köpfe zählt, die meistens in den Fabriken arbeiten. Die Schulen werden fleißig besucht. Die Viehseuche ist in jenem Bezirk fast ganz verschwunden.

Belgien.

Der Senat hat gestern den Gesetzesentwurf in Betreff der Umprägung der Münzen einstimmig, den Gesetzesentwurf in Betreff der freien Wiederausfuhr des von fremdem Getreide herrührenden Mehls mit 28 gegen 9 Stimmen angenommen.

Italien.

Frankreich hatte bisher das Recht für seine hiesige Nationalkirche, S. Luigi de' Francesi, als Parochie, einen Pfarrer unabhängig von dem Generalvicar zu ernennen, was zu mancherlei Unannehmlichkeiten führte. Auf dieses Vorrecht hat man von französischer Seite Verzicht geleistet, und die Kirche wird in Zukunft, wie alle übrigen Nationalkirchen, ohne dieses Privilegium fortbestehen. Man ist dem französischen Botschafter für die Beendigung dieser längst in Unterhandlung schwebenden Sache sehr verbunden, zumal da mit dem Aufgeben dieser Rechte der französischen Nation keine Beeinträchtigung geschieht, und für hier das Kirchenverhältniß der Parochianen geordnet wird. - Unter den vielen Fremden, welche dem Papst gegenwärtig vorgestellt werden, befanden sich in den letzten Tagen, durch den hannover'schen Minister Hrn. Legationsrath Kestner eingeführt, der Graf und die Gräfin v. Mengersen aus Westphalen, und Sir Georg Back, der bekannte Reisende. Se. Heil., welcher Alle mit seiner gewöhnlichen Güte empfing, unterhielt sich lange Zeit mit letzterem, und mehrere Fragen, die er ihm stellte, zeigten zur Genüge seine ausgebreiteten Kenntnisse und sein gelehrtes Interesse für Alles, was in wissenschaftlicher Hinsicht vorgeht. - Der hannover'sche Kriegsminister und General der Infanterie, Graf v. Alten, ist gestern aus Neapel kommend hier eingetroffen.

In den spätern Nachmittagsstunden dieser schönen Tage drängt sich das Volk um das Arnohotel zusammen, weil der Herzog von Bordeaux von dem Balcon desselben einigemale dem Corso zugesehen, welcher nun durch den Carneval an den Lungarno verlegt wird. Gestern Morgen begleitete der Herzog den Großherzog auf eine Jagdpartie nach Poggio a Cajano, Abends war großer Ball im Palast Pitti. Die Abreise, auf den 15 festgesetzt, entführt uns vermuthlich auch wieder die Carlisten, welche die Anwesenheit des Herzogs hier versammelt hatte. - Die neue Oper des Fürsten Poniatowsky wird von sachkundigen Leuten keineswegs für so bedeutend gehalten, als Ihnen neulich von hier berichtet wurde. Die

diesem Ende schon morgen von hier abreisen. – Auch der Urlaub des französischen Gesandten am Berliner Hofe ist seinem Ende nahe, und Graf Bresson trifft bereits Anstalten, auf seinen Posten zurückzukehren. – Der König hatte den Wunsch geäußert, den Grafen Sebastiani zum Marschall von Frankreich zu erheben. Das Ministerconseil widersetzte sich, weil die Zahl der Marschälle bereits voll sey. (Maisons Tod macht einen Marschallstab vacant.) Man kann den Grafen Sebastiani als das zweite Opfer betrachten, das Frankreich der orientalischen Frage gebracht hat, einer Frage, die bis jetzt nur dem Admiral Lalande Anerkennung und Auszeichnung verschaffte, während der einstige Vertheidiger der Dardanellen wie der Sieger von Navarin ihr unterlagen.

