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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die XLI. Laster-Predigt/
Text:
Jn Sprüch-W. Sal. c. 24. v. 8.
Wer ihm selbst Schaden thut/ den heisset man billich ei-
nen Ertz-Bößwicht.
Eingang.
Geliebte in Christo dem HErren!
Der Sprü-
che Luc. 14.
v. 26. und
Joh. 12.
v. 25.

SO jemand zu mir kommt/ und hasset nicht seinen Vatter/
Mutter/ Weib/ Kinder/ Brüder/ Schwester/ auch darzu sein
eigen Leben/ der kan nicht mein Jünger seyn/ sagt der HErr
Christus/ Luc. 14. und Joh. 12. spricht er/ wer sein Leben auf die-
ser Welt hasset/ der wird es erhalten zum ewigen Leben. Diese
und dergleichen Sprüche haben die Donatisten und Citcum celliones dahin
gedeutet/ als solte man ohne Sünde ihm selbsten an Leib und Leben därffen
Schaden thun/ und Gewalt-thätiger Weise gar das Leben nehmen/ damit
Erklärung
deß H. Aug.
Tr. 51 in
Ioh.
man desto ehe das Ewige erlange/ darwider der H. Augustinus viel zu schrei-
ben und zu thun gehabt/ und ihnen auß den vorher- und nachgehenden Wor-
ten/ auß dem Zweck der Worten Christi/ wie auch auß andern gleich-förmi-
gen Sprüchen dargethan/ daß Christus der HErr hiermit die gute Zuneigung
zu unsern Anverwandten und zu unserm eigenen Leib und Leben nicht verbot-
ten/ sondern die Meinung und Verstand der angezogenen Sprüche gehen
dahin/ wann einem solte zugemuthet werden/ daß er entweder solte wider
GOttes Wort und Gebott etwas thun/ oder er solte sein Leben lassen/ so soll
ein Christ ehe begehren seinem lieben GOtt zu sterben/ als dem erzürneten
GOtt zu leben: Es soll einer alles in dieser Welt/ auch so gar sein eigen Le-
ben lieber lassen und verlieren/ als Christum und sein H. Evangelium ver-
läugnen/ so werde er für das zeitliche/ elende Leben/ das seine Feinde ihm in der
Verfolgung genommen/ das ewige und selige Leben dargegen von GOtt em-
pfangen und ewiglich erhalten/ wie in seinem 51. Tractat über den Evange-
listen Johannem zu ersehen. Sonsten ausser diesem Fall soll kein Christ sei-
nen Leib und Leben hassen oder leichtlich hindan setzen/ daß einer ihm selbsten
mit Wissen und Willen einigen Schaden wolte zufügen/ dann niemand hat
jemals sein eigen Fleisch gehasset/ sondern nähret ihn und pfleget seyn/ Eph. 5.
Wer ihm aber selbst Schaden thut/ den heisset man billich einen
Ertz-Bößwicht/
sagt Salomo im Sprüch-W. c. 24. als in denen E. L.
vorgelesenen Worten.

Vortrag.

Weil wir dann in Abhandlung derer Laster/ die eigentlich auf den laster-

hafften
Die XLI. Laſter-Predigt/
Text:
Jn Spruͤch-W. Sal. c. 24. v. 8.
Wer ihm ſelbſt Schaden thut/ den heiſſet man billich ei-
nen Ertz-Boͤßwicht.
Eingang.
Geliebte in Chriſto dem HErren!
Der Spruͤ-
che Luc. 14.
v. 26. und
Joh. 12.
v. 25.

