Verſuch
über die
Elektricität.
Erſtes Capitel.
Von der Elektricität überhaupt.
Es muß jedem Forſcher nach Wahrheit auffallend und
befremdend ſcheinen, daß die Elektricität, dieſe
jetzt allgemein anerkannte Haupttriebfeder bey
Hervorbringung der Naturbegebenheiten, ſo lange Zeit
in Dunkel gehüllt und unbekannt geblieben iſt; denn kaum
wußten die Alten etwas von ihrem Daſeyn. Zwar waren
ihnen die beſondern Eigenſchaften dererjenigen Körper,
welche wir jetzt idioelektriſche (corpora per ſe ele-
ctrica) nennen, nicht gänzlich unbekannt; allein ihre
Kenntniſſe davon waren ſehr unbedeutend, und der Weg,
auf welchem ſie dazu gelangten, höchſt eingeſchränkt. Da-
her gewann dieſes Fach der Naturlehre ſehr wenigen Fort-
gang, bis endlich der glückliche Zeitpunkt erſchien, ſeit
welchem ſich die Naturforſcher von den Feſſeln der Hypo-
theſen losgeriſſen und von der Ungewißheit nichtiger Muth-
maſſungen befreyt haben.
Erſt damals ward das Daſeyn dieſer ſo feinen und in
den meiſten Fällen unſichtbaren Kraft erwieſen; man ent-
deckte viele ihrer Eigenſchaften, und fand, daß ihre Wirk-
ſamkeit allgemein, und ihr Einfluß uneingeſchränkt ſey.
Die Elektricität hat das beſondere Glück gehabt,
die Aufmerkſamkeit eines vortreflichen philoſophiſchen Ge-
ſchichtſchreibers auf ſich zu ziehen, der den Fortgang der
Erſtes Capitel. Entdeckungen in dieſem Fach auf eine ſehr angenehme Art
beſchrieben, die verſchiedenen zu Erklärung der elektriſchen
Erſcheinungen erfundenen Theorien angezeigt, dem Pu-
blikum viele wichtige von ihm ſelbſt erdachte Verſuche mit-
getheilt, und das, was in dieſem weiten Felde noch zu
unterſuchen übrig bleibt, richtig angegeben hat Der Verfaſſer redet von des D. Prieſtley Hiſtory of
electricity, wovon die deutſche Ueberſetzung unter dem Titel:
Geſchichte und gegenwärtiger Zuſtand der Elektricität, aus
dem Engliſchen von D. J. G. Krünitz, Berlin und Stralſund
1772. 4. bekannt iſt. A. d. U..
Aber ſeit der Erſcheinung der Prieſtleyiſchen Ge-
ſchichte der Elektricität iſt dennoch der elektriſche Appara-
tus aufs neue beträchtlich vermehrt, und eine Menge neuer
Verſuche angeſtellt worden. Dieſe Vermehrungen zu
beſchreiben, und dieſe Verſuche ſo zu ordnen, daß daraus
die Verbindung zwiſchen ihnen und der angenommenen
Theorie der Elektricität erhelle, dies war eine meiner vor-
nehmſten Abſichten bey der Ausarbeitung der gegenwärti-
gen Schrift. Auch wünſchte ich, meinen Bekannten ein
Werk in die Hände zu geben, wodurch ſie ſich in Stand
ſetzen könnten, die elektriſchen Maſchinen und Geräth-
ſchaften, die ich ihnen empfehle, mit Leichtigkeit und gu-
tem Erfolg zu gebrauchen.
Da die Lehre von der Elektricität, als Wiſſenſchaft
betrachtet, noch in ihrer erſten Kindheit iſt, ſo laſſen ſich
ihre Definitionen und Grundſätze freylich nicht mit geome-
tiſcher Strenge abfaſſen. Jch werde daher alle poſitive
und entſcheidende Ausſprüche, ſo viel möglich, vermeiden.
Vielmehr wünſchte ich meine Leſer zu eigner Unterſuchung
und Vergleichung der Verſuche, und zu eigner Herleitung
der Folgerungen aus denſelben, zu ermuntern.
1. Verſuch.
Man reibe eine trockne Glasröhre mit trocknem Sei-
denzeuge, und bringe leichte Körper, z. B. Pflaumfe-
Von der Elektricität überhaupt. dern, Kork- oder Holundermarkkügelchen gegen dieſelbe,
ſo werden dieſe Körper von der Röhre zuerſt angezogen,
und hernach zurückgeſtoſſen werden.
2. Verſuch.
Man reibe eine trockne Stange Siegellak, ſo wird
auch dieſe leichte Körper, die man dagegen hält, zuerſt
anziehen, und hernach zurückſtoßen.
Bey beyden vorſtehenden Verſuchen hat das Reiben
eine Kraft in Wirkſamkeit geſetzt, welche leichte Körper
anzieht und zurückſtößt; dieſe Kraft heißt Elektricität.
Man nimmt insgemein an, es ſey durch alle Körper
eine gewiſſe natürliche Menge oder ein natürliches Maaß
von elektriſcher Materie verbreitet, und in dieſem natürli-
chen Zuſtande wirkt dieſe Materie nicht auf unſere Sinne;
wenn aber durch natürliche oder künſtliche Mittel dieſes
Gleichgewicht geſtöret, und in den Körper mehr oder
weniger gebracht wird, als das natürliche Maaß beträgt,
ſo entſtehen Wirkungen, die wir elektriſche nennen, und
man ſagt, der Körper ſey elektriſirt
Von einem Körper, der durch Reiben vermögend
gemacht worden iſt, elektriſche Erſcheinungen hervorzu-
bringen, ſagt man, ſeine Elektricität ſey erreget, oder
er ſey urſprünglich elektriſiret (excited).
Bernſtein, Seide, Harz, trocknes Holz und viele
andere Subſtanzen ziehen, gerieben, leichte Körper an und
ſtoſſen ſie wieder zurück; ſie heiſſen elektriſche, ur-
ſprünglich elektriſche Körper (idio-electrica, per
ſe electrica.) Subſtanzen, deren Reiben dieſes Anzie-
hen und Zurückſtoſſen nicht bewirkt, z. B. Metalle, Waſ-
ſer ꝛc. heiſſen nicht-elektriſche Körper (anelectrica.)
Iſt die geriebene Glasröhre oder Siegellackſtange in
gutem Stande, ſo ſtrömen freywillig Lichtbüſchel aus ihr,
welche ein ſehr ſchönes Schauſpiel darſtellen; auch hört man
bey Annäherung eines nicht-elektriſchen Körpers ein kni-
ſterndes Geräuſch.
Erſtes Capitel.3. Verſuch.
Man lege einen metallenen Cylinder auf ſeidene
Schnüre, oder ſetze ihn auf Glas, und bringe einen ge-
riebenen elektriſchen Körper gegen ihn, ſo werden alle Thei-
le des metallenen Cylinders leichte Körper eben ſo ſtark an-
ziehen und zurückſtoſſen, als der geriebene elektriſche Kör-
per ſelbſt.
4. Verſuch.
Man hänge eine trockene Glasſtange an ſeidene
Schnüre, oder ſtelle ſie auf Glas, und bringe einen gerie-
benen elektriſchen Körper dagegen, ſo wird ſich an dem
Glasſtabe kein Anziehen und Zurückſtoſſen zeigen; weil die
ElekricitätElektricität nicht durch das Glas hindurchgehen kan.
Metalliſche und andere Körper, welche der Elektrici-
tät den Durchgang verſtatten, werden Leiter oder Con-
duktoren genannt. Subſtanzen, durch welche die Elek-
tricität nicht dringen kan, heiſſen Nicht-Leiter.
Ein Körper, welcher mit lauter Nicht-Leitern um-
geben iſt, heißt iſolirt.
Hätte man dieſes Vermögen gewiſſer Körper, dem
Durchgange der Elektricität durch ihre Subſtanz und Zwi-
ſchenräume zu widerſtehen, nicht entdeckt, ſo würden die
wichtigſten und ſonderbarſten Wirkungen der Elektricität
unbekannt geblieben ſeyn. Faſt auf allen Seiten dieſes
Werks wird man Beweiſe von der Wahrheit dieſes Satzes
antreffen.
Wir ſehen aus dem 3ten und 4ten Verſuche, daß
man iſolirten leitenden Subſtanzen die elektriſche Kraft
durch geriebene elektriſche Körper mittheilen kan, und daß
ſie alsdann leichte Körpergen eben ſo, wie die elektriſchen
ſelbſt, anziehen und zurückſtoſſen. Nur findet ſich hiebey
der Unterſchied, daß ein Leiter, dem man die Elektricität
mitgetheilt hat, wenn er von einem andern mit der Erde
verbundenen Leiter berührt wird, dieſe Elektricität auf
Von der Elektricität überhaupt. einmal ganz abgiebt, da hingegen ein elektriſcher Körper
unter eben den Umſtänden ſeine Elektricität nur zum Theil
verliert.
5. Verſuch.
Man elektriſire, mit geriebenen Glas oder Siegel-
lak, zwo iſolirte Korkkugeln, welche an 6 Zoll langen Fä-
den hängen, ſo werden die Kugeln aus einander gehen
und ſich zurückſtoſſen.
6. Verſuch.
Man elektriſire die eine Kugel mit Glas, die andere
mit Siegellak, ſo werden ſie beyde einander anziehen.
Dieſe beyden ſo merklich verſchiedenen und entgegen-
geſetzten Wirkungen der anziehenden und zurückſtoſſenden
Kraft der Elektricität, ſind erſt in der neuſten Periode der
Geſchichte dieſer Wiſſenſchaft entdeckt worden.
Die durch Reiben des Glaſes erregte Elektricität wird
die poſitive, die durch Reiben des Siegellaks hervorge-
brachte hingegen die negative genannt. Man glaubte
anfänglich, der Unterſchied komme von dem elektriſchen
Körper her, und beyde Arten der Elektricität ſeyen weſent-
lich verſchieden; jetzt aber weiß man, daß ſich alle beyde
ſowohl durchs Reiben des Glaſes als des Siegellaks her-
vorbringen laſſen.
Die Entdeckung dieſer unterſchiedenen Kennzeichen
zwoer Arten von elektriſchen Körpern, veranlaßte die Na-
turforſcher, die elektriſchen Eigenſchaften der meiſten Kör-
per durch die Erfahrung zu unterſuchen, um zu beſtim-
men, welche Körper eine poſitive und welche eine negative
Elektricität hätten. Dadurch iſt die Anzahl der bekann-
ten elektriſchen Körper, welche ſonſt ſehr gering war, nun-
mehr auſſerordentlich angewachſen, wie folgende aus
Prieſtley’s Geſchichte der Elektricität und Cavallo’s
Erſtes Capitel. vollſtändiger Abhandlung der Lehre von der
Elektricität Von Cavallo’s Compleat Treatiſe on Electricity,
London, 1778. 8 iſt die deutſche Ueberſetzung unter oben an-
gegebenem Titel Leipzig 1779. 8. heraus gekommen und 1783
mit einigen Zuſätzen vermehrt, wieder aufgelegt worden.
A. d. U. genommene Tabelle zeigen wird.
Verzeichniß der leitenden Subſtanzen.
1. Steinartige Subſtanzen.Steinartige Körper überhaupt leiten ſehr gut, wenn
ſie gleich trocken und warm ſind.Kalkſtein und friſch gebrannter Kalk ſind beydes
ſchlechte Leiter.Marmor leitet weit beſſer, als Sandſtein; auch hat
man unter den verſchiedenen Proben von Marmor, welche
man verſucht hat, ſehr wenig Unterſchied gefunden.Ein großes Stück von weißem Spath, halbdurch-
ſichtig und ein wenig ins Blaue fallend, leitete kaum im
geringſten: man konnte aus dem erſten Leiter der Maſchi-
ne, während daß es an denſelben gehalten wurde, noch
immer ſehr ſtarke Funken ziehen.Ein halb durchſichtiges Stück Achat nimmt den elek-
triſchen Funken in ſeine Subſtanz auf; doch geht derſelbe,
wenn er den Finger erreichen kan, auf ¾; Zoll weit über
die Oberfläche dieſes Steins. Auch kan man dadurch eine
Batterie, wiewohl ſehr langſam, entladen.Ein Stück Schiefer, dergleichen man gewöhnlich zu
Schreibtafeln gebraucht, iſt ein weit beſſerer Leiter als
Sandſtein, welcher nur ſchwach leitet.Probirſtein leitet ſehr gut.Gypsſtein und franzöſiſcher Alabaſter leiten ſehr gut;
nur erhält der letztere einen ſtärkern Funken, weil er eine
glättere Oberfläche hat.
Von der Elektricität überhaupt.Schottiſcher Asbeſt, ſo wie er aus ſeinem Lager kömmt,
leitet nicht. Wenn man ihn an den Conduktor der Ma-
ſchine hält, ſo kan man währender Zeit bey ſehr mäßigem
Elektriſiren noch immer Funken von einem halben Zoll aus
dem Conduktor ziehen.Spaniſche Kreide leitet eben ſo ſtark, als Marmor.Egyptiſcher Granit leitet weit beſſer, als Sandſtein.
2. Salzige Subſtanzen.Vitriolöl leitet ſehr gut.Die metalliſchen Salze leiten überhaupt beſſer, als
die Mittelſalze.Kupfer und Eiſenvitriol leiten ſehr gut, ob ſie gleich
den Schlag nicht durchlaſſen.Vitrioliſirter Weinſtein giebt einen ſchwachen Fun-
ken.Salpeter leitet nicht ſo gut, als Salmiak. Wenn
der elektriſche Schlag über ſeine Dberfläche geht, ſo zer-
ſchlägt er ſich mit beträchtlicher Gewalt nach allen Rich-
tungen in ſehr viele Stücken.Der flüchtige Salmiak giebt einen ſchwachen Fun-
ken.Steinſalz leitet, doch nicht völlig ſo gut, als Alaun;
der darauf ſchlagende Funken iſt ſehr roth.Salmiak übertrift an leitender Kraft das Steinſalz
und den Alaun, nimmt aber nicht den geringſten Funken
an. Er ſcheint alſo aus einer unzählbaren Menge der
feinſten Spitzen zu beſtehen.Die ſelenitiſchen Salze leiten nur wenig.Beym Alaun iſt der elektriſche Schlag mit einem
beſondern Laut, wie das Ziſchen einer Rackete, begleitet.
3. Brennbare Körper.Ein Stück Kies von dunkler Farbe nimmt aus dem
erſten Leiter der Maſchine bis auf eine beträchtliche Weite
Erſtes Capitel. Funken an, etwa ſo, wie die ſchlechtern Stücken der
Kohle.Ein anderes Stück Kies, welches ein Theil einer
regelmäßig geſtalteten Kugel geweſen iſt, und einen me-
talliſchen Glanz hat, leitet nicht völlig ſo gut, doch weit
beſſer, als irgend eine andere ſteinartige Subſtanz. Es
hält das Mittel zwiſchen Stein und Metall.Waſſerbley im Bleyſtift leitet den Schlag eben ſo
gut, als Metall und Kohle. Ein kleines Bleyſtift-
klümpgen zieht aus dem erſten Leiter einen eben ſo voll-
kommenen und ſtarken Funken, als ein meſſingener
Knopf.
4. Metalle und Minern.Eine mexikaniſche Goldſtufe leitet ſo gut, daß man
kaum einen Unterſchied zwiſchen ihr und dem Golde ſelbſt
finden kann.Eine Silberſtufe aus Potoſi leitet ſehr gut, ob ſie
gleich mit eingeſprengtem Kies vermiſcht iſt.Zwo Stufen Kupfererz, die eine ſo reichhaltig, als
man nur irgend eine kennt, die andere nur halb ſo kupfer-
haltig, zeigen kaum den geringſten Unterſchied in ihrer
leitenden Kraft.Blutſtein iſt ein ſehr guter Leiter.Schwarzer Sand von den afrikaniſchen Küſten, der
ſehr eiſenhaltig iſt, und zum Theil vom Magnet eben ſo
ſtark, als Stahlfeile, angezogen wird, leitet zwar die
Elektricität, aber nicht den Schlag. Sondert man mit
dem Magnet alles das ab, was derſelbe leicht anzieht, ſo
leitet dieſes den Schlag ſehr gut; alles übrige leitet faſt
gar nicht.Auch diejenigen Minern, in welchen die Metalle mit
Schwefel oder Arſenik vererzet ſind, z. B. Bley- und
Zinnerze, oder Zinnober, als das Queckſilbererz, ſind et-
was ſchlechtere Leiter, als Gold und Silberſtufen.
Von der Elektricität überhaupt.Mineralien, welche nichts weiter als metalliſche Er-
de enthalten, leiten wenig beſſer, als andere Steine.Bley, Eiſen, Zinn, Meſſing, Kupfer, Silber und
Gold ſind die beſten Leiter.
5. Flüßige Materien. Alle Säfte des thieriſchen Körpers.Alle flüßige Materien, Luft und Oele ausgenom-
men.Die Ausflüſſe brennender KörperSchnee, Rauch, Dämpfe des heißen Waſſers, das
Vakuum unter der Glocke der Luftpumpe, Kohlen ꝛc.
Elektriſche Körper.
Bernſtein, Glas, Pech und Schwefel; alle Edel-
geſteine, als Diamanten, Rubinen, Granaten, Topaſen,
Hyacinthen, Chryſolithen, Smaragden, Sapphyre,
Amethyſte, Opale und beſonbers die Turmalins: alle
Harze und harzige Compoſitionen, Wachs, Seide, Baum-
wolle; alle trockne thieriſche Subſtanzen, z. B. Federn,
Wolle, Haare ꝛc. Papier, Zucker, Luft, Oel, Chocolat,
metalliſche Kalke, trockne Vegetabilien u. ſ w.
Der innere weſentliche Unterſchied zwiſchen elektri-
ſchen und nicht- elektriſchen Körpern gehört zu den noch
unentdeckten Geheimniſſen der Natur. Nur ſoviel iſt
ausgemacht, daß das leitende Vermögen der Körper eini-
germaßen von der Wärme abhängt, oder durch dieſelbe
verändert wird. Glas, Harz und viele andere elektriſche
Körper werden durch die Hitze in Leiter verwandlet; da
hingegen die Kälte, wenn nur keine Feuchtigkeit dabey
iſt, alle elektriſche Subſtanzen noch ſtärker elektriſch
macht.
Herr Achard in Berlin hat in Rozier’s Jonrurnal
de phyſique eine ſehr lehrreiche Abhandlung hierüber mit-
getheilt, worinn er durch Verſuche erweiſet: 1) daß ge-
wiſſe Umſtände einen Körper, der vorher ein Nicht-Leiter
Erſtes Capitel. war, zu einem Leiter machen können. 2) Daß dieſe Um-
ſtände nichts anders ſind, als die Grade der Hitze, wel-
chen dieſer Körper ausgeſetzt wird. Er bemüht ſich, zu
zeigen, daß die vornehmſten Veränderungen, welche bey
Verſtärkung der Hitze in den Körpern vorgehen, in Ver-
größerung der Zwiſchenräume und in Verſtärkung der
Geſchwindigkeit derer im Körper enthaltenen und auf ihn
wirkenden Feuertheilchen beſtehen. Hierauf beweiſet er,
daß der letztere Umſtand nichts zu Veränderung der elek-
triſchen Eigenſchaften beytrage, und ſchließt alſo, der
Euleriſchen Hypotheſe gemäß, daß der Hauptunterſchied
zwiſchen Leitern und Nicht-Leitern in der Größe der
Zwiſchenräume zwiſchen den Beſtandtheilen der Körper
beſtehe.
In einer andern wichtigen Abhandlung, welche ſich
in den Schriften der Berliner Akademie vom Jahre 1779
befindet, zeigt Herr Achard die Aehnlichkeit zwiſchen der
Erregung und den Wirkungen der Elektricität und der
Wärme; ingleichen zwiſchen der leitenden Eigenſchaft der
Körper und ihrer Empfänglichkeit für die Hitze. Er be-
ſchreibt zugleich ein neues Werkzeug, wodurch man die
Menge von elektriſcher Materie beſtimmen kann, welche
von Körpern verſchiedener Art, unter übrigens gleichen
Umſtänden, fortgeleitet wird. Mit Hülfe dieſes Inſtru-
ments läßt sich mit großer Genauigkeit die Menge von
Elektricität beſtimmen, welche ein Körper in einer gegeb-
nen Zeit verliert, wenn er einen andern nicht elektriſirten
Körper berühret. Noch hat er den Erfolg ſeiner damit
angeſtellten Verſuche nicht bekannt gemacht; doch behaup-
tet er immer bemerkt zu haben, daß diejenigen Körper,
welche den jedesmaligen Grad der Wärme ſchwer anneh-
men und lang behalten, auch die Elektricität ſchwer an-
nehmen und verlieren. Die Beſchreibung des erwähnten
Inſtruments wird man weiter unten in dieſem Verſuche
finden.
Von der Elektricität überhaupt. Verzeichniß
elektriſcher Subſtanzen und der verſchiedenen Elek-
tricitäten, welche ſie beym Reiben erhalten.
Katzenhaar | poſitiv | Jede Subſtanz, mit welcher
man bisher den Verſuch an-
geſtellet hat. |
Glattes Glas | poſitiv | Jede Subſtanz, mit der man
es bisher verſucht hat, das
Katzenhaar ausgenommen. |
Mattgeſchliffe-
nes Glas | poſitiv | Trockner Wachstaffet, Schwefel,
Metalle. |
negativ | Wollenzeug, Federkiel, Holz,
Papier, Siegellak, weißes
Wachs, die Hand. |
Turmalin | poſitiv | Bernſtein, Luft. D. h. wenn man mit Blaſebälgen barauf bläſet.
Durch dieſes Mittel läßt ſich in vielen Körpern die Elektrici-
tät erregen; bey einigen noch beſſer. wenn die darauf ge-
blaſene Luft warm iſt, ob man gleich allemahl nur eine ſehr
ſchwache Elektricität erhält. |
negativ | Diamant, die Hand. |
Haſenfell | poſitiv | Metalle, Seide, Magnetſtein,
Leder, die Hand, Papier,
gedörrtes Holz. |
negativ | Andere feinere Felle. |
Weiße Seide | poſitiv | Schwarze Seide, Metalle,
ſchwarz Tuch. |
negativ | Papier, die Hand, Haare, Wie-
ſelfell. |
Erſtes Capitel.
