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Allgemeine Zeitung. Nr. 55. Augsburg, 24. Februar 1840.

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der Dotation auf die Dauer der Regierung des Königs beschränken will. Bei den von allen Seiten Frankreichs eintreffenden Petitionen gegen den Dotationsentwurf sagte man im Conferenzsaale, daß dieses Amendement einige Wahrscheinlichkeit für sich hätte, die Majorität zu erhalten.

Der Constitutionnel, der vor einigen Tagen gemeldet hat, daß die Minister entschlossen seyen, aus dem Dotationsgesetze eine Cabinetsfrage zu machen, versichert jetzt, daß die Minister in der neuesten Zeit beschlossen haben, dieß nicht zu thun.

Graf Aberdeen, im Jahre 1830 brittischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten, hat, wie erwähnt worden, noch jedes Jahr und erst neulich wieder im Oberhaus die Occupation Algiers durch die Franzosen zur Sprache gebracht und behauptet, die Restauration habe, bevor sie die Expedition gegen Algier unternommen, den auswärtigen Mächten gegenüber sich verpflichtet, nicht ohne ihre Einwilligung sich an der Algierer Küste festzusetzen. Die Presse veröffentlicht nun eine Depesche, welche der Fürst Polignac am 12 Mai 1830 an den Herzog von Laval, damaligen französischen Botschafter in London gerichtet hat. Fürst Polignac schrieb, die französische Regierung hege bei diesen Rüstungen einen doppelten Zweck: erstens, die französischen Besitzungen gegen Angriffe und Gewaltthätigkeiten zu wahren und eine Geldentschädigung von der Regentschaft Algier für die Kriegskosten zu erlangen; zweitens die Piraterie zu zerstören. Im Falle die Regierung Hussein Dey's sich auflösen sollte, würden die Mächte gemeinschaftlich sich berathen, was aus der Regentschaft zum Vortheile der Christenheit zu machen sey. Lord Stuart de Rothesay antwortete auf diese Depesche im Namen seiner Regierung und beharrte besonders auf dem Punkt, daß Frankreich in keinem Fall eine militärische Niederlassung in Algier gründen würde. - Die Conjecturen, die sich an diese Publication der Presse knüpfen, bezeichnet der Schluß unseres heutigen Briefs aus Paris -.

Es ist hohe Zeit, daß die Debatte über die Apanage des Herzogs von Nemours endlich vor sich gehe, denn der Eindruck, den der Plan macht, wird täglich schlechter. Der Vorschlag an sich läßt sich wohl vertheidigen: die Civilliste ist durch die Bauten des Königs verschuldet, und die Privatgüter sind nicht so beträchtlich als man sagte. Es scheint zwar wahr zu seyn, daß sie mehr eintragen könnten, wenn die Wälder nicht auf Hochwaldung administrirt würden, was ihren Ertrag auf die nächsten zwanzig Jahre und länger vermindert, aber bei dem Mangel an Schiffbauholz ist dieß kein Verlust für das Land, und der Gebrauch, den der König von der Civilliste macht, ist untadelhaft. Wenn er sie auch durch außerordentliche Bauten verschuldet, so ist dieß doch ein Geschmack, den Niemand geneigt ist dem König vorzuwerfen. Allein was zu einer andern Zeit und bei einer andern öffentlichen Stimmung natürlich und leicht wäre, hätte bei der gegenwärtigen nie versucht werden sollen. Der Hof hatte darüber hinlängliche Warnungen erhalten. Die Dotation des Herzogs von Nemours war vor vier Jahren verworfen worden; man konnte freilich glauben, daß der Grund darin gelegen habe, weil man eine ewige Alienation von Rambouillet dazu verlangt hatte. Aber unter dem Ministerium Mole wünschte der König eine Dotation für die Prinzessin Marie zu erhalten: das Cabinet, so schwach es war, widerstand in vier Conseils dem Wunsch des Königs, und bewog am Ende Hrn. v. Montalivet, den König zu überzeugen, daß er besser thue darauf zu verzichten. Das gegenwärtige Ministerium hätte dieselbe Linie verfolgen sollen, denn obgleich die Apanage, wenigstens in ihren Haupttheilen, durchgehen wird, so bezahlt sie der Hof theuer durch das Uebermaaß von demagogischen Umtrieben, welche dadurch hervorgerufen wurden. Die republicanische Partei hat die Gelegenheit ergriffen und aufs äußerste mißbraucht, Man läßt Adressen in den Fabriken cirkuliren, um die Arbeiter aufzustiften, welche nicht wissen können, daß diese Apanage financiell von keiner Wichtigkeit ist, und sie glauben zu machen, daß sie das ohnehin schon zu theure Brod vertheuern werde; doch man braucht nur die Journale zu lesen, um zu sehen, daß der Hof die Apanage theurer bezahlt, als sie werth ist. Die der neuen Dynastie ergebensten Deputirten waren von Anfang mißvergnügt und betreten über den Vorschlag, und viele von ihnen hätten dagegen gestimmt, wenn die Debatte vor vierzehn Tagen begonnen hätte; aber die Uebertreibung der Umtriebe der Republicaner, welche aus einer Geldfrage eine politische und dynastische gemacht haben, bewegt eine große Zahl von Deputirten dafür zu stimmen, weil sie sehen, daß die Verwerfung des Projects ein noch größeres Uebel wäre, als das Zugestehen desselben, und so ist es höchst wahrscheinlich, daß die Apanage wenigstens für die Lebenszeit des Königs bewilligt werden wird. Die ganze Verhandlung ist der größte Fehler, den das Ministerium begangen hat, besonders weil es nach allen Vorgängen der meisten seiner Mitglieder weniger ein Hofministerium seyn sollte, als jedes andere, und sie wird mehr dazu beitragen, daß es modificirt werden muß, als viele wichtigere Gesetzesvorschläge, welche dieser an sich unbedeutende Gegenstand für den Augenblick verdrängt hat.

