Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

heiten und alle Zwecke und Mittelchen der Monar¬
chisten und Aristokraten mit ihren Schatten hinter
einander vorüber. Der gefällige Jarke! Er ver¬
räth alles, er warnt Alle. Die verborgensten Ge¬
heimnisse der großen Welt, schreibt er auf die Wand
meines kleinen Zimmers. Ich erfahre von ihm, und
erzähle jetzt Ihnen, was sie mit uns vorhaben. Sie
wollen nicht allein die Früchte und Blüthen und
Blätter und Zweige und Stämme der Revolution
zerstören, sondern auch ihre Wurzeln, ihre tiefsten
ausgebreitesten festesten Wurzeln und bliebe die halbe
Erde daran hängen. Der Hofgärtner Jarke geht
mit Messer und Schaufel und Beil umher, von
einem Felde, von einem Lande ist das andere, von
einem Volke zum Andern. Nachdem er alle Revo¬
lutionswurzeln ausgerottet und verbrannt, nachdem er
die Gegenwart zerstört hat, geht er zur Vergangen¬
heit zurück. Nachdem er der Revolution den Kopf
abgeschlagen und die unglückliche Delinquentin ausge¬
litten hat, verbietet er ihrer längstverstorbenen, längst¬
verwesten Großmutter das Heirathen; er macht die
Vergangenheit zur Tochter der Gegenwart. Ist das
nicht toll? Diesen Sommer eiferte er gegen das
Fest von Hambach. Das unschuldige Fest! Der
gute Hammel! Der Wolf von Bundestag der oben
am Flusse soff, warf dem Schaafe von deutschem
Volke, das weiter unten trank vor: es trübe ihm

heiten und alle Zwecke und Mittelchen der Monar¬
chiſten und Ariſtokraten mit ihren Schatten hinter
einander vorüber. Der gefällige Jarke! Er ver¬
räth alles, er warnt Alle. Die verborgenſten Ge¬
heimniſſe der großen Welt, ſchreibt er auf die Wand
meines kleinen Zimmers. Ich erfahre von ihm, und
erzähle jetzt Ihnen, was ſie mit uns vorhaben. Sie
wollen nicht allein die Früchte und Blüthen und
Blätter und Zweige und Stämme der Revolution
zerſtören, ſondern auch ihre Wurzeln, ihre tiefſten
ausgebreiteſten feſteſten Wurzeln und bliebe die halbe
Erde daran hängen. Der Hofgärtner Jarke geht
mit Meſſer und Schaufel und Beil umher, von
einem Felde, von einem Lande iſt das andere, von
einem Volke zum Andern. Nachdem er alle Revo¬
lutionswurzeln ausgerottet und verbrannt, nachdem er
die Gegenwart zerſtört hat, geht er zur Vergangen¬
heit zurück. Nachdem er der Revolution den Kopf
abgeſchlagen und die unglückliche Delinquentin ausge¬
litten hat, verbietet er ihrer längſtverſtorbenen, längſt¬
verweſten Großmutter das Heirathen; er macht die
Vergangenheit zur Tochter der Gegenwart. Iſt das
nicht toll? Dieſen Sommer eiferte er gegen das
Feſt von Hambach. Das unſchuldige Feſt! Der
gute Hammel! Der Wolf von Bundestag der oben
am Fluſſe ſoff, warf dem Schaafe von deutſchem
Volke, das weiter unten trank vor: es trübe ihm

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0059" n="47"/>
heiten und alle Zwecke und Mittelchen der Monar¬<lb/>
chi&#x017F;ten und Ari&#x017F;tokraten mit ihren Schatten hinter<lb/>
einander vorüber. Der gefällige Jarke! Er ver¬<lb/>
räth alles, er warnt Alle. Die verborgen&#x017F;ten Ge¬<lb/>
heimni&#x017F;&#x017F;e der großen Welt, &#x017F;chreibt er auf die Wand<lb/>
meines kleinen Zimmers. Ich erfahre von ihm, und<lb/>
erzähle jetzt Ihnen, was &#x017F;ie mit uns vorhaben. Sie<lb/>
wollen nicht allein die Früchte und Blüthen und<lb/>
Blätter und Zweige und Stämme der Revolution<lb/>
zer&#x017F;tören, &#x017F;ondern auch ihre Wurzeln, ihre tief&#x017F;ten<lb/>
ausgebreite&#x017F;ten fe&#x017F;te&#x017F;ten Wurzeln und bliebe die halbe<lb/>
Erde daran hängen. Der Hofgärtner Jarke geht<lb/>
mit Me&#x017F;&#x017F;er und Schaufel und Beil umher, von<lb/>
einem Felde, von einem Lande i&#x017F;t das andere, von<lb/>
einem Volke zum Andern. Nachdem er alle Revo¬<lb/>
lutionswurzeln ausgerottet und verbrannt, nachdem er<lb/>
die Gegenwart zer&#x017F;tört hat, geht er zur Vergangen¬<lb/>
heit zurück. Nachdem er der Revolution den Kopf<lb/>
abge&#x017F;chlagen und die unglückliche Delinquentin ausge¬<lb/>
litten hat, verbietet er ihrer läng&#x017F;tver&#x017F;torbenen, läng&#x017F;<lb/>
verwe&#x017F;ten Großmutter das Heirathen; er macht die<lb/>
Vergangenheit zur Tochter der Gegenwart. I&#x017F;t das<lb/>
nicht toll? Die&#x017F;en Sommer eiferte er gegen das<lb/>
Fe&#x017F;t von Hambach. Das un&#x017F;chuldige Fe&#x017F;t! Der<lb/>
gute Hammel! Der Wolf von Bundestag der oben<lb/>
am Flu&#x017F;&#x017F;e &#x017F;off, warf dem Schaafe von deut&#x017F;chem<lb/>
Volke, das weiter unten trank vor: es trübe ihm<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0059] heiten und alle Zwecke und Mittelchen der Monar¬ chiſten und Ariſtokraten mit ihren Schatten hinter einander vorüber. Der gefällige Jarke! Er ver¬ räth alles, er warnt Alle. Die verborgenſten Ge¬ heimniſſe der großen Welt, ſchreibt er auf die Wand meines kleinen Zimmers. Ich erfahre von ihm, und erzähle jetzt Ihnen, was ſie mit uns vorhaben. Sie wollen nicht allein die Früchte und Blüthen und Blätter und Zweige und Stämme der Revolution zerſtören, ſondern auch ihre Wurzeln, ihre tiefſten ausgebreiteſten feſteſten Wurzeln und bliebe die halbe Erde daran hängen. Der Hofgärtner Jarke geht mit Meſſer und Schaufel und Beil umher, von einem Felde, von einem Lande iſt das andere, von einem Volke zum Andern. Nachdem er alle Revo¬ lutionswurzeln ausgerottet und verbrannt, nachdem er die Gegenwart zerſtört hat, geht er zur Vergangen¬ heit zurück. Nachdem er der Revolution den Kopf abgeſchlagen und die unglückliche Delinquentin ausge¬ litten hat, verbietet er ihrer längſtverſtorbenen, längſt¬ verweſten Großmutter das Heirathen; er macht die Vergangenheit zur Tochter der Gegenwart. Iſt das nicht toll? Dieſen Sommer eiferte er gegen das Feſt von Hambach. Das unſchuldige Feſt! Der gute Hammel! Der Wolf von Bundestag der oben am Fluſſe ſoff, warf dem Schaafe von deutſchem Volke, das weiter unten trank vor: es trübe ihm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/59
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/59>, abgerufen am 28.03.2024.