Ein philosophischer Beobachter würde ohne Zweifel in dem französischen Heerwesen viel zu tadeln finden. Die nationelle Leichtigkeit, die angeborne Unbesorgtheit, und die Abwesenheit erschöpfender Voraussicht werden hier so wenig, als in den übrigen Zweigen der öffentlichen Erziehung und des Unterrichts abzuläugnen seyn. Allein in der allgemeinen militärischen Zucht wie in dem Schul- und litterarischen Bildungswesen der untern Volksclassen verlassen die Franzosen sich gern auf jenes Selbstgefühl und die instinctive Wissenschaft, die ihnen wenigstens während der glorreichen Tage des Kaiserthums zum schützenden Vorwande dienen mochten. Indessen jene Zeiten und die ganze Beurtheilungsweise, die sich daran knüpfte, sind vorbei, und nichts gleicht sich weniger, als das kriegerische Europa, besonders Deutschland und Frankreich vom Jahr 1807, von 1812 und von 1840 Wir wissen alle, welche Fortschritte in dieser Beziehung in Deutschland gemacht worden sind. Auch Frankreich hat, abgesehen von seiner Artillerie und seinem Geniewesen, die von jeher mit der ausgezeichnetsten Sorgfalt gehegt wurden, der wissenschaftlichen und moralischen Bildung seines Heeres eine bessere, eine würdigere Aufmerksamkeit und Leitung gewidmet. Der letzte Act, der dafür zeugt, ist eine ganz neuerlichst gefaßte Entschließung des Kriegsministeriums, die mehrere wichtige Bücher für die Regimenter hervorruft und deren allgemeine Verbreitung unter den Truppen vorschreibt. Ich sage hervorruft, denn die Bücher sind noch nicht fertig, und der Minister, um sie zu erhalten, hat einen Concurs ausgeschrieben und einen Preis für die beste Leistung festgesetzt. „Pflichten des französischen Soldaten“, das soll das erste Bändchen werden, und den Soldaten über seine Obliegenheiten belehren, die er in allen denkbaren Fällen seiner Laufbahn zu erfüllen haben mag. Dieses Bändchen soll, meines Erachtens sehr weise, nicht mehr als hundert Seiten in Octav füllen. Die zweite Preisaufgabe ist: „Sammlung der merkwürdigsten Züge von Tapferkeit, Großmuth, Menschlichkeit, Vaterlandsliebe, Uneigennützigkeit und Heldenmuth, welche die französischen Krieger zu allen Zeiten der Geschichte ausgezeichnet haben“. Das dritte Werk endlich soll enthalten: „Biographische Notizen über die berühmtesten Krieger des französischen Heeres.“ Den beiden letzten Sammlungen wird, einer jeden insbesondere, ein Umfang von 4 - 500 Seiten gestattet. Indem das Ministerium diese Preisaufgaben stellt, die bis zum 1 Dec. 1840gelöst seyn sollen, und für das erste Büchelchen eine Belohnung von 500 Fr., für die zweite Sammlung 1500 Fr. und für die dritte 2000 Fr. bestimmt, empfiehlt es den Schriftstellern die größtmögliche Einfachheit und Klarheit, dadamit auch die Wenigstunterrichteten Nutzen davon ziehen, und Alle in gleichem Maaße Liebe zu ihrem Vaterlande, und muthige, edle Gesinnungen darin schöpfen können. Beurtheilen wir den französischen Charakter und die französische Darstellungsgabe richtig, so dürfen wir Arbeiten entgegensehen, welche die gestellte Aufgabe in vollem Maaße lösen werden. Das Talent der einfachen, ansprechenden Erzählung ist ihnen so eigen, so natürlich, daß sie hierdurch der populären Belehrung des Soldaten einen sehr charakteristischen Reiz verleihen werden. Zwar wird es einem Fremden, der diese Galerie liest, wahrscheinlich vorkommen, als ob die französische Eitelkeit die Farben des Selbstlobes ein wenig stark aufgetragen habe; indessen an diesen Krankheiten laboriren so ziemlich alle Nationen, die das Gefühl ihres Werthes haben, und das Unglück, in diesem besondern Falle, besteht eher in dem Zuwenig, als in dem Zuviel.

