Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil I. Cap. I. Satz 7.
sondern auch der Schrift zuwider, und hat
also die leere blosse Phantasie und die Herzens-
Steiffe zur Richtschnur. Es wird ihnen nicht
immer so seyn: es wird ihnen anders wer-
den.
Es geschehe nur in Zeiten!

§ 40.

Hier entdecket sich etwas wesentliches, wor-
auf jederman merken wolle. Der Ordinarius
pflegt unbeweglich auf seinen Conclusionen
zu beharren, die er, als (pheromenos) getrie-
ben
, in den Sinn und in den Mund bekom-
men: und bey den Praemissis achtet er weder
die Stärke auf der Gegner, noch die Schwä-
che auf seiner Seite. Wer dieses bedenket,
der kan sich erst darein finden, warum doch
dieser falsche Lehrer so gar keine gründliche
Vorstellung nichts bey sich verfangen läs-
set
, und warum er alle Arbeit seiner Gegner
für vergeblich hält, und ihnen der Lehre hal-
ben selten und sparsam antwortet. Es ist da
kein Irrthum, dem durch einen guten Gegen-
beweis abzuhelffen wäre, sondern eine Seu-
che, die viel schwerer zu curiren ist. Seinen
Grund entdecket der 13 Discours über die
Augsp. Conf.
da unter dem scheinbaren Vor-
wand, von der Kraft der Grund-Wahrhei-
ten für sich selbs, die Demonstration, auch aus
der heiligen Schrift, ringschätzig gemacht, und
also nicht nur dem Entetement, sondern auch
dem Herzens-Dünkel aufgeholfen wird, die

Herzens-

Theil I. Cap. I. Satz 7.
ſondern auch der Schrift zuwider, und hat
alſo die leere bloſſe Phantaſie und die Herzens-
Steiffe zur Richtſchnur. Es wird ihnen nicht
immer ſo ſeyn: es wird ihnen anders wer-
den.
Es geſchehe nur in Zeiten!

§ 40.

Hier entdecket ſich etwas weſentliches, wor-
auf jederman merken wolle. Der Ordinarius
pflegt unbeweglich auf ſeinen Concluſionen
zu beharren, die er, als (ϕεϱόμενος) getrie-
ben
, in den Sinn und in den Mund bekom-
men: und bey den Præmiſſis achtet er weder
die Staͤrke auf der Gegner, noch die Schwaͤ-
che auf ſeiner Seite. Wer dieſes bedenket,
der kan ſich erſt darein finden, warum doch
dieſer falſche Lehrer ſo gar keine gruͤndliche
Vorſtellung nichts bey ſich verfangen laͤſ-
ſet
, und warum er alle Arbeit ſeiner Gegner
fuͤr vergeblich haͤlt, und ihnen der Lehre hal-
ben ſelten und ſparſam antwortet. Es iſt da
kein Irrthum, dem durch einen guten Gegen-
beweis abzuhelffen waͤre, ſondern eine Seu-
che, die viel ſchwerer zu curiren iſt. Seinen
Grund entdecket der 13 Diſcours uͤber die
Augſp. Conf.
da unter dem ſcheinbaren Vor-
wand, von der Kraft der Grund-Wahrhei-
ten fuͤr ſich ſelbs, die Demonſtration, auch aus
der heiligen Schrift, ringſchaͤtzig gemacht, und
alſo nicht nur dem Entêtement, ſondern auch
dem Herzens-Duͤnkel aufgeholfen wird, die

