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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die L. Laster-Predigt/


Jm Namen Jesu!
Die
L. Laster-Predigt/
d. 23. Ian.
1660.
Jn der II. Abtheilung/ von den Lastern wider
Sich selbsten.
Das XIV. Laster: Fressen.
Text:
Luc. c. 21. v. 34.
Hütet euch/ daß euere Hertzen nicht beschweret werden
mit Fressen.
Eingang.
Geliebte in Christo dem HErren!
Beschrei-
bung deß
Vielfraß.

WAn schreibet/ daß in den Morgenländern ein Thier gefun-
den werde/ welches wegen seines unersättlichen Fressens/ Gulo,
das ist/ ein Vielfraß genennet wird/ ist so groß als ein Hund/ hat
ein Kopff wie ein Katz/ ein Farb wie ein Mauß/ aber ein Leib
und Schwantz wie ein Wolff/ dieses Thier soll auf die Bäum
steigen/ und wann es ein ander Thier/ oder auch wol einen Menschen ersihet/
springt es auf das Thier oder auf den Menschen herunter/ erwürgts und frisst
so viel davon/ daß es an seinem Leib auflaufft wie ein Paucke/ dann sucht dieser
Vielfraß zween Bäum/ die nahe beysamen stehen/ zwingt seinen Leib mit Ge-
walt hindurch/ und truckt ihm den Bauch selbsten dermassen zusamen/ daß ihm
das jenige/ was er zuvor in sich geschluckt/ rever. bey dem Hindern außgeht:
So bald er nun seinen Bauch auf solche Weiß geleeret/ frisst er wieder begie-
rig von dem vorigen Aaß/ und treibt solch Fressen außleeren so lang/ biß das
Applicatio.Aaß gantz aufgezehret ist. Das ist wol ein schandtliche Unart an diesem Viel-
fraß/ aber viel schandtlicher ist solche Freß-Art an einem Menschen/ der sein gu-
te Vernunfft hat/ ja der sich für einen guten Christen außthut/ und doch kein
Zihl und Maß im Essen treffen und halten kan/ noch will. Davor warnet uns
der HErr Christus in den verlesenen Worten/ da er sagt: Hütet euch/ etc.
Vortrag.Weil dann die Fressigkeit auch ein Laster ist/ das auf den Lasterhafften Men-
schen selbsten sihet und gehet/ so wollen wir die angedeute Wort deß HErrn

Christi
Die L. Laſter-Predigt/


Jm Namen Jeſu!
Die
L. Laſter-Predigt/
d. 23. Ian.
1660.
Jn der II. Abtheilung/ von den Laſtern wider
Sich ſelbſten.
Das XIV. Laſter: Freſſen.
Text:
Luc. c. 21. v. 34.
Huͤtet euch/ daß euere Hertzen nicht beſchweret werden
mit Freſſen.
Eingang.
Geliebte in Chriſto dem HErren!
Beſchrei-
bung deß
Vielfraß.

WAn ſchreibet/ daß in den Morgenlaͤndern ein Thier gefun-
den werde/ welches wegen ſeines unerſaͤttlichen Freſſens/ Gulo,
das iſt/ ein Vielfraß genennet wird/ iſt ſo groß als ein Hund/ hat
ein Kopff wie ein Katz/ ein Farb wie ein Mauß/ aber ein Leib
und Schwantz wie ein Wolff/ dieſes Thier ſoll auf die Baͤum
ſteigen/ und wann es ein ander Thier/ oder auch wol einen Menſchen erſihet/
ſpringt es auf das Thier oder auf den Menſchen herunter/ erwuͤrgts und friſſt
ſo viel davon/ daß es an ſeinem Leib auflaufft wie ein Paucke/ dann ſucht dieſer
Vielfraß zween Baͤum/ die nahe beyſamen ſtehen/ zwingt ſeinen Leib mit Ge-
walt hindurch/ und truckt ihm den Bauch ſelbſten dermaſſen zuſamen/ daß ihm
das jenige/ was er zuvor in ſich geſchluckt/ rever. bey dem Hindern außgeht:
So bald er nun ſeinen Bauch auf ſolche Weiß geleeret/ friſſt er wieder begie-
rig von dem vorigen Aaß/ und treibt ſolch Freſſen außleeren ſo lang/ biß das
Applicatio.Aaß gantz aufgezehret iſt. Das iſt wol ein ſchandtliche Unart an dieſem Viel-
fraß/ aber viel ſchandtlicher iſt ſolche Freß-Art an einem Menſchen/ der ſein gu-
te Vernunfft hat/ ja der ſich fuͤr einen guten Chriſten außthut/ und doch kein
Zihl und Maß im Eſſen treffen und halten kan/ noch will. Davor warnet uns
der HErꝛ Chriſtus in den verleſenen Worten/ da er ſagt: Huͤtet euch/ ꝛc.
Vortrag.Weil dann die Freſſigkeit auch ein Laſter iſt/ das auf den Laſterhafften Men-
ſchen ſelbſten ſihet und gehet/ ſo wollen wir die angedeute Wort deß HErꝛn

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[456/0526] Die L. Laſter-Predigt/ Jm Namen Jeſu! Die L. Laſter-Predigt/ Jn der II. Abtheilung/ von den Laſtern wider Sich ſelbſten. Das XIV. Laſter: Freſſen. Text: Luc. c. 21. v. 34. Huͤtet euch/ daß euere Hertzen nicht beſchweret werden mit Freſſen. Eingang. Geliebte in Chriſto dem HErren! WAn ſchreibet/ daß in den Morgenlaͤndern ein Thier gefun- den werde/ welches wegen ſeines unerſaͤttlichen Freſſens/ Gulo, das iſt/ ein Vielfraß genennet wird/ iſt ſo groß als ein Hund/ hat ein Kopff wie ein Katz/ ein Farb wie ein Mauß/ aber ein Leib und Schwantz wie ein Wolff/ dieſes Thier ſoll auf die Baͤum ſteigen/ und wann es ein ander Thier/ oder auch wol einen Menſchen erſihet/ ſpringt es auf das Thier oder auf den Menſchen herunter/ erwuͤrgts und friſſt ſo viel davon/ daß es an ſeinem Leib auflaufft wie ein Paucke/ dann ſucht dieſer Vielfraß zween Baͤum/ die nahe beyſamen ſtehen/ zwingt ſeinen Leib mit Ge- walt hindurch/ und truckt ihm den Bauch ſelbſten dermaſſen zuſamen/ daß ihm das jenige/ was er zuvor in ſich geſchluckt/ rever. bey dem Hindern außgeht: So bald er nun ſeinen Bauch auf ſolche Weiß geleeret/ friſſt er wieder begie- rig von dem vorigen Aaß/ und treibt ſolch Freſſen außleeren ſo lang/ biß das Aaß gantz aufgezehret iſt. Das iſt wol ein ſchandtliche Unart an dieſem Viel- fraß/ aber viel ſchandtlicher iſt ſolche Freß-Art an einem Menſchen/ der ſein gu- te Vernunfft hat/ ja der ſich fuͤr einen guten Chriſten außthut/ und doch kein Zihl und Maß im Eſſen treffen und halten kan/ noch will. Davor warnet uns der HErꝛ Chriſtus in den verleſenen Worten/ da er ſagt: Huͤtet euch/ ꝛc. Weil dann die Freſſigkeit auch ein Laſter iſt/ das auf den Laſterhafften Men- ſchen ſelbſten ſihet und gehet/ ſo wollen wir die angedeute Wort deß HErꝛn Chriſti Applicatio. Vortrag.

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/526>, abgerufen am 29.03.2024.