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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

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Auszüge aus Hr. Breitingers
dem Dunklen, Uberflüssigen, und zum Wesen
der Religion nicht gehörenden zu unterscheiden,
und deutlich zu zeigen, was jeder Punct zur wah-
ren Frömmigkeit für ein Gewicht und Einfluß
habe. Zu diesen nun bekennt sich der unge-
nannte Autor der französischen Briefe über die
wesentliche Religion des Menschen, in welchen
er dieselbe in ihrer natürlichen Einfalt mit Weg-
schneidung alles dessen, was nicht dazu gehört,
vorzustellen, und mithin die traurigen Folgen
ihrer Verderbung zu heben sucht: Ob er aber
nicht allzu viel weggeschnitten, und die Religion
in seinem Systema nicht von dem ihrigen ver-
liehre; ist eine nothwendige Frage. Jndessen
gestehet Hr. Breitinger dem ungenannten Ver-
fasser gern nebst vieler Geschiklichkeit ein auf-
richtig gutes Absehen zu, welches aber der
Wahrheit niemahls nachtheilig seyn müste:
Ansehen und Absicht, sagt er, machen eine Sa-
che weder wahr noch falsch, weder nüzlich noch
unnüzlich: Folglich solle auch das Urtheil dar-
über nicht auf dieselben fussen. Man weiß
daß die Leute nicht allemal Ursach haben zu ge-
denken: Isthaec commemoratio est quasi exprobra-
tio immemoris officii.

Hierauf theilt Hr. Breitinger mit Beyseite-
sezung alles äusserlichen, das die Person, die Um-
stände, etc. des Gegners angehen mag, seine Ar-
beit in zwey Stücke; in die Betrachtung derjeni-
gen Grundsäze, welche der Ungenannte bey
der Untersuchung der Religion, zur Regel und
zum Fundament sezet; und in die Erwägung
derjenigen Glaubenspuncten, welche nach Weg-

schaf-

Auszuͤge aus Hr. Breitingers
dem Dunklen, Uberfluͤſſigen, und zum Weſen
der Religion nicht gehoͤrenden zu unterſcheiden,
und deutlich zu zeigen, was jeder Punct zur wah-
ren Froͤmmigkeit fuͤr ein Gewicht und Einfluß
habe. Zu dieſen nun bekennt ſich der unge-
nannte Autor der franzoͤſiſchen Briefe uͤber die
weſentliche Religion des Menſchen, in welchen
er dieſelbe in ihrer natuͤrlichen Einfalt mit Weg-
ſchneidung alles deſſen, was nicht dazu gehoͤrt,
vorzuſtellen, und mithin die traurigen Folgen
ihrer Verderbung zu heben ſucht: Ob er aber
nicht allzu viel weggeſchnitten, und die Religion
in ſeinem Syſtema nicht von dem ihrigen ver-
liehre; iſt eine nothwendige Frage. Jndeſſen
geſtehet Hr. Breitinger dem ungenannten Ver-
faſſer gern nebſt vieler Geſchiklichkeit ein auf-
richtig gutes Abſehen zu, welches aber der
Wahrheit niemahls nachtheilig ſeyn muͤſte:
Anſehen und Abſicht, ſagt er, machen eine Sa-
che weder wahr noch falſch, weder nuͤzlich noch
unnuͤzlich: Folglich ſolle auch das Urtheil dar-
uͤber nicht auf dieſelben fuſſen. Man weiß
daß die Leute nicht allemal Urſach haben zu ge-
denken: Iſthæc commemoratio eſt quaſi exprobra-
tio immemoris officii.

Hierauf theilt Hr. Breitinger mit Beyſeite-
ſezung alles aͤuſſerlichen, das die Perſon, die Um-
ſtaͤnde, ꝛc. des Gegners angehen mag, ſeine Ar-
beit in zwey Stuͤcke; in die Betrachtung derjeni-
gen Grundſaͤze, welche der Ungenannte bey
der Unterſuchung der Religion, zur Regel und
zum Fundament ſezet; und in die Erwaͤgung
derjenigen Glaubenspuncten, welche nach Weg-

ſchaf-
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[140/0156] Auszuͤge aus Hr. Breitingers dem Dunklen, Uberfluͤſſigen, und zum Weſen der Religion nicht gehoͤrenden zu unterſcheiden, und deutlich zu zeigen, was jeder Punct zur wah- ren Froͤmmigkeit fuͤr ein Gewicht und Einfluß habe. Zu dieſen nun bekennt ſich der unge- nannte Autor der franzoͤſiſchen Briefe uͤber die weſentliche Religion des Menſchen, in welchen er dieſelbe in ihrer natuͤrlichen Einfalt mit Weg- ſchneidung alles deſſen, was nicht dazu gehoͤrt, vorzuſtellen, und mithin die traurigen Folgen ihrer Verderbung zu heben ſucht: Ob er aber nicht allzu viel weggeſchnitten, und die Religion in ſeinem Syſtema nicht von dem ihrigen ver- liehre; iſt eine nothwendige Frage. Jndeſſen geſtehet Hr. Breitinger dem ungenannten Ver- faſſer gern nebſt vieler Geſchiklichkeit ein auf- richtig gutes Abſehen zu, welches aber der Wahrheit niemahls nachtheilig ſeyn muͤſte: Anſehen und Abſicht, ſagt er, machen eine Sa- che weder wahr noch falſch, weder nuͤzlich noch unnuͤzlich: Folglich ſolle auch das Urtheil dar- uͤber nicht auf dieſelben fuſſen. Man weiß daß die Leute nicht allemal Urſach haben zu ge- denken: Iſthæc commemoratio eſt quaſi exprobra- tio immemoris officii. Hierauf theilt Hr. Breitinger mit Beyſeite- ſezung alles aͤuſſerlichen, das die Perſon, die Um- ſtaͤnde, ꝛc. des Gegners angehen mag, ſeine Ar- beit in zwey Stuͤcke; in die Betrachtung derjeni- gen Grundſaͤze, welche der Ungenannte bey der Unterſuchung der Religion, zur Regel und zum Fundament ſezet; und in die Erwaͤgung derjenigen Glaubenspuncten, welche nach Weg- ſchaf-

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/156>, abgerufen am 28.03.2024.