Morgen beginnen die Debatten über die Dotation. Die gegen diesen Entwurf gerichteten Petitionen an die Kammer und die Briefe an die Deputirten mehren sich täglich; sie gehen hauptsächlich von den Wählern aus. Große Sensation machte der gestrige Besuch einer Anzahl Wähler des siebenten Bezirks von Paris bei ihrem Deputirten Hrn. Moreau, zugleich Maire dieses Bezirks, dem sie ihre Beschwerden gegen jenen Gesetzesvorschlag mit der Bemerkung vortrugen, "wenn auch zuweilen wegen des Drangs ihrer persönlichen Geschäfte die Wähler von Paris an den politischen Angelegenheiten wenig Antheil zu nehmen schienen, würden sie doch sich jeder Verletzung der Grundsätze der Billigkeit und der öffentlichen Moral mit Energie entgegensetzen." Man erwartet hier noch ähnliche Schritte. Ein Mitglied des Ministeriums hatte vorgestern Abend geäußert, man werde die Dotation zu einer Cabinetsfrage machen; hierauf erfuhr man gestern, daß eine große Anzahl der vorigjährigen 221 - Freunde des Ministeriums Mole - beabsichtigten, gegen den Entwurf zu stimmen, um das jetzige Cabinet zu stürzen. Nunmehr erklären die Mitglieder des Cabinets jedem, der es hören will, sie betrachteten die Sache nicht als Cabinetsfrage. Diese Erklärung hat dem Entwurf wiederum eine andere Classe von Gegnern gebracht, nämlich mehrere der persönlichen Freunde der jetzigen Minister, die sonst für den Entwurf gestimmt haben würden, bloß um das Cabinet aufrecht zu erhalten, während sie jetzt ihrem Gefühl gegen denselben folgen. Die Opposition beabsichtigt die allgemeine Discussion nicht lange dauern zu lassen, sie wo möglich schon morgen zu endigen; sie will den Versuch machen, wie das Verhältniß der Stimmen bei der ersten Abstimmung seyn wird, über die Frage nämlich, ob zu den Debatten über die einzelnen Artikel geschritten werden soll oder nicht. Geht ersteres durch, so will sie ihre Kräfte für die Schlußabstimmung verstärken. Mehr als zwanzig Deputirte (die erforderliche Zahl) haben bereits eine Erklärung unterzeichnet, welche das geheime Scrutin für alle Abstimmungen in dieser Angelegenheit verlangt. Die Opposition hofft, daß in dem Scrutin manche Deputirten,

der Dotation auf die Dauer der Regierung des Königs beschränken will. Bei den von allen Seiten Frankreichs eintreffenden Petitionen gegen den Dotationsentwurf sagte man im Conferenzsaale, daß dieses Amendement einige Wahrscheinlichkeit für sich hätte, die Majorität zu erhalten.

