Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der freyen Fantasie.
§. 10.

In folgenden Exempeln wird die Art vorgebildet,
aus einer harten Tonart durch wenige Umwege in die übrigen
Tonarten, welche im vorigen Paragraph noch nicht berühret wor-
den sind, auszuweichen. Die nahe Verwandtschaft des a moll
mit dem c dur überhebt uns der Weitläuftigkeit, noch eben so
viele Exempel, wo die weiche Tonart zum Grunde lieget, anzu-
führen. Wenn man entlegenere Tonarten nicht nur obenhin
berühren, sondern darein förmlich ausweichen will: so muß man
bey der blossen Ergreifung des semitonii modi nicht beruhen,
und alsdenn glauben, daß man nunmehro da sey, wo man hin
wolte, und daß man so gleich weiter gehen müsse: man muß viel-
mehr das Ohr durch einige andere eingeschaltete harmonische
Sätze zu der neuen Tonart allmählig vorbereiten, damit es nicht
auf eine unangenehme Art überraschet werde. Man wird Cla-
vierspieler antreffen, welche die Chromatik verstehen, und ihre
Sätze vertheidigen können: aber nur wenige, welche die Chro-
matik angenehm vorzutragen wissen, und ihr das Rauhe beneh-
men können. Wir merken überhaupt, besonders aber bey diesen
hierunter angeführten Exempeln an, daß man sich bey den Auf-
gaben, wobey man anfänget, sich etwas weit von der festgesetzten
Tonart zu entfernen, etwas länger aufhalten müsse, als bey den
übrigen. Durch das Versetzen dieser, und der bereits angeführten
Exempel, und durch die Verbindung derselben erlanget man nach
und nach eine besondere Fertigkeit im Ausweichen.

[Abbildung]
T t 3
Von der freyen Fantaſie.
§. 10.

In folgenden Exempeln wird die Art vorgebildet,
aus einer harten Tonart durch wenige Umwege in die übrigen
Tonarten, welche im vorigen Paragraph noch nicht berühret wor-
den ſind, auszuweichen. Die nahe Verwandtſchaft des a moll
mit dem c dur überhebt uns der Weitläuftigkeit, noch eben ſo
viele Exempel, wo die weiche Tonart zum Grunde lieget, anzu-
führen. Wenn man entlegenere Tonarten nicht nur obenhin
berühren, ſondern darein förmlich ausweichen will: ſo muß man
bey der bloſſen Ergreifung des ſemitonii modi nicht beruhen,
und alsdenn glauben, daß man nunmehro da ſey, wo man hin
wolte, und daß man ſo gleich weiter gehen müſſe: man muß viel-
mehr das Ohr durch einige andere eingeſchaltete harmoniſche
Sätze zu der neuen Tonart allmählig vorbereiten, damit es nicht
auf eine unangenehme Art überraſchet werde. Man wird Cla-
vierſpieler antreffen, welche die Chromatik verſtehen, und ihre
Sätze vertheidigen können: aber nur wenige, welche die Chro-
matik angenehm vorzutragen wiſſen, und ihr das Rauhe beneh-
men können. Wir merken überhaupt, beſonders aber bey dieſen
hierunter angeführten Exempeln an, daß man ſich bey den Auf-
gaben, wobey man anfänget, ſich etwas weit von der feſtgeſetzten
Tonart zu entfernen, etwas länger aufhalten müſſe, als bey den
übrigen. Durch das Verſetzen dieſer, und der bereits angeführten
Exempel, und durch die Verbindung derſelben erlanget man nach
und nach eine beſondere Fertigkeit im Ausweichen.