Niederlande.

Aus den holländischen Armencolonien meldet man, daß die Bevölkerung dort zunimmt. In den gewöhnlichen Colonien ist nun Alles besetzt. In letzterer Zeit sind viele Bettler dorthin gesendet worden, so daß jetzt die ganze Bevölkerung schon 8900 Köpfe zählt, die meistens in den Fabriken arbeiten. Die Schulen werden fleißig besucht. Die Viehseuche ist in jenem Bezirk fast ganz verschwunden.

Belgien.

Der Senat hat gestern den Gesetzesentwurf in Betreff der Umprägung der Münzen einstimmig, den Gesetzesentwurf in Betreff der freien Wiederausfuhr des von fremdem Getreide herrührenden Mehls mit 28 gegen 9 Stimmen angenommen.

Italien.

Frankreich hatte bisher das Recht für seine hiesige Nationalkirche, S. Luigi de' Francesi, als Parochie, einen Pfarrer unabhängig von dem Generalvicar zu ernennen, was zu mancherlei Unannehmlichkeiten führte. Auf dieses Vorrecht hat man von französischer Seite Verzicht geleistet, und die Kirche wird in Zukunft, wie alle übrigen Nationalkirchen, ohne dieses Privilegium fortbestehen. Man ist dem französischen Botschafter für die Beendigung dieser längst in Unterhandlung schwebenden Sache sehr verbunden, zumal da mit dem Aufgeben dieser Rechte der französischen Nation keine Beeinträchtigung geschieht, und für hier das Kirchenverhältniß der Parochianen geordnet wird. – Unter den vielen Fremden, welche dem Papst gegenwärtig vorgestellt werden, befanden sich in den letzten Tagen, durch den hannover'schen Minister Hrn. Legationsrath Kestner eingeführt, der Graf und die Gräfin v. Mengersen aus Westphalen, und Sir Georg Back, der bekannte Reisende. Se. Heil., welcher Alle mit seiner gewöhnlichen Güte empfing, unterhielt sich lange Zeit mit letzterem, und mehrere Fragen, die er ihm stellte, zeigten zur Genüge seine ausgebreiteten Kenntnisse und sein gelehrtes Interesse für Alles, was in wissenschaftlicher Hinsicht vorgeht. – Der hannover'sche Kriegsminister und General der Infanterie, Graf v. Alten, ist gestern aus Neapel kommend hier eingetroffen.

In den spätern Nachmittagsstunden dieser schönen Tage drängt sich das Volk um das Arnohotel zusammen, weil der Herzog von Bordeaux von dem Balcon desselben einigemale dem Corso zugesehen, welcher nun durch den Carneval an den Lungarno verlegt wird. Gestern Morgen begleitete der Herzog den Großherzog auf eine Jagdpartie nach Poggio a Cajano, Abends war großer Ball im Palast Pitti. Die Abreise, auf den 15 festgesetzt, entführt uns vermuthlich auch wieder die Carlisten, welche die Anwesenheit des Herzogs hier versammelt hatte. – Die neue Oper des Fürsten Poniatowsky wird von sachkundigen Leuten keineswegs für so bedeutend gehalten, als Ihnen neulich von hier berichtet wurde. Die

