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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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aus natürlicher Erkenntniß etc.
§. 20.

Alle Menschen sind entweder wissentlich oder
unwissentlich Sünder. Das Gesetz der Tugend
ist ihnen entweder gänzlich oder zum Theil unbe-
kannt; oder wird oft irrig erklärt, oder theils
unbedachtsam, theils mit Kühnheit übertreten.
Sie sind allzumal Sünder und des göttlichen
Gerichts schuldig, und wir wissen nicht, wie
harte Mittel es bestimmen darf, sie zu bessern,
und durch ihr Exempel andre von dem Ungehorsa-
me der Unvorsichtigkeit und der Kühnheit abzu-
schrecken. O Sünder, der du Gottes Gerechtig-
keit kennest, verschiebe deine Besserung nicht
einen Augenblick; denn jeder Aufschub vermehrt
die Sünden und die Strafen, und macht die
Besserung schwerer und schmerzhafter. Eine von
Jugend auf angewöhnte Tugend ist leicht und
angenehm. Schwer ist der Uebergang von dem
Laster zur Tugend. Aber diese Schwierigkeit,
wenn sie einmal da ist, muß dich nicht schrecken.
Sie ist der einzige Weg deiner Rettung und
Wohlfahrt.

§. 21.

Das Ziel des Verlangens ist Lust und Ver-
gnügen;
das Ziel des Abscheues ist die Befrey-
ung vom Schmerz und Verdruß.

Das
aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
§. 20.

Alle Menſchen ſind entweder wiſſentlich oder
unwiſſentlich Suͤnder. Das Geſetz der Tugend
iſt ihnen entweder gaͤnzlich oder zum Theil unbe-
kannt; oder wird oft irrig erklaͤrt, oder theils
unbedachtſam, theils mit Kuͤhnheit uͤbertreten.
Sie ſind allzumal Sünder und des goͤttlichen
Gerichts ſchuldig, und wir wiſſen nicht, wie
harte Mittel es beſtimmen darf, ſie zu beſſern,
und durch ihr Exempel andre von dem Ungehorſa-
me der Unvorſichtigkeit und der Kuͤhnheit abzu-
ſchrecken. O Suͤnder, der du Gottes Gerechtig-
keit kenneſt, verſchiebe deine Beſſerung nicht
einen Augenblick; denn jeder Aufſchub vermehrt
die Suͤnden und die Strafen, und macht die
Beſſerung ſchwerer und ſchmerzhafter. Eine von
Jugend auf angewoͤhnte Tugend iſt leicht und
angenehm. Schwer iſt der Uebergang von dem
Laſter zur Tugend. Aber dieſe Schwierigkeit,
wenn ſie einmal da iſt, muß dich nicht ſchrecken.
Sie iſt der einzige Weg deiner Rettung und
Wohlfahrt.

§. 21.

Das Ziel des Verlangens iſt Luſt und Ver-
gnügen;
das Ziel des Abſcheues iſt die Befrey-
ung vom Schmerz und Verdruß.

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[31/0055] aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc. §. 20. Alle Menſchen ſind entweder wiſſentlich oder unwiſſentlich Suͤnder. Das Geſetz der Tugend iſt ihnen entweder gaͤnzlich oder zum Theil unbe- kannt; oder wird oft irrig erklaͤrt, oder theils unbedachtſam, theils mit Kuͤhnheit uͤbertreten. Sie ſind allzumal Sünder und des goͤttlichen Gerichts ſchuldig, und wir wiſſen nicht, wie harte Mittel es beſtimmen darf, ſie zu beſſern, und durch ihr Exempel andre von dem Ungehorſa- me der Unvorſichtigkeit und der Kuͤhnheit abzu- ſchrecken. O Suͤnder, der du Gottes Gerechtig- keit kenneſt, verſchiebe deine Beſſerung nicht einen Augenblick; denn jeder Aufſchub vermehrt die Suͤnden und die Strafen, und macht die Beſſerung ſchwerer und ſchmerzhafter. Eine von Jugend auf angewoͤhnte Tugend iſt leicht und angenehm. Schwer iſt der Uebergang von dem Laſter zur Tugend. Aber dieſe Schwierigkeit, wenn ſie einmal da iſt, muß dich nicht ſchrecken. Sie iſt der einzige Weg deiner Rettung und Wohlfahrt. §. 21. Das Ziel des Verlangens iſt Luſt und Ver- gnügen; das Ziel des Abſcheues iſt die Befrey- ung vom Schmerz und Verdruß. Das

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/55>, abgerufen am 29.03.2024.