Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite

aus natürlicher Erkenntniß etc.
und Geschäfte; den Schein einer ausserordentli-
chen Munterkeit; den Schein älter und jünger zu
seyn; den Schein vieler Wiederwärtigkeiten, und
grosser Thaten in Tapferkeit und Dienstfertigkeit.
Kurz, meide die Prahlerey, sie wird selten und
niemals lange geglaubt, und nach der Entdeckung
lächerlich und verhaßt.

Der wirkliche Eigensinn ist selten; aber
viele halten es sich für eine Ehre, eigensinnig zu
scheinen, weil es die Vornehmern und Mächti-
gern mehr sind, als die Geringen und Schwachen.
Hüte dich vor der Affectation dieser Thorheit.
Folge jedem Rathe, welchen deine Einsicht, oder
dein Vertrauen zu dem Rathgeber billigt; und
handle allemal nach den Wünschen andrer, wenn
es keine Pflicht ist, den deinigen zu folgen.

§. 47.

Mit demjenigen, der zur witzigen oder boshaf-
tigen Verkleinerung oder Verläumdung geneigt
ist, vermeide nach Möglichkeit den zufälligen Um-
gang und die vertrauten Gespräche.

Sey höchst sorgfältig, denen, an deren Beyfall
dir vornehmlich gelegen ist, gleich Anfangs einen
guten Begriff von deinem Verstande und deinem
guten Herzen zu erwecken. Denn dieser Begriff
wirkt fast in alle folgende Urtheile, und raubt dir
oft die Gelegrnheit, deine guten Seiten hernach
zu zeigen.

Laß

aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
und Geſchaͤfte; den Schein einer auſſerordentli-
chen Munterkeit; den Schein aͤlter und juͤnger zu
ſeyn; den Schein vieler Wiederwaͤrtigkeiten, und
groſſer Thaten in Tapferkeit und Dienſtfertigkeit.
Kurz, meide die Prahlerey, ſie wird ſelten und
niemals lange geglaubt, und nach der Entdeckung
laͤcherlich und verhaßt.

Der wirkliche Eigenſinn iſt ſelten; aber
viele halten es ſich fuͤr eine Ehre, eigenſinnig zu
ſcheinen, weil es die Vornehmern und Maͤchti-
gern mehr ſind, als die Geringen und Schwachen.
Huͤte dich vor der Affectation dieſer Thorheit.
Folge jedem Rathe, welchen deine Einſicht, oder
dein Vertrauen zu dem Rathgeber billigt; und
handle allemal nach den Wuͤnſchen andrer, wenn
es keine Pflicht iſt, den deinigen zu folgen.

§. 47.

Mit demjenigen, der zur witzigen oder boshaf-
tigen Verkleinerung oder Verlaͤumdung geneigt
iſt, vermeide nach Moͤglichkeit den zufaͤlligen Um-
gang und die vertrauten Geſpraͤche.

Sey hoͤchſt ſorgfaͤltig, denen, an deren Beyfall
dir vornehmlich gelegen iſt, gleich Anfangs einen
guten Begriff von deinem Verſtande und deinem
guten Herzen zu erwecken. Denn dieſer Begriff
wirkt faſt in alle folgende Urtheile, und raubt dir
oft die Gelegrnheit, deine guten Seiten hernach
zu zeigen.

Laß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0127" n="103"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">aus natu&#x0364;rlicher Erkenntniß &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
und Ge&#x017F;cha&#x0364;fte; den Schein einer au&#x017F;&#x017F;erordentli-<lb/>
chen Munterkeit; den Schein a&#x0364;lter und ju&#x0364;nger zu<lb/>
&#x017F;eyn; den Schein vieler Wiederwa&#x0364;rtigkeiten, und<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Thaten in Tapferkeit und Dien&#x017F;tfertigkeit.<lb/>
Kurz, meide die <hi rendition="#fr">Prahlerey,</hi> &#x017F;ie wird &#x017F;elten und<lb/>
niemals lange geglaubt, und nach der Entdeckung<lb/>
la&#x0364;cherlich und verhaßt.</p><lb/>
          <p>Der wirkliche <hi rendition="#fr">Eigen&#x017F;inn</hi> i&#x017F;t &#x017F;elten; aber<lb/>
viele halten es &#x017F;ich fu&#x0364;r eine Ehre, eigen&#x017F;innig zu<lb/>
&#x017F;cheinen, weil es die Vornehmern und Ma&#x0364;chti-<lb/>
gern mehr &#x017F;ind, als die Geringen und Schwachen.<lb/>
Hu&#x0364;te dich vor der Affectation die&#x017F;er Thorheit.<lb/>
Folge jedem Rathe, welchen deine Ein&#x017F;icht, oder<lb/>
dein Vertrauen zu dem Rathgeber billigt; und<lb/>
handle allemal nach den Wu&#x0364;n&#x017F;chen andrer, wenn<lb/>
es keine Pflicht i&#x017F;t, den deinigen zu folgen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 47.</head><lb/>
          <p>Mit demjenigen, der zur witzigen oder boshaf-<lb/>
tigen Verkleinerung oder Verla&#x0364;umdung geneigt<lb/>
i&#x017F;t, vermeide nach Mo&#x0364;glichkeit den zufa&#x0364;lligen Um-<lb/>
gang und die vertrauten Ge&#x017F;pra&#x0364;che.</p><lb/>
          <p>Sey ho&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;orgfa&#x0364;ltig, denen, an deren Beyfall<lb/>
dir vornehmlich gelegen i&#x017F;t, gleich Anfangs einen<lb/>
guten Begriff von deinem Ver&#x017F;tande und deinem<lb/>
guten Herzen zu erwecken. Denn die&#x017F;er Begriff<lb/>
wirkt fa&#x017F;t in alle folgende Urtheile, und raubt dir<lb/>
oft die Gelegrnheit, deine guten Seiten hernach<lb/>
zu zeigen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Laß</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0127] aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc. und Geſchaͤfte; den Schein einer auſſerordentli- chen Munterkeit; den Schein aͤlter und juͤnger zu ſeyn; den Schein vieler Wiederwaͤrtigkeiten, und groſſer Thaten in Tapferkeit und Dienſtfertigkeit. Kurz, meide die Prahlerey, ſie wird ſelten und niemals lange geglaubt, und nach der Entdeckung laͤcherlich und verhaßt. Der wirkliche Eigenſinn iſt ſelten; aber viele halten es ſich fuͤr eine Ehre, eigenſinnig zu ſcheinen, weil es die Vornehmern und Maͤchti- gern mehr ſind, als die Geringen und Schwachen. Huͤte dich vor der Affectation dieſer Thorheit. Folge jedem Rathe, welchen deine Einſicht, oder dein Vertrauen zu dem Rathgeber billigt; und handle allemal nach den Wuͤnſchen andrer, wenn es keine Pflicht iſt, den deinigen zu folgen. §. 47. Mit demjenigen, der zur witzigen oder boshaf- tigen Verkleinerung oder Verlaͤumdung geneigt iſt, vermeide nach Moͤglichkeit den zufaͤlligen Um- gang und die vertrauten Geſpraͤche. Sey hoͤchſt ſorgfaͤltig, denen, an deren Beyfall dir vornehmlich gelegen iſt, gleich Anfangs einen guten Begriff von deinem Verſtande und deinem guten Herzen zu erwecken. Denn dieſer Begriff wirkt faſt in alle folgende Urtheile, und raubt dir oft die Gelegrnheit, deine guten Seiten hernach zu zeigen. Laß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/127
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/127>, abgerufen am 18.04.2024.