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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

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Das zweyte Hauptstück, vierte Abtheilung.
Tab. V.
§. 5.

Der Doppelschlag allein kommt entweder gerade
über einer Note oder nach selbiger etwas zur rechten Hand vor.

§. 6.

Jm erstern Falle findet man ihn Fig. LI. bey gehen-
den Noten (a), bey springenden (b), bey Einschnitten (c), bey Ca-
dentzen (d), bey Fermaten (e), ex abrubto so wohl bey dem An-
fange (f) als in der Mitte (g), nach einem Vorschlage am Ende
(h), über einer wiederholten Note (i), über der folgenden nach
dieser wiederholten, wenn sie nicht aufs neue wiederholt wird,
sie mag gehen (k) oder springen (l), ohne Vorschlag, mit sol-
chem, über diesen (m), nach diesem u. s. w.

§. 7.

Diese schöne Manier ist gleichsam zu gutwillig, sie
schickt sich fast allerwegens hin, und wird aus dieser Ursache oft
gar sehr gemißbraucht, indem viele glauben, die gantze Zierde
und Annehmlichkeit des Clavier-Spielens bestehe darinnen, daß
sie alle Augenblicke einen Doppelschlag anbringen. Es wird also
nöthig seyn, dessen geschickte Anbringung näher zu untersuchen,
weil ohngeachtet dieser Gutwilligkeit ein Haufen verführerischer
Gelegenheiten vorkommen können, wo diese Manier nicht gut thut.

§. 8.

Da diese Manier in den mehresten Fällen gebraucht
wird, um die Noten gläntzend zu machen, so werden gemeinig-
lich die, so wegen des Affects unterhalten und simpel vorgetragen
werden müssen, und wobey denen, so den wahren Vortrag und
Druck nicht verstehen, die Zeit insgemein zu lang wird, dadurch
verdorben. Ausserdem pflegt sich bey diesem Doppelschlag der
Fehler einzuschleichen, welcher bey dem Gebrauch aller Manieren
zu vermeiden ist, nehmlich der Ueberfluß.

§. 9.

Aus der Betrachtung, daß diese Manier in der
Kürtze die Stelle eines ordentlichen Trillers mit dem Nachschlage
vertritt, kan man schon eine nähere Einsicht in den rechten Ge-
brauch dieses Doppelschlages kriegen.

§ 10.
Das zweyte Hauptſtuͤck, vierte Abtheilung.
Tab. V.
§. 5.

Der Doppelſchlag allein kommt entweder gerade
uͤber einer Note oder nach ſelbiger etwas zur rechten Hand vor.

§. 6.

Jm erſtern Falle findet man ihn Fig. LI. bey gehen-
den Noten (a), bey ſpringenden (b), bey Einſchnitten (c), bey Ca-
dentzen (d), bey Fermaten (e), ex abrubto ſo wohl bey dem An-
fange (f) als in der Mitte (g), nach einem Vorſchlage am Ende
(h), uͤber einer wiederholten Note (i), uͤber der folgenden nach
dieſer wiederholten, wenn ſie nicht aufs neue wiederholt wird,
ſie mag gehen (k) oder ſpringen (l), ohne Vorſchlag, mit ſol-
chem, uͤber dieſen (m), nach dieſem u. ſ. w.

§. 7.

Dieſe ſchoͤne Manier iſt gleichſam zu gutwillig, ſie
ſchickt ſich faſt allerwegens hin, und wird aus dieſer Urſache oft
gar ſehr gemißbraucht, indem viele glauben, die gantze Zierde
und Annehmlichkeit des Clavier-Spielens beſtehe darinnen, daß
ſie alle Augenblicke einen Doppelſchlag anbringen. Es wird alſo
noͤthig ſeyn, deſſen geſchickte Anbringung naͤher zu unterſuchen,
weil ohngeachtet dieſer Gutwilligkeit ein Haufen verfuͤhreriſcher
Gelegenheiten vorkommen koͤnnen, wo dieſe Manier nicht gut thut.

§. 8.

Da dieſe Manier in den mehreſten Faͤllen gebraucht
wird, um die Noten glaͤntzend zu machen, ſo werden gemeinig-
lich die, ſo wegen des Affects unterhalten und ſimpel vorgetragen
werden muͤſſen, und wobey denen, ſo den wahren Vortrag und
Druck nicht verſtehen, die Zeit insgemein zu lang wird, dadurch
verdorben. Auſſerdem pflegt ſich bey dieſem Doppelſchlag der
Fehler einzuſchleichen, welcher bey dem Gebrauch aller Manieren
zu vermeiden iſt, nehmlich der Ueberfluß.

§. 9.

Aus der Betrachtung, daß dieſe Manier in der
Kuͤrtze die Stelle eines ordentlichen Trillers mit dem Nachſchlage
vertritt, kan man ſchon eine naͤhere Einſicht in den rechten Ge-
brauch dieſes Doppelſchlages kriegen.

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[76/0084] Das zweyte Hauptſtuͤck, vierte Abtheilung. §. 5. Der Doppelſchlag allein kommt entweder gerade uͤber einer Note oder nach ſelbiger etwas zur rechten Hand vor. §. 6. Jm erſtern Falle findet man ihn Fig. LI. bey gehen- den Noten (a), bey ſpringenden (b), bey Einſchnitten (c), bey Ca- dentzen (d), bey Fermaten (e), ex abrubto ſo wohl bey dem An- fange (f) als in der Mitte (g), nach einem Vorſchlage am Ende (h), uͤber einer wiederholten Note (i), uͤber der folgenden nach dieſer wiederholten, wenn ſie nicht aufs neue wiederholt wird, ſie mag gehen (k) oder ſpringen (l), ohne Vorſchlag, mit ſol- chem, uͤber dieſen (m), nach dieſem u. ſ. w. §. 7. Dieſe ſchoͤne Manier iſt gleichſam zu gutwillig, ſie ſchickt ſich faſt allerwegens hin, und wird aus dieſer Urſache oft gar ſehr gemißbraucht, indem viele glauben, die gantze Zierde und Annehmlichkeit des Clavier-Spielens beſtehe darinnen, daß ſie alle Augenblicke einen Doppelſchlag anbringen. Es wird alſo noͤthig ſeyn, deſſen geſchickte Anbringung naͤher zu unterſuchen, weil ohngeachtet dieſer Gutwilligkeit ein Haufen verfuͤhreriſcher Gelegenheiten vorkommen koͤnnen, wo dieſe Manier nicht gut thut. §. 8. Da dieſe Manier in den mehreſten Faͤllen gebraucht wird, um die Noten glaͤntzend zu machen, ſo werden gemeinig- lich die, ſo wegen des Affects unterhalten und ſimpel vorgetragen werden muͤſſen, und wobey denen, ſo den wahren Vortrag und Druck nicht verſtehen, die Zeit insgemein zu lang wird, dadurch verdorben. Auſſerdem pflegt ſich bey dieſem Doppelſchlag der Fehler einzuſchleichen, welcher bey dem Gebrauch aller Manieren zu vermeiden iſt, nehmlich der Ueberfluß. §. 9. Aus der Betrachtung, daß dieſe Manier in der Kuͤrtze die Stelle eines ordentlichen Trillers mit dem Nachſchlage vertritt, kan man ſchon eine naͤhere Einſicht in den rechten Ge- brauch dieſes Doppelſchlages kriegen. § 10.

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/84>, abgerufen am 28.03.2024.