Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

spät gelungen, daß der ganze Kopf der gemeinen
Waldschnecke (helix pomatia) mit seinen vier Hör-
nern binnen ungefähr 6 Monathen wieder repro-
ducirt ward.

Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser-
molch der größern Art (lacerta lacustris) den ich
nun in Spiritus auf bewahre, fast das ganze Auge
exstirpirt; nähmlich alle Säfte auslausen lassen
und dann 4/5 der ausgeleerten Häute rein ausge-
schnitten: - und doch hat sich binnen zehn Mona-
ten ein vollkommener neuer Augapfel mit neuer
Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse etc. repro-
ducirt, der sich bloß dadurch vom andern gesun-
den Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr
bald so groß ist. (- s. Götting. gel. Anz. 1785.
47. St. -)

§. 20.

Wenn die organisirten Körper durch Ernäh-
rung und Wachsthum zu ihrer vollen Reife ge-
langen, so erhalten sie dann auch das Fortpflan-
zungsvermögen (§. 5.), das aber auf eine sehr
verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt
nähmlich ist entweder schon jedes Individuum für
sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen;
oder aber es müssen sich ihrer zwey mit einan-
der paaren oder begatten, wenn sie neue orga-
nisirte Körper ihrer Art hervor bringen sollen.

Die mannigfaltigen besondern Verschieden-
heiten in diesen beiderley Hauptweisen der Fort-
pflanzungsweise lassen sich doch füglich unter fol-
gende vier Arten bringen:

1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein-
fachste Weise, ohne vorher gegangene Befruch-
tung: entweder durch Theilung, wie manche

spät gelungen, daß der ganze Kopf der gemeinen
Waldschnecke (helix pomatia) mit seinen vier Hör-
nern binnen ungefähr 6 Monathen wieder repro-
ducirt ward.

Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser-
molch der größern Art (lacerta lacustris) den ich
nun in Spiritus auf bewahre, fast das ganze Auge
exstirpirt; nähmlich alle Säfte auslausen lassen
und dann 4/5 der ausgeleerten Häute rein ausge-
schnitten: – und doch hat sich binnen zehn Mona-
ten ein vollkommener neuer Augapfel mit neuer
Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse ꝛc. repro-
ducirt, der sich bloß dadurch vom andern gesun-
den Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr
bald so groß ist. (– s. Götting. gel. Anz. 1785.
47. St. –)

§. 20.

Wenn die organisirten Körper durch Ernäh-
rung und Wachsthum zu ihrer vollen Reife ge-
langen, so erhalten sie dann auch das Fortpflan-
zungsvermögen (§. 5.), das aber auf eine sehr
verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt
nähmlich ist entweder schon jedes Individuum für
sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen;
oder aber es müssen sich ihrer zwey mit einan-
der paaren oder begatten, wenn sie neue orga-
nisirte Körper ihrer Art hervor bringen sollen.

Die mannigfaltigen besondern Verschieden-
heiten in diesen beiderley Hauptweisen der Fort-
pflanzungsweise lassen sich doch füglich unter fol-
gende vier Arten bringen:

1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein-
fachste Weise, ohne vorher gegangene Befruch-
tung: entweder durch Theilung, wie manche

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000026">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p rendition="#indent-1 #small"><pb facs="#f0051" xml:id="pb029_0001" n="29"/>
spät gelungen, daß der ganze Kopf der gemeinen<lb/>
Waldschnecke (<hi rendition="#aq">helix</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">pomatia</hi></hi>) mit seinen vier Hör-<lb/>
nern binnen ungefähr 6 Monathen wieder repro-<lb/>
ducirt ward.</p>
          <p rendition="#l1em #small">Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser-<lb/>
molch der größern Art (<hi rendition="#aq">lacerta</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">lacustris</hi></hi>) den ich<lb/>
nun in Spiritus auf bewahre, fast das ganze Auge<lb/>
exstirpirt; nähmlich alle Säfte auslausen lassen<lb/>
und dann 4/5 der ausgeleerten Häute rein ausge-<lb/>
schnitten: &#x2013; und doch hat sich binnen zehn Mona-<lb/>
ten ein vollkommener neuer Augapfel mit neuer<lb/>
Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse &#xA75B;c. repro-<lb/>
ducirt, der sich bloß dadurch vom andern gesun-<lb/>
den Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr<lb/>
bald so groß ist. (&#x2013; s. Götting. gel. Anz. 1785.<lb/>
47. St. &#x2013;)</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 20.</head><lb/>
          <p>Wenn die organisirten Körper durch Ernäh-<lb/>
rung und Wachsthum zu ihrer vollen Reife ge-<lb/>
langen, so erhalten sie dann auch das Fortpflan-<lb/>
zungsvermögen (§. 5.), das aber auf eine sehr<lb/>
verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt<lb/>
nähmlich ist entweder schon jedes Individuum für<lb/>
sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen;<lb/>
oder aber es müssen sich ihrer zwey mit einan-<lb/>
der paaren oder begatten, wenn sie neue orga-<lb/>
nisirte Körper ihrer Art hervor bringen sollen.</p>
          <p>Die mannigfaltigen besondern Verschieden-<lb/>
heiten in diesen beiderley Hauptweisen der Fort-<lb/>
pflanzungsweise lassen sich doch füglich unter fol-<lb/>
gende vier Arten bringen:</p>
          <p rendition="#indent-1">1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein-<lb/>
fachste Weise, ohne vorher gegangene Befruch-<lb/>
tung: entweder durch Theilung, wie manche<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0051] spät gelungen, daß der ganze Kopf der gemeinen Waldschnecke (helix pomatia) mit seinen vier Hör- nern binnen ungefähr 6 Monathen wieder repro- ducirt ward. Vor mehreren Jahren habe ich einem Wasser- molch der größern Art (lacerta lacustris) den ich nun in Spiritus auf bewahre, fast das ganze Auge exstirpirt; nähmlich alle Säfte auslausen lassen und dann 4/5 der ausgeleerten Häute rein ausge- schnitten: – und doch hat sich binnen zehn Mona- ten ein vollkommener neuer Augapfel mit neuer Hornhaut, Augenstern, Crystall-Linse ꝛc. repro- ducirt, der sich bloß dadurch vom andern gesun- den Auge auszeichnet, das er nur erst ungefähr bald so groß ist. (– s. Götting. gel. Anz. 1785. 47. St. –) §. 20. Wenn die organisirten Körper durch Ernäh- rung und Wachsthum zu ihrer vollen Reife ge- langen, so erhalten sie dann auch das Fortpflan- zungsvermögen (§. 5.), das aber auf eine sehr verschiedene Weise vollzogen wird. Ueberhaupt nähmlich ist entweder schon jedes Individuum für sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen; oder aber es müssen sich ihrer zwey mit einan- der paaren oder begatten, wenn sie neue orga- nisirte Körper ihrer Art hervor bringen sollen. Die mannigfaltigen besondern Verschieden- heiten in diesen beiderley Hauptweisen der Fort- pflanzungsweise lassen sich doch füglich unter fol- gende vier Arten bringen: 1) Jedes Individuum vermehrt sich auf die ein- fachste Weise, ohne vorher gegangene Befruch- tung: entweder durch Theilung, wie manche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/51
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/51>, abgerufen am 29.03.2024.