Schwarze Sei-
de | poſitiv | Siegellak. |
negativ | Haſen-Wieſel- und Iltisfelle,
Magnetſtein, Meſſing, Sil-
ber, Eiſen, die Hand. |
Siegellak | poſitiv | Metalle. |
negativ | Haſen- Wieſel- und Iltisfelle,
die Hand, Leder, wollen Zeug,
Papier. |
Gedörrtes Holz | poſitiv | Seide. |
negativ | Flanell. |
Viele dem Anſcheine nach ganz unbedeutende Um-
ſtände machen Aenderungen in dieſen entgegengeſetzten
Elektricitäten. Man hat behauptet, daß beym Reiben
zwoer gleichartigen Subſtanzen diejenige die negative
Elektricität erhalte, welche am ſtärkſten gerieben, oder am
meiſten erwärmt wird. Dies trifft zwar in vielen Fällen,
beſonders in Abſicht auf ſeidne Bänder, wirklich zu. Den-
noch aber ſagt Herr Bergmann, ein ſchwarzes Band
werde nie poſitiv, wenn nicht das andere, an dem es ge-
rieben wird, ebenfalls ſchwarz ſey. Bey Glasſtücken iſt
die Wirkung gerade die entgegengeſetzte; denn wenn ſie
beyde gleich groß ſind, ſo wird das Stück, A, welches
über das andere unbewegliche B geführt wird, negativ; B
hingegen wird poſitiv, ob es gleich die ſtärkſte Reibung lei-
det. Erwärmung am Feuer thut eben die Wirkung, wie
ſtärkeres Reiben. Iſt ein Stück Glas dicker, als das
andere, ſo wird das dickere poſitiv, das dünnere negativ.
Gefärbtes Glas wird, auch erwärmt, negativ, wenn es
an gemeinem weißen Glaſe gerieben wird. Reibt man
blaues Glas an grünem, ſo wird das blaue ſtark poſitiv ꝛc.
Man ſ. Bergmanns Abhandlung in den Schriften der
königl. ſchwediſchen Akademie der Wiſſenſchaft vom Jah-
re 1765.
Von der Elektricität überhaupt,Wenn man Haar und Glas an einander reibt, ſo
ſcheinen die dadurch erzeugten Elektricitäten einander das
Gleichgewicht zu halten, und ſind alſo nach der verſchie-
denen Art des Reibens und nach der Beſchaffenheit des
Haares verſchieden.
Reibt man Haare eines lebenden Thieres, oder
friſch abgeſchnittene Haare mit einer Glasröhre der Länge
nach, ſo werden ſie poſitiv, und das Glas, welches hier
die ſtärkſte Reibung leidet, wird negativ. Wird aber
die Glasröhre queer über den Rücken des Thieres, oder
über ein friſches Fell gezogen, ſo wird das Glas poſitiv.
Altes trocknes Haar, an Glas oder an friſchem Haare ge-
rieben, wird allezeit negativ; wenn man es aber ein we-
nig mit Talg beſtreicht, ſo thut es eben die Wirkung, wie
friſches Haar. Man ſ. Wilke in den Abh. der königl.
ſchwed. Akad. vom Jahre 1769.
Die elektriſchen Körper ſind in Abſicht auf die Leich-
tigkeit, mit welcher ſich ihre Elektricität erregen läßt, in-
gleichen in Abſicht auf die Stärke und Dauer ihrer Elek-
tricität ſehr von einander verſchieden.
Die Seide ſcheint in Rückſicht auf ihre lang anhal-
tende und ſtarke anziehende und zurückſtoßende Kraft den
Vorzug vor allen andern elektriſchen Körpern zu ver-
dienen.
Das Glas hat den Vortheil, daß es das elektriſche
Licht und das Anziehen und Zurückſtoßen in einem ſehr
ſchnellen Fortgange und ſtark zeiget, aber ohne lang an-
haltende Dauer.
Die negativen elektriſchen Körper, z. B. Bernſtein,
Gummilak, Schwefel, Harz und alle harzige Subſtan-
zen zeigen die elektriſchen Erſcheinungen am längſten und
anhaltendſten. Bey günſtigen Umſtänden iſt eine einzi-
ge Erregung auf viele Wochen hinreichend. Eben dieſe
Zweytes Capitel. Körper ſind auch darum merkwürdig, weil ſie den Leitern,
die mit ihnen in Berührung kommen, eine ſehr ſtarke
elektriſche Kraft mittheilen, und auch dieſe Mittheilung
eine beträchtliche Zeit lang fortſetzen.
Zweytes Capitel.
Von den Elektriſirmaſchinen, nebſt Anweiſungen
zu ihrem Gebrauch.
Sobald man die Eigenſchaften der Elektricität nur ei-
nigermaßen entwickelt hatte, ſo beſtrebten ſich Na-
turforſcher und Künſtler, eine Menge Maſchinen zu Er-
regung und Anhäufung dieſer außerordentlichen Kraft an-
zugeben und zu verfertigen. Seitdem aber die Kennt-
niſſe der Elektricität zugenommen haben, und die Gren-
zen dieſer Wiſſenſchaft erweitert worden ſind, hat man
dieſe Maſchinen größtentheils wieder auf die Seite gelegt.
Jch will daher nur diejenige Elektriſirmaſchine beſchrei-
ben, welche jetzt allgemein im Gebrauch iſt. Ihre Ein-
richtung iſt höchſt einfach, und ſehr wohl geſchickt, die
elektriſche Materie nicht allein in großer Menge zu erre-
gen, ſondern auch in einem ſtarken und anhaltenden
Strome in den erſten Leiter überzuführen.
Taf. I. Fig. 1 und 2. ſtellen zwo nach dieſer allge-
mein beliebten Einrichtung gearbeitete Maſchinen vor.
Beyde werden auf einerley Art aufgeſtellet und gebraucht;
ſie ſind bloß in Abſicht auf den Mechaniſmus unterſchie-
den, durch welchen der Cylinder in Bewegung geſetzt
wird.
In Fig. 2. wird der Cylinder vermittelſt zweyer
Räder a b, c d umgedrehet, welche durch eine Schnur
verbunden ſind, von der man bey e und f einen Theil ſehen
kan; in Fig. 1. hingegen wird er durch eine bloße Kurbel
Von den Elektriſirmaſchinen. bewegt, welche Einrichtung einfacher iſt, und nicht ſo leicht
in Unordnung geräth. Dennoch ziehen viele praktiſche
Liebhaber der Elektricität eine Maſchine mit mehrern ver-
bundenen Rädern vor. Sie ſagen, der Operator werde
dadurch nicht ſo ſehr, als durch das Umdrehen der bloßen
Kurbel, ermüdet; und eine mäßige Verſtärkung der Ge-
ſchwindigkeit des Cylinders vermehre die Bewegung der
elektriſchen Materie, und bringe in eben derſelben Zeit
eine größere Menge Materie hervor, daher ſie das Küſſen
nicht ſo leicht einſchlucken könne.
Da beyde Maſchinen, Taf. I. Fig. 1 und 2. ein-
ander ſo ähnlich ſind, ſo kann ich bey ihrer Beſchreibung für
beyde einerley Buchſtaben gebrauchen.
A B C iſt das Fußbret der Maſchine, auf welchem
die beyden Stützen D und E, die den gläſernen Cylinder
F G H I tragen, feſt aufſtehen. Die Axe, an welcher
der Cylinder gedrehet wird, iſt in zwo Hauben befeſtigt,
welche bisweilen von Meſſing, bisweilen von Holz, ge-
macht werden; an jedes Ende des Cylinders iſt eine von
dieſen Hauben angeküttet, die man in den Figuren bey
K ſiehet. Die in der Haube K befeſtigte Axe geht durch
die Stütze D; ans Ende dieſer Axe iſt entweder, wie in
Fig. 1. eine bloße Kurbel, oder wie in Fig. 2., ein Wür-
tel angepaßt. Die Axe der andern Haube läuft in einem
kleinen Zapfenloche im obern Theile der Stütze E. OP
iſt eine Glasſäule, welche das Küſſen trägt; T, eine
meſſingene Schraube am Fuße dieſer Säule, dient den
Druck des Küſſens gegen den Cylinder zu reguliren; g h i
ein Stück Seidenzeug, welches von dem untern Rande
des Küſſens aus, und über den Cylinder ſo weit hinweg-
geht, daß es faſt an den Collector, oder an die einſaugen-
den Spitzen des erſten Leiters anſtößt. Oben an der
Glasſäule O P befindet ſich ein hölzerner Arm, welcher
einen mit dem Küſſen verbundenen Conduktor, oder den
ſogenannten negativen Conduktor trägt. In beyden Fi-
guren wird derſelbe hart am Küſſen anliegend und mit
Zweytes Capitel. dem Glascylinder parallel laufend vorgeſtellt. In Fig. 1
iſt er etwas zu weit vorwärts und der Kurbel zu nahe ge-
rückt, damit man bey R S etwas davon zu ſehen bekom-
me; in Fig. 2. ſieht man bloß das Ende R S.
Y Z, Fig. 1 und 2, iſt der poſitive erſte Leiter, oder
derjenige, welcher die Elektricität unmittelbar aus dem
Cylinder erhält, L M die Glasſäule, welche ihn trägt und
iſolirt, und V X der hölzerne Fuß dieſer Glasſäule. In
Fig. 1 iſt dieſer Conduktor mit dem Glascylinder parallel
geſtellt; Fig. 2 aber ſteht er gegen den Cylinder recht-
winklicht; man kan ihm nach Befinden der Umſtände, und
ſo, wie es dem Operator am bequemſten fällt, entweder
die eine, oder die andere Stellung geben.
Soll der negative Conduktor ebenfalls rechtwinklicht
gegen den Cylinder, und mit dem Conduktor Y Z, Fig.
2, parallel ſtehen, ſo muß er auf ein iſolirendes Stativ
befeſtiget, und durch einen unter dem Cylinder hindurch-
gehenden Drath mit dem Küſſen verbunden werden.
7. Verſuch.
Man drehe die Maſchine, und verbinde das Küſſen
durch eine Kette mit dem Fußboden des Zimmers, ſo
werden die Körper, welche mit dem poſitiven Conduktor
verbunden ſind, poſitiv elektriſirt werden.
Verbindet man hingegen den poſitiven Conduktor
burch eine Kette mit der Erde, und nimmt die Kette vom
Küſſen hinweg, ſo werden die Körper, welche mit dem
negativen Conduktor verbunden ſind, negativ elektriſiret.
Die vornehmſten Theile einer Elektriſirmaſchine ſind
folgende: 1) Der elektriſche Körper, hier der Glascylinder.
2) Die mechaniſche Vorrichtung, durch welche der
Cylinder bewegt wird.
3) Das Küſſen nebſt Zubehör.
4) Die zween erſten Leiter.
Von den Elektriſtrmaſchinen.Ehe man die Elektriſirmaſchine drehet, unterſuche
man vorher diejenigen Theile, welche durch das Reiben
oder durch Schmuz und Sand zwiſchen den reibenden Flä-
chen beſchädigt werden könnten, beſonders die Axen, wel-
che in den hölzernen Stützen D und E umlaufen, und die
Zapfen des großen Rades c d Fig. 2. Wenn man das
Küſſen wegnimmt, ſo muß der Cylinder vollkommen frey
umlaufen. Hört man beym Umdrehen deſſelben ein Kra-
tzen oder ein anderes unangenehmes Geräuſch, ſo ſuche
man die Stelle, von der es herkömmt, wiſche ſie rein ab,
und ſtreiche etwas ſehr weniges Unſchlitt darüber. Eben
ſo unterſuche man die Axe des großen Rads c d Fig. 2.
Gelegentlich laſſe man einen Tropfen Oel auf die Axe des
Cylinders fallen, unterſuche die Schrauben am Geſtell
und Cylinder, und ziehe ſie feſter an, wenn ſie locker ſind.
Den Glascylinder wiſche man ſorgfältig ab, um ihn
von der Feuchtigkeit zu befreyen, welche das Glas aus
der Luft an ſich nimmt; insbeſondere ſorge man dafür,
daß an den Enden des Cylinders nichts feuchtes bleibe.
Jede daſelbſt zurückbleibende Näſſe leitet die Elektricität
aus dem Cylinder in die Stützen ꝛc.
Man ſorge, daß kein Staub, keine Fäden oder Fa-
ſern auf dem Cylinder, dem Geſtell, den Leitern und den
iſolirenden Säulen bleiben; ſie würden die elektriſche Ma-
terie nach und nach zerſtreuen, und die Wirkung der
Maſchine ſchwächen.
Man reibe den Cylinder zuerſt mit einem reinen
dichten, trocknen, warmen leinenen Tuche, oder mit
Waſchleder, und dann mit einem trocknen, warmen und
weichen Stück Seidenzeug; eben ſo verfahre man mit
allen gläſernen iſolirenden Säulen der Maſchine und des
übrigen Apparats: doch müſſen dieſe Säulen, weil ſie
überfirnißt ſind, gelinder als der Cylinder gerieben werden.
Bisweilen ſetzt man auch ein heißes Eiſen auf den
Fuß des Conductors, um die Feuchtigkeit abzudampfen,
welche den Verſuchen hinderlich ſeyn könnte.
Zweytes Capitel.Wenn man gute und wirkſame Mittel ausfindig
machen will, durch eine Elektriſirmaſchine die Elektricität
ſtark zu erregen, ſo muß man ſich nothwendig Begriffe
von dem Mechaniſmus machen, durch welchen der Cylin-
der die elektriſche Materie aus dem Küſſen und den damit
verbundenen Körpern ausziehet. Jch will daher die
Muthmaßungen beyfügen, nach welchen ich ſelbſt gear-
beitet habe. Sie haben mich in Stand geſetzt, mit den
Maſchinen, welche durch meine Hände gegangen ſind,
allezeit eine ſehr ſtarke Elektricität zu erregen.
Jch halte dafür, daß da, wo das Küſſen genau an
den Cylinder anſchließt, der Widerſtand der Luft ge-
ſchwächt werde, oder eine Art von Vacuum entſtehe.
Vermöge der Geſetze aller elaſtiſchen flüßigen Materien
dringt die elektriſche Materie dahin ein, wo ſie den we-
nigſten Widerſtand findet; in dem Augenblicke alſo, da
der Cylinder das Küſſen verläßt, ſtrömt elektriſche Ma-
terie in Menge aus. Je vollkommner nun die Berüh-
rung iſt, und je ſchneller ſie aufgehoben wird, deſto größer
iſt die Menge der aus dem Küſſen ausgehenden Materie.
Da aber die elektriſche Materie in dieſem Zuſtande begie-
rig in jede in der Nähe befindliche leitende Subſtanz ein-
dringt, ſo wird, wofern einiges Amalgama über der Stel-
le des Kiſſens liegt, die der Cylinder berührt, daſſelbe
einen Theil der elektriſchen Materie in ſich nehmen und in
das Behältniß, aus welchem er gekommen iſt, zurück-
führen.
Sind dieſe Muthmaßungen gegründet, ſo muß man,
um die Elektricität durch eine Maſchine ſtark zu erregen.
1) Die Theile des Küſſens ausſuchen, welche von
dem Glascylinder gedrückt werden.2) Das Amalgama nur allein auf dieſe Theile
ſtreichen.3) Die Berührungslinie zwiſchen dem Cylinder
und dem Küſſen ſo vollkommen, als möglich, machen.
Von den Elektriſirmaſchinen.4) Die geſammlete elektriſche Materie vor der Zer-
ſtreuung bewahren.
Um das Jahr 1772 verſuchte ich, auf die Vorder-
ſeite des Küſſens einen lockern ledernen Lappen zu legen;
das Amalgama ward über den ganzen Lappen geſtrichen,
das Küſſen an den gehörigen Ort geſtellt, und der lederne
Lappen mehr oder weniger niederwärts oder vielmehr ein-
wärts gebogen, bis ich durch wiederholte Verſuche end-
lich die Stellung fand, in welcher die Wirkung am ſtärk-
ſten war; denn durch dieſes Mittel ward die Menge des
gegen den Cylinder wirkenden Amalgama vermindert. Na-
türlich führte mich dies darauf, die Breite des Küſſens zu
vermindern, und es ſo zu ſtellen, daß man es leicht erhö-
hen oder erniedrigen konnte.
Die Vortheile, welche ich durch dieſe Methode er-
hielt, wurden durch die Erfindung eines ſinnreichen Na-
turforſchers noch mehr vergrößert. Dieſer leimte ein
Stück Leder an ein großes Stück Kork, ſtrich ſein Amal-
gama auf das Leder, und rieb damit die Zone des Glas-
cylinders, welche gegen das Küſſen drückte. Durch dieſe
vortrefliche Erfindung wird die Berührungslinie zwiſchen
dem Cylinder und dem Küſſen ſehr vollkommen, die klei-
nern Zwiſchenräume des Glaſes werden mit dem Amal-
gama ausgefüllt, und die überflüßigen Theile deſſelben ſe-
tzen ſich an das Küſſen ab.
Beccaria giebt an, das ſo auf der Oberfläche des
Glaſes haftende Amalgama bilde eine ununterbrochene
Reihe von leitenden Theilchen, welche die elektriſche Ma-
terie in den erſten Leiter, und unter gewiſſen Umſtänden
wieder zurück in das Küſſen führten.
Ein anderer ſcharfſinniger Kenner der Elektricität
beſtimmt die Berührungslinie zwiſchen Cylinder und Küſ-
ſen dadurch, daß er mit aufgelöſeter weißer Farbe eine Li-
nie auf dem Cylinder zieht: beym Umdrehen ſetzt ſich dieſe
Farbe ans Küſſen ab, und bezeichnet die Stellen, welche ge-
gen den Cylinder drücken. Das Amalgama wird alsdann
Zweytes Capitel. bloß an die Stellen geſtrichen, welche von der weißen Far-
be bezeichnet ſind.
Beyde Methoden führen zum Zweck. Wählt man
die erſte, ſo darf man kein Amalgama auf das Küſſen
ſtreichen; das auf den Cylinder geriebene und von demſel-
ben beym Umdrehen auf das Küſſen abgeſetzte, iſt ſchon
hinreichend, eine erſtaunliche Menge elektriſche Materie
hervorzubringen. Wenn man den Cylinder mit dem
amalgamirten Leder reiben will, ſo muß man das Stück
Wachstaffet oder ſchwarzen Taffet, welches über dem
Küſſen liegt, zurückſchlagen, und wenn zufälliger Weiſe
einige Theilchen Amalgama daran kleben, dieſelben ſorg-
fältig abwiſchen,.
Wenn die Elektricität des Cylinders ſchwächer wer-
den will, ſo kann man ſie leicht von neuem verſtärken,
wenn man den darüber liegenden Taffet zurückſchlägt, und
dann den Cylinder mit dem amalgamirten Leder reibt.
Ein wenig Unſchlitt über das Amalgama geſtrichen,
verſtärkt, wie man gefunden hat, das elektriſche Vermö-
gen des Cylinders.
8. Verſuch.
Wenn der Cylinder ſtark in Wirkung geſetzt iſt, ſo
geht eine Menge runder leuchtender Stralen aus dem
Küſſen; hält man aber eine Reihe metalliſcher Spitzen
dagegen, ſo verſchwinden ſie wieder. Die leitende Sub-
ſtanz des Metalls ſaugt die elektriſche Materie ein, noch
ehe ſie die Geſtalt dieſer Stralen annehmen, oder ſich in
die Luft zerſtreuen kann.
Wir ſehen hieraus, daß man, um den Verluſt der
erregten elektriſchen Materie zu verhüten, die Luft abhal-
ten müſſe, auf die Materie zu wirken, welche durch die
Erregung in Bewegung geſetzt wird. Denn die Luft wi-
derſteht nicht allein dem Ausgange der elektriſchen Mate-
rie, ſondern ſie zerſtreut auch die geſammlete Materie wie-
Von den Elektriſirmaſchinen. der vermittelſt der leitenden Stäubgen, welche jederzeit
in ihr herumfliegen.
Dieſe Abſichten werden nun ſehr glücklich erreicht,
wenn man eine nicht leitende Subſtanz von der Berüh-
rungslinie an bis an die einſaugenden Spitzen des erſten
Leiters gehen läßt, und dieſe Spitzen in ihre Atmoſphäre
ſetzt. Iſt kein Amalgama auf das Küſſen geſtrichen, ſo
iſt ein bloßes Stück ſchwarzer Taffet, allenfalls ganz
leicht mit Wachs imprägnirt, hinreichend. Man befe-
ſtiget es an den untern Rand des Küſſens, und läßt es bis
an die einſaugenden Spitzen des Conduktors gehen. Iſt
aber das Amalgama auf dem Kiſſen, ſo thut ein Stück
Wachstaffet die beſten Dienſte.
Einer meiner Freunde erzählte mir, er habe vor ei-
nigen Jahren ein Stück ſchwarzen Seidenzeug gebraucht,
und daſſelbe über und über mit einem mit ein wenig
Wachs vermiſchten Amolgama imprägnirt, welches er
mit einem Schwamm in die Seide eingerieben habe.
Sey die Kraft der Maſchine unter währendem Gebrauch
ſchwächer geworden, ſo habe er ſie dadurch wieder ver-
ſtärkt, daß er den amalgamirten Schwamm an den Cy-
linder gehalten und denſelben umgedrehet habe.
Oft iſt es ſehr vortheilhaft, den Wachstaffet oder
Seidenzeug vorher zu trocknen, ehe die Maſchine ge-
braucht wird.
Man muß nicht eher glauben, daß die Maſchine in
gutem Stande ſey, als bis ſie das elektriſche Licht in groſ-
ſer Menge ausſtrömt, und man aus dem Conductor ſtarke,
dichte und ſchnell auf einander folgende Funken erhält.
Wird der Conductor weggenommen, ſo muß das Feuer
rund um den Cylinder leuchten und viele ſchöne leuchtende
Büſchel auswerfen.
Man ſchätzt gegenwärtig beſonders zwo Arten von
Amalgama. Die eine beſteht aus fünf Theilen Queckſil-
ber, und einem Theile Zink mit ein wenig Wachs zuſam-
mengeſchmolzen: die andere iſt das in den Kaufläden zu
Zweytes Capitel. habende Aurum muſivum. Nach vielfältigen Proben
finde ich es dennoch ſchwer zu entſcheiden, welche Art die
beſte ſey.
Der nachfolgende Verſuch ſcheint die vorhergegange-
nen Muthmaßungen über den Mechaniſmus, durch wel-
chen die elektriſche Materie aus dem Küſſen und den da-
mit verbundenen Körpern gezogen wird, zu erläutern und
zu beſtätigen.
9. Verſuch.
Man zerbreche eine Stange Siegellak in zwey Stü-
cken; ſo werden die beyden Enden auf dem Bruche, die
ſich vorher berührten, entgegengeſetzte Elektricitäten zei-
gen; das eine wird poſitiv, das andere negativ elektriſirt
ſeyn.
Iede Elektriſirmaſchine muß mit einem iſolirten
Küſſen und mit zween Conductoren, einem zur poſitiven,
dem andern zur negativen Elektricität, verſehen ſeyn; auf
dieſe Art kann man beyde Elektricitäten nach Gefallen
hervorbringen, eine größere Anzahl Verſuche anſtellen,
und die Eigenſchaften der elektriſchen Materie leichter
erklären.
