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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795.

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a) S. Hunters Abbildungen. l. c. Tab. XXXIV.
fig. 9. 8. 7.

§. 574.

Diese innere Membran des Eyes ist von ih-
rem ersten Anbeginn (§. 570.) bis zu dem heran-
nahenden Augenblick der Geburt beständig mit dem
Schaafwasser (liquor amnii) angefüllt. Diese
wässerigte Feuchtigkeit hat eine gelbliche Farbe,
fast keinen Geruch, und einen milden, etwas sal-
zigten Geschmack; er wird gewöhnlich für nahrhaft
gehalten, und mit dem Eyweiße verglichen, allein
genauere Untersuchungen haben den Ungrund dieser
Meinung gezeigt.

Auch die Quellen dieser Feuchtigkeit sind noch
unentdeckt; denn daß sie weder von der Frucht,
noch von dem Nabelstrange entspringt, erhellt schon
daraus, weil diese Feuchtigkeit auch in den un-
fruchtbaren Eyern enthalten ist.

Die Menge dieser Feuchtigkeit steht mit der
Größe der Frucht im umgekehrten Verhältnisse, das
ist: je jünger die Frucht, desto größer ist die Men-
ge dieser Feuchtigkeit.

Und hieraus läßt sich der Hauptnutzen dieser
Feuchtigkeit angeben, welcher vielmehr zur Beschü-
tzung des zarten und gallertartigen Körperchens ge-
gen äußere Unbilden, als zur Ernährung desselben
bestimmt ist. Denn die kleine Menge des Schaaf-
wassers, die man zuweilen, (aber so selten, daß
man es für eine widernatürliche Erscheinung anse-
hen darf), in dem Magen ungebohrner Kinder ge-
funden hat, kann keineswegs zur Ernährung be-
stimmt seyn, da, wie man weiß, bey ungebohr-
nen Kindern das ganze System der Milchgefäße so

a) S. Hunters Abbildungen. l. c. Tab. XXXIV.
fig. 9. 8. 7.

§. 574.

Diese innere Membran des Eyes ist von ih-
rem ersten Anbeginn (§. 570.) bis zu dem heran-
nahenden Augenblick der Geburt beständig mit dem
Schaafwasser (liquor amnii) angefüllt. Diese
wässerigte Feuchtigkeit hat eine gelbliche Farbe,
fast keinen Geruch, und einen milden, etwas sal-
zigten Geschmack; er wird gewöhnlich für nahrhaft
gehalten, und mit dem Eyweiße verglichen, allein
genauere Untersuchungen haben den Ungrund dieser
Meinung gezeigt.

Auch die Quellen dieser Feuchtigkeit sind noch
unentdeckt; denn daß sie weder von der Frucht,
noch von dem Nabelstrange entspringt, erhellt schon
daraus, weil diese Feuchtigkeit auch in den un-
fruchtbaren Eyern enthalten ist.

Die Menge dieser Feuchtigkeit steht mit der
Größe der Frucht im umgekehrten Verhältnisse, das
ist: je jünger die Frucht, desto größer ist die Men-
ge dieser Feuchtigkeit.

Und hieraus läßt sich der Hauptnutzen dieser
Feuchtigkeit angeben, welcher vielmehr zur Beschü-
tzung des zarten und gallertartigen Körperchens ge-
gen äußere Unbilden, als zur Ernährung desselben
bestimmt ist. Denn die kleine Menge des Schaaf-
wassers, die man zuweilen, (aber so selten, daß
man es für eine widernatürliche Erscheinung anse-
hen darf), in dem Magen ungebohrner Kinder ge-
funden hat, kann keineswegs zur Ernährung be-
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[344/0360] a) S. Hunters Abbildungen. l. c. Tab. XXXIV. fig. 9. 8. 7. §. 574. Diese innere Membran des Eyes ist von ih- rem ersten Anbeginn (§. 570.) bis zu dem heran- nahenden Augenblick der Geburt beständig mit dem Schaafwasser (liquor amnii) angefüllt. Diese wässerigte Feuchtigkeit hat eine gelbliche Farbe, fast keinen Geruch, und einen milden, etwas sal- zigten Geschmack; er wird gewöhnlich für nahrhaft gehalten, und mit dem Eyweiße verglichen, allein genauere Untersuchungen haben den Ungrund dieser Meinung gezeigt. Auch die Quellen dieser Feuchtigkeit sind noch unentdeckt; denn daß sie weder von der Frucht, noch von dem Nabelstrange entspringt, erhellt schon daraus, weil diese Feuchtigkeit auch in den un- fruchtbaren Eyern enthalten ist. Die Menge dieser Feuchtigkeit steht mit der Größe der Frucht im umgekehrten Verhältnisse, das ist: je jünger die Frucht, desto größer ist die Men- ge dieser Feuchtigkeit. Und hieraus läßt sich der Hauptnutzen dieser Feuchtigkeit angeben, welcher vielmehr zur Beschü- tzung des zarten und gallertartigen Körperchens ge- gen äußere Unbilden, als zur Ernährung desselben bestimmt ist. Denn die kleine Menge des Schaaf- wassers, die man zuweilen, (aber so selten, daß man es für eine widernatürliche Erscheinung anse- hen darf), in dem Magen ungebohrner Kinder ge- funden hat, kann keineswegs zur Ernährung be- stimmt seyn, da, wie man weiß, bey ungebohr- nen Kindern das ganze System der Milchgefäße so

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/360>, abgerufen am 28.03.2024.