Der Constitutionnel, der vor einigen Tagen gemeldet hat, daß die Minister entschlossen seyen, aus dem Dotationsgesetze eine Cabinetsfrage zu machen, versichert jetzt, daß die Minister in der neuesten Zeit beschlossen haben, dieß nicht zu thun.

Graf Aberdeen, im Jahre 1830 brittischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten, hat, wie erwähnt worden, noch jedes Jahr und erst neulich wieder im Oberhaus die Occupation Algiers durch die Franzosen zur Sprache gebracht und behauptet, die Restauration habe, bevor sie die Expedition gegen Algier unternommen, den auswärtigen Mächten gegenüber sich verpflichtet, nicht ohne ihre Einwilligung sich an der Algierer Küste festzusetzen. Die Presse veröffentlicht nun eine Depesche, welche der Fürst Polignac am 12 Mai 1830 an den Herzog von Laval, damaligen französischen Botschafter in London gerichtet hat. Fürst Polignac schrieb, die französische Regierung hege bei diesen Rüstungen einen doppelten Zweck: erstens, die französischen Besitzungen gegen Angriffe und Gewaltthätigkeiten zu wahren und eine Geldentschädigung von der Regentschaft Algier für die Kriegskosten zu erlangen; zweitens die Piraterie zu zerstören. Im Falle die Regierung Hussein Dey's sich auflösen sollte, würden die Mächte gemeinschaftlich sich berathen, was aus der Regentschaft zum Vortheile der Christenheit zu machen sey. Lord Stuart de Rothesay antwortete auf diese Depesche im Namen seiner Regierung und beharrte besonders auf dem Punkt, daß Frankreich in keinem Fall eine militärische Niederlassung in Algier gründen würde. – Die Conjecturen, die sich an diese Publication der Presse knüpfen, bezeichnet der Schluß unseres heutigen Briefs aus Paris –.

Es ist hohe Zeit, daß die Debatte über die Apanage des Herzogs von Nemours endlich vor sich gehe, denn der Eindruck, den der Plan macht, wird täglich schlechter. Der Vorschlag an sich läßt sich wohl vertheidigen: die Civilliste ist durch die Bauten des Königs verschuldet, und die Privatgüter sind nicht so beträchtlich als man sagte. Es scheint zwar wahr zu seyn, daß sie mehr eintragen könnten, wenn die Wälder nicht auf Hochwaldung administrirt würden, was ihren Ertrag auf die nächsten zwanzig Jahre und länger vermindert, aber bei dem Mangel an Schiffbauholz ist dieß kein Verlust für das Land, und der Gebrauch, den der König von der Civilliste macht, ist untadelhaft. Wenn er sie auch durch außerordentliche Bauten verschuldet, so ist dieß doch ein Geschmack, den Niemand geneigt ist dem König vorzuwerfen. Allein was zu einer andern Zeit und bei einer andern öffentlichen Stimmung natürlich und leicht wäre, hätte bei der gegenwärtigen nie versucht werden sollen. Der Hof hatte darüber hinlängliche Warnungen erhalten. Die Dotation des Herzogs von Nemours war vor vier Jahren verworfen worden; man konnte freilich glauben, daß der Grund darin gelegen habe, weil man eine ewige Alienation von Rambouillet dazu verlangt hatte. Aber unter dem Ministerium Molé wünschte der König eine Dotation für die Prinzessin Marie zu erhalten: das Cabinet, so schwach es war, widerstand in vier Conseils dem Wunsch des Königs, und bewog am Ende Hrn. v. Montalivet, den König zu überzeugen, daß er besser thue darauf zu verzichten. Das gegenwärtige Ministerium hätte dieselbe Linie verfolgen sollen, denn obgleich die Apanage, wenigstens in ihren Haupttheilen, durchgehen wird, so bezahlt sie der Hof theuer durch das Uebermaaß von demagogischen Umtrieben, welche dadurch hervorgerufen wurden. Die republicanische Partei hat die Gelegenheit ergriffen und aufs äußerste mißbraucht, Man läßt Adressen in den Fabriken cirkuliren, um die Arbeiter aufzustiften, welche nicht wissen können, daß diese Apanage financiell von keiner Wichtigkeit ist, und sie glauben zu machen, daß sie das ohnehin schon zu theure Brod vertheuern werde; doch man braucht nur die Journale zu lesen, um zu sehen, daß der Hof die Apanage theurer bezahlt, als sie werth ist. Die der neuen Dynastie ergebensten Deputirten waren von Anfang mißvergnügt und betreten über den Vorschlag, und viele von ihnen hätten dagegen gestimmt, wenn die Debatte vor vierzehn Tagen begonnen hätte; aber die Uebertreibung der Umtriebe der Republicaner, welche aus einer Geldfrage eine politische und dynastische gemacht haben, bewegt eine große Zahl von Deputirten dafür zu stimmen, weil sie sehen, daß die Verwerfung des Projects ein noch größeres Uebel wäre, als das Zugestehen desselben, und so ist es höchst wahrscheinlich, daß die Apanage wenigstens für die Lebenszeit des Königs bewilligt werden wird. Die ganze Verhandlung ist der größte Fehler, den das Ministerium begangen hat, besonders weil es nach allen Vorgängen der meisten seiner Mitglieder weniger ein Hofministerium seyn sollte, als jedes andere, und sie wird mehr dazu beitragen, daß es modificirt werden muß, als viele wichtigere Gesetzesvorschläge, welche dieser an sich unbedeutende Gegenstand für den Augenblick verdrängt hat.

