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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die IL. Laster-Predigt/
Applica-
tio.
Erbauung der Statt Alexandrien. Wie es nun diesem Baumeister an
deß Alexandri Hof ergangen/ also geht es den Leuten noch in der Welt/ wer
in der Welt etwas gelten will/ begehrt hervor zu kommen und angenehm zu
seyn/ der muß gleichsam in ein andere Haut kriechen und schlieffen/ hat einer
an das Kleyd der Warheit/ will allzeit die Warheit reden/ und bey der War-
heit bleiben/ so muß er anziehen das Heuchelkleyd/ und einem jeden reden was
er gern hört; Hat einer an das Kleyd der Zucht und Schamhafftigkeit/ so
muß er das außziehen/ und sich frisch und frech erzeigen in Worten und Wer-
cken; Hat einer an das Kleyd der Demuth/ will sich mit schlechter/ erbarer
Tracht und Kleydung behelffen/ so muß er allen Pracht und mancherley köst-
lichen/ theils närrischen/ theils auch hürischen Schmuck und Kleider anlegen/
ist jemand mässig und eingezogen/ so muß er das Fressen und Sauffen lernen/
und so fort an; Wer sich nicht verkehrt mit der verkehrten Welt/ der gilt
nichts/ und kan in der Welt nirgends hervor und fortkommen. Was sagt
aber die H. Schrifft darzu? S. Paulus in den verleßnen Worten verbeut es
rund/ und sagt mit außgetruckten Worten: Stellet euch nicht dieser
Vortrag.Welt gleich. Weil dann die Gleichstellung dieser Welt auch ein schwe-
res und gemeines Laster/ so auf den Lasterhafften Menschen selbsten sihet und
gehet/ so wollen wir solche Wort deß Apostels Pauli auß der gestrigen Sonn-
täglichen Epistel jetzo für uns nemmen/ erstlich mit wenigem widerholen und
erklären/ darnach auch anzeigen/ was wir
von der Gleichstellung dieser Welt/
Wunsch.zu unserer Lehr und Nutzen werden zu behalten haben. Darzu uns GOtt sein
Gnad und Segen verleihen wolle. Amen.

Erklärung deß Texts.
Der Welt/

STellet euch nicht dieser Welt gleich. Jn diesen Worten re-
det S. Paulus mit den Römern/ als gewesten Heyden/ nun aber zun
Zeiten Pauli bekehrten/ rechtglaubigen Christen/ und sagt ihnen von
der Welt. Das Wörtlein Welt/ hat in H. Schrifft vornemlich
dreyerley Verstand/ 1. bedeutet es das sichtbarliche schöne Gebäu Himmels
und der Erden/ als/ davon dem Wort/ das ist/ von dem Sohn Gottes stehet/
daß die Welt durch dasselbig gemacht seye. Joh. 1. 2. Heisst Welt so viel/ als
das Menschliche Geschlecht/ oder alle Menschen in der Welt/ da Christus sagt/
GOtt habe die Welt/ das ist/ alle Menschen/ oder das Menschliche Geschlecht
geliebt. Joh. 3. 3. Werden auch durch die Welt allein die gottlose Menschen
in der Welt/ und derselben gottlose Werck verstanden/ da wiederum der HErr
Christus sagt: Die Welt werde seine Jünger und Bekenner seines Evange-
lii hassen. Joh. 15. Und in diesem letzteren Verstand wird das Wörtlein Welt

auch

Die IL. Laſter-Predigt/
Applica-
tio.
Erbauung der Statt Alexandrien. Wie es nun dieſem Baumeiſter an
deß Alexandri Hof ergangen/ alſo geht es den Leuten noch in der Welt/ wer
in der Welt etwas gelten will/ begehrt hervor zu kommen und angenehm zu
ſeyn/ der muß gleichſam in ein andere Haut kriechen und ſchlieffen/ hat einer
an das Kleyd der Warheit/ will allzeit die Warheit reden/ und bey der War-
heit bleiben/ ſo muß er anziehen das Heuchelkleyd/ und einem jeden reden was
er gern hoͤrt; Hat einer an das Kleyd der Zucht und Schamhafftigkeit/ ſo
muß er das außziehen/ und ſich friſch und frech erzeigen in Worten und Wer-
cken; Hat einer an das Kleyd der Demuth/ will ſich mit ſchlechter/ erbarer
Tracht und Kleydung behelffen/ ſo muß er allen Pracht und mancherley koͤſt-
lichen/ theils naͤrriſchen/ theils auch huͤriſchen Schmuck und Kleider anlegen/
iſt jemand maͤſſig und eingezogen/ ſo muß er das Freſſen und Sauffen lernen/
und ſo fort an; Wer ſich nicht verkehrt mit der verkehrten Welt/ der gilt
nichts/ und kan in der Welt nirgends hervor und fortkommen. Was ſagt
aber die H. Schrifft darzu? S. Paulus in den verleßnen Worten verbeut es
rund/ und ſagt mit außgetruckten Worten: Stellet euch nicht dieſer
Vortrag.Welt gleich. Weil dann die Gleichſtellung dieſer Welt auch ein ſchwe-
res und gemeines Laſter/ ſo auf den Laſterhafften Menſchen ſelbſten ſihet und
gehet/ ſo wollen wir ſolche Wort deß Apoſtels Pauli auß der geſtrigen Sonn-
taͤglichen Epiſtel jetzo fuͤr uns nemmen/ erſtlich mit wenigem widerholen und
erklaͤren/ darnach auch anzeigen/ was wir
von der Gleichſtellung dieſer Welt/
Wunſch.zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu behalten haben. Darzu uns GOtt ſein
Gnad und Segen verleihen wolle. Amen.