[Abbildung]
T t 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0343" n="333"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von der freyen Fanta&#x017F;ie.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 10.</head>
          <p>In folgenden Exempeln wird die Art vorgebildet,<lb/>
aus einer harten Tonart durch wenige Umwege in die übrigen<lb/>
Tonarten, welche im vorigen Paragraph noch nicht berühret wor-<lb/>
den &#x017F;ind, auszuweichen. Die nahe Verwandt&#x017F;chaft des a moll<lb/>
mit dem c dur überhebt uns der Weitläuftigkeit, noch eben &#x017F;o<lb/>
viele Exempel, wo die weiche Tonart zum Grunde lieget, anzu-<lb/>
führen. Wenn man <hi rendition="#fr">entlegenere</hi> Tonarten nicht nur obenhin<lb/>
berühren, &#x017F;ondern darein förmlich ausweichen will: &#x017F;o muß man<lb/>
bey der blo&#x017F;&#x017F;en Ergreifung des <hi rendition="#aq">&#x017F;emitonii modi</hi> nicht beruhen,<lb/>
und alsdenn glauben, daß man nunmehro da &#x017F;ey, wo man hin<lb/>
wolte, und daß man &#x017F;o gleich weiter gehen mü&#x017F;&#x017F;e: man muß viel-<lb/>
mehr das Ohr durch einige andere einge&#x017F;chaltete harmoni&#x017F;che<lb/>
Sätze zu der neuen Tonart allmählig vorbereiten, damit es nicht<lb/>
auf eine unangenehme Art überra&#x017F;chet werde. Man wird Cla-<lb/>
vier&#x017F;pieler antreffen, welche die Chromatik ver&#x017F;tehen, und ihre<lb/>
Sätze vertheidigen können: aber nur wenige, welche die Chro-<lb/>
matik angenehm vorzutragen wi&#x017F;&#x017F;en, und ihr das Rauhe beneh-<lb/>
men können. Wir merken überhaupt, be&#x017F;onders aber bey die&#x017F;en<lb/>
hierunter angeführten Exempeln an, daß man &#x017F;ich bey den Auf-<lb/>
gaben, wobey man anfänget, &#x017F;ich etwas weit von der fe&#x017F;tge&#x017F;etzten<lb/>
Tonart zu entfernen, etwas länger aufhalten mü&#x017F;&#x017F;e, als bey den<lb/>
übrigen. Durch das Ver&#x017F;etzen die&#x017F;er, und der bereits angeführten<lb/>
Exempel, und durch die Verbindung der&#x017F;elben erlanget man nach<lb/>
und nach eine be&#x017F;ondere Fertigkeit im Ausweichen.</p><lb/>
          <figure/>
          <fw place="bottom" type="sig">T t 3</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0343] Von der freyen Fantaſie. §. 10. In folgenden Exempeln wird die Art vorgebildet, aus einer harten Tonart durch wenige Umwege in die übrigen Tonarten, welche im vorigen Paragraph noch nicht berühret wor- den ſind, auszuweichen. Die nahe Verwandtſchaft des a moll mit dem c dur überhebt uns der Weitläuftigkeit, noch eben ſo viele Exempel, wo die weiche Tonart zum Grunde lieget, anzu- führen. Wenn man entlegenere Tonarten nicht nur obenhin berühren, ſondern darein förmlich ausweichen will: ſo muß man bey der bloſſen Ergreifung des ſemitonii modi nicht beruhen, und alsdenn glauben, daß man nunmehro da ſey, wo man hin wolte, und daß man ſo gleich weiter gehen müſſe: man muß viel- mehr das Ohr durch einige andere eingeſchaltete harmoniſche Sätze zu der neuen Tonart allmählig vorbereiten, damit es nicht auf eine unangenehme Art überraſchet werde. Man wird Cla- vierſpieler antreffen, welche die Chromatik verſtehen, und ihre Sätze vertheidigen können: aber nur wenige, welche die Chro- matik angenehm vorzutragen wiſſen, und ihr das Rauhe beneh- men können. Wir merken überhaupt, beſonders aber bey dieſen hierunter angeführten Exempeln an, daß man ſich bey den Auf- gaben, wobey man anfänget, ſich etwas weit von der feſtgeſetzten Tonart zu entfernen, etwas länger aufhalten müſſe, als bey den übrigen. Durch das Verſetzen dieſer, und der bereits angeführten Exempel, und durch die Verbindung derſelben erlanget man nach und nach eine beſondere Fertigkeit im Ausweichen. [Abbildung] T t 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/343
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/343>, abgerufen am 29.03.2024.