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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779.

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Die Mineralien endlich sind unorganisirte
Körper, die blos dadurch entstehen, daß ein-
fache Theile durch Ansatz von aussen zusammen
gehäuft, und mit einander verbunden werden,
ohne daß sie die mindste Nahrung, weder durch
einen Mund wie die Thiere, noch durch Wur-
zeln wie die Pflanzen, in sich bringen, und so
ihr Wachsthum durch innige Aneignung bewir-
ken könnten.

§. 5.

Man hat sonst die Thiere und Pflanzen durch
andere als die angezeigten Charaktere zu unter-
scheiden gemeint. Die Pflanzen, sagte man,
sind organisirte Körper die den Ort ihres Aufent-
halts nicht verändern können, weil sie eingewur-
zelt sind; da hingegen die Thiere allerdings diese
Fähigkeit ihren Standpunkt zu wechseln (loco-
motivitas
) besitzen. Allein diese Kennzeichen
sind unzulänglich. Von der einen Seite ken-
nen wir sehr viele Pflanzen, die nichts weniger als
eingewurzelt sind; und von der andern sehr viele
Thiere, die eben so wenig auf locomotivitas An-
spruch machen können. Eine Wasserlinse würde,
im Fall sie willkürliche Bewegung besäße, sehr
leicht ihren Aufenthalt ändern können, da hin-
gegen eine See-Tulpe (Lepas balanus) so wie
viele andere Thiere aus der Classe der Würmer,
ihren einmal eingenommenen Platz nie von selbst
wieder verlassen kann.

Die Mineralien endlich sind unorganisirte
Körper, die blos dadurch entstehen, daß ein-
fache Theile durch Ansatz von aussen zusammen
gehäuft, und mit einander verbunden werden,
ohne daß sie die mindste Nahrung, weder durch
einen Mund wie die Thiere, noch durch Wur-
zeln wie die Pflanzen, in sich bringen, und so
ihr Wachsthum durch innige Aneignung bewir-
ken könnten.

§. 5.

Man hat sonst die Thiere und Pflanzen durch
andere als die angezeigten Charaktere zu unter-
scheiden gemeint. Die Pflanzen, sagte man,
sind organisirte Körper die den Ort ihres Aufent-
halts nicht verändern können, weil sie eingewur-
zelt sind; da hingegen die Thiere allerdings diese
Fähigkeit ihren Standpunkt zu wechseln (loco-
motivitas
) besitzen. Allein diese Kennzeichen
sind unzulänglich. Von der einen Seite ken-
nen wir sehr viele Pflanzen, die nichts weniger als
eingewurzelt sind; und von der andern sehr viele
Thiere, die eben so wenig auf locomotivitas An-
spruch machen können. Eine Wasserlinse würde,
im Fall sie willkürliche Bewegung besäße, sehr
leicht ihren Aufenthalt ändern können, da hin-
gegen eine See-Tulpe (Lepas balanus) so wie
viele andere Thiere aus der Classe der Würmer,
ihren einmal eingenommenen Platz nie von selbst
wieder verlassen kann.

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[7/0029] Die Mineralien endlich sind unorganisirte Körper, die blos dadurch entstehen, daß ein- fache Theile durch Ansatz von aussen zusammen gehäuft, und mit einander verbunden werden, ohne daß sie die mindste Nahrung, weder durch einen Mund wie die Thiere, noch durch Wur- zeln wie die Pflanzen, in sich bringen, und so ihr Wachsthum durch innige Aneignung bewir- ken könnten. §. 5. Man hat sonst die Thiere und Pflanzen durch andere als die angezeigten Charaktere zu unter- scheiden gemeint. Die Pflanzen, sagte man, sind organisirte Körper die den Ort ihres Aufent- halts nicht verändern können, weil sie eingewur- zelt sind; da hingegen die Thiere allerdings diese Fähigkeit ihren Standpunkt zu wechseln (loco- motivitas) besitzen. Allein diese Kennzeichen sind unzulänglich. Von der einen Seite ken- nen wir sehr viele Pflanzen, die nichts weniger als eingewurzelt sind; und von der andern sehr viele Thiere, die eben so wenig auf locomotivitas An- spruch machen können. Eine Wasserlinse würde, im Fall sie willkürliche Bewegung besäße, sehr leicht ihren Aufenthalt ändern können, da hin- gegen eine See-Tulpe (Lepas balanus) so wie viele andere Thiere aus der Classe der Würmer, ihren einmal eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen kann.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/29>, abgerufen am 29.03.2024.