10. Verſuch.
Man verbinde den poſitiven Conductor durch eine
Kette mit dem Tiſche, und drehe den Cylinder, ſo wird
man das Küſſen negativ elektriſiret finden. Nun nehme
man die Kette von dem poſitiven Conductor hinweg, ſo
werden beyde, der Conductor und das Küſſen, Zeichen der
Elektricität von ſich geben; aber jeder elektriſirte Körper,
der von dem einen angezogen wird, wird von dem andern
zurückgeſtoßen werden. Bringt man beyde nahe genug
an einander, ſo werden Funken zwiſchen ihnen entſtehen,
und ſie werden auf einander ſelbſt ſtärker, als auf andere
Körper, wirken. Verbindet man ſie mit einander, ſo
Von den Elektriſirmaſchinen. werden ſich beyder Elektricitäten unter einander aufheben;
denn, obgleich die Elektricität aus dem Küſſen in den Con-
ductor überzugehen ſcheinet, ſo werden doch beyde, wenn
ſie verbunden ſind, kein Zeichen der Elektricität von ſich
geben, weil die elektriſche Materie beſtändig von einem
zum andern circuliret, und allezeit in eben demſelben
Zuſtande bleibt.
Wir ſehen aus dieſem Verſuche, daß die elektriſchen
Erſcheinungen ſowohl in dem elektriſchen Körper, welcher
gerieben wird, als auch in der Subſtanz, mit welcher
man ihn reibt, entſtehen, wofern nur dieſe Subſtanz iſo-
lirt iſt; aber beyder Elektricitäten ſind einander gerade
entgegengeſetzt, und geben ſich durch entgegengeſetzte Wir-
kungen zu erkennen.
11. Verſuch.
Sind der Conductor und das Kiſſen beyde iſolirt, ſo
erhält man deſto weniger elektriſche Materie, je vollkom-
mener die Iſolirung iſt.
Die Feuchtigkeit, welche ſich zu allen Zeiten in der
Luft befindet, und die ſeinen ſpitzigen Faſern, von welchen
man das Küſſen unmöglich ganz befreyen kan, laſſen keine
vollkommene Iſolirung des Küſſens zu, und machen, daß
der elektriſchen Materie immer noch einiger Zugang zu
demſelben übrig bleibt.
Wenn die Luſt und die andern Theile des Apparatus
ſehr trocken ſind, ſo wird man unter den oben beſchriebe-
nen Umſtänden wenig oder gar keine Elektricität erhalten.
Man hat aus dieſem Verſuche geſchloſſen, daß die
elektriſche Materie nicht blos in den elektriſchen Körpern
ſelbſt liege, ſondern durch das Reiben derſelben aus der
Erde gezogen werde; oder, daß die elektriſche Materie
des erſten Leiters nicht durch das Reiben des Cylinders am
Küſſen hervorgebracht, ſondern nur durch dieſe Ope-
ration aus dem Küſſen und den damit verbundenen Kör-
pern geſammlet werde.
Zweytes Capitel.Da D. Franklin dieſen Gedanken, daß die elektri-
ſche Materie aus der Erde geſammlet werde, zuerſt auf-
gebracht hat, ſo habe ich hier den Verſuch, der ihn auf
dieſe Schlußfolge leitete, nach ſeiner eignen Erzählung
beyfügen wollen.
12. Verſuch.
1) Man laſſe eine Perſon auf Pech treten und eine
Glasröhre reiben, eine andere aber, die ebenfalls auf
Pech ſtehet, einen Funken aus derſelben ziehen, ſo wer-
den beyde (wofern ſie nur nicht ſo nahe ſtehen, daß ſie
einander berühren) gegen eine dritte Perſon, welche auf
dem Boden des Zimmers ſtehet, Zeichen der Elektricität
von ſich geben. 2) Wenn aber die auf Pech ſtehenden
Perſonen einander ſelbſt während des Reibens der Röhre
berühren, ſo findet ſich bey keiner von beyden ein Zei-
chen einer Elektricität. 3) Wenn ſie einander nach dem
der Reiben der Röhre berühren, und wie vorher einen
Funken ausziehen, ſo wird der Funken zwiſchen ihnen
beyden ſtärker ſeyn, als der Funken zwiſchen einem von
ihnen und einer auf dem Boden ſtehenden Perſon. 4)
Nach dieſem ſtarken Funken wird ſich an keinem von bey-
den weiter einige Elektricität zeigen.
Von dieſen Erſcheinungen giebt er folgende Erklä-
rung. Er nimmt an, die elektriſche Materie ſey ein ge-
meinſchaftliches Element, von welchem jede dieſer drey
Perſonen, ehe das Reiben der Nöhre anfieng, ein gleich
großes Maaß gehabt habe. A, welcher auf Pech ſteht,
und die Röhre reibt, giebt ſeine eigne elektriſche Materie
an das Glas ab, und da ſeine Verbindung mit der Erde
durch das Pech abgeſchnitten iſt, ſo wird dieſer Verluſt
ſeinem Körper nicht ſogleich wieder erſetzet. B, der eben-
falls auf Pech ſtehet, nimmt, indem er den Knöchel ſei-
nes Fingers längſt der Röhre hinführet, die aus dem Kör-
per des A geſammlete Materie an ſich, und behält dieſen
Ueberſchuß, weil er iſolirt iſt. C, der auf dem Boden
Von den Elektriſirmaſchinen. ſteht, findet ſie alſo beyde elektriſiret; denn da er nur die
mittlere Quantität elektriſcher Materie in ſich hat, ſo er-
hält er einen Funken bey der Annäherung an B, welcher
Ueberſchuß hat, und giebt einen Funken an A, welcher
Mangel hat. Nähern ſich A und B einander ſelbſt, ſo iſt der
Funken ſtärker, weil der Unterſchied zwiſchen beyden größer
iſt. Nach der Berührung zeigen ſich keine Funken mehr
zwiſchen ihnen und C, weil die elektriſche Materie bey allen
wieder zu ihrer urſprünglichen Gleichheit zurückgekommen
iſt. Berühren ſie einander währendem Reiben, ſo wird
die Gleichheit nicht geſtört, die Materie geht nur aus dem
einen in den andern über. Man ſagt daher, B ſey poſi-
tiv, A negativ elektriſiret.
Beſchreibung
einiger Theile der elektriſchen Geräthſchaft.
Taf. II. Fig. 1. zeigt den gewöhnlichen Auslader
(diſcharging rod, excitateur); er wird insgemein von
meßingenem Drath gemacht, und iſt an beyden Enden mit
Knöpfen oder Kugeln verſehen. Will man eine Leidner
Flaſche damit entladen, ſo nimmt man den halbkreisför-
migen Theil in die Hand, ſetzt die eine Kugel an die Be-
legung der Flaſche, und bringt die andere gegen den Knopf
des ins Innere der Flaſche gehenden Draths. Es wird
alsdann eine Exploſion entſtehen, und die Flaſche entladen
werden.
Taf. II. Fig. 2 iſt ein Auslader mit einem Char-
nier und gläſernen Handgrif. Man kan vermittelſt des
Charniers C ſeine beyden Schenkel bewegen, und in jede
beliebige Entfernung ſtellen. Die Enden dieſer Schenkel
ſind ſpitzig; man kan aber die Kugeln a, b über die Spi-
tzen ſchrauben, und nach Gefallen wieder abnehmen; ſo
daß man, je nachdem es erforderlich iſt, entweder die Ku-
geln oder die Spitzen gebrauchen kan.
Zweytes Capitel.Taf. II. Fig. 3. zeigt den allgemeinen Auslader,
ein Inſtrument von ſehr ausgebreitetem Nutzen, wenn man
Verbindungen machen will, um den elektriſchen Schlag
durch einen Theil eines gegebenen Körpers zu führen. Es
werden im folgenden viele Beyſpiele von dem Gebrauche
dieſes Werkzeugs vorkommen. Wenn dieſer allgemeine
Auslader etwas groß gemacht wird, ſo übertrift er alle
andere Werkzeuge, die man bisher angegeben hat, um
ſich ſelbſt elektriſiren zu können. A B iſt der hölzerne Fuß
des Inſtruments; auf dieſem ſtehen zwo ſenkrechte Glas-
ſäulen C D, auf deren jede eine meßingene Kappe geküttet
iſt. An dieſen Kappen beſindet ſich ein doppeltes Char-
nier, das man ſowohl vertical als horizontal drehen kan;
oben an jedem Gelenk iſt eine federnde Röhre, in welche
man die Dräthe E T, E F ſtecken kan. Dieſe Dräthe
laſſen ſich in jede beliebige Entfernung von einander ſtel-
len, und nach allen Richtungen drehen. Ihre Enden
ſind zugeſpitzt, man kan aber an die Spitzen erforderlichen
Falls die meßingenen Kugeln ſtecken, welche durch eine
Feder mit einem Drucker daran befeſtiget werden. G H
iſt ein kleines hölzernes Tiſchgen, auf deſſen oberer Fläche
ein Streif Elfenbein eingelegt iſt: dieſes Tiſchgen hat
einen cylindriſchen Fuß, welcher in die Höhlung der Säule
I paſſet; man kann es nach Befinden der Umſtände höher
oder niedriger ſtellen, und in jeder Stellung durch die
Schraube K befeſtigen.
Taſ. II. Fig. 4. iſt eine kleine hölzerne Preſſe, mit
einem Stiele verſehen, der in die Höhlung der Säule I
Fig. 3. paſſet, und in dieſelbe geſteckt werden kann, wenn
man das Tiſchgen G H weggenommen hat. Die Preſſe
beſteht aus zwey Bretgen, welche durch die Schrauben a a
hart an einander gedrückt werden.
Taf. II. Fig. 5. iſt des Herrn Rinnersley elektri-
ſches Luftthermometer. a b iſt eine Glasröhre, an
jedem Ende mit einer angekütteten meßingenen Kappe ver-
Von den Electriſirmaſchinen. ſehen; c d eine engere an beyden Enden offene Glasröhre,
welche durch die obere Platte hindurch geht, und bis nahe
an die untere Platte reicht; an den obern Theil dieſer Röh-
re iſt eine buchsbäumene Scale befeſtiget, und in Zolle
und Zehntheile getheilt; g iſt ein meßingener Stab mit
einem Knopfe, den man in die untere Platte einſchraubet.
Ein anderer ähnlicher Stab f h geht vermittelſt eines
luftdichten Leders durch die obere Platte, und kan in jede
beliebige Entfernung von dem untern Stabe geſtellt wer-
den.
Die Liebhaber der Elektricität haben ſchon längſt ein
Inſtrument gewünſcht, wodurch man auf eine genaue
und beſtimmte Art den Grad der Stärke der Elektricität
bey jedem Verſuche finden könnte. Man hat in dieſer
Abſicht ſehr viele Vorſchläge gethan und ausgeführt, die
aber bey angeſtellten Proben alle mangelhaft befunden
worden ſind.
Herr Achard, der dieſe Materie ſehr aufmerkſam
unterſucht hat, verlangt von einem Elektrometer fol-
gende Eigenſchaften. 1) Daß es einfach und nicht aus vielen Theilen zu-
ſammengeſetzt ſey.
2) Daß die Veränderungen der Atmoſphäre nicht
darauf wirken.
3) Daß es eben ſowohl kleine als große Grade der
Elektricität anzeige.
4) Daß es ſich auf kein willkührliches Maaß beziehe.
5) Daß die Stärke der Elektricität durch eine be-
ſtimmte unveränderliche Kraft, z. B. durch die Schwere,
ausgedrückt werde.
6) Daß der Obſervator die Theilungen bis auf eine
gewiſſe Entfernung ſehen könne, wodurch verhindert wird,
daß er den Einfluß der Elektricität nicht durch die Annä-
herung ſeines Körpers ſchwächen kan.
Taf. II. Fig. 6 ſtellt das Duadranten-elektrome-
ter vor, welches unter den bisher erfundenen Inſtrumen-
Zweytes Capitel. ten dieſer Art das brauchbarſte iſt, theils um den Grad
der Elektricität eines Körpers zu meſſen, theils die Stärke
der Ladung vor der Exploſion zu beſtimmen, theils auch
den Zeitpunkt genau zu bemerken, in welchem ſich die
Elektricität einer Flaſche verändert, wenn ſie ohne Explo-
ſion entladen wird, indem man ihr eine gewiſſe Quantität
von der entgegengeſetzten Elektricität mittheilet. Die
Säule L M wird insgemein von Holz, der graduirte Bo-
gen N O P von Elfenbein, der Stab R S aber von ſehr
leichtem Holze mit einer Holundermarkkugel am Ende, ge-
macht; der letztere dreht ſich um den Mittelpunkt des
Halbkreiſes ſo, daß er allezeit nahe an der Oberfläche
deſſelben bleibt; das Ende der Säule L M kann entweder
an den Conductor oder an den Knopf einer Flaſche ange-
paſſet werden. Wenn der Apparatus elektriſirt iſt, ſo
wird der Stab von der Säule zurückgeſtoſſen, bewegt ſich
längſt am getheilten Bogen des Halbkreiſes hin, und be-
zeichnet den Grad, bis auf welchen der Conductor elektri-
ſiret, oder bis auf welchen die Ladung der Flaſche geſtie-
gen iſt.
Beccaria räth an, den Zeiger zwiſchen zween Halb-
kreiſen zu befeſtigen, weil er, wenn er nur an einem ein-
zigen Halbkreiſe gehe, von der Elektricität deſſelben zurück-
geſtoßen werde, und ſich nicht frey bewegen könne. Noch
andere Verbeſſerungen und Veränderungen dieſes Inſtru-
ments werden wir unten beſchreiben.
Taf. II. Fig. 9 iſt ein ſchon vor vielen Jahren von
Herrn Townſhend erfundenes Elektrometer, um die
jedesmalige Stärke der elektriſchen Exploſion zu meſſen.
a b iſt eine kleine elfenbeinerne Platte, c ein locker geſtell-
ter elſenbeinerner Kegel, der auf die Platte a b geſetzt
wird; e f g eine runde Scheibe, welche ſich ganz frey in
zwoen Spitzen drehen kan; aus dieſer Scheibe geht der
hölzerne Arm d hervor, und liegt auf dem elfenbeinernen
Kegel c auf. Man läßt den entladenden Schlag unter
dem Kegel durchgehen, ſo daß er den Arm d in die Höhe
Von den Elektriſirmaſchinen. wirft; der Zeiger h bemerkt die Höhe dieſes Wurfs. An
dem einen Ende des Fußbrets i iſt eine ſeidne Schnur be-
feſtiget, welche über die Scheibe e f g geleitet, und am
andern Ende mit einem Gegengewichte k beſchweret iſt,
um die Friktion der Scheibe zu reguliren.
Fig. 8 iſt ein iſolirendes Stativ, deſſen Füſſe
von Glas ſind. Beym Gebrauch wird die Iſolirung voll-
kommener ſeyn, wenn man einen recht trocknen Bogen
Papier unter die Füſſe des Stativs leget.
Drittes Capitel.
Eigenſchaften des elektriſchen Anziehens und Zu-
rückſtoßens, durch Verſuche mit leichten
Körpern erläutert.
Das ſtarke Anziehen und Zurückſtoſſen war das erſte,
was die Naturforſcher auf die Natur der Elektrici-
tät aufmerkſam machte. Dieſe räthſelhaften Eigenſchaf-
ten veranlaſſen ſo mannigfaltige und ſo angenehme Er-
ſcheinungen, daß man ſich gleichſam durch eine Zauber-
kraft zu weitern Unterſuchungen fortgeriſſen fühlte, welche
auch durch die wichtigſten Entdeckungen hinreichend be-
lohnt wurden.
Man hat mit dem eifrigſten Beſtreben alle Kräfte
des Genies aufgeboten, um die Urſachen dieſer Eigen-
ſchaften zu entdecken; allein wir müſſen leider bekennen,
daß ſie noch immer ins tieſſte Dunkel gehüllt bleiben, und
daß wir uns in Abſicht auf den Mechaniſmus, durch wel-
chen leichte Körper, wenn ſie elektriſiret werden, ſich ein-
ander nähern oder von einander entfernen, faſt gänzlich in
Unwiſſenheit befinden.
Drittes Capitel.Eine Unterſuchung der Schwierigkeiten, in welche
dieſe Materie verwickelt iſt, würde mich zu weit von der
Abſicht des gegenwärtigen Werks entfernen; ich gehe da-
her ſogleich zur Erzählung der allgemeinen Eigenſchaften
oder Wirkungsarten fort, welche man bey dem elektriſchen
Anziehen und Zurückſtoßen bemerkt, und werde hernach
die Verſuche beſchreiben, aus welchen man dieſe Eigen-
ſchaften hergeleitet hat, oder durch welche man ſie erläu-
tern kan.Allgemeine Eigenſchaften des elektriſchen Anziehens
und Zurückſtoßens.
1) Wenn die elektriſche Materie in Bewegung iſt,
ſo ſetzt ſie leichte Körper in diejenige Stellung, in welcher
ſie dieſelben am leichteſten und geſchwindeſten durchdringen
kann; und dieß im Verhältniß des Gewichts der Körper,
ihrer leitenden Kraft und des Zuſtands der Luft.
2) Poſitiv elektriſirte Körper ſtoßen einander zurück.
3) Negativ elektriſirte Körper ſtoßen einander eben-
falls zurück.
4) Körper, welche auf entgegengeſetzte Art elektriſi-
ret ſind, ziehen einander ſtark an.
5) Elektriſirte Körper ziehen nichtelektriſirte Sub-
ſtanzen an.
6) Subſtanzen, welche in den Wirkungskreis elek-
triſirter Körper gebracht werden, erhalten die entgegenge-
ſetzte Elektricität. Oder: Elektriſirte Subſtanzen wirken
auf andere in ihrer Nachbarſchaft befindliche Körper und
bringen in ihnen diejenige Elektricität hervor, welche ihrer
eignen entgegengeſetzt iſt, ohne jedoch dadurch etwas von
ihrer eignen Elektricität zu verlieren. Oder auch: Kör-
per, welche in eine elektriſche Atmoſphäre kommen, erhal-
ten allezeit diejenige Elektricität, welche der Elektricität
des Körpers, in deſſen Atmoſphäre ſie ſich beſinden, ent-
gegengeſetzt iſt.
Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen.13. Verſuch.
Man ſtecke das Ende A des Draths A B, Fig. 10,
in die kleine Oeffnung, welche ſich am Ende des erſten
Conductors befindet, und drehe den Cylinder, ſo werden
ſich die Federn, welche durch leinene Fäden mit dem Dra-
the verbunden ſind, von einander trennen; die ſaſerigten
Theile derſelben werden auffchwellen, und ſich auf eine an-
genehme Art nach allen Richtungen ausbreiten.
Man bringe nunmehr eine metalliſche Spitze, den
Finger, oder einen andern leitenden Körper gegen die Fe-
dern, ſo werden die faſerigten Theile derſelben ſogleich zu-
ſammenfallen, die Federn werden nicht mehr auseinander
gehen, ſondern zuſammenkommen und ſich an den leiten-
den Körper hängen.
Die Urſache dieſer Entfernung der Federn von ein-
ander und ihres Strebens gegen leitende Körper iſt das
Beſtreben der ihnen mitgetheilten Elektricität, ſich aus-
zubreiten, und der Widerſtand, den daſſelbe in der Luft
antrift.
14. Verſuch.
Man ſtecke das Ende C des Draths C D, Fig. 11,
in die Oefnung am Ende des Conductors, und drehe die
Maſchine, ſo werden die beyden Kügelchen c d aus einan-
der gehen. Man bringe einen leitenden Körper in ihren
Wirkungskreis, ſo werden ſie gegen denſelben fliegen.
Man berühre den Conductor mit einem leitenden Körper,
ſo werden ſie ſogleich zuſammen kommen.
Die Kugeln gehen nicht allezeit ſo weit aus einan-
der, als man von der Wirkung ihrer Atmoſphären erwar-
ten ſollte, weil die Atmoſphäre des Conductors Einfluß
auf ſie hat.
Die Kugeln und Federn werden die nämlichen Er-
ſcheinungen zeigen, wenn ſie mit einem negativ elektriſir-
ten Conductor verbunden werden.
Drittes Capitel.15. Verſuch.
Man halte einen feinen Faden gegen einen elektri-
ſirten Conductor; wenn man in die gehörige Entfernung
kömmt, ſo wird der Faden gegen den Conductor fliegen,
an demſelben hängen bleiben und die elektriſche Materie
daraus in die Hand führen. Man ziehe den Faden ein
wenig vom Conductor ab, ſo wird er ſehr ſchnell und auf
eine ſehr angenehme Art rückwärts und vorwärts fliegen.
Man halte eben dieſen Faden gegen einen andern, der
vom Conductor herabhängt, ſo werden beyde einander an-
ziehen und an einander hängen bleiben. Man bringe
einen leitenden Körper, z. B. eine meſſingene Kugel, ge-
gen dieſe Fäden, ſo wird dieſe Kugel den mit der Hand
gehaltenen Faden zurückſtoßen, den am Conductor befe-
ſtigten aber anziehen. Der obere Faden nämlich macht
die meſſingene Kugel negativ, und geht alſo auf ſie zu;
der untere hingegen, der ebenfalls negativ iſt, wird von
ihr zurückgeſtoßen. Bringt man die Kugel an den un-
tern Theil des untern Fadens, ſo wird dieſer von ihr an-
gezogen. Das Anhängen beyder Fäden an einander
kömmt von dem Beſtreben der elektriſchen Materie, ſich
durch beyde zu verbreiten.
16. Verſuch.
An dem innern Rande des meſſingenen Ringes b c d
Fig. 12., ſind in gleichen Entfernungen von einander,
ſechs bis ſieben Fäden, etwa vier Zoll lang befeſtiget;
unten an dem Ringe iſt ein Drath, der in die Höhlung
des Stativs D paſſet; z e iſt ein meſſingener Stab, an
deſſen Ende einige kleine Fäden befeſtiget ſind. Man ſte-
cke das andere Ende des Stabs in die am Ende des Con-
ductors befindliche Oefnung, ſtelle den Ring b c d recht-
winklicht gegen den Stab z e, und gerade über die Fä-
den am Ende z, und drehe die Maſchine, ſo werden die
am Ringe befindlichen Fäden von denen am Stabe z e
Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen. befeſtigten angezogen werden, und beyde werden gegen
einander ſtreben, und eben ſo viele Halbmeſſer des Cir-
kels, als Fäden ſind, vorſtellen. Die elektriſche Materie
geht aus den Fäden des Stabs in die Fäden des Ringes
über, und veranlaßt auf dieſe Art das Phänomen der An-
ziehung zwiſchen beyden.