Herzens-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0056" n="36"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Theil</hi><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#fr">Cap.</hi><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#fr">Satz 7.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ondern auch der Schrift zuwider, und hat<lb/>
al&#x017F;o die leere blo&#x017F;&#x017F;e Phanta&#x017F;ie und die Herzens-<lb/>
Steiffe zur Richt&#x017F;chnur. Es wird ihnen nicht<lb/>
immer <hi rendition="#fr">&#x017F;o &#x017F;eyn:</hi> es wird ihnen <hi rendition="#fr">anders wer-<lb/>
den.</hi> Es ge&#x017F;chehe nur in Zeiten!</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§ 40.</head><lb/>
                <p>Hier entdecket &#x017F;ich etwas we&#x017F;entliches, wor-<lb/>
auf jederman merken wolle. Der <hi rendition="#aq">Ordinarius</hi><lb/>
pflegt unbeweglich auf &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Conclu&#x017F;ion</hi>en<lb/>
zu beharren, die er, als (&#x03D5;&#x03B5;&#x03F1;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;) <hi rendition="#fr">getrie-<lb/>
ben</hi>, in den Sinn und in den Mund bekom-<lb/>
men: und bey den <hi rendition="#aq">Præmi&#x017F;&#x017F;is</hi> achtet er weder<lb/>
die Sta&#x0364;rke auf der Gegner, noch die Schwa&#x0364;-<lb/>
che auf &#x017F;einer Seite. Wer die&#x017F;es bedenket,<lb/>
der kan &#x017F;ich er&#x017F;t darein finden, <hi rendition="#fr">warum doch</hi><lb/>
die&#x017F;er fal&#x017F;che Lehrer <hi rendition="#fr">&#x017F;o gar keine gru&#x0364;ndliche<lb/>
Vor&#x017F;tellung nichts bey &#x017F;ich verfangen la&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et</hi>, und warum er alle Arbeit &#x017F;einer Gegner<lb/>
fu&#x0364;r vergeblich ha&#x0364;lt, und ihnen der Lehre hal-<lb/>
ben &#x017F;elten und &#x017F;par&#x017F;am antwortet. Es i&#x017F;t da<lb/>
kein <hi rendition="#fr">Irrthum</hi>, dem durch einen guten Gegen-<lb/>
beweis abzuhelffen wa&#x0364;re, &#x017F;ondern eine Seu-<lb/>
che, die viel &#x017F;chwerer zu curiren i&#x017F;t. Seinen<lb/>
Grund entdecket <hi rendition="#fr">der 13 Di&#x017F;cours u&#x0364;ber die<lb/>
Aug&#x017F;p. Conf.</hi> da unter dem &#x017F;cheinbaren Vor-<lb/>
wand, von der Kraft der Grund-Wahrhei-<lb/>
ten fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elbs, die Demon&#x017F;tration, auch <hi rendition="#fr">aus</hi><lb/>
der heiligen Schrift, ring&#x017F;cha&#x0364;tzig gemacht, und<lb/>
al&#x017F;o nicht nur dem <hi rendition="#aq">Entêtement</hi>, &#x017F;ondern auch<lb/>
dem Herzens-Du&#x0364;nkel aufgeholfen wird, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Herzens-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0056] Theil I. Cap. I. Satz 7. ſondern auch der Schrift zuwider, und hat alſo die leere bloſſe Phantaſie und die Herzens- Steiffe zur Richtſchnur. Es wird ihnen nicht immer ſo ſeyn: es wird ihnen anders wer- den. Es geſchehe nur in Zeiten! § 40. Hier entdecket ſich etwas weſentliches, wor- auf jederman merken wolle. Der Ordinarius pflegt unbeweglich auf ſeinen Concluſionen zu beharren, die er, als (ϕεϱόμενος) getrie- ben, in den Sinn und in den Mund bekom- men: und bey den Præmiſſis achtet er weder die Staͤrke auf der Gegner, noch die Schwaͤ- che auf ſeiner Seite. Wer dieſes bedenket, der kan ſich erſt darein finden, warum doch dieſer falſche Lehrer ſo gar keine gruͤndliche Vorſtellung nichts bey ſich verfangen laͤſ- ſet, und warum er alle Arbeit ſeiner Gegner fuͤr vergeblich haͤlt, und ihnen der Lehre hal- ben ſelten und ſparſam antwortet. Es iſt da kein Irrthum, dem durch einen guten Gegen- beweis abzuhelffen waͤre, ſondern eine Seu- che, die viel ſchwerer zu curiren iſt. Seinen Grund entdecket der 13 Diſcours uͤber die Augſp. Conf. da unter dem ſcheinbaren Vor- wand, von der Kraft der Grund-Wahrhei- ten fuͤr ſich ſelbs, die Demonſtration, auch aus der heiligen Schrift, ringſchaͤtzig gemacht, und alſo nicht nur dem Entêtement, ſondern auch dem Herzens-Duͤnkel aufgeholfen wird, die Herzens-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/56
Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/56>, abgerufen am 18.04.2024.