Morgen beginnen die Debatten über die Dotation. Die gegen diesen Entwurf gerichteten Petitionen an die Kammer und die Briefe an die Deputirten mehren sich täglich; sie gehen hauptsächlich von den Wählern aus. Große Sensation machte der gestrige Besuch einer Anzahl Wähler des siebenten Bezirks von Paris bei ihrem Deputirten Hrn. Moreau, zugleich Maire dieses Bezirks, dem sie ihre Beschwerden gegen jenen Gesetzesvorschlag mit der Bemerkung vortrugen, „wenn auch zuweilen wegen des Drangs ihrer persönlichen Geschäfte die Wähler von Paris an den politischen Angelegenheiten wenig Antheil zu nehmen schienen, würden sie doch sich jeder Verletzung der Grundsätze der Billigkeit und der öffentlichen Moral mit Energie entgegensetzen.“ Man erwartet hier noch ähnliche Schritte. Ein Mitglied des Ministeriums hatte vorgestern Abend geäußert, man werde die Dotation zu einer Cabinetsfrage machen; hierauf erfuhr man gestern, daß eine große Anzahl der vorigjährigen 221 – Freunde des Ministeriums Molé – beabsichtigten, gegen den Entwurf zu stimmen, um das jetzige Cabinet zu stürzen. Nunmehr erklären die Mitglieder des Cabinets jedem, der es hören will, sie betrachteten die Sache nicht als Cabinetsfrage. Diese Erklärung hat dem Entwurf wiederum eine andere Classe von Gegnern gebracht, nämlich mehrere der persönlichen Freunde der jetzigen Minister, die sonst für den Entwurf gestimmt haben würden, bloß um das Cabinet aufrecht zu erhalten, während sie jetzt ihrem Gefühl gegen denselben folgen. Die Opposition beabsichtigt die allgemeine Discussion nicht lange dauern zu lassen, sie wo möglich schon morgen zu endigen; sie will den Versuch machen, wie das Verhältniß der Stimmen bei der ersten Abstimmung seyn wird, über die Frage nämlich, ob zu den Debatten über die einzelnen Artikel geschritten werden soll oder nicht. Geht ersteres durch, so will sie ihre Kräfte für die Schlußabstimmung verstärken. Mehr als zwanzig Deputirte (die erforderliche Zahl) haben bereits eine Erklärung unterzeichnet, welche das geheime Scrutin für alle Abstimmungen in dieser Angelegenheit verlangt. Die Opposition hofft, daß in dem Scrutin manche Deputirten,