17. Verſuch.
Man hänge die kleine Metallplatte F, Fig. 13,
mit dem Hacken H an den Conductor, ſetze das Stativ
I gerade darunter, und auf daſſelbe die größere Platte G;
der obere Theil des Stativs muß beweglich ſeyn, damit
man die Entfernung beyder Platten von einander nach
Befinden der Umſtände verändern könne. Man lege klei-
ne Papierfiguren, oder andere leichte Körper auf die un-
tere Platte, und drehe die Maſchine, ſo werden dieſe Kör-
per wechſelsweiſe von beyden Platten angezogen und zu-
rückgeſtoßen, und bewegen ſich mit großer Geſchwindigkeit
von einer zur andern.
Die auf der untern Platte liegenden Körper erhal-
ten eine Elektricität, welche der Elektricität der obern
Platte entgegengeſetzt iſt; ſie werden daher von der letz-
tern angezogen, und erhalten nun einerley Elektricität mit
ihr; daher werden ſie wieder zurückgeſtoßen, geben dieſe
Elektricität an das Stativ ab, und werden alſo wiederum
in Stand geſetzt, von der obern Platte angezogen zu wer-
den. Daß aber dieſe Körper nicht eher von der obern
Platte angezogen werden, als bis ſie die der ihrigen ent-
gegengeſetzte Elektricität erhalten haben, oder bis das
Gleichgewicht der elektriſchen Materie in ihnen geſtört iſt,
das wird aus folgendem Verſuche erhellen.
18. Verſuch.
Man nehme die untere Platte und das Stativ hin-
weg, und halte ſtatt deſſelben eine Glastaſel, die man an
Drittes Capitel. einer Ecke anfaſſen muß, unter, nachdem man ſie vorher
recht rein und trocken gemacht hat. Da nun das Glas
keine Elektricität durchläßt, ſo können keine entgegenge-
ſetzten Elektricitäten im Conductor und den leichten Kör-
pergen entſtehen, daher zeigt ſich auch in dieſem Falle kein
Anziehen oder Zurückſtoßen.
Hält man einen Finger an die untere Seite der
Glastafel, ſo werden die leichten Körper angezogen und
zurückgeſtoßen; die Urſache hievon wird ſich zeigen, wenn
wir die Natur der leidner Flaſche erklären werden.
Herr Eeles, der in ſeinen Philoſophical Eſſays
(S. 25 der Vorrede) von dieſem abwechſelnden Anziehen
und Zurückſtoßen redet, führt an, daß man daſſelbe nach
Gefallen verändern könne, wenn man zuerſt die Köpfe
der Papierfiguren, und wenn dieſe getrocknet, hernach
die Füße befeuchte.
“Wenn man den Kopf einer ſolchen Figur trocknet,
ſagt er, ſo kann die aus dem Conductor gehende Mate-
rie nicht mit eben der Leichtigkeit in die Figur eindrin-
gen, mit welcher die entgegengeſetzte Elektricität aus
der Platte in den Fuß eindringt, welcher nicht ſo trocken
iſt; daher fährt die Figur an die obere Platte, und bleibt
an derſelben. Man kehre den Verſuch um, trockne den
Fuß und befeuchte den Kopf, ſo werden ſich die Figuren
an die untere Platte hängen. Behält die Figur ſo viel
Ueberſchuß der anziehenden Kraft über ihr eignes Ge-
wicht, als der entgegengeſetzten von dem Conductor ab-
ſtoßenden Kraft gerade das Gleichgewicht halten kann,
ſo bleibt ſie zwiſchen beyden Platten in der Luft ſchweben.
“Dies kann man bewerkſtelligen, wenn man den
Kopf der Figur breit und rund macht, ſo daß er die
Elektricität nicht ſo leicht abgiebt, als der ſcharfe und
ſpitzige Fuß ſie annimmt; die geringſte Veränderung
dieſes Umſtands macht, daß die Figuren entweder tan-
zen oder feſt an einer von beyden Platten hängen bleiben.
Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen.19. Verſuch.
Man lege ein viereckigtes Gold- oder Silberblätt-
chen auf die untere Platte, halte ſie parallel mit der obern
etwa fünf bis ſechs Zoll von derſelben entfernt, und drehe
die Maſchine, ſo wird ſich das Blättgen vertikal aufrich-
ten, und zwiſchen beyden Platten ſchwebend bleiben, ohne
eine von beyden zu berühren. Man halte eine metallene
Spitze gegen das Blättgen, ſo wird es ſogleich herab-
fallen.
20. Verſuch.
Man befeſtige bey K, Fig. 14, eine meſſingene
Kugel an das Ende des Conductors. Wenn die Gold-
blättchen zwiſchen der Platte und der Kugel ſchweben, ſo
führe man die Platte rund um die Kugel herum, und das
Blättchen wird mit ihr zugleich rund herumgehen, ohne
die Kugel oder die Platte zu berühren.
Gelegentlich kann man einen Glascylinder zwiſchen
die beyden Metallplatten Fig. 13. ſetzen, um zu verhü-
ten, daß die Kleyen, der Sand und andere leichte Sub-
ſtanzen nicht herausfliegen und verſtreut werden.
21. Verſuch.
Man ſtelle zween Dräthe gerade unter einander und
parallel mit einander, hänge den einen an den Conductor
an, und verbinde den andern mit dem Tiſche, ſo wird eine
dazwiſchen geſtellte leichte Figur, wenn man den Conduc-
tor elektriſiret, eine Art von elektriſchem Seiltänzer vor-
ſtellen. Man ſ. Fig. 15.
22. Verſuch.
Man ſchneide ein Goldblättchen ſo aus, daß das
eine Ende einen ſtumpfen, das andere einen ſehr ſpitzigen
Winkel bildet, halte das breite Ende gegen einen elektri-
ſitten Conductor, und laſſe das Blättchen loß, ſobald es
Drittes Capitel. in die Atmoſphäre deſſelben kömmt, ſo wird es ſich mit
der Spitze ſeines ſtumpfen Winkels an den Conductor
hängen, und wegen ſeiner wellenförmigen Bewegung
gleichſam belebt ſcheinen.
Der nächſtfolgende Verſuch erſordert, wenn er ge-
lingen ſoll, ſehr viel Aufmerkſamkeit; der geringſte Unter-
ſchied im Apparatus, oder in der Stärke der Maſchine
kann ihn mißlingen machen Gelingt er aber, ſo macht
er gemeiniglich den Zuſchauern viel Vergnügen und erregt
Bewunderung.
23. Verſuch.
Man befeſtige den Ring, Fig. 16, an das Ende
des Conductors, ſtelle die Platte G, Fig. 13, mit ih-
rem Geſtell I darunter, und ſetze in geringer Entfernung
davon eine ſehr leichte hohle Glaskugel auf die Platte,
doch ſo, daß ſie innerhalb des Ringes ſteht. Dreht man
nun die Maſchine, ſo wird die kleine Kugel im Kreiſe
um den Ring laufen, und ſich zugleich um ihre Axe dre-
hen, ſo, daß die Axe der Umdrehung auf der Ebne ihrer
Kreisbahn faſt ſenkrecht ſtehet.
24. Verſuch.
Fig. 17. ſieht man eine Reihe kleiner Glöckchen; die
beyden äußerſten ſind durch eine meſſingene Kette mit
dem Drathe V Y verbunden, die mittelſte Glocke und die
Klöppel hängen an ſeidnen Fäden.
Man hänge alle dieſe Glocken mit dem Hacken R S
an den Conductor, laſſe die Kette aus der mittelſten Glo-
cke auf den Tiſch fallen und drehe den Cylinder, ſo wer-
den die Klöppel unaufhörlich von einer Glocke zur andern
fliegen, ſo lang die Elektricität dauret.
Die meſſingene Kette, welche die zwo äußerſten
Glocken mit dem Conductor verbindet, führt die elektri-
ſche Materie denſelben zu, daher ziehen ſie die Klöppel
Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen. an; wenn dieſe die elektriſche Materie ebenfalls angenom-
men haben, ſo werden ſie von den äußerſten Glocken zu-
rückgeſtoſſen und von der mittelſten angezogen, an welche
ſie ihre Elektricität abgeben; hierauf werden ſie wieder
von den äuſſerſten Glocken angezogen und zurückgeſtoſſen.
Hält man die Kette X, welche aus der mittelſten Glocke
hervorgehet, mit einem ſeidnen Faden in die Höhe, ſo
hört das Läuten auf, weil die mittelſte Glocke die von den
Klöppeln ihr mitgetheilte elektriſche Materie nicht in die
Erde abführen kan.
Fig. 18 ſtellt eine ſchönere Einrichtung dieſes Glo-
ckenſpiels vor. Hiebey muß die Kugel a mit dem Con-
ductor verbunden werden.
Fig. 19 zeigt noch eine andere Art. Hiebey hängt
der Klöppel an dem Flugrade b c d deſſen Axe in einem
kleinen Zapfenloche der gläſernen Säule e f ruht; der obere
Theil der Axe geht durch ein Loch in dem meſſingenen
Stück g, worinn er ſich frey bewegen kan. Das Fußbret
h i k wird ringsherum mit Glocken von verſchiedenen Tö-
nen beſetzt. Man nehme den erſten Leiter von der Ma-
ſchine hinweg, und ſetze dieſen Apparatus an den Cylinder.
Wenn dieſer nun gedreht wird, ſo ſetzt er das Flugrad in
Bewegung, der Klöppel ſtreift bey ſeiner Umſchwingung
an alle Glocken, und bringt dadurch einen ſehr angeneh-
men und harmoniſchen Klang hervor.
25. Verſuch.
Man nehme 10 bis 12 Stück Fäden, jeden etwa
10 Zoll lang, binde ſie oben und unten in Knoten zuſam-
men, wie bey Fig. 20, und hänge ſie an den Conductor;
ſo werden ſich die Fäden, wenn man elektriſiret, beſtreben
auseinander zu gehen, der untere Knoten wird bey zuneh-
mender Repulſion der Fäden in die Höhe gehen, und das
Ganze wird eine ſphäroidiſche Geſtalt annehmen.
Drittes Capitel.26. Verſuch.
Man bringe eine Pflaumſeder, oder eine Flocke
Baumwolle gegen das Ende einer geriebenen Glasröhre,
oder gegen den Knopf einer geladenen Leidner Flaſche, ſo
wird die Feder zuerſt gegen die Röhre fliegen, wenn ſie
aber mit elektriſcher Materie geſättiget iſt, wieder zurück-
gehen. Man wird ſie alsdann mit einer geriebenen Glas-
röhre durch das Zimmer treiben können, bis ſie einen Lei-
ter antriſt, dem ſie ihre Elektricität mittheilen kan. Es
kehrt ſich dabey beſtändig einerley Seite der Feder gegen
die Röhre, weil die von der Feder angenommene elektriſche
Materie durch die Wirkung der Röhre in die von der Röh-
re abgekehrte Seite getrieben, und daher die Feder zurück-
geſtoſſen wird.
Man ſieht aus dieſem und den vorhergehenden Ver-
ſuchen leicht, daß nicht blos die Materie angezogen werde,
ſondern daß die verſchiedenen Erſcheinungen durch den Zu-
ſtand der elektriſchen Materie in den Subſtanzen, auf wel-
che die Maſchine wirkt, veranlaſſet werden.
27. Verſuch.
Man ſtecke einen zugeſpitzten Drath in eine von de-
nen am Ende des Conductors befindlichen Deſnungen,
halte ein Trinkglas über die Spitze, elektriſire den Con-
ductor, und führe das Glas ſo in die Runde herum, daß
die ganze innere Fläche deſſelben elektriſche Materie aus
der Spitze erhalte. Nunmehr lege man einige kleine Kork-
oder Holundermarkkügelchen auf den Tiſch, und decke das
Trinkglas darüber, ſo werden die Kügelgen ſogleich an-
fangen auf und nieder zu hüpfen, gleichſam als ob ſie leb-
ten, und dieſe Bewegung werden ſie eine lange Zeit fort-
ſetzen. S. Fig. 21.
Mit zwenen Trinkgläſern läßt ſich dieſer Ver-
ſuch auf eine ſehr angenehme Art verändern. Man elek-
triſire die innere Seite bey dem einen poſitiv, bey dem an-
Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen. dern negativ, werfe die Kugeln in das eine Glas, und
halte beyde Gläſer mit ihren Oefnungen aneinander, ſo
werden die Kugeln aus einem Glaſe in das andere ſo lange
übergehen, bis die entgegengeſetzten Elektricitäten beyder
Gläſer ſich unter einander aufgehoben haben.
Eine elektriſche Subſtanz mit zwoen parallelen Flä-
chen, in welcher Stellung ſie ſich auch übrigens befinden
mag, heißt eine elektriſche Platte.
28. Verſuch.
Elektriſirte Subſtanzen ziehen die nicht-elektriſirten
an, wenn ſich auch gleich zwiſchen beyden eine elektriſche
Platte befindet.
29. Verſuch.
Körper, welche auf entgegengeſetzte Art elektriſirt
ſind, ziehen einander ſtark an, wenn ſich gleich eine elek-
triſche Platte dazwiſchen befindet.
Viertes Capitel.Vom Anziehen und Zurückſtoßen in Rückſicht auf
die beyden entgegengeſetzten Elektricitäten.
Alle in dieſem Capitel beſchriebene Verſuche ſind einfach,
leicht anzuſtellen und von ſehr ſicherem Erfolg, und
ſo geringfügig ſie vielleicht auf den erſten Blick ſcheinen,
ſo findet man ſie doch bey genauerer Unterſuchung höchſt
wichtig. Sie geben uns den Leitfaden zur Prüfung und
Erklärung vieler elektriſchen Phänomene, und ſetzen einige
von den entgegengeſetzten Wirkungen der negativen und
poſitiven Elektricität in ein vorzüglich helles Licht.
Viertes Capitel.Man kan alle dieſe Verſuche mit einer einzigen ſehr
kleinen und leicht tragbaren Vorrichtung anſtellen. Dieſe
beſteht insgemein aus zwoen meſſingenen Röhren wie A
und B, Fig. 22, deren jede auf einer gläſernen Säule G
ſtehet, welche in den hölzernen Fuß H eingeſchraubt iſt.
An jede dieſer Röhren ſind mit Hülfe eines kleinen meſſin-
genen Ringes ein paar kleine Korkkugeln an leinenen Fä-
den befeſtiget, wie I, K. Dieſe Röhren nebſt einer Stan-
ge Siegellack oder einer Glasröhre ſind hinreichend, den
größten Theil der Verſuche dieſes Capitels anzuſtellen,
und einige der vornehmſten elektriſchen Erſcheinungen zu
erläutern.
Vollſtändiger wird dieſe Geräthſchaft, wenn man
noch zwo meſſigene Röhren mehr, nebſt den dazu gehöri-
gen Geſtellen, eine kleine leidner Flaſche, und ein Stück
gefirnißten Seidenzeug dazu nimmt. Mit einem ſolchen
Apparatus hat Herr Wilſon in ſeiner vortreflichen Schrift:
A ſhort View of Electricity alle allgemeine Grundſätze
der Elektricität erkläret und erläutert.
30. Verſuch.
Man berühre ein paar iſolirte Korkkugeln mit einer
geriebenen Glasröhre, ſo werden ſie elektriſiret werden,
und auseinander gehen. Sie ſind poſitiv elektriſirt, und
werden daher von geriebenem Siegellack angezogen, und
von geriebenem Glas zurückgeſtoſſen.
31. Verſuch.
Man halte eine geriebene Glasröhre über eine von
den vorerwähnten meſſingenen Röhren, jedoch in einiger
Entfernung von derſelben, ſo wird ein Theil der natürli-
chen Menge elektriſcher Materie, welche in der meſſinge-
nen Röhre enthalten iſt, durch die Wirkung der geriebe-
nen Glasröhre in die an der meſſingenen Röhre hängenden
Korkkugeln getrieben werden, und dieſe werden mit poſi-
Entgegengeſetzte Elektricitäten. tiver Elektricität auseinander gehen; man nehme die ge-
riebene Glasröhre hinweg, und die Kugeln werden wieder
in ihren natürlichen Zuſtand zurückkehren und zuſammen-
fallen.
32. Verſuch.
Man elektriſire die Korkkugeln an der meſſingenen
Röhre A, Fig. 27, und bringe das Ende dieſer Röhre in
Berührung mit dem Ende der Röhre B, deren Korkku-
geln nicht elektriſiret ſind; ſo wird ſich die der Röhre A
mitgetheilte Elektricität gleichförmig durch beyde Paare
Kugeln vertheilen; die Kugeln an B werden auseinander,
die an A wieder ein wenig zuſammengehen.
33. Verſuch.
Man elektriſire die Röhren A und B, Fig. 27, beyde
gleich ſtark und auf einerley Art, und ſetze die Enden bey-
der Röhren an einander, ſo wird ſich in der Divergenz der
Bälle keine Veränderung zeigen.
34. Verſuch.
Man elektriſire die Röhren gleich ſtark, aber auf
entgegengeſetzte Art, die eine mit Glas, die andere mit
Siegellack, und bringe ihre Enden in Berührung, ſo
werden die Kugeln zuſammenfallen.
Wir ſehen aus dieſen Verſuchen, daß poſitive und
negative Elektricität einander entgegen wirken. Wenn
daher beyde zugleich auf einen Körper wirken, ſo iſt die
Elektricität, die derſelbe erhält, bloß dem Unterſchiede
beyder gleich, und von der Art der ſtärkeren.
35. Verſuch.
Man halte eine geriebene Glasröhre an eine der meſ-
ſingenen Röhren, und berühre ſogleich dieſe Röhre mit
dem Finger, ſo wird ein Theil der in der meſſingenen
Viertes Capitel. Röhre von Natur befindlichen elektriſchen Materie durch
die Wirkung der geriebenen Glasröhre in den Finger ge-
trieben. Nimmt man Finger und Glasröhre in einem
und demſelben Augenblicke hinweg, ſo bleibt die Röhre
negativ elektriſirt.
36. Verſuch.
Man ſtelle die meſſingenen Röhren A und B, Fig.
22, in eine gerade Linie ſo, daß ihre Enden ſich berüh-
ren, und halte die geriebene Glasröhre über A, ſo wird
ein Theil der von Natur darinn befindlichen elektriſchen
Materie in B getrieben werden. Man rücke nunmehr
beyde Röhren von einander, ſo werden die Kugeln an A
negativ, und die an B poſitiv ſeyn.
37. Verſuch.
Man iſolire einen langen metallenen Stab, hänge
an jedes Ende deſſelben ein paar Korkkugeln, ſtelle das
eine Ende ohngefehr zween Zoll weit von dem erſten Con-
ductor, das andere ſo weit davon, als möglich, und elek-
triſire den Conductor, ſo wird die elektriſche Materie in
dem Stabe in das vom Conductor entfernte Ende getrie-
ben werden, ſo daß das eine Ende des Stabs, wie die
Kugeln zeigen, negativ, daß andere poſitiv elektriſiret
ſeyn wird.
38. Verſuch.
Man halte gegen die Röhre D Fig. 23, eine gerie-
bene Stange Siegellack, wie bey A, ſo werden die Ku-
geln, ſo lang das Siegellack in A bleibt, mit negativer
Elektricität auseinander gehen; man halte das Siegellack
etwas höher, wie bey B, ſo werden ſie zuſammengehen;
man erhebe es noch weiter, ſo werden ſie mit poſitiver
Elektricität auseinander gehen.
Entgegengeſetzte Elektricitäten.39. Verſuch.
Wenn geriebenes Glas mitten über die Röhre A,
Fig. 24, gehalten wird, ſo wird ein Theil der natürlichen
Menge von Elektricität in A in die Kugeln, ein Theil
auch aus beyden Enden heraus in die Luft getrieben.
Während dieſes Verſuchs werden die Kugeln an A vom
Glaſe zurückgeſtoſſen, und ſind daher poſitiv. Nimmt man
aber die geriebene Glasröhre hinweg, ſo gehen ſie in ſehr
kurzer Zeit in den negativen Zuſtand über, weil ein Theil
der natürlichen Menge von Elektricität durch die zuge-
ſpitzten Enden in die Luft übergegangen iſt, indem die
Glasröhre ſich noch über der metallenen Röhre befand;
wird nun die Glasröhre weggenommen, ſo tritt zwar der
in den Kugeln enthaltene Ueberfluß von ſelbſt zurück, und
verbreitet ſich gleichförmig durch die Röhre, da aber der-
ſelbe nicht hinreichend iſt, den erhaltenen Verluſt zu er-
ſetzen, ſo bleiben Röhre, Fäden und Kugeln in negativem
Zuſtande zurück Man ſ. Wilſon’s ſhort View of Electricity, p. 7..
40. Verſuch.
Stellt man drey Röhren A, B, C, Fig. 25, in eine
Linie und in Berührung mit einander, ſo wird ein über A
gehaltenes geriebenes Glas, einen Theil der in A befindli-
chen natürlichen Menge elektriſcher Materie in B und C
übertreiben. Man rücke nun B und C von A ab; ſo wird
man A negativ, B und C poſitiv finden. Rückt man die
drey Röhren wieder zuſammen, ſo ſtellt ſich das Gleich-
gewicht wieder her, und die Kugeln fallen zuſammen Ebend. p. 8..
41. Verſuch.
Stellt man vier Röhren, wie A, B, C, D, Fig. 26,
in Berührung mit einander, ſo wird eine geriebene Glas-
röhre über A gehalten, einen Theil der in A enthaltenen
Viertes Capitel. Materie in B übertreiben, und dieſer in B übergegangene
Theil wird einen gewiſſen Theil aus C in D treiben. Den
Augenblick vorher, ehe man die geriebene Glasröhre von
A wegnimmt, rücke man B und D von A und C ab, ſo
wird man A und C negativ, B und D aber poſitiv fin-
den. Ebendaſ. p. 8.
42. Verſuch.
Eine geriebene Glasröhre ohngefähr einen Zoll weit
von dem Ende B eines maſſiven ſechs Schuh langen und
etwa einen halben Zoll ſtarken Glascylinders B D, Fig. 28
Taf. III. gehalten, treibt einen Theil der elektriſchen Ma-
terie am Ende B gegen das entfernte Ende D; hiebey aber
leidet die natürliche Menge elektriſcher Materie im Glaſe
mancherley Veränderungen, welche ſich zu erkennen geben,
wenn man an die Korkkugeln, die, wie die Figur zeigt,
in gleichen Entfernungen von einander zwiſchen B und D
aufgehängt ſind, eine geriebene Glasröhre bringt; in kur-
zer Zeit verändert ſich die Elektricität dieſer Korkkugeln;
die vorher poſitiv waren, werden negativ, die vorher ne-
gativ waren, poſitiv.
Hält man die geriebene Glasröhre in Berührung
mit dem Ende B. ſo verurſacht der in B übergehende Zu-
ſatz von elektriſcher Materie wiederum verſchiedene Ver-
änderungen in der Dichtigkeit der elektriſchen Materie
zwiſchen B und D; dieſe Veränderungen ſind den vorigen
gerade entgegengeſetzt, und kehren ſich nach kurzer Zeit
ebenfalls um.