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[0412/0004] diesem Ende schon morgen von hier abreisen. – Auch der Urlaub des französischen Gesandten am Berliner Hofe ist seinem Ende nahe, und Graf Bresson trifft bereits Anstalten, auf seinen Posten zurückzukehren. – Der König hatte den Wunsch geäußert, den Grafen Sebastiani zum Marschall von Frankreich zu erheben. Das Ministerconseil widersetzte sich, weil die Zahl der Marschälle bereits voll sey. (Maisons Tod macht einen Marschallstab vacant.) Man kann den Grafen Sebastiani als das zweite Opfer betrachten, das Frankreich der orientalischen Frage gebracht hat, einer Frage, die bis jetzt nur dem Admiral Lalande Anerkennung und Auszeichnung verschaffte, während der einstige Vertheidiger der Dardanellen wie der Sieger von Navarin ihr unterlagen. _ Paris, 15 Febr. Ein philosophischer Beobachter würde ohne Zweifel in dem französischen Heerwesen viel zu tadeln finden. Die nationelle Leichtigkeit, die angeborne Unbesorgtheit, und die Abwesenheit erschöpfender Voraussicht werden hier so wenig, als in den übrigen Zweigen der öffentlichen Erziehung und des Unterrichts abzuläugnen seyn. Allein in der allgemeinen militärischen Zucht wie in dem Schul- und litterarischen Bildungswesen der untern Volksclassen verlassen die Franzosen sich gern auf jenes Selbstgefühl und die instinctive Wissenschaft, die ihnen wenigstens während der glorreichen Tage des Kaiserthums zum schützenden Vorwande dienen mochten. Indessen jene Zeiten und die ganze Beurtheilungsweise, die sich daran knüpfte, sind vorbei, und nichts gleicht sich weniger, als das kriegerische Europa, besonders Deutschland und Frankreich vom Jahr 1807, von 1812 und von 1840 Wir wissen alle, welche Fortschritte in dieser Beziehung in Deutschland gemacht worden sind. Auch Frankreich hat, abgesehen von seiner Artillerie und seinem Geniewesen, die von jeher mit der ausgezeichnetsten Sorgfalt gehegt wurden, der wissenschaftlichen und moralischen Bildung seines Heeres eine bessere, eine würdigere Aufmerksamkeit und Leitung gewidmet. Der letzte Act, der dafür zeugt, ist eine ganz neuerlichst gefaßte Entschließung des Kriegsministeriums, die mehrere wichtige Bücher für die Regimenter hervorruft und deren allgemeine Verbreitung unter den Truppen vorschreibt. Ich sage hervorruft, denn die Bücher sind noch nicht fertig, und der Minister, um sie zu erhalten, hat einen Concurs ausgeschrieben und einen Preis für die beste Leistung festgesetzt. „Pflichten des französischen Soldaten“, das soll das erste Bändchen werden, und den Soldaten über seine Obliegenheiten belehren, die er in allen denkbaren Fällen seiner Laufbahn zu erfüllen haben mag. Dieses Bändchen soll, meines Erachtens sehr weise, nicht mehr als hundert Seiten in Octav füllen. Die zweite Preisaufgabe ist: „Sammlung der merkwürdigsten Züge von Tapferkeit, Großmuth, Menschlichkeit, Vaterlandsliebe, Uneigennützigkeit und Heldenmuth, welche die französischen Krieger zu allen Zeiten der Geschichte ausgezeichnet haben“. Das dritte Werk endlich soll enthalten: „Biographische Notizen über die berühmtesten Krieger des französischen Heeres.“ Den beiden letzten Sammlungen wird, einer jeden insbesondere, ein Umfang von 4 - 500 Seiten gestattet. Indem das Ministerium diese Preisaufgaben stellt, die bis zum 1 Dec. 1840gelöst seyn sollen, und für das erste Büchelchen eine Belohnung von 500 Fr., für die zweite Sammlung 1500 Fr. und für die dritte 2000 Fr. bestimmt, empfiehlt es den Schriftstellern die größtmögliche Einfachheit und Klarheit, dadamit auch die Wenigstunterrichteten Nutzen davon ziehen, und Alle in gleichem Maaße Liebe zu ihrem Vaterlande, und muthige, edle Gesinnungen darin schöpfen