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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.


1. Chaldäa.

Elam, Babylon, Assur.

Wir wenden uns zu den Völkern semitischer Abstammung,
welche als östliche Nachbaren der Ägypter das Gebiet zwischen dem
Mittelmeere und dem persischen Hochlande, sowie vom Taurus bis zum
arabischen Meere bewohnten, da ihre Geschichte sich ebenfalls in sehr
entfernte Zeiten zurückverfolgen lässt und sie neben den Ägyptern den
grössten Einfluss auf die Zivilisation nicht nur Westasiens und Europas,
sondern der ganzen Erde ausgeübt haben. Den gemeinschaftlichen
Namen Semiten führen sie von ihrer durch die heiligen Schriften der
Hebräer bezeugten gemeinschaftlichen Abstammung von Sem, dem älte-
sten Sohne Noahs. Ihr erstes politisches Auftreten, sowie die grösste
Entfaltung ihrer Macht vollzog sich in dem Stromgebiete des Euphrat
und Tigris. Die grosse Ebene, die diese beiden mächtigen Flüsse, nach-
dem sie ihr gemeinschaftliches Heimatsgebiet, das wilde Gebirgsland
Armeniens verlassen haben, in ihrem untern Laufe bilden, lockte durch
ihre grosse Fruchtbarkeit die Nachbarvölker von Süden, Osten und
Norden (nach Westen war es durch die syrische Wüste abgesperrt) zu
friedlicher Ansiedelung und zu wildem Wettkampf um den Besitz.

Wie Mesopotamien, d. h. das Zwischenstromland, in seiner geogra-
phischen Beschaffenheit manche Ähnlichkeit mit dem Nilthal zeigt,
ebenso verhält es sich mit der Kulturentwickelung hier und dort. --
Wie in Ägypten der Nil die Lebensader des Landes ist, so ist in Meso-
potamien dasselbe mit dem Doppelstrome des Euphrat und Tigris der
Fall. Wie dort der Fluss durch seine Überschwemmungen reichen Segen
über den sonnenwarmen Boden ausgiesst, so überfluten hier Wasser und

Die Semiten.


1. Chaldäa.

Elam, Babylon, Assur.

Wir wenden uns zu den Völkern semitischer Abstammung,
welche als östliche Nachbaren der Ägypter das Gebiet zwischen dem
Mittelmeere und dem persischen Hochlande, sowie vom Taurus bis zum
arabischen Meere bewohnten, da ihre Geschichte sich ebenfalls in sehr
entfernte Zeiten zurückverfolgen läſst und sie neben den Ägyptern den
gröſsten Einfluſs auf die Zivilisation nicht nur Westasiens und Europas,
sondern der ganzen Erde ausgeübt haben. Den gemeinschaftlichen
Namen Semiten führen sie von ihrer durch die heiligen Schriften der
Hebräer bezeugten gemeinschaftlichen Abstammung von Sem, dem älte-
sten Sohne Noahs. Ihr erstes politisches Auftreten, sowie die gröſste
Entfaltung ihrer Macht vollzog sich in dem Stromgebiete des Euphrat
und Tigris. Die groſse Ebene, die diese beiden mächtigen Flüsse, nach-
dem sie ihr gemeinschaftliches Heimatsgebiet, das wilde Gebirgsland
Armeniens verlassen haben, in ihrem untern Laufe bilden, lockte durch
ihre groſse Fruchtbarkeit die Nachbarvölker von Süden, Osten und
Norden (nach Westen war es durch die syrische Wüste abgesperrt) zu
friedlicher Ansiedelung und zu wildem Wettkampf um den Besitz.

Wie Mesopotamien, d. h. das Zwischenstromland, in seiner geogra-
phischen Beschaffenheit manche Ähnlichkeit mit dem Nilthal zeigt,
ebenso verhält es sich mit der Kulturentwickelung hier und dort. —
Wie in Ägypten der Nil die Lebensader des Landes ist, so ist in Meso-
potamien dasſelbe mit dem Doppelstrome des Euphrat und Tigris der
Fall. Wie dort der Fluſs durch seine Überschwemmungen reichen Segen
über den sonnenwarmen Boden ausgieſst, so überfluten hier Wasser und

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[[103]/0125] Die Semiten. 1. Chaldäa. Elam, Babylon, Assur. Wir wenden uns zu den Völkern semitischer Abstammung, welche als östliche Nachbaren der Ägypter das Gebiet zwischen dem Mittelmeere und dem persischen Hochlande, sowie vom Taurus bis zum arabischen Meere bewohnten, da ihre Geschichte sich ebenfalls in sehr entfernte Zeiten zurückverfolgen läſst und sie neben den Ägyptern den gröſsten Einfluſs auf die Zivilisation nicht nur Westasiens und Europas, sondern der ganzen Erde ausgeübt haben. Den gemeinschaftlichen Namen Semiten führen sie von ihrer durch die heiligen Schriften der Hebräer bezeugten gemeinschaftlichen Abstammung von Sem, dem älte- sten Sohne Noahs. Ihr erstes politisches Auftreten, sowie die gröſste Entfaltung ihrer Macht vollzog sich in dem Stromgebiete des Euphrat und Tigris. Die groſse Ebene, die diese beiden mächtigen Flüsse, nach- dem sie ihr gemeinschaftliches Heimatsgebiet, das wilde Gebirgsland Armeniens verlassen haben, in ihrem untern Laufe bilden, lockte durch ihre groſse Fruchtbarkeit die Nachbarvölker von Süden, Osten und Norden (nach Westen war es durch die syrische Wüste abgesperrt) zu friedlicher Ansiedelung und zu wildem Wettkampf um den Besitz. Wie Mesopotamien, d. h. das Zwischenstromland, in seiner geogra- phischen Beschaffenheit manche Ähnlichkeit mit dem Nilthal zeigt, ebenso verhält es sich mit der Kulturentwickelung hier und dort. — Wie in Ägypten der Nil die Lebensader des Landes ist, so ist in Meso- potamien dasſelbe mit dem Doppelstrome des Euphrat und Tigris der Fall. Wie dort der Fluſs durch seine Überschwemmungen reichen Segen über den sonnenwarmen Boden ausgieſst, so überfluten hier Wasser und

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. [103]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/125>, abgerufen am 16.04.2024.