Aus dieſen Verſuchen läßt ſich ſchließen, daß, wenn
die elektriſche Materie in einem Theile eines Körpers plötz-
lich dichter wird, die in dem benachbarten Theile dünner
werde, und umgekehrt. Dieſe Abwechſelungen dünner
und dichter Zonen müſſen der Natur elaſtiſcher flüßiger
Materien zufolge, eine lange Zeit hindurch mancherley
vorwärts und rückwärts gehende Schwingungen veranlaſ-
Entgegengeſetzte Elektricitäten. ſen, ehe die flüßige Materie in Ruhe kommen kann, ob-
gleich dieſe Schwingungen, wenn ſie bis auf einen gewiſ-
ſen Grad geſchwächt worden ſind, dem Beobachter endlich
unmerklich werden. Ebendaſ. p. 18.
Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß die anziehenden
und zurückſtoßenden Bewegungen elektriſirter Körper von
der abwechſelnden Verdichtung und Verdünnung der elek-
triſchen Materie an der Oberfläche dieſer Körper kom-
men, da ſie natürlicher Weiſe dahin getrieben werden, wo
ſie den wenigſten Widerſtand finden.
Daß zwiſchen der in Wirkſamkeit geſetzten elektri-
ſchen Materie und der Luft, eine ſchwingende Bewegung und
eine Art von Kampf ſtatt finde, zeigt ſich deutlich aus der
Empfindung, welche man fühlt, wenn ein ſtark geriebener
elektriſcher Körper einem Theile des menſchlichen Körpers
genähert wird; dies Gefühl iſt, als ob ein Spinnenge-
webe gelind über die Haut gezogen würde. Noch deut-
licher zeigt ſich dieſes aus einem Verſuche, den D. Prieſt-
ley in der Abſicht anſtellte, um zu entdecken, ob die Elek-
tricität beym Gefrieren des Waſſers mitwirke.
43. Verſuch.
D. Prieſtley ſetzte zwo Schüſſeln mit Waſſer bey
ſtrenger Kälte der freyen Luft aus, deren eine er ſtark elek-
triſirt erhielt. Er konnte zwiſchen beyden Schüſſeln in
der Zeit, wenn der Froſt anfieng, und in der Dicke des
Eiſes keinen Unterſchied bemerken: wohl aber ſahe er an
beyden Seiten des elektriſirten Draths eben den zitternden
Dunſt, den man an heißen Tagen an der Oberfläche der
Erde, und überhaupt allemal an ſtark erhitzten Körpern
bemerkt.
Aus verſchiedenen Verſuchen des P. Beccaria er-
hellet, daß in einer luftleeren gläſernen Glocke, das An-
ziehen und Zurückſtoßen elektriſirter Körper ſchwach wird,
und bald gänzlich aufhört.
Viertes Capitel.Verſuche über das Anziehen und Zurückſtoßen
geriebener ſeidner Bänder.
44. Verſuch.
Man lege ein ſchwarzes und ein weißes Band zu-
ſammen, und ziehe beyde durch die Finger; ſo wird da-
durch das weiße Band poſitiv und das ſchwarze negativ
elektriſiret; beyde werden alſo einander ſtark anziehen.
45. Verſuch.
Man lege beyde Bänder auf Papier und ſtreiche ſie
mit’ Bernſtein, Siegellak oder einem andern negativ elek-
triſchen Körper, ſo werden ſie poſitiv elektriſch.
Reibt man die Bänder mit poſitiv elektriſchen Kör-
pern, ſo werden ſie negativ elektriſch.
46. Verſuch.
Ein Stück Flanell und ein ſchwarzes Band werden
an einander gerieben eben ſo wohl elektriſch, als ein
ſchwarzes und ein weißes Band.
47. Verſuch.
Man trockne zwey weiße ſeidne Bänder am Feuer,
breite ſie beyde über einander auf einer glatten Fläche aus,
und fahre mit der Kante eines ſcharfen elfenbeinernen Li-
neals darüber. So lang ſie ſo auf der Fläche liegen blei-
ben, geben ſie kein Zeichen der Elektricität; nimmt man
ſie aber, jedes beſonders, hinweg, ſo findet man ſie beyde
negativ elektriſiret, und ſie ſtoßen einander zurück.
Indem man ſie beyde von einander zieht, ſieht man
elektriſche Funken zwiſchen ihnen; legt man ſie aber wie-
der zuſammen auf die Fläche, ſo bemerkt man kein Licht,
bis man ſie wieder gerieben hat.
Verſuche mit ſeidnen Bändern.48. Verſuch.
Man lege die Bänder auf eine rauhe leitende Sub-
ſtanz, und reibe ſie, wie vorher, ſo werden ſie, von ein-
ander getrennt, entgegengeſetzte Elektricitäten zeigen, wel-
che wieder verſchwinden, wenn ſie zuſammengelegt
werden.
Macht man zuerſt, daß die Bänder einander zurück-
ſtoßen, legt ſie darauf wieder zuſammen, und bringt
ſie auf die vorerwähnte rauhe Fläche, ſo ziehen ſie nach
wenig Minuten einander an; das obere iſt poſitiv, das
untere negativ elektriſirt.
Werden zwey weiße Bänder an einer rauhen Fläche
gerieben, ſo erhalten ſie allezeit entgegengeſetzte Elektrici-
täten, das obere iſt negativ, das untere poſitiv.
49. Verſuch.
Bringt man zwey Bänder in den Zuſtand, daß ſie
einander zurückſtoßen, und führt die Spitze einer Nadel
der Länge nach über das eine Band, ſo werden ſie beyde
zuſammenfahren.
50. Verſuch.
Man bringe ein elektriſirtes Band gegen eine kleine
iſolirte Metallplatte, ſo wird es von derſelben ſchwach an-
gezogen; man bringe den Finger gegen die Platte, ſo
entſteht ein Funken zwiſchen beyden, obgleich Band und
Platte zuſammen kein Zeichen einiger Elektricität von ſich
geben; zieht man das Band von der Platte ab, ſo ſind
beyde wieder elektriſirt, und es entſteht ein Funken zwi-
ſchen der Platte und dem Finger.
51. Verſuch.
Man lege mehrere Bänder von gleicher Farbe über
einander auf eine rauhe leitende Subſtanz, fahre mit dem
elfenbeinernen Lineal darüber, und hebe jedes einzeln auf,
Viertes Capitel. ſo wird jedes an der Stelle, wo es ſich von dem folgen-
den trennt, einen Funken geben, und das letzte wird eben
dies gegen die leitende Subſtanz thun; alle Bänder ſind
negativ elektriſirt. Man nehme ſie zuſammen von der
Fläche ab, ſo hängen ſie alle an einander, und machen
eine Maſſe aus, die auf beyden Seiten negativ elektri-
ſirt iſt.
52. Verſuch.
Man lege ſie, wie vorher, auf eine rauhe leitende
Subſtanz, und nehme ſie einzeln ab, ſo daß man mit
dem unterſten den Anfang macht, ſo erſcheinen Funken,
wie vorher, aber alle Bänder werden poſitiv, nur das
oberſte ausgenommen. Werden ſie auf dem rauhen lei-
tenden Körper gerieben, und alle auf einmal weggenom-
men, ſo erhalten alle in der Mitte liegende Bänder, wenn
man ſie trennt, die Elektricität des oberſten oder des un-
terſten, je nachdem man den Anfang der Trennung bey
dem oberſten oder bey dem unterſten gemacht hat.
Folgende ungemein merkwürdige Beobachtungen
und Verſuche ſind von Herrn Symmer zuerſt angeſtellt
worden. Er trug gewöhnlich zwey Paar ſeidne Strüm-
pfe, ein paar weiße und ein paar ſchwarze. Wenn er
dieſe zugleich und auf einmal auszog, ſo bemerkte er kein
Zeichen der Elektricität; wenn er aber den ſchwarzen
Strumpf von dem weißen abzog, ſo hörte er ein kniſtern-
des Geräuſch, und ſahe im Dunklen Funken zwi-
ſchen beyden Strümpfen. Um nun dieſe und die nachfol-
genden Erſcheinungen in gehöriger Vollkommenheit her-
vor zu bringen, durfte er nur mit ſeiner Hand einigemal
über den Schenkel, an welchem er die Strümpfe trug, hin
und her fahren.
Wenn die Strümpfe getrennt, und in einiger Ent-
fernung von einander gehalten wurden, ſo zeigten ſich
beyde ſtark elektriſch; der weiße poſitiv, der ſchwarze ne-
gativ. Während dieſer Zeit waren beyde ſo ſtark aufge-
Verſuche mit ſeidnen Bändern. blaſen, daß ſie die ganze Geſtalt des Schenkels zeigten.
Hält man die beyden weißen oder die beyden ſchwarzen
Strümpfe in einer Hand, ſo ſtoßen ſie einander mit be-
trächtlicher Gewalt zurück. Hält man einen weißen und
einen ſchwarzen Strumpf an einander, ſo ziehen ſie ſich
an, und fahren, wenn man es zuläßt, mit großer Ge-
walt zuſammen. So wie ſie einander nahe kommen, hört
auch das Aufblaſen nach und nach auf, und ſie ziehen
fremde Gegenſtände weniger, ſich ſelbſt aber deſto ſtärker
an; erreichen ſie einander wirklich, ſo werden ſie ganz
platt und legen ſich dicht zuſammen; trennt man ſie wie-
der, ſo ſcheint ihre elektriſche Kraft durch das Zuſammen-
legen nicht im geringſten ſchwächer geworden zu ſeyn.
Dieſe Erſcheinungen zeigen ſie eine ſehr lange Zeit hin-
durch.
Läßt man die Strümpfe zuſammen, ſo fahren ſie
mit beträchtlicher Gewalt an einander; Herr Symmer
fand, daß bis auf 12 Unzen Gewicht nöthig war, um ſie
aus einander zu ziehen. Ein andermal hielten ſie 17
Unzen. Neugefärbte ſchwarze Strümpfe, und neuge-
waſchene und geſchwefelte weiße ſo in einander geſteckt,
daß die rauhen Seiten zuſammen kamen, hielten 3 Pfund
und 3 Unzen, ehe ſie aus einander geriſſen wurden.
Wurde der weiße Strumpf ſo in den ſchwarzen ge-
ſteckt, daß die äußere Seite des weißen und die innere des
ſchwarzen einander berührten, ſo hielten ſie 9 Pfund we-
niger etliche Unzen; kamen aber beyde rauhe Seiten zu-
ſammen, ſo hielten ſie 15 Pfund 1 ½ Pfenniggewicht.
Fünftes Capitel.Fünftes Capitel.
Vom elektriſchen Funken.
53. Verſuch.
Man befeſtige den Drath mit der Kugel B an das
Ende des Conductors, wie bey A, Fig. 29, drehe
den Cylinder, und bringe den Knöchel des Fingers oder
eine andere metallene Kugel, wie C, gegen B; wenn
nun die Maſchine ſtark iſt, ſo wird ein langer, im Zikzak
gebrochener, glänzender elektriſcher Funken, wie ein Feuer,
mit einem kniſternden Geräuſch zwiſchen beyden Kugeln,
oder zwiſchen der Kugel und dem Knöchel entſtehen.
Die Verſuche des vorigen Capitels zeigen, daß die-
jenigen Subſtanzen, welche in den Wirkungskreis elck-
triſirter Körper kommen, eine entgegengeſetzte Elektricität
erhalten, und ſich folglich im Stande befinden, von dem
mit elektriſcher Materie angefüllten Körper einen Funken
zu erhalten. Wenn ſie ihm nun nahe genug kommen, ſo
erhalten ſie die elektriſche Materie wirklich in Geſtalt eines
Funkens. Iſt der Conductor negativ, ſo geht die elek-
triſche Materie aus dem angenäherten Körper in ihn über.
Der Funken bricht nicht eher auf die größte Weite in
einen gegebenen Körper aus, bis man ihn vorher in einer
geringern Weite hat ſchlagen laſſen, wodurch der Aus-
bruch gleichſam vorwärts gelocket wird.
Die längſten und ſtärkſten Funken kommen aus dem
vom Cylinder abgekehrten Ende des Conductors, ob man
gleich auch lange und krummlinigte Funken in der Nähe
der iſolirenden Säule, auf welcher der Conductor ruht,
herausziehen kann.
Der Funken, oder die ausbrechende Menge elektri-
ſcher Materie, ſteht ziemlich nahe im Verhältniß mit der
Größe des Conductors. Hat der Conductor eine große
Vom elektriſchen Funken. Oberfläche, ſo erhält man aus ihm ſtärkere und längere
Funken, als aus einem kleinern. Man hat dies ſo weit
getrieben, daß die aus dem Conductor erhaltenen Funken
den Schlägen aus einer ziemlich großen Flaſche gleich ge-
weſen ſind.
Das Moment oder die Stärke der elektriſchen Ma-
terie ſcheint von dem Drucke der Atmoſphäre auf dieſelbe,
und von dem Drucke ihrer Theile ſelbſt gegen einander
abzuhängen, welcher ſehr groß ſeyn muß, wenn ſich ihre
Theile berühren, oder durch den unermeßlich weiten Raum
unmittelbar auf einander wirken.
Wenn die Elektricität ſchwach und nicht vermögend
iſt, bis auf eine große Weite zu ſchlagen, ſo iſt der Funken
geradlinicht; iſt ſie hingegen ſtark, und ſchlägt ſie auf eine
größere Weite, ſo nimmt er ſeine Richtung im Zikzak;
und dies wahrſcheinlich darum, weil die flüßigere elektri-
ſche Materie ſehr ſchnell durch die dichtere und weniger
flüßige Atmoſphäre durchgehen muß, wobey beyde auf
einander wirken.
Man wird aus ſehr vielen Verſuchen ſehen, daß ſich
die elektriſche Materie zerſtreuer, wofern ihr nicht der
Druck der Atmoſphäre widerſtehet, der den Funken in
eine Maſſe zuſammenhält, und dadurch ſeine Stärke und
ſeinen Glanz vermehret. Der in der Luft ausbrechende
Funken iſt lebhaft und dem Blitze ähnlich; ſtellt man
aber den Verſuch im luftleeren Raume an, ſo erhält man
ſtatt des Funkens und der Exploſion bloß ein ſtilles, ſchwa-
ches und ſeines Ausſtrömen.
Beccaria ſagt, die Luft widerſtehe dem elektriſchen
Funken im Verhältniß ihrer Dichte, und der Dicke der
Schicht, die ſie dem Funken entgegenſetzt, oder der Länge
des Weges, den ſie dem Funken durch ihre Subſtanz öf-
net. Er zeigt auch durch viele Verſuche, daß die Luft von
der elektriſchen Materie nach allen Richtungen ausgetrie-
ben wird, mit einer Gewalt, deren Wirtung nicht ſo-
gleich aufhöret.
Fünftes Capitel.Die Farbe des elektriſchen Funkens iſt nach dem
Maaße ſeiner Dichtigkeit verſchieden: iſt er dünn, ſo hat
er eine bläuliche, iſt er dichter, eine purpurrothe Farbe
und iſt er ſehr concentrit, ſo zeigt er ſich weiß und hell,
wie das Licht der Sonne.
Oft ſcheint der mittlere Theil des elektriſchen Fun-
kens dünner, und fällt ins röthliche oder violetblaue, da
hingegen die Enden lebhafter und weiß ausſehen, wahr-
ſcheinlich darum, weil die elektriſche Materie den größten
Widerſtand bey ihrem Eingange und Ausgange findet.
Bisweilen theilt ſich der Funken, wie in Fig. 30, in
viele Theile. Die Stralen des Büſchels vereinigen ſich
an dem Orte, wo ſie in die Kugel ſchlagen, wieder mit
einander, und bilden auf derſelben viele dichte und helle
Funken.
54. Verſuch.
Man bringe eine elfenbeinerne Kugel an den Con-
ductor, und ziehe einen ſtarken Funken aus derſelben (oder
laſſe den Schlag einer leidner Flaſche durch ihren Mittel-
punkt gehen), ſo wird die Kugel durchaus leuchtend er-
ſcheinen. Geht der Schlag nicht durch den Mittelpunkt,
ſo ſtreift er über die Oberfläche der Kugel, und greift
dieſelbe an.
55. Verſuch.
Man laſſe einen Funken durch eine Kugel von
Buchsbaumholz gehen, ſo wird dieſelbe eine ſchöne carmin-
oder vielmehr ſcharlachrothe Farbe zeigen. Man kann
auch den Schlag durch Stücken Holz von verſchiedner
Stärke und Dichtigkeit gehen laſſen, wodurch ſich ein wei-
tes Feld zu Beobachtungen und Verſuchen eröfnet.
Die beyden vorhergehenden Verſuche haben ſo viel
ähnliches mit dem berühmten Verſuche des Hawksbee,
und einigen andern ſeitdem angeſtellten, daß ich auch dieſe
noch beyfügen will, in Hofnung, daß ſie zu fernern Un-
Vom elektriſchen Funken. terſuchungen dieſes merkwürdigen Gegenſtandes Anlaß ge-
ben werden.
56. Verſuch.
Hawksbee beſtrich die innere Seite einer Glasku-
gel über die Helfte mit Siegellak, zog die Luft aus der
Kugel, und drehte ſie. Als er nun, um ihre Elektricität
zu erregen, die Hand daran legte, ſo ſahe er die Geſtalt
und das Bild ſeiner Hand ſehr deutlich inwendig an der
hohlen Fläche des Siegellaks, als ob ſich zwiſchen ſeinem
Auge und der Hand nichts weiter, als Glas, befände.
Der Ueberzug von Siegellak war an den dünnſten Stellen
gerade ſo ſtark, daß man den Schein einer Lichtflamme
dadurch ſehen konnte. An andern Stellen war das Sie-
gellak wenigſtens einen Achtel Zoll dick; aber eben an die-
ſen Stellen war das Bild der Hand eben ſo deutlich, als
an den andern, zu erkennen.
Beccaria ließ einen elektriſchen Schlag durch et-
was feinen meſſingenen Feilſtaub durchgehen, der zwiſchen
zwo Platten Siegellak geſtreuet war; dabey wurde alles
leuchtend und durchſichtig.
57. Verſuch.
Dieſer von D. Prieſtley angeſtellte außerordentli-
che Verſuch wird von ihm ſelbſt ſo beſchrieben. “Jch
legt eine Kette, die mit der äußern Seite einer Flaſche
verbunden war, ganz leicht an meinen Finger, und hielt
ſie bisweilen vermittelſt eines dünnen Stücks Glas nahe
an den Knopf. Ließ ich nun den Schlag in der Ent-
fernung von ohngefähr drey Zollen hindurchgehen,
ſo war das elektriſche Licht an der Oberfläche des
Fingers ſichtbar, und gab demſelben eine plötzliche
Erſchütterung, welche dem Gefühl nach bis in das
innerſte Mark des Knochens drang: geſchahe dies an
derjenigen Seite des Fingers, welche vom Auge abge-
Fünftes Capitel. kehrt war, ſo ſchien im Dunklen der ganze Finger voll-
kommen durchſichtig.”
58. Verſuch.
Man verbinde das eine Ende einer Kette mit der
äußern Seite einer geladenen Flaſche, und laſſe das an-
dere auf dem Tiſche liegen. Man ſtelle das Ende einer
andern Kette ohngefähr einen Viertel Zoll weit von dem
erſten ab, ſetze ein Gefäß mit Waſſer auf dieſe neben ein-
ander liegende Enden, und entlade die Flaſche durch die
Kette, ſo wird das Waſſer vollkommen und ſehr ſchön er-
leuchtet ſcheinen. Dieſen Verſuch habe ich von Herrn
Haas, dem Erfinder einer verbeſſerten Luftpumpe, welche
die bisher gewöhnlichen ſehr weit übertrift.
Zeigen nicht dieſe Verſuche, daß es ſowohl in elek-
triſchen als nichtelektriſchen Körpern eine feine Materie
giebt, welche die Körper durchſichtig macht, wenn ſie in
Bewegung geſetzt wird?
59. Verſuch.
Wenn die Funken über ein Stück Silberpapier ge-
hen, ſo erhalten ſie eine grüne Farbe.
60. Verſuch.
E F, Fig. 31, iſt eine Glasröhre, um welche her-
um von einem Ende zum andern, in kleinen, aber gleichen
Entfernungen von einander, Stücken Stanniol in einer
Spirallinie (daher ſie auch die Spiralröhre heißt) ge-
klebt ſind. Dieſe Röhre ſteckt in einer größern, welche
letztere an beyden Enden in meſſingene Kappen gefaſſet
iſt, die mit dem Stanniol der innern Röhre in Verbin-
dung ſtehen. Man halte das eine Ende in der Hand,
und bringe das andere ſo nahe an den erſten Leiter, daß
ein Funken entſtehen kann, ſo wird man an jedem Raume
zwiſchen zweyen neben einander liegenden Stanniolblätt-
Vom elektriſchen Funken. chen einen ſchönen und hellen Funken ſehen; dadurch wird
der aus dem Conductor gezogene Funken gleichſam ver-
vielfältiget, denn wäre keine Unterbrechung im Stanniol,
ſo würde die elektriſche Materie unbemerkt übergehen.
61. Verſuch.
Leuchtende Buchſtaben.
Dieſer Verſuch beruht auf einerley Grundſätzen mit
dem vorigen. Die Buchſtaben werden durch die kleinen
Unterbrechungen gebildet, welche man in einem auf Glas
geklebten Stück Stanniol macht; das Glas wird in einen
Rahmen von gedörrtem Holze befeſtiget, wie Fig. 32.
Um den Verſuch anzuſtellen, halte man den Rahmen in
der Hand, und nähere die Kugel G an den Conductor,
ſo wird der Funken aus demſelben in den Stanniol über-
gehen, und ihm durch alle ſeine Windungen folgen, bis
an den Haken h, der ihn durch eine angehangene Kette
in den Boden führt: die bey jeder Unterbrechung entſte-
henden Funken bilden ein Wort mit leuchtenden Buch-
ſtaben.
62. Verſuch.
Um einen Funken mit einer metallenen Spitze aus-
zuziehen, ſchraube man einen zugeſpitzten meſſingenen
Drath an das eine Ende einer Spiralröhre, und halte die-
felbe gegen den Conductor, indem die Maſchine gedrehet
wird, ſo wird zwiſchen dem Conductor und der Spitze ein
ſtarker Funken entſtehen.
63. Verſuch.
Man nehme eine reine trockne Glasröhre, die im
Lichten ohngefähr einen Viertel Zoll weit iſt, ſtecke einen
zugeſpitzten Drath in dieſe Röhre, ſtelle das zugeſpitzte
Ende in einige Entfernung von dem Ende der Röhre, ver-
binde das andere Ende mit dem Boden, und bringe das
Fünftes Capitel. vorgedachte Ende gegen den Conductor der Maſchine, ſo
werden ſich zwiſchen demſelben und der Spitze ſtarke im
Zikzak gehende Funken zeigen, und ein ſtarkes Geräuſch
verurſachen.