können. Beurtheilen wir den französischen Charakter und die französische Darstellungsgabe richtig, so dürfen wir Arbeiten entgegensehen, welche die gestellte Aufgabe in vollem Maaße lösen werden. Das Talent der einfachen, ansprechenden Erzählung ist ihnen so eigen, so natürlich, daß sie hierdurch der populären Belehrung des Soldaten einen sehr charakteristischen Reiz verleihen werden. Zwar wird es einem Fremden, der diese Galerie liest, wahrscheinlich vorkommen, als ob die französische Eitelkeit die Farben des Selbstlobes ein wenig stark aufgetragen habe; indessen an diesen Krankheiten laboriren so ziemlich alle Nationen, die das Gefühl ihres Werthes haben, und das Unglück, in diesem besondern Falle, besteht eher in dem Zuwenig, als in dem Zuviel. Niederlande. Aus den holländischen Armencolonien meldet man, daß die Bevölkerung dort zunimmt. In den gewöhnlichen Colonien ist nun Alles besetzt. In letzterer Zeit sind viele Bettler dorthin gesendet worden, so daß jetzt die ganze Bevölkerung schon 8900 Köpfe zählt, die meistens in den Fabriken arbeiten. Die Schulen werden fleißig besucht. Die Viehseuche ist in jenem Bezirk fast ganz verschwunden. Belgien. _ Brüssel, 14 Febr. Der Senat hat gestern den Gesetzesentwurf in Betreff der Umprägung der Münzen einstimmig, den Gesetzesentwurf in Betreff der freien Wiederausfuhr des von fremdem Getreide herrührenden Mehls mit 28 gegen 9 Stimmen angenommen. Italien. _ Rom, 11 Febr. Frankreich hatte bisher das Recht für seine hiesige Nationalkirche, S. Luigi de' Francesi, als Parochie, einen Pfarrer unabhängig von dem Generalvicar zu ernennen, was zu mancherlei Unannehmlichkeiten führte. Auf dieses Vorrecht hat man von französischer Seite Verzicht geleistet, und die Kirche wird in Zukunft, wie alle übrigen Nationalkirchen, ohne dieses Privilegium fortbestehen. Man ist dem französischen Botschafter für die Beendigung dieser längst in Unterhandlung schwebenden Sache sehr verbunden, zumal da mit dem Aufgeben dieser Rechte der französischen Nation keine Beeinträchtigung geschieht, und für hier das Kirchenverhältniß der Parochianen geordnet wird. – Unter den vielen Fremden, welche dem Papst gegenwärtig vorgestellt werden, befanden sich in den letzten Tagen, durch den hannover'schen Minister Hrn. Legationsrath Kestner eingeführt, der Graf und die Gräfin v. Mengersen aus Westphalen, und Sir Georg Back, der bekannte Reisende. Se. Heil., welcher Alle mit seiner gewöhnlichen Güte empfing, unterhielt sich lange Zeit mit letzterem, und mehrere Fragen, die er ihm stellte, zeigten zur Genüge seine ausgebreiteten Kenntnisse und sein gelehrtes Interesse für Alles, was in wissenschaftlicher Hinsicht vorgeht. – Der hannover'sche Kriegsminister und General der Infanterie, Graf v. Alten, ist gestern aus Neapel kommend hier eingetroffen. _ Florenz, 13 Febr. In den spätern Nachmittagsstunden dieser schönen Tage drängt sich das Volk um das Arnohotel zusammen, weil der Herzog von Bordeaux von dem Balcon desselben einigemale dem Corso zugesehen, welcher nun durch den Carneval an den Lungarno verlegt wird. Gestern Morgen begleitete der Herzog den Großherzog auf eine Jagdpartie nach Poggio a Cajano, Abends war großer Ball im Palast Pitti. Die Abreise, auf den 15 festgesetzt, entführt uns vermuthlich auch wieder die Carlisten, welche die Anwesenheit des Herzogs hier versammelt hatte. – Die neue Oper des Fürsten Poniatowsky wird von sachkundigen Leuten keineswegs für so bedeutend gehalten, als Ihnen neulich von hier berichtet wurde. Die

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 52. Augsburg, 21. Februar 1840, S. 0412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_052_18400221/4>, abgerufen am 29.03.2024.