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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Das Frischen im offenen Herd.
Cyanide zu bewirken, waren wegen der hohen Kosten im grossen nicht
ausführbar.

Das Frischen im offenen Herd.

Der Herdfrischprozess spielte nur noch in den Ländern und
Gebieten eine Rolle, wo ausserordentlicher Waldreichtum diesen Prozess
möglich und für die Verwertung des Holzes sogar notwendig machte,
oder wo man mit Vorteil durch dieses Verfahren ein besonderes
Qualitätseisen erzeugte. In der klassischen Heimat des Frisch-
prozesses, in den österreichischen Alpenländern, hatte der Puddel-
prozess den Frischprozess so sehr verdrängt, dass z. B. in Kärnten
1871 von 292 Frischfeuern und 295 Hammerschlägen nur noch je
18 im Betriebe waren. In Deutschland wurde damals nur noch eine
Frischhütte mit zwei Feuern zu Hammerau betrieben.

Dagegen war in Schweden, in dem Uralischen Russland und in
einigen Gebieten von Nordamerika dieses Verfahren noch von Be-
deutung. Ganz besonders gilt dies für Schweden, wo im Jahre 1871
mit 827 thätigen Herden 4414510 Centner (187692650 kg) Stabeisen
von 6073 Arbeitern gemacht wurden. Hier hatte man noch ein
grosses Interesse daran, den Frischprozess zu vervollkommnen und
ökonomischer zu gestalten. Deshalb stammen die Verbesserungen
desselben in dieser Periode fast alle aus Schweden. Namentlich hat
die Lankashire-Frischmethode in Verbindung mit Lundinschen
Schweissöfen zum Ausheizen dort weitere Vervollkommnung erfahren.
Auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika hatte die Lanka-
shireschmiede die alten deutschen Frischfeuer an den meisten Orten
verdrängt. 1875 zählte man noch 59 Frischhütten (Bloomaries) mit
206 Frisch- und 41 Materialfeuern, welche eine Produktionsfähigkeit
von 60200 Tonnen hatten. Die wirkliche Erzeugung betrug aber
1873 nur 26940 Tonnen, 1874 22877 Tonnen und 1877 21845 Tonnen.

Eine grosse Konkurrenz erwuchs dem Frischschweisseisen als
Materialeisen für die Draht- und Weissblechfabrikation durch das
vorzügliche weiche Eisen des basischen Konverter- und Flammofen-
prozesses, dem Thomas- und basischen Martineisen.

Von Verbesserungen des Frischprozesses erwähnen wir ein von
L. M. Lindberg zu Kohlsva in Schweden 1881 versuchtes Verfahren,
auf die schlackenfreie Oberfläche des im Herde eingeschmolzenen
Roheisens Wind zu blasen, wie in einem Treibherde. Von grösserer
praktischer Bedeutung waren die Verbesserungen des Lankashireherdes,

Das Frischen im offenen Herd.
Cyanide zu bewirken, waren wegen der hohen Kosten im groſsen nicht
ausführbar.

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Der Herdfrischprozeſs spielte nur noch in den Ländern und
Gebieten eine Rolle, wo auſserordentlicher Waldreichtum diesen Prozeſs
möglich und für die Verwertung des Holzes sogar notwendig machte,
oder wo man mit Vorteil durch dieses Verfahren ein besonderes
Qualitätseisen erzeugte. In der klassischen Heimat des Frisch-
prozesses, in den österreichischen Alpenländern, hatte der Puddel-
prozeſs den Frischprozeſs so sehr verdrängt, daſs z. B. in Kärnten
1871 von 292 Frischfeuern und 295 Hammerschlägen nur noch je
18 im Betriebe waren. In Deutschland wurde damals nur noch eine
Frischhütte mit zwei Feuern zu Hammerau betrieben.