Im 62 ſten Verſuche macht die Trennung zwiſchen
den Stücken Stanniol einen Widerſtand, welcher den
unmittelbaren Uebergang der elektriſchen Materie hindert,
und auf dieſe Art die gewöhnliche Wirkung der Spitzen
auf den Conductor einigermaſſen verändert. Oder mit
andern Worten: das Vermögen der Spitzen, den Schlag
zu verhüten, hängt von der vollkommenen und unterbro-
chenen metalliſchen Verbindung derſelben mit der Erde
ab; obgleich auch dieſe noch nicht ganz hinreichend iſt, wie
der 63 ſte Verſuch zeigt, wo die elektriſche Materie von
der nichtleitenden Subſtanz, welche die Spitze umringt,
concentriret und eingeſammlet wird.
64. Verſuch.
Man ſtelle jemand auf den iſolirenden Stuhl, und
verbinde ihn durch einen Drath oder eine Kette mit dem
Conductor, ſo wird er eben dasjenige bewirken können,
was der Conductor thut; er wird leichte Körper anziehen,
Funken geben u. ſ. w. und ſo wird man eine Menge ſehr
angenehmer Verſuche anſtellen können. Es iſt hiebey
ſchlechterdings nothwendig, wenn der Verſuch vollkom-
men gelingen ſoll, daß kein Theil der Kleidung den Bo-
den des Zimmers oder den Tiſch berühre, und daß die
Glasfüße des Stuhls ſehr trocken ſind. Um die Iſoli-
rung deſto vollkommener zu machen, wird ein untergeleg-
ter trockner Bogen braun Papier ſehr gute Dienſte thun.
Legt die iſolirte Perſon ihre Hand auf die Kleidung
einer andern nicht iſolirten, ſo werden beyde, beſonders,
wenn die Kleidung von Wollenzeug iſt, eine Empfindung
fühlen, als ob ſie mit vielen Nadeln geſtochen würden, ſo
lang der Cylinder bewegt wird.
Vom elektriſchen Funken.65. Verſuch.
Um brennbare Geiſter mit dem elektriſchen Funken
zu entzünden, erwärme man den Löffel, Fig. 33, gieße
ein wenig Weingeiſt hinein, und befeſtige ihn mit dem
daran befindlichen Stiele an das Ende des erſten Leiters;
oder man zünde den Weingeiſt an, und blaſe die Flamme
kurz vor dem Berſuche wieder aus; dann laſſe man ver-
mittelſt einer meſſingenen Kugel einen Funken mitten
durch den Löffel gehen, ſo wird derſelbe den Weingeiſt
entzünden.
Oder man laſfe jemand, der auf einem iſolirenden
Stuhle ſtehet und mit dem erſten Leiter verbunden iſt, den
Löffel mit dem Weingeiſte in der Hand halten, und eine
auf dem Boden des Zimmers ſtehende Perſon einen Fun-
ken daraus ziehen, ſo wird der Weingeiſt entzündet wer-
den. Der Verſuch geht eben ſo wohl von ſtatten, wenn
die auf dem Boden ſtehende Perſon den Löffel hält, und
die iſolirte den Funken zieht.
66. Verſuch.
Setzt man ein Gefäß mit angezündetem Terpentinöl
auf den Conductor, und läßt den Dampf davon an eine
Platte gehen, welche von einer iſolirten Perſon gehalten
wird, ſo wird dieſe dadurch elektriſiret werden und Wein-
geiſt anzünden können u. ſ. w. Hält dieſe iſolirte Perſon
einen meſſingenen Drath an die Spitze der Flamme von
brennendem Weingeiſt, welcher mit dem Conductor ver-
bunden iſt, ſo wird ſie ebenfalls elektriſiret. Wir ſehen
hieraus, daß ſowohl Rauch als Flamme Leiter der elektri-
ſchen Materie ſind.
Herr Volta hat auch aus dem bloßen Dampfe des
Waſſers und aus einigen chemiſchen Gährungen unbe-
zweifelte Zeichen der Elektricität erhalten.
Fünftes Capitel.67. Verſuch.
Man iſolire eine kleine Kohlenpfanne mit drey oder
vier glühenden Kohlen, und ſchütte einen Löffel voll Waſ-
ſer auf die Kohlen, ſo wird ein mit den Kohlen durch
einen Drath verbundenes Elektrometer in kurzer Zeit mit
negativer Elektricität aus einander gehen.
Man ſieht hieraus, daß die Dämpfe des Waſſers,
und überhaupt diejenigen Theile eines Körpers, welche
durch die Verflüchtigung getrennt werden, nicht nur einen
Theil des Elementarfeuers, ſondern auch einen Theil der
elektriſchen Materie mit ſich hinwegführen, ſo daß der
Körper, von welchem ſich dieſe verflüchtigten Theile ge-
trennt haben, nicht nur abgekühlt, ſondern auch negativ
elektriſirt wird, woraus zugleich erhellet, daß bey der
Auflöſung der Körper in flüchtige elaſtiſche Materien ihre
Fähigkeit, Feuermatcrie und elektriſche Materie zu ent-
hallen, vermehrt wird.
Es giebt eine entzündbare Luftgattung, welche ſich
ſehr oft in den Steinkohlenſchächten erzeuget: auch iſt die-
jenige Luft, welche man durch Stören im Schlamme der
ſtehenden Wäſſer erhält, entzündbar. Eben dieſe Luft
ſteigt aus faulenden thieriſchen Materien auf, wird auch
durch die Deſtillation aus Wachs, Pech, Bernſtein, Koh-
len und andern phlogiſtiſchen Subſtanzen erhalten. Die
bequemſte Methode, ſie zu erhalten, iſt folgende. Man
ſchütte kleine Nägel oder etwas Eiſenfeile in die Flaſche r
Fig. 38, gieße ſo viel Waſſer darauf, als ſie gerade be-
deckt, und thue ohngefähr den vierten Theil Vitriolöl
hinzu, ſtecke das untere Ende der gebognen Röhre s in
den Hals der Flaſche, und bringe das andere Ende durch
das Waſſer des Beckens T in den Hals der Flaſche K,
welche mit Waſſer gefüllt iſt und im Becken umgekehrt
ſtehet, auch während der Operation gehalten werden muß:
ſo wird die Miſchung in r in kurzer Zeit aufbrauſen, und
eine flüßige Materie aufſteigen laſſen, welche durch die
Vom elektriſchen Funken. gebogne Röhre in die Flaſche K übergehen, das Waſſer
aus derſelben heraus treiben, und ſie endlich ganz anfüllen
wird. Alsdenn nimmt man die Flaſche hinweg, und ver-
ſtopſt ſie ſo geſchwind, als möglich.
Fig. 39. ſtellt eine me ſſingene Piſtole zum Abfeu-
ern der entzündbaren Luft vor; a b iſt eine meſſingene Kam-
mer, in deren Oefnung a c ein Korkſtöpſel eingepaſſet iſt;
an den Boden dieſer Kammer iſt ein durchbohrtes Stück
Meſſing angeſchraubt, (welches Fig. 40. für ſich allein
vorgeſtellt iſt) in die Höhlung deſſelben iſt eine gläſerne
Röhre, und in dieſe wiederum ein meſſingener Drath ein-
geküttet. Das eine Ende dieſes Draths iſt mit einem
meſſingenen Knopfe verſehen, das andere Ende aber ſo
gebogen, daß es ohngefähr einen Zehntel Zoll von dem meſ-
ſingenen Stück abſtehet. Fig. 41. iſt eine meſſingene
Haube, welche man an die Piſtole ſchrauben kann, um
die Glasröhre für dem Zerbrechen zu ſichern. Die Luſt,
womit die Piſtole geladen werden ſoll, muß man in einer
verſtopften Flaſche aufbewahren. Man ziehe den Stöp-
ſel heraus, und bringe in demſelben Augenblicke die Oef-
nung der Piſtole an den Mund der Flaſche, ſo werden
ſich die gemeine und die entzündbare Luft mit einander ver-
miſchen, weil die erſtere leichter als die letztere iſt, und
alſo natürlicher Weiſe herunter ſinken muß. Man halte
die Piſtole etwa 15 Secunden lang in dieſer Stellung,
nehme ſie alsdann hinweg, und verſtopfe Flaſche und Pi-
ſtole mit der möglichſten Geſchwindigkeit.
Hält man die Piſtole allzulang über die Flaſche, ſo
daß ſie ſich ganz mit entzündbarer Luft anfüllt, ſo wird
ſie nicht explodiren.
68. Verſuch.
Man bringe die Kugel der mit brennbarer Luft gela-
denen Piſtole gegen den Conductor, oder gegen den Knopf
einer geladenen Flaſche, ſo wird der Funken, welcher zwi-
Fünftes Capitel. ſchen dem Ende des Draths f und dem Stück g Fig. 40
entſteht, die brennbare Luft entzünden, und den Kork-
ſtöpſel bis auf eine beträchtliche Weite heraustreiben.
Dieſe Luftgattung erfordert, wenn ſie ſich entzünden ſoll,
ſo wie überhaupt alle Körper, die Gegenwart der gemei-
nen Luft oder der Salpeterſäure; wenn man ſie aber mit
etwas gemeiner Luft vermiſchet, ſo wird ſie durch den elek-
triſchen Funken entzündet, und macht eine Exploſion.
Herr Cavallo empfiehlt denjenigen, welche mit
entzündbarer und dephlogiſticirter Luft oder mit gegebnen
Quantitäten von gemeiner und entzündbarer Luft Verſuche
anſtellen wollen, eine Piſtole von anderer Art. Sie beſteht aus
einer 6 Zoll langen und 1 Zoll weiten meſſingenen Röhre,
an deren Ende ein durchgebohrtes Stück Holz ſehr ſicher
befeſtiget iſt; ein meſſingner etwa 4 Zoll langer Drath
iſt ſeiner ganzen Länge nach, ausgenommen an den Enden,
mit Siegellack, dann mit umgewundener Seide, und dann
wieder mit Siegellack überzogen. Dieſer Drath wird in
die Oefnung des hölzernen Stücks eingeküttet, ſo daß er
etwa zween Zoll weit in die Röhre hineinreichet, der übrige
Theil bleibt auſſerhalb der Röhre; der in die Röhre hin-
eingehende Theil des Draths wird ſo umgebogen, daß er
von der innern Seite der Röhre nur etwa einen Zehntel
Zoll weit abſteht. Man ſ. Cavallo Abhandlung von den verſchiedenen
Gattungen der Luft und anderer beſtändig elaſtiſchen Mate-
rien, aus dem Engl. überſetzt. Leipzig, 1783, 8. S. 274. u. f.
Will man dieſe Piſtole gebrauchen, ſo fülle man ſie
mit Waſſer, und kehre ſie alsdann in einem Becken mit
Waſſer um; die erforderliche Miſchung von brennbarer
und gemeiner Luft mache man in einem andern Gefäße, in-
dem man bekannte und gehörig proportionirte Maaße von
benden Luftgattungen hineinläßt; man laſſe hierauf dieſe
Miſchung in die Piſtole, verſtopfe ſie mit einem Kork.
Vom elektriſchen Funken. ſtöpſel, nehme ſie aus dem Waſſer und laſſe auf die ge-
wöhnliche Art den Schlag einer geladenen Flaſche hin-
durchgehen, ſo wird ſich die brennbare Luft entzünden.
Die Inſtrumente zur Entzündung der brennbaren
Luft mit dem elektriſchen Funken werden oft auch in Ge-
ſtalt einer Canone gemacht.
Sechſtes Capitel.
Von elektriſirten Spitzen.
69. Verſuch.
Man halte das zugeſpitzte Ende eines Draths gegen
einen poſitiv elektriſirten Conductor, ſo wird an
der Spitze ein heller runder Punkt oder Stern erſcheinen,
und die elektriſche Materie wird augenſcheinlich aus dem
Conductor fortgeführt und zerſtreuet werden.
70. Verſuch.
Man halte den zugeſpitzten Drath gegen einen nega-
tiv elektriſirten Conductor; ſo wird man einen aus der
Spitze ausſtrömenden hellen Stralenkegel oder Stralen-
büſchel ſehen, und die Menge der elektriſchen Materie
wird zunehmen.
71. Verſuch.
An den einſaugenden Spitzen (Collector) am poſitiven
Conductor ſieht man den leuchtenden Punkt; an einer ans
Ende des Conductors angeſteckten Spitze aber zeigt ſich
ein divergirender Stralenkegel.
72. Verſuch.
Am Collector des negativen Conductors zeigt ſich der
Stralenkegel; an einer ans Ende des Conductors befeſtig-
ten Spitze hingegen der leuchtende Punkt.
Sechſtes Capitel.Die Leichtigkeit, mit welcher die Spitzen die elektri-
ſche Materie annehmen und mittheilen, und die verſchie-
denen Erſcheinungen des Lichts an den Spitzen in verſchie-
denen Verſuchen, haben vielen Phyſikern Anlaß gegeben
zu glauben, daß dieſe Erſcheinungen die Richtungen der
elektriſchen Materie auf eine ganz entſcheidende Art bewie-
ſen. Sie nehmen an, die Erſcheinung des runden Lichts
oder Sterns ſey ein Zeichen, daß die elektriſche Materie
in die Spitze eindringe, aus derjenigen Spitze hingegen,
an welcher der helle Kegel oder Büſchel erſcheint, ſtröme
die Materie aus. Dieſe Meinung beſtätiget ſich dadurch,
daß dieſe Erſcheinungen den Geſetzen der Bewegung an-
derer flüſſiger Materien gemäß ſind, welche beym Aus-
ſtrömen durch den Widerſtand der Luft eben ſo divergent
gemacht werden, wie die elektriſche Materie, welche aus
einer am Ende des poſitiven Conductors befeſtigten Spitze
ausſtrömt. Man hat zwar den Einwurf gemacht, daß
man die Stralen auch ſo anſehen könne, als ob ſie aus
eben ſo vielen Punkten der umliegenden Luft gegen die me-
talliſche Spitze zuſtrömten. Es iſt aber ſchwer anzuge-
ben, warum ein ſichtbarer Stral eher aus einem Punkte
der Atmoſphäre ausbrechen ſollte, als aus einem andern,
da doch die Luft dem Durchgange der elektriſchen Materie
aller Wahrſcheinlichkeit nach überall gleichförmig wider-
ſteht, und alſo dieſe Materie aus der Luft gegen die Spitze
nicht anders als langſam, unmerklich und auf allen Sei-
ten gleichförmig hinzudringen kan, bis ſie ihr ſo nahe
kömmt, daß ſie ſich einen Weg durch den Zwiſchenraum
durchbrechen, und an die Spitze ſelbſt kommen kan, wo
ſie ſich als ein leuchtendes Kügelchen zeiget.
73. Verſuch.
Man bringe eine geriebene Glasröhre nahe an eine
am Ende eines poſitiv elektriſirten Conductors befeſtigte
Spitze, ſo wird der leuchtende Büſchel durch die Wirkung
der geriebenen Röhre gebogen und aus dem Wege gelen-
Wirkungen der Spitzen. ket werden. Hält man die Röhre der Spitze gerade ent
gegen, ſo verſchwindet der Büſchel.
74. Verſuch.
Man befeſtige die Spitze an das Ende eines negati-
ven Conductors, ſo wird ſich der leuchtende Stern gegen
die geriebene Glasröhre zu kehren.
Dieſe beyden Verſuche kommen mit dem 69–72ſten
überein, und führen auf eben dieſelbe Schlußfolge, daß
nämlich der Stralenbüſchel ein Zeichen der poſitiven, und
der Stern ein Zeichen der negativen Elektricität ſey, wel-
ches folgende Verſuche noch mehr beſtätigen.
75. Verſuch.
Man ſtecke einen Drath, an deſſen Ende ſich eine
Kugel befindet, in die Oefnung am Ende eines poſitiven
Conductors, ſtelle ein angezündetes Licht ſo, daß die Mitte
der Flamme der Mitte der Kugel gerade gegen über kömmt,
und etwa einen Zoll weit davon abſteht, und drehe die
Maſchine, ſo wird die Flamme von der Kugel hinwegge-
trieben. Man ſtecke eben dieſen Drath an das Ende des
negativen Conductors, ſo wird ſich die Erſcheinung um-
kehren, die Lichtflamme wird gegen die Kugel getrieben,
und die letztere dadurch in kurzer Zeit erhitzt werden.
76. Verſuch.
Man befeſtige einen zugeſpitzten Drath in der Oef-
nung der obern Seite des Conductors, und ſtelle auf die
Spitze den Mittelpunkt des meſſingenen Kreuzes k, Fig.
34, deſſen Enden alle nach einerley Richtung umgebogen
ſind; man elektriſire den Conductor, ſo wird ſich das Kreuz
ſehr ſchnell um den Mittelpunkt drehen. Iſt das Zimmer
dunkel, ſo wird die elektriſche Materie an den umlaufen-
den Spitzen der Dräthe einen hellen Cirkel bilden. Es iſt
der Widerſtand der Luft gegen die divergirenden Büſchel
Sechſtes Capitel. der elektriſchen Materie, welcher den Spitzen der Dräthe
eine rückgängige Bewegung giebt.
Das Kreuz dreht ſich immer nach eben derſelben
Richtung, es mag nun poſitiv oder negativ elektriſirt ſeyn;
im luftleeren Raume aber bewegt es ſich gar nicht, wo-
fern man nicht den Finger oder einen andern Leiter an die
Glocke, einer der Spitzen gegen über, hält, in welchem
Falle es anfängt ſich zu bewegen, und mit großer Ge-
ſchwindigkeit ſo lange fortfährt bis das Glas geladen iſt.
77. Verſuch.
Man elektriſire die beyden iſolirten Dräthe M N,
o P, Fig. 35, ſo wird der Widerſtand der Luft gegen den
elektriſchen Strom aus den Spitzen des Flugrads L (deſ-
ſen Axe auf Rollen auf den Dräthen läuft) das Flugrad
auf der ſchiefen Fläche M N o P aufwärts treiben.
78. Verſuch.
Fig. 36 ſtellt einen kleinen Krahn vor, der aus glei-
cher Urſache mit dem vorherbeſchriebenen Rade umläuft,
und ein kleines Gewicht in die Höhe hebt.
79. Verſuch.
Man kan, wie bey Fig. 37 mehrere Flugräder zu-
gleich umlaufen laſſen, und nach dieſer Anleitung man-
cherley angenehme Verſuche veranſtalten.
Wenn die elektriſche Materie aus einer hölzernen
Spitze ausſtrömt, ſo ſcheint der Strom oder Büſchel
dünner, und in gewiſſer Maaße dem purpurfarbnen elek-
triſchen Lichte im leeren Raume ähnlich. Die Wirkung
der elektriſchen Materie auf die Luft, an einer elektriſirten
Spitze, bringt einen merklichen Wind oder ein Blaſen her-
vor, welches, wie man oben geſehen hat, ſtark genug iſt,
um leichte Körper zu bewegen, eine Lichtflamme zu ſtören,
oder flüſſige Materien in eine wellenförmige Bewegung zu
Wirkungen der Spitzen. ſetzen. Die Wirkung der elektriſchen Materie wird durch
Spitzen ſo gemäßiget, daß ſie eine angenehme Empfin-
dung, gleich einem gelinden Anhauchen, hervorbringt;
dieſe Empfindung kan mehr oder weniger reizend ſeyn, je
nachdem die Materie bey ihrer Wirkung auf den menſch-
lichen Körper mehr oder weniger Widerſtand antrift, wor-
aus man bey der mediciniſchen Elektricität große Vortheile
ziehet.
Siebentes Capitel.
Von der leidner Flaſche.
Die Verſuche mit der Leidner Flaſche gehören unter die
wichtigſten in der Lehre von der Elektricität; ſie
haben mehr, als alle andere, die Aufmerkſamkeit der
Naturforſcher auf dieſen Gegenſtand gelenkt, und ſind
jederzeit mit Bewunderung und Erſtaunen betrachtet
worden.
Die Erſcheinungen dieſer höchſt auſſerordentlichen
Verſuche ſchienen ganz unerklärbar, bis die ſinnreiche
Theorie des D. Franklin einiges Licht darüber zu ver-
breiten anfieng. Dieſe Theorie erklärt die meiſten Schwie-
rigkeiten in dieſem verwickelten Fache der Elektricität auf
eine einfache und deutliche Art, und läßt ſich ſo leicht und ſo
befriedigend auf eine Menge von Erſcheinungen anwenden,
daß wir darüber die Einwendungen gegen dieſelbe faſt ganz
aus dem Geſichte verlieren.
80. Verſuch.
Man bringe die meſſingene Kugel einer belegten
Flaſche in Berührung mit dem erſten Leiter, indem die
äußere Seite der Flaſche mit dem Tiſche verbunden iſt.
Siebentes Capitel. Dreht man nun den Cylinder, ſo wird die Flaſche in kur-
zer Zeit geladen, d. i. die elektriſche Materie wird darinn
auf eine beſondere Art modificiret. Um die Flaſche zu
entladen, oder wiederum in ihren natürlichen Zuſtand zu
ſetzen, bringe man das eine Ende eines leitenden Körpers
in Berührung mit der äuſſern Belegung, und nähere das
andere Ende dem Knopfe der Flaſche, welcher mit der in-
nern Belegung in Verbindung ſteht, ſo wird eine ſtarke
Exploſion mit einem hellen elektriſchen Funken und einem
beträchtlichen Schalle entſtehen.
81. Verſuch.
Man lade die Leidner Flaſche, berühre die äußere
Belegung mit einer, und den Knopf mit der andern Hand,
ſo wird die Flaſche entladen werden, und man wird eine
plötzliche und ſonderbare Empfindung fühlen. Dies heiſt
der elektriſche Schlag, und trift, wenn es auf die
beſchriebene Art angeſtellt wird, gemeiniglich die Gelenke
der Hand und des Arms nebſt der Bruſt; iſt aber der
Schlag ſtark, ſo trift er den ganzen Körper. Wahr-
ſcheinlich rührt dieſe beſondere Empfindung von der plötzli-
chen doppelten Wirkung der elektriſchen Materie her, wel-
che in den Körper und in die verſchiedenen dabey betroffe-
nen Theile deſſelben zu gleicher Zeit ein- und ausgehet.
Man hat auch bemerkt, daß die Natur in allen Körpern
auf der Erde ein gewiſſes Gleichgewicht der elektriſchen
Materie feſtgeſetzt hat, welches wir bey unſern Verſuchen
ſtören. Iſt dieſe Störung gering, ſo wirken die Kräfte
der Natur nur ganz gelind, um die veranlaſſete Unord-
nung aufzuheben; iſt hingegen die Abweichung beträcht-
lich, ſo ſtellt die Natur das urſprüngliche Gleichgewicht
mit der äuſſerſten Gewalt wieder her.