Erklaͤrung deß Texts.
Der Welt/

STellet euch nicht dieſer Welt gleich. Jn dieſen Worten re-
det S. Paulus mit den Roͤmern/ als geweſten Heyden/ nun aber zun
Zeiten Pauli bekehrten/ rechtglaubigen Chriſten/ und ſagt ihnen von
der Welt. Das Woͤrtlein Welt/ hat in H. Schrifft vornemlich
dreyerley Verſtand/ 1. bedeutet es das ſichtbarliche ſchoͤne Gebaͤu Himmels
und der Erden/ als/ davon dem Wort/ das iſt/ von dem Sohn Gottes ſtehet/
daß die Welt durch daſſelbig gemacht ſeye. Joh. 1. 2. Heiſſt Welt ſo viel/ als
das Menſchliche Geſchlecht/ oder alle Menſchen in der Welt/ da Chriſtus ſagt/
GOtt habe die Welt/ das iſt/ alle Menſchen/ oder das Menſchliche Geſchlecht
geliebt. Joh. 3. 3. Werden auch durch die Welt allein die gottloſe Menſchen
in der Welt/ und derſelben gottloſe Werck verſtanden/ da wiederum der HErꝛ
Chriſtus ſagt: Die Welt werde ſeine Juͤnger und Bekenner ſeines Evange-
lii haſſen. Joh. 15. Und in dieſem letzteren Verſtand wird das Woͤrtlein Welt

auch
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[448/0518] Die IL. Laſter-Predigt/ Erbauung der Statt Alexandrien. Wie es nun dieſem Baumeiſter an deß Alexandri Hof ergangen/ alſo geht es den Leuten noch in der Welt/ wer in der Welt etwas gelten will/ begehrt hervor zu kommen und angenehm zu ſeyn/ der muß gleichſam in ein andere Haut kriechen und ſchlieffen/ hat einer an das Kleyd der Warheit/ will allzeit die Warheit reden/ und bey der War- heit bleiben/ ſo muß er anziehen das Heuchelkleyd/ und einem jeden reden was er gern hoͤrt; Hat einer an das Kleyd der Zucht und Schamhafftigkeit/ ſo muß er das außziehen/ und ſich friſch und frech erzeigen in Worten und Wer- cken; Hat einer an das Kleyd der Demuth/ will ſich mit ſchlechter/ erbarer Tracht und Kleydung behelffen/ ſo muß er allen Pracht und mancherley koͤſt- lichen/ theils naͤrriſchen/ theils auch huͤriſchen Schmuck und Kleider anlegen/ iſt jemand maͤſſig und eingezogen/ ſo muß er das Freſſen und Sauffen lernen/ und ſo fort an; Wer ſich nicht verkehrt mit der verkehrten Welt/ der gilt nichts/ und kan in der Welt nirgends hervor und fortkommen. Was ſagt aber die H. Schrifft darzu? S. Paulus in den verleßnen Worten verbeut es rund/ und ſagt mit außgetruckten Worten: Stellet euch nicht dieſer Welt gleich. Weil dann die Gleichſtellung dieſer Welt auch ein ſchwe- res und gemeines Laſter/ ſo auf den Laſterhafften Menſchen ſelbſten ſihet und gehet/ ſo wollen wir ſolche Wort deß Apoſtels Pauli auß der geſtrigen Sonn- taͤglichen Epiſtel jetzo fuͤr uns nemmen/ erſtlich mit wenigem widerholen und erklaͤren/ darnach auch anzeigen/ was wir von der Gleichſtellung dieſer Welt/ zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu behalten haben. Darzu uns GOtt ſein Gnad und Segen verleihen wolle. Amen. Applica- tio. Vortrag. Wunſch. Erklaͤrung deß Texts. STellet euch nicht dieſer Welt gleich. Jn dieſen Worten re- det S. Paulus mit den Roͤmern/ als geweſten Heyden/ nun aber zun Zeiten Pauli bekehrten/ rechtglaubigen Chriſten/ und ſagt ihnen von der Welt. Das Woͤrtlein Welt/ hat in H. Schrifft vornemlich dreyerley Verſtand/ 1. bedeutet es das ſichtbarliche ſchoͤne Gebaͤu Himmels und der Erden/ als/ davon dem Wort/ das iſt/ von dem Sohn Gottes ſtehet/ daß die Welt durch daſſelbig gemacht ſeye. Joh. 1. 2. Heiſſt Welt ſo viel/ als das Menſchliche Geſchlecht/ oder alle Menſchen in der Welt/ da Chriſtus ſagt/ GOtt habe die Welt/ das iſt/ alle Menſchen/ oder das Menſchliche Geſchlecht geliebt. Joh. 3. 3. Werden auch durch die Welt allein die gottloſe Menſchen in der Welt/ und derſelben gottloſe Werck verſtanden/ da wiederum der HErꝛ Chriſtus ſagt: Die Welt werde ſeine Juͤnger und Bekenner ſeines Evange- lii haſſen. Joh. 15. Und in dieſem letzteren Verſtand wird das Woͤrtlein Welt auch

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/518>, abgerufen am 28.03.2024.