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[0435/0003] der Dotation auf die Dauer der Regierung des Königs beschränken will. Bei den von allen Seiten Frankreichs eintreffenden Petitionen gegen den Dotationsentwurf sagte man im Conferenzsaale, daß dieses Amendement einige Wahrscheinlichkeit für sich hätte, die Majorität zu erhalten. Der Constitutionnel, der vor einigen Tagen gemeldet hat, daß die Minister entschlossen seyen, aus dem Dotationsgesetze eine Cabinetsfrage zu machen, versichert jetzt, daß die Minister in der neuesten Zeit beschlossen haben, dieß nicht zu thun. Graf Aberdeen, im Jahre 1830 brittischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten, hat, wie erwähnt worden, noch jedes Jahr und erst neulich wieder im Oberhaus die Occupation Algiers durch die Franzosen zur Sprache gebracht und behauptet, die Restauration habe, bevor sie die Expedition gegen Algier unternommen, den auswärtigen Mächten gegenüber sich verpflichtet, nicht ohne ihre Einwilligung sich an der Algierer Küste festzusetzen. Die Presse veröffentlicht nun eine Depesche, welche der Fürst Polignac am 12 Mai 1830 an den Herzog von Laval, damaligen französischen Botschafter in London gerichtet hat. Fürst Polignac schrieb, die französische Regierung hege bei diesen Rüstungen einen doppelten Zweck: erstens, die französischen Besitzungen gegen Angriffe und Gewaltthätigkeiten zu wahren und eine Geldentschädigung von der Regentschaft Algier für die Kriegskosten zu erlangen; zweitens die Piraterie zu zerstören. Im Falle die Regierung Hussein Dey's sich auflösen sollte, würden die Mächte gemeinschaftlich sich berathen, was aus der Regentschaft zum Vortheile der Christenheit zu machen sey. Lord Stuart de Rothesay antwortete auf diese Depesche im Namen seiner Regierung und beharrte besonders auf dem Punkt, daß Frankreich in keinem Fall eine militärische Niederlassung in Algier gründen würde. – Die Conjecturen, die sich an diese Publication der Presse knüpfen, bezeichnet der Schluß unseres heutigen Briefs aus Paris –. _ Paris, 19 Febr. Es ist hohe Zeit, daß die Debatte über die Apanage des Herzogs von Nemours endlich vor sich gehe, denn der Eindruck, den der Plan macht, wird täglich schlechter. Der Vorschlag an sich läßt sich wohl vertheidigen: die Civilliste ist durch die Bauten des Königs verschuldet, und die Privatgüter sind nicht so beträchtlich als man sagte. Es scheint zwar wahr zu seyn, daß sie mehr eintragen könnten, wenn die Wälder nicht auf Hochwaldung administrirt würden, was ihren Ertrag auf die nächsten zwanzig Jahre und länger vermindert, aber bei dem Mangel an Schiffbauholz ist dieß kein Verlust für das Land, und der Gebrauch, den der König von der Civilliste macht, ist untadelhaft. Wenn er sie auch durch außerordentliche Bauten verschuldet, so ist dieß doch ein Geschmack, den Niemand geneigt ist dem König vorzuwerfen. Allein was zu einer andern Zeit und bei einer andern öffentlichen Stimmung natürlich und leicht wäre, hätte bei der gegenwärtigen nie versucht werden sollen. Der Hof hatte darüber hinlängliche Warnungen erhalten. Die Dotation des Herzogs von Nemours war vor vier Jahren verworfen worden; man konnte freilich glauben, daß der Grund darin gelegen habe, weil man eine ewige Alienation von Rambouillet dazu verlangt hatte. Aber unter dem Ministerium Molé wünschte der König eine Dotation für die Prinzessin Marie zu erhalten: das Cabinet, so schwach es war, widerstand in vier Conseils dem Wunsch des Königs, und bewog am Ende Hrn. v. Montalivet, den König zu überzeugen, daß er besser thue darauf zu verzichten. Das gegenwärtige Ministerium hätte dieselbe Linie verfolgen sollen, denn obgleich die Apanage, wenigstens in ihren Haupttheilen, durchgehen wird, so bezahlt sie der Hof theuer durch das Uebermaaß von demagogischen Umtrieben, welche dadurch