SO jemand zu mir kommt/ und haſſet nicht ſeinen Vatter/
Mutter/ Weib/ Kinder/ Bruͤder/ Schweſter/ auch darzu ſein
eigen Leben/ der kan nicht mein Juͤnger ſeyn/ ſagt der HErꝛ
Chriſtus/ Luc. 14. und Joh. 12. ſpricht er/ wer ſein Leben auf die-
ſer Welt haſſet/ der wird es erhalten zum ewigen Leben. Dieſe
und dergleichen Spruͤche haben die Donatiſten und Citcum celliones dahin
gedeutet/ als ſolte man ohne Suͤnde ihm ſelbſten an Leib und Leben daͤrffen
Schaden thun/ und Gewalt-thaͤtiger Weiſe gar das Leben nehmen/ damit
Erklaͤrung
deß H. Aug.
Tr. 51 in
Ioh.
man deſto ehe das Ewige erlange/ darwider der H. Auguſtinus viel zu ſchrei-
ben und zu thun gehabt/ und ihnen auß den vorher- und nachgehenden Wor-
ten/ auß dem Zweck der Worten Chriſti/ wie auch auß andern gleich-foͤrmi-
gen Spruͤchen dargethan/ daß Chriſtus der HErꝛ hiermit die gute Zuneigung
zu unſern Anverwandten und zu unſerm eigenen Leib und Leben nicht verbot-
ten/ ſondern die Meinung und Verſtand der angezogenen Spruͤche gehen
dahin/ wann einem ſolte zugemuthet werden/ daß er entweder ſolte wider
GOttes Wort und Gebott etwas thun/ oder er ſolte ſein Leben laſſen/ ſo ſoll
ein Chriſt ehe begehren ſeinem lieben GOtt zu ſterben/ als dem erzuͤrneten
GOtt zu leben: Es ſoll einer alles in dieſer Welt/ auch ſo gar ſein eigen Le-
ben lieber laſſen und verlieren/ als Chriſtum und ſein H. Evangelium ver-
laͤugnen/ ſo werde er fuͤr das zeitliche/ elende Leben/ das ſeine Feinde ihm in der
Verfolgung genommen/ das ewige und ſelige Leben dargegen von GOtt em-
pfangen und ewiglich erhalten/ wie in ſeinem 51. Tractat uͤber den Evange-
liſten Johannem zu erſehen. Sonſten auſſer dieſem Fall ſoll kein Chriſt ſei-
nen Leib und Leben haſſen oder leichtlich hindan ſetzen/ daß einer ihm ſelbſten
mit Wiſſen und Willen einigen Schaden wolte zufuͤgen/ dann niemand hat
jemals ſein eigen Fleiſch gehaſſet/ ſondern naͤhret ihn und pfleget ſeyn/ Eph. 5.
Wer ihm aber ſelbſt Schaden thut/ den heiſſet man billich einen
Ertz-Boͤßwicht/
ſagt Salomo im Spruͤch-W. c. 24. als in denen E. L.
vorgeleſenen Worten.

Vortrag.

Weil wir dann in Abhandlung derer Laſter/ die eigentlich auf den laſter-

hafften
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[372/0442] Die XLI. Laſter-Predigt/ Text: Jn Spruͤch-W. Sal. c. 24. v. 8. Wer ihm ſelbſt Schaden thut/ den heiſſet man billich ei- nen Ertz-Boͤßwicht. Eingang. Geliebte in Chriſto dem HErren! SO jemand zu mir kommt/ und haſſet nicht ſeinen Vatter/ Mutter/ Weib/ Kinder/ Bruͤder/ Schweſter/ auch darzu ſein eigen Leben/ der kan nicht mein Juͤnger ſeyn/ ſagt der HErꝛ Chriſtus/ Luc. 14. und Joh. 12. ſpricht er/ wer ſein Leben auf die- ſer Welt haſſet/ der wird es erhalten zum ewigen Leben. Dieſe und dergleichen Spruͤche haben die Donatiſten und Citcum celliones dahin gedeutet/ als ſolte man ohne Suͤnde ihm ſelbſten an Leib und Leben daͤrffen Schaden thun/ und Gewalt-thaͤtiger Weiſe gar das Leben nehmen/ damit man deſto ehe das Ewige erlange/ darwider der H. Auguſtinus viel zu ſchrei- ben und zu thun gehabt/ und ihnen auß den vorher- und nachgehenden Wor- ten/ auß dem Zweck der Worten Chriſti/ wie auch auß andern gleich-foͤrmi- gen Spruͤchen dargethan/ daß Chriſtus der HErꝛ hiermit die gute Zuneigung zu unſern Anverwandten und zu unſerm eigenen Leib und Leben nicht verbot- ten/ ſondern die Meinung und Verſtand der angezogenen Spruͤche gehen dahin/ wann einem ſolte zugemuthet werden/ daß er entweder ſolte wider GOttes Wort und Gebott etwas thun/ oder er ſolte ſein Leben laſſen/ ſo ſoll ein Chriſt ehe begehren ſeinem lieben GOtt zu ſterben/ als dem erzuͤrneten GOtt zu leben: Es ſoll einer alles in dieſer Welt/ auch ſo gar ſein eigen Le- ben lieber laſſen und verlieren/ als Chriſtum und ſein H. Evangelium ver- laͤugnen/ ſo werde er fuͤr das zeitliche/ elende Leben/ das ſeine Feinde ihm in der Verfolgung genommen/ das ewige und ſelige Leben dargegen von GOtt em- pfangen und ewiglich erhalten/ wie in ſeinem 51. Tractat uͤber den Evange- liſten Johannem zu erſehen. Sonſten auſſer dieſem Fall ſoll kein Chriſt ſei- nen Leib und Leben haſſen oder leichtlich hindan ſetzen/ daß einer ihm ſelbſten mit Wiſſen und Willen einigen Schaden wolte zufuͤgen/ dann niemand hat jemals ſein eigen Fleiſch gehaſſet/ ſondern naͤhret ihn und pfleget ſeyn/ Eph. 5. Wer ihm aber ſelbſt Schaden thut/ den heiſſet man billich einen Ertz-Boͤßwicht/ ſagt Salomo im Spruͤch-W. c. 24. als in denen E. L. vorgeleſenen Worten. Erklaͤrung deß H. Aug. Tr. 51 in Ioh. Weil wir dann in Abhandlung derer Laſter/ die eigentlich auf den laſter- hafften

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/442>, abgerufen am 29.03.2024.