Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite
Alpenglühen.

Ein Feuermeer liegt an des Himmels Rande,
In das die Sonn' ihr breites Antlitz taucht:
Schon schweben Wölkchen auf aus jenem Brande,
Und glänzen hell, in gleiche Gluth getaucht;
Ihr letzter Blick hängt zitternd auf dem Lande,
Nach welchem sie ein kühles Lüftchen haucht,
Und nur die Wölkchen sind, als sie versunken
Dort ruht, von ihrer Rosengluth noch trunken.
L. Pyrker.

Es ist erreicht, unser fast 8300 Fuß hohes Wanderziel, wir
stehen auf dem Gipfel des Faulhornes. Ein goldgelber, sonnen¬
gesättigter Juli-Abend lagert rings auf dem Gebirge und die ganze
Natur scheint in wonniger Erholung tief aufzuathmen von dem
lastenden Druck der Sonnenschwüle. Ha! wie prächtig und kühn
sie emporstreben die riesigen Firnzinken des Berner Oberlandes,
wie sie hinaufragen in unbeschreiblicher Klarheit zum "lichtdurch¬
drungenen Himmelsblau, das alle Welt mit lindem Arm umschlingt,"
-- drüben, die breite felsenzerfurchte Wetterhorn-Pyramide mit der
blanken Schneebrust, die tieferliegenden, jähen Schreckhörner und
ihr stolzer, dominirender Nachbar, das einsame Finsteraarhorn,
an welches sich die ganze Kette der Viescherhörner anlehnt; dann
geradeaus die gewaltige Felsenfront des Eiger und ihm über die

Alpenglühen.

Ein Feuermeer liegt an des Himmels Rande,
In das die Sonn' ihr breites Antlitz taucht:
Schon ſchweben Wölkchen auf aus jenem Brande,
Und glänzen hell, in gleiche Gluth getaucht;
Ihr letzter Blick hängt zitternd auf dem Lande,
Nach welchem ſie ein kühles Lüftchen haucht,
Und nur die Wölkchen ſind, als ſie verſunken
Dort ruht, von ihrer Roſengluth noch trunken.
L. Pyrker.

Es iſt erreicht, unſer faſt 8300 Fuß hohes Wanderziel, wir
ſtehen auf dem Gipfel des Faulhornes. Ein goldgelber, ſonnen¬
geſättigter Juli-Abend lagert rings auf dem Gebirge und die ganze
Natur ſcheint in wonniger Erholung tief aufzuathmen von dem
laſtenden Druck der Sonnenſchwüle. Ha! wie prächtig und kühn
ſie emporſtreben die rieſigen Firnzinken des Berner Oberlandes,
wie ſie hinaufragen in unbeſchreiblicher Klarheit zum „lichtdurch¬
drungenen Himmelsblau, das alle Welt mit lindem Arm umſchlingt,“
— drüben, die breite felſenzerfurchte Wetterhorn-Pyramide mit der
blanken Schneebruſt, die tieferliegenden, jähen Schreckhörner und
ihr ſtolzer, dominirender Nachbar, das einſame Finſteraarhorn,
an welches ſich die ganze Kette der Vieſcherhörner anlehnt; dann
geradeaus die gewaltige Felſenfront des Eiger und ihm über die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0271" n="[239]"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#fr #g">Alpenglühen</hi>.<lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <cit>
          <quote>
            <lg type="poem">
              <l>Ein Feuermeer liegt an des Himmels Rande,<lb/></l>
              <l>In das die Sonn' ihr breites Antlitz taucht:<lb/></l>
              <l>Schon &#x017F;chweben Wölkchen auf aus jenem Brande,<lb/></l>
              <l>Und glänzen hell, in gleiche Gluth getaucht;<lb/></l>
              <l>Ihr letzter Blick hängt zitternd auf dem Lande,<lb/></l>
              <l>Nach welchem &#x017F;ie ein kühles Lüftchen haucht,<lb/></l>
              <l>Und nur die Wölkchen &#x017F;ind, als &#x017F;ie ver&#x017F;unken<lb/></l>
              <l>Dort ruht, von ihrer Ro&#x017F;engluth noch trunken.<lb/></l>
            </lg>
          </quote>
          <bibl rendition="#right"><hi rendition="#g">L. Pyrker</hi>.<lb/></bibl>
        </cit>
        <p>Es i&#x017F;t erreicht, un&#x017F;er fa&#x017F;t 8300 Fuß hohes Wanderziel, wir<lb/>
&#x017F;tehen auf dem Gipfel des Faulhornes. Ein goldgelber, &#x017F;onnen¬<lb/>
ge&#x017F;ättigter Juli-Abend lagert rings auf dem Gebirge und die ganze<lb/>
Natur &#x017F;cheint in wonniger Erholung tief aufzuathmen von dem<lb/>
la&#x017F;tenden Druck der Sonnen&#x017F;chwüle. Ha! wie prächtig und kühn<lb/>
&#x017F;ie empor&#x017F;treben die rie&#x017F;igen Firnzinken des Berner Oberlandes,<lb/>
wie &#x017F;ie hinaufragen in unbe&#x017F;chreiblicher Klarheit zum &#x201E;lichtdurch¬<lb/>
drungenen Himmelsblau, das alle Welt mit lindem Arm um&#x017F;chlingt,&#x201C;<lb/>
&#x2014; drüben, die breite fel&#x017F;enzerfurchte Wetterhorn-Pyramide mit der<lb/>
blanken Schneebru&#x017F;t, die tieferliegenden, jähen Schreckhörner und<lb/>
ihr &#x017F;tolzer, dominirender Nachbar, das ein&#x017F;ame Fin&#x017F;teraarhorn,<lb/>
an welches &#x017F;ich die ganze Kette der Vie&#x017F;cherhörner anlehnt; dann<lb/>
geradeaus die gewaltige Fel&#x017F;enfront des Eiger und ihm über die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[239]/0271] Alpenglühen. Ein Feuermeer liegt an des Himmels Rande, In das die Sonn' ihr breites Antlitz taucht: Schon ſchweben Wölkchen auf aus jenem Brande, Und glänzen hell, in gleiche Gluth getaucht; Ihr letzter Blick hängt zitternd auf dem Lande, Nach welchem ſie ein kühles Lüftchen haucht, Und nur die Wölkchen ſind, als ſie verſunken Dort ruht, von ihrer Roſengluth noch trunken. L. Pyrker. Es iſt erreicht, unſer faſt 8300 Fuß hohes Wanderziel, wir ſtehen auf dem Gipfel des Faulhornes. Ein goldgelber, ſonnen¬ geſättigter Juli-Abend lagert rings auf dem Gebirge und die ganze Natur ſcheint in wonniger Erholung tief aufzuathmen von dem laſtenden Druck der Sonnenſchwüle. Ha! wie prächtig und kühn ſie emporſtreben die rieſigen Firnzinken des Berner Oberlandes, wie ſie hinaufragen in unbeſchreiblicher Klarheit zum „lichtdurch¬ drungenen Himmelsblau, das alle Welt mit lindem Arm umſchlingt,“ — drüben, die breite felſenzerfurchte Wetterhorn-Pyramide mit der blanken Schneebruſt, die tieferliegenden, jähen Schreckhörner und ihr ſtolzer, dominirender Nachbar, das einſame Finſteraarhorn, an welches ſich die ganze Kette der Vieſcherhörner anlehnt; dann geradeaus die gewaltige Felſenfront des Eiger und ihm über die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/271
Zitationshilfe: Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. [239]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/271>, abgerufen am 23.04.2024.