Geben mehrere Perſonen einander die Hände, und
berührt die erſte die äuſſere Seite der Flaſche, die letzte
aber den Knopf, ſo wird die Flaſche entladen, und alle
fühlen den Schlag in einem Augenblicke; je größer aber
Die leidner Flaſche. die Anzahl der Perſonen iſt, welche ſich die Hände geben,
deſto ſchwächer iſt der Schlag.
Die Stärke des Schlags kömmt auf die Quantität
von belegter Fläche, auf die Dünne des Glaſes und auf das
Vermögen der Maſchine an; oder die Wirkung der leid-
ner Flaſche wird in eben dem Verhältniſſe ſtärker, in wel-
chem das Gleichgewicht der Oberflächen geſtöret wird.
Iſt eine geladene Flaſche allzuhoch belegt, ſo entla-
det ſie ſich ſelbſt, noch ehe ſie die Ladung erhält, welche
ſie hätte ertragen können, wenn die Belegung niedriger
geweſen wäre. Iſt die Belegung ſehr niedrig, ſo kan
zwar der belegte Theil der Oberfläche ſehr ſtark geladen
werden, aber ein beträchtlicher Theil des Glaſes wird gar
nicht geladen.
Iſt eine Flaſche ſehr ſtark geladen, ſo entladet ſie
ſich oft von ſelbſt über das Glas hinweg, von einer beleg-
ten Oberfläche bis zur andern, oder bricht, wenn das
Glas dünn iſt, ein Loch hindurch, treibt die Belegung an
beyden Seiten in die Höhe, zerſchmettert das Glas in
dem Loche zu Pulver, und macht ſehr oft eine Menge
Riſſe, welche in verſchiedenen Richtungen von dem Loche
ausgehen.
Oft erhält eine leidner Flaſche nach der Entladung
einen geringen Theil ihrer Elektricität wieder; dieſer zwey-
te Schlag wird der Ueberreſt der Ladung genannt.
Die Geſtalt oder Größe des Glaſes hat keinen Ein-
fluß auf die Entſtehung des Schlags.
Will man keinen Schlag erhalten, ſo muß man ſich
ſorgfältig hüten, weder den Knopf und die Auſſenſeite der
Flaſche zu gleicher Zeit zu berühren, noch auch in irgend
eine zwiſchen der äuſſern und innern Seite der Flaſche ge-
machte Verbindung zu kommen. Beobachtet man dies,
ſo kan man Flaſchen von jeder Größe ſehr ſicher behan-
deln. Zwar thut auch der menſchliche Körper dem freyen
Durchgange der feinen elektriſchen Materie ſo wenig Wi-
verſtand, daß man von einem Schlage aus einer gewöhn-
Siebentes Capitel. lichen Flaſche keinen weitern Schaden, als eine vorüber-
gehende unangenehme Empſindung, erhält.
Man berühre den Knopf einer geladenen Flaſche, ſo
erfolgt kein Schlag; aber der Finger oder der berührende
Theil fühlt eine ſtechende Empfindung, als wenn er von
einer Nadelſpitze berührt würde.
Man kan eine geladene Flaſche, wenn ſie auf idio-
elektriſchen Subſtanzen ſteht, ohne Gefahr bey der Be-
legung oder an dem Drathe anfaſſen und aufheben; nur
erhält man einen ſehr kleinen Funken daraus.
D. Franklin’s Theorie der leidner
Flaſche.
Man nimmt an, das Glas enthalte zu jeder Zeit an
ſeinen beyden Oberflächen eine beträchtliche Menge elek-
triſcher Materie, und dieſe ſey ſo eingetheilet, daß, wenn
die eine Seite poſitiv iſt, die andere negativ ſeyn muß.
Da nun in die eine Seite nicht mehr elektriſche Materie
hineingedrängt werden kan, als aus der andern heraus-
geht, ſo iſt nach geſchehener Ladung nicht mehr in der
Flaſche, als vorher; die Menge der elektriſchen Materie
wird im Ganzen weder vermehrt noch verringert, ſie ver-
ändert nur ihren Ort und ihre Stellung; d. i. man kan
nur alsdann einen Zuſatz in die eine Seite bringen, wenn
zugleich eine eben ſo große Menge aus der andern Seite
herausgehen kan. Dieſe Veränderung wird dadurch be-
wirkt, daß man beyde Flächen des Glaſes zum Theil mit
einer leitenden Subſtanz belegt. Durch dieſes Mittel
wird die elektriſche Materie auf jeden phyſikaliſchen Punkt
der zu ladenden Oberfläche geführt, wo ſie ihre Wirkung
dadurch äuſſert, daß ſie die von Natur in der andern Seite
befindlichen elektriſchen Theile austreibt, welche durch die
mit der Fläche in Berührung ſtehende Belegung ſehr gut
ausweichen können, daher dieſe Belegung mit der Erde
verbunden werden muß. Wenn nun aus der einen Fläche
Die leidner Flaſche. die ganze elektriſche Materie herausgegangen, in die an-
dere aber eben ſo viel hineingekommen iſt, ſo iſt die Fla-
ſche ſo ſtark, als möglich, geladen. Beyde Flächen ſind
alsdann in einem gewaltſamen Zuſtande; die innere oder
poſitive Seite iſt ſtark geneigt, ihren Ueberſchuß von elek-
triſcher Materie abzugeben; die äußere oder negative
Seite hingegen ſtrebt eben ſo ſtark, dasjenige wieder an
ſich zu nehmen, was ſie verlohren hat; keine von beyden
aber kan ihren Zuſtand verändern, ohne eine gleichgroße
und gleichzeitige Theilnehmung der andern. Man nimmt
ferner an, daß ohngeachtet der geringen Entfernung bey-
der Flächen, und des ſtarken Beſtrebens der elektriſchen
Materie, auf der einen Seite den Ueberfluß abzugeben,
und auf der andern das ermangelnde wieder anzunehmen,
ſich dennoch zwiſchen beyden ein undurchdringliches Hin-
derniß befinde; weil nämlich das Glas für die elektriſche
Materie undurchdringlich iſt (ob es gleich nicht hindert,
daß eine Seite auf die andere wirken kan), und alſo bey-
de Flächen ſo lange in dieſem entgegengeſetzten Zuſtande
bleiben, bis man durch einen oder mehrere Leiter zwiſchen
beyden eine Verbindung von auſſen macht, da ſich als-
dann das Gleichgewicht plötzlich und gewaltſam wieder-
herſtellet, und die elektriſche Materie auf beyden Seiten
des Glaſes zu ihrer urſprünglichen Gleichheit zurückkehrt.
Verſuche über die Ladung und Entladung der leid-
ner Flaſche, zu Erläuterung und Beſtätigung
der Theorie des Dr. Franklin.
82. Verſuch.
Man ſchraube eine leidner Flaſche, deren Belegung
ganz frey von Spitzen iſt, auf ein iſolirtes Geſtell, und
ſetze ſie ſo, daß ihr Knopf den Conductor berührt (wobey
man auch verhüten muß, daß ſich keine leitende Subſtanz
in der Nähe der Belegung befinde); man drehe nun den
Siebentes Capitel. Cylinder ſo vielmal herum, als ſonſt nöthig iſt, um die
Flaſche zu laden, und unterſuche ſie dann mit einem Aus-
lader, ſo wird man finden, daß ſie keine Ladung erhalten
habe; woraus ſich deutlich zeigt, daß die eine Seite der
Flaſche keine elektriſche Materie annehmen könne, wenn
dieſe Materie nicht aus der andern Seite herausgehen kan.
83. Verſuch.
Man ſtelle eben dieſe iſolirte Flaſche ſo, daß ihr
Knopf ohngefähr einen halben Zoll vom Conductor ab-
ſteht, und halte während der Umdrehung des Cylinders
eine meſſingene Kugel nahe an die Belegung der Flaſche,
ſo wird bey jedem Funken, der aus dem Conductor in
den Knopf übergeht, ein anderer Funken zwiſchen der Be-
legung und der Kugel entſtehen, und die Flaſche wird in
kurzer Zeit geladen ſeyn, indem die Elektricität in die eine
Seite hinein, und aus der andern herausgeht.
84. Verſuch.
Man ſchraube die Flaſche a, Fig. 42, auf den iſo-
lirten Fuß d, und bringe ihren Knopf in Berührung mit
dem Conductor; halte dann eine andere Flaſche c von glei-
cher Größe mit a ſo, daß ihr Knopf die äußere Belegung
der Flaſche a berührt, drehe den Cylinder, und ſtelle,
wenn die Flaſche a geladen iſt, c auf den Tiſch, ſchraube
a von dem Fuße ab, und ſtelle ſie ebenfalls auf den Tiſch
in einiger Entfernung von c. Man ſtecke eine meſſingene
Kugel an den Stiel eines Quadrantenelektrometers, und
halte es mit einer ſeidnen Schnur ſo, daß die meſſingene
Kugel den Knopf der Flaſche berührt. Man bemerke in
dieſer Stellung den Stand des Zeigers am Elektrometer,
und bringe daſſelbe nunmehr an die andere Flaſche, wo
der Zeiger auf eben dem Grade ſtehen wird. Hieraus er-
hellet ſehr deutlich, daß die Flaſche aus ihrer äußern Seite
Die leidner Flaſche. eben ſoviel Elektricität ausgeſtoßen habe, als ſie mit der
innern aufgenommen hat.
85. Verſuch.
Man bringe den Knopf einer iſolirten Flaſche in
Berührung mit einem poſitiven Conductor, verbinde die
äußere Belegung mit dem Küſſen oder mit einem negati-
ven Conductor, und drehe den Cylinder, ſo wird die Fla-
ſche mit ihrer eignen Elektricität geladen, und die elektri-
ſche Materie wird aus der äußern Belegung in die innere
übergeführt.
86. Verſuch.
Man lade die beyden Flaſchen, Fig. 43, poſitiv;
verbinde ihre äußern Belegungen durch einen Drath oder
eine Kette, und bringe ihre Knöpfe an einander, ſo wird
kein Funken dazwiſchen entſtehen, und die Flaſchen wer-
den nicht entladen werden, weil keine Seite der andern
etwas abzugeben hat.
87. Verſuch.
Man lade die iſolirte Flaſche, Fig. 43, negativ,
und die andere poſitiv, verbinde die Belegungen mit einer
Kette, und bringe die Knöpfe zuſammen, ſo wird ein
Schlag entſtehen, und die Flaſchen werden entladen wer-
den. Stellt man ein brennendes licht zwiſche beyde Knö-
pfe, ſo wird der Schlag auf eine ſehr angenehme Art, und
auf eine Entfernung von einigen Zollen durch die Flamme
gehen. Man ſ. Fig. 44.
88. Verſuch.
Man befeſtige ein Quadrantenelektrometer auf den
Knopf einer Leidner Flaſche, und lade dieſelbe negativ;
wenn ſie die völlige Ladung erhalten hat, ſo wird der Zei-
ger auf dem 90ſten Grade ſtehen. Man ſetze nun die
Flaſche mit dem Elektrometer an einen poſitiven Condu-
Siebentes Capitel. ctor, und drehe den Cylinder, ſo wird der Zeiger wieder
fallen, und die Flaſche wird durch die entgegengeſetzte
Elektricität ihre Ladung verlieren.
89. Verſuch.
Man iſolire zwo leidner Flaſchen, bringe ihre Ve-
legungen in Berührung, lade die innere Seite der einen
poſitiv, und laſſe währender Zeit eine auf dem Boden
ſtehende Perſon den Finger auf den Knopf der andern
Flaſche halten, ſo wird die letztere negativ geladen werden
90. Verſuch.
L M, Fig. 45, iſt eine leidner Flaſche mit beweg-
lichen Stanniolbelegungen; die innere Belegung N kan
durch die ſeidnen Schnüre f, g, h, abgenommen wer-
den, aus der äußern Belegung kan man die Flaſche her-
ausheben.
Ladet man nun die Flaſche, nimmt die Belegungen
hinweg, und bringt ein paar Korkkugeln an das Glas,
ſo werden ſie von demſelben ſehr ſtark angezogen; legt man
die Belegungen wieder an, ſo giebt die Flaſche noch im-
mer einen beträchtlichen Schlag; woraus erhellet, daß
die Kraft im Glaſe, nicht in den Belegungen, hafte.
91. Verſuch.
T V, Fig. 46, iſt eine Flaſche, deren äußere Be-
legung aus kleinen, nicht weit aus einander ſtehenden,
Stücken Stanniol beſtehet. Ladet man dieſe Flaſche auf
die gewöhnliche Art, ſo werden ſtarke elektriſche Funken
nach mancherley Richtungen von einem Stück Stanniol
zum andern gehen; denn die Unterbrechung des Stanniols
macht den Uebergang der Materie von der äußern Seite
in den Tiſch merklich. Entladet man dieſe Flaſche durch
einen zugeſpitzten Drath, den man allmählig dem Knopfe
nähert, ſo werden die unbelegten Theile des Glaſes zwi-
Die leidner Flaſche. ſchen dem Stanniol ſehr ſchön erleuchtet erſcheinen, und
man wird ein Geräuſch, wie von angezündeten kleinen
Schwärmern, hören. Entladet man die Flaſche plötzlich,
ſo erſcheint die ganze äußere Fläche erleuchtet. Zu dieſem
Verſuche muß das Glas ſehr trocken ſeyn.
92. Verſuch.
Man reihe eine Anzahl Schrotkörner an einen ſeid-
nen Faden, und laſſe zwiſchen jeden zwey Körnern einen
kleinen Zwiſchenraum; hänge dieſe Schnur an den Con-
ductor ſo, daß ſie bis an den Boden einer belegten Flaſche
herabreicht, die auf einem iſolirten Fuße ſteht; eine an-
dere dergleichen Schnur von Schrotkörnern hänge man an
den Boden der Flaſche, verbinde ſie mit dem Tiſche, und
drehe die Maſchine, ſo wird ſich zwiſchen allen Schrotkör-
nern ein lebhafter Funken zeigen, ſowohl in als außer der
Flaſche, gerade als ob das Feuer durch das Glas hin-
durchgienge.
93. Verſuch.
Man halte eine Flaſche, welche auswendig keine Be-
legung hat, in der Hand, und bringe ihren Knopf gegen
einen elektriſirten Conductor; ſo wird das Feuer, indem
die Flaſche geladen wird, auf eine ſehr angenehme Art aus
der äußern Seite in die Hand übergehen; beym Entla-
den werden von dem an der Auſſenſeite anliegenden Kno-
pfe des Ausladers die ſchönſten leuchtenden Aeſte ausge-
hen, und ſich über die ganze Flaſche verbreiten.
94. Verſuch.
Man hänge eine Kette an den Conductor, und laſſe
ſie in eine unbelegte Flaſche ſo herabgehen, daß ſie den
Boden derſelben nicht berührt; dreht man nun die Ma-
ſchine, ſo wird ſich die Kette in die Runde herum bewe-
gen, gleichſam als ob ſie die elektriſche Materie über die
Siebentes Capitel. innere Seite des Glaſes verbreiten, und ſo daſſelbe nach
und nach laden wollte.
95. Verſuch.
Fig. 47 zeigt zwo übereinander geſtellte leidner Fla-
ſchen. Man kan mit dieſer doppelten Flaſche viele Ver-
ſuche anſtellen, welche ſehr beluſtigend ſind, und die an-
genommene Theorie ungemein erläutern.
Man bringe die äußere Belegung der Flaſche A in
Berührung mit dem erſten Leiter, drehe die Maſchine, bis
die Flaſche geladen iſt, ſtelle den einen Knopf des Ausla-
ders auf die Belegung von B, und berühre mit dem an-
dern den Knopf der Flaſche A, ſo wird eine Exploſion
entſtehen. Nunmehr ſtelle man einen Knopf des Ausla-
ders auf den Knopf von A, und bringe den andern an die
Belegung von A, ſo wird ein zweyter Schlag erfolgen.
Bringt man wiederum einen Knopf des Ausladers an die
Belegung von A, ſo entſteht eine dritte Exploſion. Man
erhält noch eine vierte, wenn man den Schlag aus der Be-
legung von A in den Knopf dieſer Flaſche gehen läßt.
Die äußere Belegung der obern Flaſche ſteht in Ver-
bindung mit der innern Seite der untern, und führt die
elektriſche Materie aus dem Conductor in die untere große
Flaſche, welche daher poſitiv geladen wird; die obere
wird nicht geladen, weil die innere Seite nichts von ihrer
elektriſchen Materie mittheilen kan. Macht man aber eine
Verbindung zwiſchen der innern Seite von A und der
äußern von B, ſo wird ein Theil der Materie aus der in-
nern Seite von A in die negative Belegung von B über-
geführt, und die Flaſche B entladen. Die zwote Explo-
ſion entſteht durch die Entladung der Flaſche A; da aber
dieſer Flaſche äußere Seite durch leitende Subſtanzen mit
der poſitiven innern Seite der Flaſche B verbunden iſt, ſo
darf der Knopf des Ausladers nur noch die geringſte Zeit
über nach der Entladung am Knopfe von A verweilen, und
es wird ſogleich ein Theil von der Materie der innern Seite
Die leidner Flaſche. von A herausgehen, und durch eine aus B kommende
Quantität an der äußern Seite erſetzt werden, wodurch
A zum zweytenmale geladen wird. Die Entladung von
A veranlaſſet den dritten, und die von B den vierten
Schlag.
Beweis, daß die beyden Seiten einer geladenen
Flaſche entgegengeſetzte Elektricitäten haben,
durch ihr Anziehen und Zurückſtoßen.
96. Verſuch.
Man ſchraube die Flaſche H, Fig. 49, mit dem
daran befindlichen Ringe ſeitwärts auf das iſolirende Sta-
tiv, wie in Fig. 48, und lade ſie poſitiv, berühre hier-
auf den Knopf mit ein paar Korkkugeln, ſo werden dieſe
mit poſitiver Elektricität aus einander gehen. Man halte
ein paar andere an die Belegung, ſo werden ſie ſich mit
negativer Elektricität trennen.
97. Verſuch.
Man elektriſire zwey paar Korkkugeln an meſſinge-
nen Röhren, wie Taf. 11. Fig. 22, durch den Knopf ei-
ner poſitiv geladenen Flaſche, ſtelle ſie in geringer Entfer-
nung aus einander, und ſchiebe dann die Röhren zuſam-
men, daß ſich ihre Enden berühren, ſo bleiben die Ku-
geln in eben dem Zuſtande, in welchem ſie ſich vor der
Berührung der Röhren befanden, weil ihre Elektricität
von gleicher Art iſt. Eben dies erfolgt, wenn beyde
Paare an der Belegung elektriſiret werden; wird aber ein
Paar an der Belegung und das andere an dem Knopfe
elektriſiret, ſo fallen ſie, ſobald ſie an einander gebracht
werden, ſogleich zuſammen.
98. Verſuch.
Eine Korkkugel, oder eine künſtliche Spinne von
gebranntem Kork, mit Füßen von leinenen Fäden, an
Siebentes Capitel. einem ſeidnen Faden aufgehangen, wird zwiſchen den
Knöpfen zwoer Flaſchen, deren eine poſitiv, die andere
negativ geladen iſt, hin und her ſpielen, und die Flaſchen
werden dadurch in kurzer Zeit entladen werden.
99. Verſuch.
Eine an Seide aufgehangene Kugel, zwiſchen zwo
meſſingenen Knöpfen, deren einer von der äußern, der an-
dere von der innern Seite einer leidner Flaſche hervor-
geht, wird, wenn die Flaſche geladen iſt, von einem Knopf
zum andern fliegen, und auf dieſe Art die Flaſche entla-
den, indem ſie die elektriſche Materie aus der innern Seite
in die äußere führt.
100. Verſuch.
Zwiſchen zwo Flaſchen, welche auf einerley Art ge-
laden ſind, wird eine iſolirte Korkkugel, wenn ſie einmal
einen Funken erhalten hat, nicht hin und her gehen, ſon-
dern von beyden Flaſchen gleich ſtark zurückgeſtoßen
werden.
101. Verſuch.
In Fig. 58. iſt an den untern Theil einer iſolirten
belegten Flaſche ein Drath befeſtiget, auf welchem ein an-
derer Drath b c rechtwinklicht aufſteht, auf der Spitze
des letztern ſteht ein meſſingenes Kreuz. Ladet man die
Flaſche, ſo wird das Kreuz während der Ladung umlau-
fen, wenn aber die Flaſche geladen iſt, ſtillſtehen. Man
berühre den Knopf der Flaſche mit dem Finger oder einem
andern leitenden Körper, ſo wird ſich das Kreuz wieder
ſo lang drehen, bis die Flaſche entladen iſt. Ein paar
Korkkugeln werden von dem Kreuze während der Ladung
poſitiv, und während der Entladung negativ elektriſirt.
Die leidner Flaſche.102. Verſuch.
Man lege eine reine und trockne geriebene Glastafel,
etwa einen Quadratſchuh groß, auf ein iſolirtes Käſtgen
mit Korkkugeln, ſo werden die Kugeln mit poſitiver Elek-
tricität aus einander gehen, und in trockner Luft wohl vier
Stunden lang fortfahren einander aufwärts zurückzu-
ſtoßen. Wenn die Kugeln endlich zuſammen kommen,
nehme man das Glas hinweg, ſo werden ſie mit negati-
ver Elektricität aus einander gehen; man lege das Glas
wieder darauf, ſo werden ſie zuſammenfallen; man neh-
me es hinweg, ſo werden ſie aus einander gehen; dieſe
Abwechſelung dauret ſo lange fort, als noch einige Elek-
tricität im Glaſe iſt.
Wird die Glastafel in einen hölzernen Rahmen ge-
faßt, und eine leichte Korkkugel auf ihre Oberfläche ge-
legt, ſo wird die Kugel, wenn man den Finger oder eine
Nadelſpitze dagegen bringt, mit einer ſehr ſchnellen Be-
wegung davon zurückfliegen, und kann ſo auf der ganzen
Oberfläche des Glaſes, wie eine Feder in der Luft durch
eine geriebene Röhre, herumgetrieben werden. Denn da
die Kugel durch die Nadel ihrer Elektricität beraubt wird,
ſo fliegt ſie augenblicklich nach demjenigen Theile des Gla-
ſes, der ſie am ſtärkſten anzieht.
Um die Elektricität der Glastafel zu erregen, lege
man dieſelbe auf einen trocknen Bogen Papier, und reibe
ſie mit reinem trocknen Flanell.
Beweiſe der entgegengeſetzten Elektricitäten beyder
Seiten der leidner Flaſche, und der Richtung der
elektriſchen Materie beym Laden und Entla-
den, durch die Erſcheinungen des elek-
triſchen Lichts.
