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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Joh. Barclayens Argenis/
keinen sicherern Ort zuschicken als dahin/ wo nie-
mandt von den vnserigen bekandt were. Dann also
vermöchte ich allem nachforschen deß Vetters zu-
entrinnen. Sonderlich habet jhr/ großgünstige
Fraw/ meiner Mutter für allen andern gefal-
len. Auff diese Weise hat sie Anlaß genommen bey
euch Freundtschafft zusuchen/ daß jhr jhre einige
Tochter/ wo nicht anders/ doch zur Dienstbarkeit
möchtet auffnemmen. Auff solche Endschliessung/ da-
mit der Betrug destobesser verborgen bliebe/ gieng die
Mutter zu dem Icciobates vnd hielte an/ daß er bey
den Göttern von meinem Fall wolte lassen Nachfra-
ge halten; wie dann keiner gewisseren Bericht thun
würde als das Orackel deß Delphischen Gottes;
den sie mit alter Andacht zu ehren pflegte. (Dann
wir kommen von den Phocensern her/ vnnd sindt
von Massilien mitten in Gallien geführet worden.)
Wann es dem Icciobates gefiele/ so wolte sie den
Praxetas dahin senden. Icciobates billichte das
Fürnemen weitleufftig. Dann weil er selber in
Vngewißheit stundt/ als begehrte er durch Hülffe
der Götter zuerfahren/ wo ich mich auffhielte/ o-
der wie ich vmbkommen were. So war auch Pra-
xitas in keinem Vordachte bey jhm. Er gab jhm
noch Geschencke/ welche er dem Gott bringen sol-
te/ vnd verehrete dem Praxetas viel/ damit er kei-
nem eher als jhm vermeldete/ was das Orackel zur
Antwort gegeben hette. Er verwandte aber seine
versprochene Trew im wenigsten nicht; sondern

nam

Joh. Barclayens Argenis/
keinen ſicherern Ort zuſchicken als dahin/ wo nie-
mandt von den vnſerigen bekandt were. Dann alſo
vermoͤchte ich allem nachforſchen deß Vetters zu-
entrinnen. Sonderlich habet jhr/ großguͤnſtige
Fraw/ meiner Mutter fuͤr allen andern gefal-
len. Auff dieſe Weiſe hat ſie Anlaß genommen bey
euch Freundtſchafft zuſuchen/ daß jhr jhre einige
Tochter/ wo nicht anders/ doch zur Dienſtbarkeit
moͤchtet auffnem̃en. Auff ſolche Endſchlieſſũg/ da-
mit der Betrug deſtobeſſer verborgẽ bliebe/ gieng die
Mutter zu dem Icciobates vnd hielte an/ daß er bey
den Goͤttern von meinem Fall wolte laſſen Nachfra-
ge halten; wie dann keiner gewiſſeren Bericht thun
wuͤrde als das Orackel deß Delphiſchen Gottes;
den ſie mit alter Andacht zu ehren pflegte. (Dann
wir kommen von den Phocenſern her/ vnnd ſindt
von Maſſilien mitten in Gallien gefuͤhret worden.)
Wann es dem Icciobates gefiele/ ſo wolte ſie den
Praxetas dahin ſenden. Icciobates billichte das
Fuͤrnemen weitleufftig. Dann weil er ſelber in
Vngewißheit ſtundt/ als begehrte er durch Huͤlffe
der Goͤtter zuerfahren/ wo ich mich auffhielte/ o-
der wie ich vmbkommen were. So war auch Pra-
xitas in keinem Vordachte bey jhm. Er gab jhm
noch Geſchencke/ welche er dem Gott bringen ſol-
te/ vnd verehrete dem Praxetas viel/ damit er kei-
nem eher als jhm vermeldete/ was das Orackel zur
Antwort gegeben hette. Er verwandte aber ſeine
verſprochene Trew im wenigſten nicht; ſondern

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[478/0522] Joh. Barclayens Argenis/ keinen ſicherern Ort zuſchicken als dahin/ wo nie- mandt von den vnſerigen bekandt were. Dann alſo vermoͤchte ich allem nachforſchen deß Vetters zu- entrinnen. Sonderlich habet jhr/ großguͤnſtige Fraw/ meiner Mutter fuͤr allen andern gefal- len. Auff dieſe Weiſe hat ſie Anlaß genommen bey euch Freundtſchafft zuſuchen/ daß jhr jhre einige Tochter/ wo nicht anders/ doch zur Dienſtbarkeit moͤchtet auffnem̃en. Auff ſolche Endſchlieſſũg/ da- mit der Betrug deſtobeſſer verborgẽ bliebe/ gieng die Mutter zu dem Icciobates vnd hielte an/ daß er bey den Goͤttern von meinem Fall wolte laſſen Nachfra- ge halten; wie dann keiner gewiſſeren Bericht thun wuͤrde als das Orackel deß Delphiſchen Gottes; den ſie mit alter Andacht zu ehren pflegte. (Dann wir kommen von den Phocenſern her/ vnnd ſindt von Maſſilien mitten in Gallien gefuͤhret worden.) Wann es dem Icciobates gefiele/ ſo wolte ſie den Praxetas dahin ſenden. Icciobates billichte das Fuͤrnemen weitleufftig. Dann weil er ſelber in Vngewißheit ſtundt/ als begehrte er durch Huͤlffe der Goͤtter zuerfahren/ wo ich mich auffhielte/ o- der wie ich vmbkommen were. So war auch Pra- xitas in keinem Vordachte bey jhm. Er gab jhm noch Geſchencke/ welche er dem Gott bringen ſol- te/ vnd verehrete dem Praxetas viel/ damit er kei- nem eher als jhm vermeldete/ was das Orackel zur Antwort gegeben hette. Er verwandte aber ſeine verſprochene Trew im wenigſten nicht; ſondern nam

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/522>, abgerufen am 28.03.2024.