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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788.

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Veränderung vor, daß es aus seinem Larvenstand
zum vollkommnen Insect (Insectum declara-
tum
) umgebildet wird, und nach bestimmter
Zeit verschönert und vervollkommnet aus seinem
Kerker hervorbrechen kan. Manche Insecten
absolviren diese letzte Rolle ihres Lebens in einer
sehr kurzen Zeit. Verschiedne bringen, wenn
sie aus ihrer Hülse kriechen, nicht einmal einen
Mund mit zur Welt, sie fressen nicht mehr, sie
wachsen nicht weiter: jene beiden Bestimmungen
eines organisirten Körpers hatten sie schon als
Larven erfüllt: Jetzt ist ihnen nur noch die dritte
übrig: sie sollen eine Gattin aufsuchen, ihr Ge-
schlecht fortpflanzen, und dann der Nachkom-
menschaft Platz machen, und sterben.

§. 143.

Die unmittelbare Brauchbarkeit der In-
secten ist ziemlich einfach: dagegen aber ist der
Antheil, den diese kleinen unbemerkten Thiere
an der großen Haushaltung der Natur haben, die
Geschäfte die ihnen der Schöpfer zum Wohl des
Ganzen anvertrauet hat, desto mannichfaltiger
und ganz unermeßlich. Die Insecten sind es,
die ganz vorzüglich die bestimmten Grenzen des
Pflanzenreichs, sein verhältnismäßiges Gleich-
gewicht gegen das Thierreich erhalten, und des-
halb unzählige Arten von Unkraut theils im Keim
ersticken, theils, wenns auch aufgewachsen ist,
vertilgen, und seinem fernern Wucher vorbeu-

Veränderung vor, daß es aus seinem Larvenstand
zum vollkommnen Insect (Insectum declara-
tum
) umgebildet wird, und nach bestimmter
Zeit verschönert und vervollkommnet aus seinem
Kerker hervorbrechen kan. Manche Insecten
absolviren diese letzte Rolle ihres Lebens in einer
sehr kurzen Zeit. Verschiedne bringen, wenn
sie aus ihrer Hülse kriechen, nicht einmal einen
Mund mit zur Welt, sie fressen nicht mehr, sie
wachsen nicht weiter: jene beiden Bestimmungen
eines organisirten Körpers hatten sie schon als
Larven erfüllt: Jetzt ist ihnen nur noch die dritte
übrig: sie sollen eine Gattin aufsuchen, ihr Ge-
schlecht fortpflanzen, und dann der Nachkom-
menschaft Platz machen, und sterben.

§. 143.

Die unmittelbare Brauchbarkeit der In-
secten ist ziemlich einfach: dagegen aber ist der
Antheil, den diese kleinen unbemerkten Thiere
an der großen Haushaltung der Natur haben, die
Geschäfte die ihnen der Schöpfer zum Wohl des
Ganzen anvertrauet hat, desto mannichfaltiger
und ganz unermeßlich. Die Insecten sind es,
die ganz vorzüglich die bestimmten Grenzen des
Pflanzenreichs, sein verhältnismäßiges Gleich-
gewicht gegen das Thierreich erhalten, und des-
halb unzählige Arten von Unkraut theils im Keim
ersticken, theils, wenns auch aufgewachsen ist,
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[341/0361] Veränderung vor, daß es aus seinem Larvenstand zum vollkommnen Insect (Insectum declara- tum) umgebildet wird, und nach bestimmter Zeit verschönert und vervollkommnet aus seinem Kerker hervorbrechen kan. Manche Insecten absolviren diese letzte Rolle ihres Lebens in einer sehr kurzen Zeit. Verschiedne bringen, wenn sie aus ihrer Hülse kriechen, nicht einmal einen Mund mit zur Welt, sie fressen nicht mehr, sie wachsen nicht weiter: jene beiden Bestimmungen eines organisirten Körpers hatten sie schon als Larven erfüllt: Jetzt ist ihnen nur noch die dritte übrig: sie sollen eine Gattin aufsuchen, ihr Ge- schlecht fortpflanzen, und dann der Nachkom- menschaft Platz machen, und sterben. §. 143. Die unmittelbare Brauchbarkeit der In- secten ist ziemlich einfach: dagegen aber ist der Antheil, den diese kleinen unbemerkten Thiere an der großen Haushaltung der Natur haben, die Geschäfte die ihnen der Schöpfer zum Wohl des Ganzen anvertrauet hat, desto mannichfaltiger und ganz unermeßlich. Die Insecten sind es, die ganz vorzüglich die bestimmten Grenzen des Pflanzenreichs, sein verhältnismäßiges Gleich- gewicht gegen das Thierreich erhalten, und des- halb unzählige Arten von Unkraut theils im Keim ersticken, theils, wenns auch aufgewachsen ist, vertilgen, und seinem fernern Wucher vorbeu-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/361>, abgerufen am 29.03.2024.