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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Drittes Buch.
beziehungsweise der Einheimischen im Ausland, innerhalb ihres Consular-
bereichs.

Das Institut der Consuln, im Mittelalter aus den städtischen Handels-
körperschaften
hervorgegangen, hat eher eine gesellschaftliche als politische,
eher eine internationale als zwischenstatliche Bedeutung. Die Consuln dienen
vorzüglich dem Privatverkehr der verschiedenen Nationen auch in der Fremde, nicht
dem Verkehr der Staten.

245.

Die Consuln erhalten, wenn sie nicht zugleich Geschäftsträger und
daher Gesante sind, kein Creditiv, aber ein Patent von der Regierung,
welche sie beauftragt. Dieses Patent (lettre de provision) wird dem
Ministerium des Auswärtigen in dem Lande mitgetheilt, wo das Consulat
seinen Sitz hat.

Der Consul bedarf keines Creditivs, weil er nicht ermächtigt ist, für den Stat
als dessen Vertreter zu handeln. Aber er bedarf eines Patents, weil er genöthigt
ist, in dem fremden Lande den Auftrag seines States zu documentiren.

246.

Damit der fremde Consul im Inland anerkannt und zu seiner
Wirksamkeit legitimirt werde, ist das sogenannte Exequatur von Seite der
einheimischen Statsgewalt nothwendig, d. h. die Anweisung an die untern
Orts- und Bezirksbehörden, mit dem Consul so weit nöthig in amtlichen
Verkehr zu treten.

Das Exequatur ist ein schriftlicher Auftrag der Statsregierung an die unter-
geordneten Behörden, den fremden Consul in solcher Eigenschaft anzuerkennen und
demgemäß zu behandeln. Bevor das Exequatur ertheilt ist, darf der Consul keine
amtlichen Functionen ausüben.

247.

Es hängt von der einheimischen Regierung ab, ob sie in einzelnen
Städten die Errichtung von Consulaten gestatten wolle.

Auch dieser Entscheid beruht nicht auf bloßer Laune und Willkür. Wo ein
großer und bedeutsamer Handelsverkehr seinen festen Sitz hat, wie insbesondere in
den Seestädten, die zugleich Handelsstädte sind, da wird die Errichtung von Con-
sulaten im Interesse dieses Verkehrs schicklicher Weise nicht versagt werden können

Drittes Buch.
beziehungsweiſe der Einheimiſchen im Ausland, innerhalb ihres Conſular-
bereichs.

Das Inſtitut der Conſuln, im Mittelalter aus den ſtädtiſchen Handels-
körperſchaften
hervorgegangen, hat eher eine geſellſchaftliche als politiſche,
eher eine internationale als zwiſchenſtatliche Bedeutung. Die Conſuln dienen
vorzüglich dem Privatverkehr der verſchiedenen Nationen auch in der Fremde, nicht
dem Verkehr der Staten.

245.

Die Conſuln erhalten, wenn ſie nicht zugleich Geſchäftsträger und
daher Geſante ſind, kein Creditiv, aber ein Patent von der Regierung,
welche ſie beauftragt. Dieſes Patent (lettre de provision) wird dem
Miniſterium des Auswärtigen in dem Lande mitgetheilt, wo das Conſulat
ſeinen Sitz hat.

Der Conſul bedarf keines Creditivs, weil er nicht ermächtigt iſt, für den Stat
als deſſen Vertreter zu handeln. Aber er bedarf eines Patents, weil er genöthigt
iſt, in dem fremden Lande den Auftrag ſeines States zu documentiren.

246.

Damit der fremde Conſul im Inland anerkannt und zu ſeiner
Wirkſamkeit legitimirt werde, iſt das ſogenannte Exequatur von Seite der
einheimiſchen Statsgewalt nothwendig, d. h. die Anweiſung an die untern
Orts- und Bezirksbehörden, mit dem Conſul ſo weit nöthig in amtlichen
Verkehr zu treten.

Das Exequatur iſt ein ſchriftlicher Auftrag der Statsregierung an die unter-
geordneten Behörden, den fremden Conſul in ſolcher Eigenſchaft anzuerkennen und
demgemäß zu behandeln. Bevor das Exequatur ertheilt iſt, darf der Conſul keine
amtlichen Functionen ausüben.

247.

Es hängt von der einheimiſchen Regierung ab, ob ſie in einzelnen
Städten die Errichtung von Conſulaten geſtatten wolle.

Auch dieſer Entſcheid beruht nicht auf bloßer Laune und Willkür. Wo ein
großer und bedeutſamer Handelsverkehr ſeinen feſten Sitz hat, wie insbeſondere in
den Seeſtädten, die zugleich Handelsſtädte ſind, da wird die Errichtung von Con-
ſulaten im Intereſſe dieſes Verkehrs ſchicklicher Weiſe nicht verſagt werden können

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[152/0174] Drittes Buch. beziehungsweiſe der Einheimiſchen im Ausland, innerhalb ihres Conſular- bereichs. Das Inſtitut der Conſuln, im Mittelalter aus den ſtädtiſchen Handels- körperſchaften hervorgegangen, hat eher eine geſellſchaftliche als politiſche, eher eine internationale als zwiſchenſtatliche Bedeutung. Die Conſuln dienen vorzüglich dem Privatverkehr der verſchiedenen Nationen auch in der Fremde, nicht dem Verkehr der Staten. 245. Die Conſuln erhalten, wenn ſie nicht zugleich Geſchäftsträger und daher Geſante ſind, kein Creditiv, aber ein Patent von der Regierung, welche ſie beauftragt. Dieſes Patent (lettre de provision) wird dem Miniſterium des Auswärtigen in dem Lande mitgetheilt, wo das Conſulat ſeinen Sitz hat. Der Conſul bedarf keines Creditivs, weil er nicht ermächtigt iſt, für den Stat als deſſen Vertreter zu handeln. Aber er bedarf eines Patents, weil er genöthigt iſt, in dem fremden Lande den Auftrag ſeines States zu documentiren. 246. Damit der fremde Conſul im Inland anerkannt und zu ſeiner Wirkſamkeit legitimirt werde, iſt das ſogenannte Exequatur von Seite der einheimiſchen Statsgewalt nothwendig, d. h. die Anweiſung an die untern Orts- und Bezirksbehörden, mit dem Conſul ſo weit nöthig in amtlichen Verkehr zu treten. Das Exequatur iſt ein ſchriftlicher Auftrag der Statsregierung an die unter- geordneten Behörden, den fremden Conſul in ſolcher Eigenſchaft anzuerkennen und demgemäß zu behandeln. Bevor das Exequatur ertheilt iſt, darf der Conſul keine amtlichen Functionen ausüben. 247. Es hängt von der einheimiſchen Regierung ab, ob ſie in einzelnen Städten die Errichtung von Conſulaten geſtatten wolle. Auch dieſer Entſcheid beruht nicht auf bloßer Laune und Willkür. Wo ein großer und bedeutſamer Handelsverkehr ſeinen feſten Sitz hat, wie insbeſondere in den Seeſtädten, die zugleich Handelsſtädte ſind, da wird die Errichtung von Con- ſulaten im Intereſſe dieſes Verkehrs ſchicklicher Weiſe nicht verſagt werden können

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/174>, abgerufen am 29.03.2024.