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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

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Unter den kleinen Bemerkungen über die
Ereignisse des Tages findet sich: "Die Frei¬
willigen betragen sich unartig und nehmen nicht
für sich ein."

1816.

Man verzeiht Goethe fast die kindische Auf¬
regung, in welche ihn jeder Widerspruch seiner
Farbenlehre versetzt, weil er doch da einmal
aus seinem engen Egoismus, wenn auch auf
verbotenem Wege, heraustritt, weil ihn doch
da einmal das Urtheil der Menschen kümmert.
"Professor Pfaff sandte mir sein Werk gegen
die Farbenlehre, nach einer den Deutschen an¬
gebohrenen unartigen Zudringlichkeit." Das
kann doch den Deutschen wahrlich ihr ärgster
Feind nicht nachsagen, daß sie unartig zudring¬
lich wären. Nur zu schüchtern und artig sind
sie! Goethe legte das Buch ungelesen bei
Seite!

Unter den kleinen Bemerkungen uͤber die
Ereigniſſe des Tages findet ſich: „Die Frei¬
willigen betragen ſich unartig und nehmen nicht
fuͤr ſich ein.“

1816.

Man verzeiht Goethe faſt die kindiſche Auf¬
regung, in welche ihn jeder Widerſpruch ſeiner
Farbenlehre verſetzt, weil er doch da einmal
aus ſeinem engen Egoismus, wenn auch auf
verbotenem Wege, heraustritt, weil ihn doch
da einmal das Urtheil der Menſchen kuͤmmert.
„Profeſſor Pfaff ſandte mir ſein Werk gegen
die Farbenlehre, nach einer den Deutſchen an¬
gebohrenen unartigen Zudringlichkeit.“ Das
kann doch den Deutſchen wahrlich ihr aͤrgſter
Feind nicht nachſagen, daß ſie unartig zudring¬
lich waͤren. Nur zu ſchuͤchtern und artig ſind
ſie! Goethe legte das Buch ungeleſen bei
Seite!

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[54/0068] Unter den kleinen Bemerkungen uͤber die Ereigniſſe des Tages findet ſich: „Die Frei¬ willigen betragen ſich unartig und nehmen nicht fuͤr ſich ein.“ 1816. Man verzeiht Goethe faſt die kindiſche Auf¬ regung, in welche ihn jeder Widerſpruch ſeiner Farbenlehre verſetzt, weil er doch da einmal aus ſeinem engen Egoismus, wenn auch auf verbotenem Wege, heraustritt, weil ihn doch da einmal das Urtheil der Menſchen kuͤmmert. „Profeſſor Pfaff ſandte mir ſein Werk gegen die Farbenlehre, nach einer den Deutſchen an¬ gebohrenen unartigen Zudringlichkeit.“ Das kann doch den Deutſchen wahrlich ihr aͤrgſter Feind nicht nachſagen, daß ſie unartig zudring¬ lich waͤren. Nur zu ſchuͤchtern und artig ſind ſie! Goethe legte das Buch ungeleſen bei Seite!

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/68>, abgerufen am 18.04.2024.