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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

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aus seinem Kerker hervorbrechen kan. Wirk-
lich ist es eines der bedeutungsvollsten Schau-
spiele in der Natur, die Betäubung zu beobach-
ten, mit der das schlaftrunkene Thier zum zwey-
ten mal das Licht der Welt begrüst, bis es von
seinem Taumel ermuntert, verjüngt und neu
belebt, davon flattert, und der Erfüllung sei-
ner noch übrigen Pflichten entgegen eilt. Man-
che Insecten absolviren diese letzte Rolle ihres
Lebens in einer sehr kurzen Zeit. Verschiedne
bringen, wenn sie aus ihrer Hülse kriechen,
nicht einmal einen Mund mit zur Welt, sie
fressen nicht mehr, sie wachsen nicht weiter:
jene beiden Bestimmungen eines organisirten
Körpers hatten sie schon als Larven erfüllt:
Jetzt ist ihnen nur noch die dritte übrig: sie
sollen eine Gattin aufsuchen, ihr Geschlecht
fortpflanzen, und dann der Nachkommenschaft
Platz machen, und sterben.

§. 150.

Die unmittelbare Brauchbarkeit der In-
secten ist ziemlich einfach: dagegen ist aber der
Antheil, den diese kleinen unbemerkten Thiere
an der grossen Haushaltung der Natur haben,
die Geschäfte die ihnen der Schöpfer zum Wohl
des Ganzen anvertrauet hat, desto mannichfal-
tiger und ganz unermeßlich. Wir haben ihrer
schon bey mehrerem Anlaß Erwähnung gethan.

aus seinem Kerker hervorbrechen kan. Wirk-
lich ist es eines der bedeutungsvollsten Schau-
spiele in der Natur, die Betäubung zu beobach-
ten, mit der das schlaftrunkene Thier zum zwey-
ten mal das Licht der Welt begrüst, bis es von
seinem Taumel ermuntert, verjüngt und neu
belebt, davon flattert, und der Erfüllung sei-
ner noch übrigen Pflichten entgegen eilt. Man-
che Insecten absolviren diese letzte Rolle ihres
Lebens in einer sehr kurzen Zeit. Verschiedne
bringen, wenn sie aus ihrer Hülse kriechen,
nicht einmal einen Mund mit zur Welt, sie
fressen nicht mehr, sie wachsen nicht weiter:
jene beiden Bestimmungen eines organisirten
Körpers hatten sie schon als Larven erfüllt:
Jetzt ist ihnen nur noch die dritte übrig: sie
sollen eine Gattin aufsuchen, ihr Geschlecht
fortpflanzen, und dann der Nachkommenschaft
Platz machen, und sterben.

§. 150.

Die unmittelbare Brauchbarkeit der In-
secten ist ziemlich einfach: dagegen ist aber der
Antheil, den diese kleinen unbemerkten Thiere
an der grossen Haushaltung der Natur haben,
die Geschäfte die ihnen der Schöpfer zum Wohl
des Ganzen anvertrauet hat, desto mannichfal-
tiger und ganz unermeßlich. Wir haben ihrer
schon bey mehrerem Anlaß Erwähnung gethan.

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[316/0328] aus seinem Kerker hervorbrechen kan. Wirk- lich ist es eines der bedeutungsvollsten Schau- spiele in der Natur, die Betäubung zu beobach- ten, mit der das schlaftrunkene Thier zum zwey- ten mal das Licht der Welt begrüst, bis es von seinem Taumel ermuntert, verjüngt und neu belebt, davon flattert, und der Erfüllung sei- ner noch übrigen Pflichten entgegen eilt. Man- che Insecten absolviren diese letzte Rolle ihres Lebens in einer sehr kurzen Zeit. Verschiedne bringen, wenn sie aus ihrer Hülse kriechen, nicht einmal einen Mund mit zur Welt, sie fressen nicht mehr, sie wachsen nicht weiter: jene beiden Bestimmungen eines organisirten Körpers hatten sie schon als Larven erfüllt: Jetzt ist ihnen nur noch die dritte übrig: sie sollen eine Gattin aufsuchen, ihr Geschlecht fortpflanzen, und dann der Nachkommenschaft Platz machen, und sterben. §. 150. Die unmittelbare Brauchbarkeit der In- secten ist ziemlich einfach: dagegen ist aber der Antheil, den diese kleinen unbemerkten Thiere an der grossen Haushaltung der Natur haben, die Geschäfte die ihnen der Schöpfer zum Wohl des Ganzen anvertrauet hat, desto mannichfal- tiger und ganz unermeßlich. Wir haben ihrer schon bey mehrerem Anlaß Erwähnung gethan.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/328>, abgerufen am 19.04.2024.