hervorgerufen wurden. Die republicanische Partei hat die Gelegenheit ergriffen und aufs äußerste mißbraucht, Man läßt Adressen in den Fabriken cirkuliren, um die Arbeiter aufzustiften, welche nicht wissen können, daß diese Apanage financiell von keiner Wichtigkeit ist, und sie glauben zu machen, daß sie das ohnehin schon zu theure Brod vertheuern werde; doch man braucht nur die Journale zu lesen, um zu sehen, daß der Hof die Apanage theurer bezahlt, als sie werth ist. Die der neuen Dynastie ergebensten Deputirten waren von Anfang mißvergnügt und betreten über den Vorschlag, und viele von ihnen hätten dagegen gestimmt, wenn die Debatte vor vierzehn Tagen begonnen hätte; aber die Uebertreibung der Umtriebe der Republicaner, welche aus einer Geldfrage eine politische und dynastische gemacht haben, bewegt eine große Zahl von Deputirten dafür zu stimmen, weil sie sehen, daß die Verwerfung des Projects ein noch größeres Uebel wäre, als das Zugestehen desselben, und so ist es höchst wahrscheinlich, daß die Apanage wenigstens für die Lebenszeit des Königs bewilligt werden wird. Die ganze Verhandlung ist der größte Fehler, den das Ministerium begangen hat, besonders weil es nach allen Vorgängen der meisten seiner Mitglieder weniger ein Hofministerium seyn sollte, als jedes andere, und sie wird mehr dazu beitragen, daß es modificirt werden muß, als viele wichtigere Gesetzesvorschläge, welche dieser an sich unbedeutende Gegenstand für den Augenblick verdrängt hat. _ Paris, 19 Febr. Morgen beginnen die Debatten über die Dotation. Die gegen diesen Entwurf gerichteten Petitionen an die Kammer und die Briefe an die Deputirten mehren sich täglich; sie gehen hauptsächlich von den Wählern aus. Große Sensation machte der gestrige Besuch einer Anzahl Wähler des siebenten Bezirks von Paris bei ihrem Deputirten Hrn. Moreau, zugleich Maire dieses Bezirks, dem sie ihre Beschwerden gegen jenen Gesetzesvorschlag mit der Bemerkung vortrugen, „wenn auch zuweilen wegen des Drangs ihrer persönlichen Geschäfte die Wähler von Paris an den politischen Angelegenheiten wenig Antheil zu nehmen schienen, würden sie doch sich jeder Verletzung der Grundsätze der Billigkeit und der öffentlichen Moral mit Energie entgegensetzen.“ Man erwartet hier noch ähnliche Schritte. Ein Mitglied des Ministeriums hatte vorgestern Abend geäußert, man werde die Dotation zu einer Cabinetsfrage machen; hierauf erfuhr man gestern, daß eine große Anzahl der vorigjährigen 221 – Freunde des Ministeriums Molé – beabsichtigten, gegen den Entwurf zu stimmen, um das jetzige Cabinet zu stürzen. Nunmehr erklären die Mitglieder des Cabinets jedem, der es hören will, sie betrachteten die Sache nicht als Cabinetsfrage. Diese Erklärung hat dem Entwurf wiederum eine andere Classe von Gegnern gebracht, nämlich mehrere der persönlichen Freunde der jetzigen Minister, die sonst für den Entwurf gestimmt haben würden, bloß um das Cabinet aufrecht zu erhalten, während sie jetzt ihrem Gefühl gegen denselben folgen. Die Opposition beabsichtigt die allgemeine Discussion nicht lange dauern zu lassen, sie wo möglich schon morgen zu endigen; sie will den Versuch machen, wie das Verhältniß der Stimmen bei der ersten Abstimmung seyn wird, über die Frage nämlich, ob zu den Debatten über die einzelnen Artikel geschritten werden soll oder nicht. Geht ersteres durch, so will sie ihre Kräfte für die Schlußabstimmung verstärken. Mehr als zwanzig Deputirte (die erforderliche Zahl) haben bereits eine Erklärung unterzeichnet, welche das geheime Scrutin für alle Abstimmungen in dieser Angelegenheit verlangt. Die Opposition hofft, daß in dem Scrutin manche Deputirten,

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 55. Augsburg, 24. Februar 1840, S. 0435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_055_18400224/3>, abgerufen am 24.04.2024.