Dagegen war in Schweden, in dem Uralischen Ruſsland und in
einigen Gebieten von Nordamerika dieses Verfahren noch von Be-
deutung. Ganz besonders gilt dies für Schweden, wo im Jahre 1871
mit 827 thätigen Herden 4414510 Centner (187692650 kg) Stabeisen
von 6073 Arbeitern gemacht wurden. Hier hatte man noch ein
groſses Interesse daran, den Frischprozeſs zu vervollkommnen und
ökonomischer zu gestalten. Deshalb stammen die Verbesserungen
desselben in dieser Periode fast alle aus Schweden. Namentlich hat
die Lankashire-Frischmethode in Verbindung mit Lundinschen
Schweiſsöfen zum Ausheizen dort weitere Vervollkommnung erfahren.
Auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika hatte die Lanka-
shireschmiede die alten deutschen Frischfeuer an den meisten Orten
verdrängt. 1875 zählte man noch 59 Frischhütten (Bloomaries) mit
206 Frisch- und 41 Materialfeuern, welche eine Produktionsfähigkeit
von 60200 Tonnen hatten. Die wirkliche Erzeugung betrug aber
1873 nur 26940 Tonnen, 1874 22877 Tonnen und 1877 21845 Tonnen.

Eine groſse Konkurrenz erwuchs dem Frischschweiſseisen als
Materialeisen für die Draht- und Weiſsblechfabrikation durch das
vorzügliche weiche Eisen des basischen Konverter- und Flammofen-
prozesses, dem Thomas- und basischen Martineisen.

Von Verbesserungen des Frischprozesses erwähnen wir ein von
L. M. Lindberg zu Kohlsva in Schweden 1881 versuchtes Verfahren,
auf die schlackenfreie Oberfläche des im Herde eingeschmolzenen
Roheisens Wind zu blasen, wie in einem Treibherde. Von gröſserer
praktischer Bedeutung waren die Verbesserungen des Lankashireherdes,

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[586/0602] Das Frischen im offenen Herd. Cyanide zu bewirken, waren wegen der hohen Kosten im groſsen nicht ausführbar. Das Frischen im offenen Herd. Der Herdfrischprozeſs spielte nur noch in den Ländern und Gebieten eine Rolle, wo auſserordentlicher Waldreichtum diesen Prozeſs möglich und für die Verwertung des Holzes sogar notwendig machte, oder wo man mit Vorteil durch dieses Verfahren ein besonderes Qualitätseisen erzeugte. In der klassischen Heimat des Frisch- prozesses, in den österreichischen Alpenländern, hatte der Puddel- prozeſs den Frischprozeſs so sehr verdrängt, daſs z. B. in Kärnten 1871 von 292 Frischfeuern und 295 Hammerschlägen nur noch je 18 im Betriebe waren. In Deutschland wurde damals nur noch eine Frischhütte mit zwei Feuern zu Hammerau betrieben. Dagegen war in Schweden, in dem Uralischen Ruſsland und in einigen Gebieten von Nordamerika dieses Verfahren noch von Be- deutung. Ganz besonders gilt dies für Schweden, wo im Jahre 1871 mit 827 thätigen Herden 4414510 Centner (187692650 kg) Stabeisen von 6073 Arbeitern gemacht wurden. Hier hatte man noch ein groſses Interesse daran, den Frischprozeſs zu vervollkommnen und ökonomischer zu gestalten. Deshalb stammen die Verbesserungen desselben in dieser Periode fast alle aus Schweden. Namentlich hat die Lankashire-Frischmethode in Verbindung mit Lundinschen Schweiſsöfen zum Ausheizen dort weitere Vervollkommnung erfahren. Auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika hatte die Lanka- shireschmiede die alten deutschen Frischfeuer an den meisten Orten verdrängt. 1875 zählte man noch 59 Frischhütten (Bloomaries) mit 206 Frisch- und 41 Materialfeuern, welche eine Produktionsfähigkeit von 60200 Tonnen hatten. Die wirkliche Erzeugung betrug aber 1873 nur 26940 Tonnen, 1874 22877 Tonnen und 1877 21845 Tonnen. Eine groſse Konkurrenz erwuchs dem Frischschweiſseisen als Materialeisen für die Draht- und Weiſsblechfabrikation durch das vorzügliche weiche Eisen des basischen Konverter- und Flammofen- prozesses, dem Thomas- und basischen Martineisen. Von Verbesserungen des Frischprozesses erwähnen wir ein von L. M. Lindberg zu Kohlsva in Schweden 1881 versuchtes Verfahren, auf die schlackenfreie Oberfläche des im Herde eingeschmolzenen Roheisens Wind zu blasen, wie in einem Treibherde. Von gröſserer praktischer Bedeutung waren die Verbesserungen des Lankashireherdes,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/602>, abgerufen am 29.03.2024.