Wir haben bereits im 6ten Capitel bemerkt, daß
man die verſchiedenen Erſcheinungen des Lichts an elektri-
Siebentes Capitel. ſirten Spitzen für ein Kennzeichen der Richtung der elek-
triſchen Materie halte, indem der leuchtende Stern oder
Punkt zeigt, daß die Spitze elektriſche Materie annehme,
da hingegen der helle Kegel oder Stralenbüſchel ein Aus-
gehen der Materie aus der Spitze andeutet. Wir wol-
len jetzt durch dieſe Erſcheinung den Zuſtand beyder Sei-
ten der leidner Flaſche unterſuchen. Hiezu ſo wohl, als
auch zu vielen andern Abſichten, wird man die Fig. 49.
vorgeſtellte Geräthſchaft ſehr bequem finden; ich habe die
Theile derſelben ſo zu verbinden geſucht, daß das Ganze
dadurch zu ſehr vielen Zwecken brauchbar wird, ohne doch
ſehr zuſammengeſetzt zu ſeyn. A iſt eine iſolirende Glas-
ſäule, auf den hölzernen Fuß B geſchraubt; alle übrigen
Theile der Geräthſchaft laſſen ſich auf dieſe Säule ſchrau-
ben. C iſt eine luftleere Glasröhre, an beyden Enden in
meſſingene Hauben gefaſſet; am Ende D iſt ein Ventil
gehörig unter der meſſingenen Platte angebracht; aus der
obern Haube geht ein meſſingener Drath mit einer Kugel,
aus der untern Platte ein zugeſpitzter Drath hervor; dieſe
Röhre heiſt der leuchtende Conductor. Die bey E
vorgeſtellte Flaſche heiſt das leidner Vacuum. Sie
hat unter der Kugel E ein Ventil; man kann die Kugel
abſchrauben, um leichter zum Ventile zu kommen; ein
ſtumpfgeendeter Drath geht bis ein wenig unter den Hals
der Flaſche herab; der Boden der Flaſche iſt mit Stan-
niol belegt, und auswendig eine Schraubenmutter ange-
küttet, um ſie an die Glasſäule A zu ſchrauben.
F iſt eine kleine Pumpe, mit welcher man die Luft
nach Erfordern entweder aus dem leuchtenden Conductor
oder aus dem leidner Vacuum ziehen kann. In dieſer
Abſicht ſchraubt man von dem leidner Vacuum die Kugel,
oder von dem leuchtenden Conductor die Platte ab,
ſchraubt an deren Stelle die Pumpe an, ſorgt dafür, daß
die Schraubenmutter G feſt an das Leder bey a b, c d an-
ſchließe, und arbeitet mit der Pumpe, ſo werden die Glä-
Die leidner Flaſche. ſer in wenigen Minuten hinlänglich ausgepumpt ſeyn. H
und I ſind zwo leidner Flaſchen, deren jede eine Schrau-
benmutter am Boden hat, um ſich gelegentlich an die
Säule A anſchrauben zu laſſen. Die Flaſche H iſt mit
einem Ringe verſehen, damit man ſie ſeitwärts an die
Säule A anſchrauben könne. K und L ſind zween dünne
Dräthe, welche man gelegentlich in die Kugel E, in die
Knöpfe e und f, in die Haube C, oder in g an die Glas-
ſäule ſchrauben kann. Die Kugeln laſſen ſich von dieſen
Dräthen abſchrauben, und alsdann haben ſie ſtumpfe
Spitzen. M iſt ein hölzernes Täfelchen, das man gele-
gentlich auf die Glasſäule ſchrauben kann.
103. Verſuch.
Schraubt man die Flaſche I auf die iſolirende Säu-
le, und den zugeſpitzten Drath in das Loch g, befeſtiget
einen andern ſpitzigen Drath an das Ende des Condu-
ctors, bringt den Knopf der Flaſche gegen dieſen Drath,
und drehet die Maſchine, ſo wird aus dem ſpitzigen Drathe
am Conductor ein Stralenbüſchel gegen den Knopf der
Flaſche gehen, und zugleich wird ein anderer Stralenbü-
ſchel aus der Spitze am Boden der Flaſche in die Luft
ausfahren, Man ſ. Fig. 50.
Man wiederhole dieſen Verſuch mit dem negativen
Conductor, ſo wird am Ende beyder Dräthe ein leuchten-
der Stern erſcheinen.
104. Verſuch.
Man ſchraube einen ſpitzigen Drath in den Knopf
der Flaſche (ſ. Fig. 51.), und lade ſie poſitiv, ſo wird
der ſpitzige Drath die elektriſche Materie aus dem Con-
ductor in ſich nehmen; dieſe wird alſo als ein leuchtender
Stern erſcheinen, indeß der Drath an der äußern Seite
der Flaſche einen divergirenden Stralenkegel ausſendet.
Siebentes Capitel.Fig. 52. zeigt die vorigen Erſcheinungen umgekehrt,
wenn man nämlich die Flaſche am poſitiven Conductor
negativ ladet.
Man kann dieſen Verſuch noch weiter abändern,
wenn man die Flaſche an einem negativen Conductor
ladet.
105. Verſuch.
Wenn die Flaſche, wie in den vorigen Verſuchen,
geladen iſt, ſo drehe man den Drath, der ſich vorhin ge-
gen den Cylinder zukehrte, nunmehr von demſelben ab,
und drehe die Maſchine, ſo wird der Zu- und Abfluß noch
deutlicher, als vorher, erſcheinen: indem die elektriſche
Materie mit der größten Heftigkeit von der einen Spitze
eingeſogen, und von der andern ausgeſtoßen wird, wo-
durch ſich die Flaſche in kurzer Zeit entladet.
106. Verſuch.
Man lade die Flaſche, wie vorher, und berühre
dann den mit der negativen Seite verbundenen Drath, ſo
wird der entgegengeſetzte Drath einen divergirenden Stra-
lenkegel ausſenden; wird hingegen die poſitive Seite be-
rührt, ſo zeigt ſich bloß ein leuchtender Punkt an dem an-
dern Drathe.
107. Verſuch.
Fig. 53. iſt eine elektriſche Flaſche, B B die Stan-
niolbelegung, C ein Stativ, welches die Flaſche trägt,
D eine metallene Tülle, auf welcher die Glasſäule E ſte-
het; ein gebogner und an beyden Enden zugeſpitzter me-
talliſcher Drath F iſt an das Ende des Stabes G befeſti-
get, welcher Stab ſich nach Gefallen in der federnden
Röhre N verſchieben läßt. Dieſe Röhre iſt auf die Glas-
ſäule E befeſtiget; der zur Ladung dienende Stab aber iſt
mit den verſchiedenen Abtheilungen der innern Belegung
der Flaſche durch horizontale Dräthe verbunden.
Die leidner Flaſche.Man ſtelle die Flaſche, wie gewöhnlich, und ſetze
die Maſchine in Bewegung, ſo wird ſich an der obern
Spitze des Draths F ein kleiner leuchtender Punkt zeigen
(ein deutliches Zeichen, daß die Spitze alsdann aus dem
obern Ringe der äußern Belegung Elektricität in ſich
nimmt), zugleich wird aus der untern Spitze des Draths
F ein ſehr ſchöner feiner Stralenkegel gegen die unterſte
Zone der Belegung zu ſchießen. Wenn dieſe Erſcheinun-
gen aufhören, welches geſchieht, ſobald die Flaſche gela-
den iſt, bringe man einen zugeſpitzten Drath gegen den
erſten Leiter; dieſer wird die Flaſche ſtillſchweigend entla-
den, und während dieſer Entladung wird die untere Spitze
mit einem kleinen Funken erleuchtet ſeyn, die obere hinge-
gen wird einen Stralenbüſchel ausſenden, welcher gegen
die obere Zone der Belegung zu divergiret.
108. Verſuch.
Man nehme eine leidner Flaſche, deren Hals nicht
ſehr breit iſt, ſtelle ihre Belegung an den Conductor, und
lade ſie negativ. Es wird alsdann, wenn die Flaſche
nicht allzutrocken iſt, der obere Rand der Belegung einen
oder mehrere Lichtbüſchel in die Luft ausſenden, welche ſich
ſehr merklich gegen den ladenden Drath in der Mitte der
Flaſche beugen, und bisweilen denſelben wirklich erreichen
werden. Man halte den Knopf an den erſten Leiter, und
lade die Flaſche poſitiv, ſo wird anfänglich nach einigen
Umdrehungen des Cylinders ein kleiner leuchtender Funken
am Rande des Korkes im Halſe der Flaſche erſcheinen;
dieſer Funken verwandlet ſich in einen Stralenbüſchel, der
vom Korke ausgeht, und ſich nach und nach in einen Bo-
gen verlängert, deſſen Ende ſich niederwärts bis an den
Rand der Belegung erſtrecket. Iſt die Flaſche trocken,
ſo entladet ſie ſich in beyden Fällen freywillig. Man
ſ. Fig. 54 und 55.
Siebentes Capitel.109. Verſuch.
Eine iſolirte poſitiv geladene Flaſche giebt einer ge-
riebenen Stange Siegellak aus ihrem Knopfe einen Fun-
ken; da hingegen zwiſchen demſelben und einer geriebe-
nen Glasröhre kein Funken entſteht.
110. Verſuch.
Zergliederung der leidner Flaſche durch das
leidner Vacuum E, Fig. 49.
Man ſchraube das leidner Vacuum auf den iſoliren-
den Fuß, mit dem zugeſpitzten Drathe am Boden. Fig.
56. zeigt die Erſcheinungen der elektriſchen Materie an
den Spitzen, wenn die Flaſche an einem poſitiven Con-
ductor negativ geladen wird.
Fig. 57. zeigt die Erſcheinungen, wenn die Flaſche
an eben demſelben Conductor poſitiv geladen wird.
Fig. 59. wird dieſelbe Flaſche am negativen Con-
ductor poſitiv, und Fig. 60. an eben demſelben negativ
geladen.
111. Verſuch.
Fig. 61. ſtellt den leuchtenden Conductor auf dem
iſolirten Fuße vor. Man ſetze die einſaugende Spitze
nahe an den Cylinder, bringe den Knopf einer ungelade-
nen Flaſche in Berührung mit der Kugel, oder laſſe eine
Kette von derſelben auf den Tiſch herabhängen, und drehe
die Maſchine, ſo wird ſich die Kugel in eine dichte elek-
triſche Atmoſphäre hüllen. Wird die Spitze an ein iſo-
lirtes Küſſen gebracht, und die Kugel mit dem Tiſche ver-
bunden, ſo wird ſich die Atmoſphäre an der in der Röhre
befindlichen Spitze zeigen. Bringt man eine poſitiv ge-
ladene Flaſche dagegen, ſo ſind die Erſcheinungen in der
Röhre, wie bey Fig. 62. Wird aber eine negativ gela-
dene Flaſche dagegen gehalten, ſo ſind ſie, wie Fig. 61.
Die leidner Flaſche.Man kan dieſe Röhre, wenn ſie auf dem iſolirenden
Fuße ſtehet, anſtatt des erſten Leiters gebrauchen, und alle
gewöhnliche Verſuche damit anſtellen; ſie leuchtet wäh-
rend der Operation unaufhörlich.
Von der Richtung der elektriſchen Materie beym
Entladen der leidner Flaſche.
112. Verſuch.
Man ſtelle eine geladene Flaſche auf einem kleinen
gläſernen Stativ unter die Glocke einer Luftpumpe; ſo
wie nun die Glocke ausgeleeret wird, ſo wird die elektriſche
Muterie in Geſtalt eines ſehr hellen Stralenkegels aus
dem Drathe der Flaſche herausgehen, und nach der Be-
legung zu ſtrömen, bis die Luft völlig ausgeleert iſt. Als-
dann wird man auch die Flaſche entladen finden.
Iſt die Flaſche negativ geladen, ſo wird der leuch-
tende Strom gerade die entgegengeſetzte Richtung von der
vorigen nehmen.
Man kan aus dieſem Verſuche die Wirkung des Drucks
der Atmoſphäre auf die leidner Flaſche beurtheilen, und ſehen,
daß dieſer Druck die natürliche Grenze jeder Ladung mit
Elektricität beſtimme, und daß alſo eine Flaſche in einer
doppelt ſo dichten Luſt eine doppelt ſo ſtarke Ladung halte,
als in der gemeinen atmoſphäriſchen Luft, indem die Stär-
ke der elektriſchen Atmoſphäre durch den Druck der Luft
vergrößert wird.
113. Verſuch.
Man ſetze ein kleines angezündetes Wachslicht zwi-
ſchen die beyden Knöpfe des allgemeinen Ausladers, und
laſſe eine ſehr ſchwache Ladung einer poſitiven Flaſche hin-
durchgehen, ſo wird die Flamme des Wachslichts nach der
Richtung der elektriſchen Materie gegen die Belegung zu,
angezogen werden. Man ſ. Fig. 63.
Siebentes Capitel.114. Verſuch.
Iſt eben dieſe ſchwache Ladung einer negativen Fla-
ſche gegeben, ſo wird die Erſcheinung gerade die umge-
kehrte ſeyn.
Bey beyden Verſuchen muß man die Ladung ſo
ſchwach, als möglich, geben, ſo daß ſie nur gerade hin-
reichend iſt, über die Unterbrechung in der Verbindung
zu ſchlagen.
115. Verſuch.
Man lege ein Kartenblatt auf das Tiſchgen des all-
gemeinen Ausladers, bringe das Ende des einen Draths
unter das Kartenblatt, und verbinde es mit der Belegung
einer poſitiv geladenen Flaſche, das Ende des andern
Draths lege man oben auf das Kartenblatt etwa andert-
halb Zoll weit von dem vorigen entfernt; man mache hier-
auf die Verbindung vollſtändig, indem man den Ausla-
der an den letzten Drath und an den Knopf der Flaſche
bringt, ſo wird die elektriſche Materie durch den obern
Drath längſt der Oberfläche des Kartenblatts hingehen,
bis ſie an das unter der Karte befindliche Ende des
andern Draths kömmt. Hier wird ſie ein Loch durch das
Kartenblatt bohren, und durch den Drath in die Bele-
gung der Flaſche übergehen. Man ſ. Fig. 64.
116. Verſuch.
Wenn man vier Korkkugeln A, B, C, D in glei-
chen Entfernungen von einander, zwiſchen den Knopf des
Ausladers und die Belegung einer poſitiv geladenen Fla-
ſche ſtellt, und nun die Flaſche entladet, ſo wird die Ku-
gel A, die dem Auslader am nächſten liegt, gegen B, und
B gegen C geſtoßen, C bleibt unbewegt, und D fliegt ge-
gen die Belegung der Flaſche.
Die leidner Flaſche.117. Verſuch.
Man mache auf beyde Seiten eines Kartenblatts
einen fingerbreiten Strich mit Zinnober, befeſtige dieſes
Blatt mit ein wenig Wachs vertikal auf das Tiſchgen des
allgemeinen Ausladers, laſſe das Ende des einen Draths
die eine, und das Ende des andern Draths die entgegen-
geſetzte Seite berühren; die Entfernung beyder Enden von
einander muß mit der Stärke der Ladung im Verhältniß
ſtehen. Entladet man nun die Flaſche durch die Dräthe,
ſo zeigt der ſchwarze Streif, den die Exploſion auf dem
mit Zinnober gefärbten Striche zurückläßt, daß die elek-
triſche Materie von dem Drathe, der mit der innern Seite
der Flaſche in Verbindung ſteht, in denjenigen überge-
gangen ſey, welcher mit der äußern Seite verbunden iſt,
gegen welchen letztern ſie ein Loch ſchlägt.
Verſuche, welche gegen die angenommene Theorie
der Elektricität zu ſtreiten ſcheinen.
118. Verſuch.
Man lade die Oberflächen einer elektriſchen Platte
ganz gelind, iſolire ſie, und mache eine unterbrochene Ver-
bindung, ſo werden beyde Kräfte ſichtbar werden, und
die an der unterbrochenen Verbindung befindlichen Spitzen
erleuchten: jede Kraft wird ſich von der Oberfläche, von
welcher ſie ausgeht, immer weiter erſtrecken, je ſtärker
die Platte geladen wird; wenn aber die Erleuchtungen
von beyden Seiten einander begegnen, ſo wird ſogleich eine
Exploſion der ganzen Ladung erfolgen.
119. Verſuch.
Wenn man eine cylindriſche Luſtplatte unter der
Glocke einer Luftpumpe ladet, ſo werden ſich beyde Kräfte
deſto leichter vereinigen, je mehr Luft zwiſchen beyden
Flächen weggepumpet wird.
Siebentes Capitel.120. Verſuch.
Wenn eine luftleere Glocke zum Theile einer elektri-
ſchen Verbindung gemacht wird, und die Ladung nicht
hinreichend iſt, einen Schlag zu verurſachen, ſo wird man
ein elektriſches Licht in entgegengeſetzten Richtungen aus
den Theilen hervorgehen ſehen, welche mit der poſitiven
und negativen Fläche verbunden ſind.
121. Verſuch.
Man ſetze eine belegte Flaſche auf ein iſolirendes
Stativ, und berühre ihren Knopf mit dem Knopfe einer
andern negativ geladenen Flaſche, ſo wird man zwiſchen
beyden einen kleinen Funken ſehen, und beyde Seiten der
iſolirten Flaſche werden ſogleich negativ elektriſiret ſeyn.
122. Verſuch.
Man befeſtige ein Elektrometer von Korkkugeln mit
ein wenig Wachs an die äußere Belegung einer Flaſche,
lade die Flaſche ganz gelind poſitiv, und ſetze ſie auf ein iſo-
lirendes Stativ, ſo werden die Kugeln entweder gar nicht
oder nur ſehr wenig aus einander gehen. Man bringe den
Knopf einer ſtark poſitiv geladenen Flaſche an den Knopf
der vorigen, ſo werden die Bälle mit poſitiver Elektricität
aus einander gehen.
123. Verſuch.
Man lade eben dieſe Flaſche mit den an ihre äußere
Belegung befeſtigten Korkkugeln, gelind negativ, iſolire
ſie hierauf, und bringe den Knopf einer ſtark negativ ge-
ladenen Flaſche an den Knopf der iſolirten, ſo werden die
Kugeln mit negativer Elektricität aus einander gehen.
124. Verſuch.
Man lade eine Flaſche poſitiv, iſolire ſie, lade eine
andere ſehr ſtark negativ, und bringe den Knopf der ne-
Die leidner Flaſche. gativen nahe an den Knopf der poſitiven, ſo wird
ein Faden zwiſchen beyden hin und her ſpielen;
wenn aber die Knöpfe einander berühren, ſo werden
die Fäden zuerſt angezogen, und dann von beyden
zurückgeſtoßen. Die negative Elektricität tritt gleich-
ſam an die Stelle der poſitiven, und, wenn man
beyde wieder von einander trennt, ſo ſind ſie einige
Minuten lang beyde negativ; wenn man aber dem Kno-
pfe der Flaſche, in welche die negative Elektricität ge-
bracht wurde, den Finger nähert, ſo zerſtreut ſich dieſe
Elektricität augenblicklich, der Finger erhält einen ſchwa-
chen Funken, und die Flaſche iſt wieder poſitiv geladen,
wie vorher.
Achtes Capitel.
Von der elektriſchen Batterie, und der Lateral-
exploſion geladener Flaſchen.
Zu Verſtärkung der elektriſchen Exploſion pflegt man
mehrere leidner Flaſchen mit einander in einem Ka-
ſten zu verbinden, und dieſe Geräthſchaft eine elektriſche
Batterie zu nennen. Fig. 65. ſtellt eine der beliebte-
ſten Einrichtungen derſelben vor.
Der Boden des Kaſtens iſt mit Stanniol überlegt,
um die äußern Belegungen der Flaſchen mit einander zu
verbinden. Die innern ſind durch die Dräthe b, c, d, e, f, g
verbunden, welche ſich in die große Kugel A vereinigen;
C iſt ein Hacken am Boden des Kaſtens, durch welchen
man etwas mit der äußern Belegung der Flaſchen verbin-
den kann; von der innern Seite geht die Kugel B hervor-
durch welche die Verbindung gelegentlich vollſtändig ge-
macht werden kann. Beym Gebrauch der elektriſchen
Batterie ſind folgende Vorſichtsregeln in Acht zu nehmen.
Achtes Capitel.Den obern unbelegten Theil der Flaſchen muß man
trocken und rein vom Staub halten, und nach der Explo-
ſion einen Drath vom Hacken bis an die Kugel gehen laſ-
ſen, welcher in dieſer Lage bleiben muß, bis man die Bat-
terie wieder laden will. Dadurch wird man allen Scha-
den, welcher ſonſt aus dem Ueberreſte der Ladung entſte-
hen könnte, gänzlich vermeiden.
Wenn eine Flaſche in der Batterie zerbrochen iſt, ſo
iſt es unmöglich, die übrigen zu laden, bis die zerbroche-
ne weggenommen iſt.
Um die Flaſchen einer großen Batterie vor dem
Zerbrechen beym Schlage zu bewahren, hat man angera-
then, keine Batterie durch einen guten Leiter zu entladen,
wofern nicht die Verbindung aufs wenigſte fünf Schuh
lang ſey. Aber was man durch dieſe Methode auf der
einen Seite gewinnt, das verliert man auf der andern
wieder; denn durch Verlängerung der Verbindung wird
die Stärke des Schlags verhältnißmäßig vermindert.
Man hat mir geſagt, daß die zu Newcaſtle ver-
fertigten Flaſchen von grünem Glas nicht leicht von einer
Exploſion zerbrächen; allein ich habe nicht Gelegenheit
gehabt, mit dergleichen Glaſe ſelbſt Verſuche anzuſtellen.
Die Stärke einer Batterie wird beträchtlich ver-
mehrt, wenn man den Schlag bey der Exploſion concen-
triret, welches geſchiehet, wenn man ihn durch kleine Ver-
bindungen nicht-leitender Subſtanzen gehen läßt. Hie-
durch kann das widerſtehende Mittel, durch welches der
Funken gehen muß, ſo zubereitet werden, daß es die Stär-
ke deſſelben vermehret. Läßt man ihn durch eine ein
Zwölftel oder ein Sechstel Zoll weite Oefnung in einer
Glasplatte gehen, ſo wird er weniger zerſtreut, compa-
cter und kräftiger. Wird die Stelle um die Oefnung
herum mit ein wenig Waſſer angefeuchtet, ſo wird der
Funken, der dieſes Waſſer in Dämpfe verwandlet, auf
eine größere Weite fortgeführet, ſeine Geſchwindigkeit ver-
größert, und der Schall iſt lauter, als gewöhnlich.
Elektriſche Batterie und Lateralexploſion.Durch dieſe und einige andere Mittel hat Herr
Morgan mit ganz kleinen Flaſchen Drath geſchmolzen
u. dgl. Vielleicht wird er dieſe und ſeine übrigen wichti-
gen Entdeckungen dem Publikum bald mittheilen.
125. Verſuch.
Man laſſe die Ladung einer ſtarken Batterie durch
2 – 3 Zoll dünnen Drath gehen, ſo wird derſelbe biswei-
len glühend werden, zuerſt auf der poſitiven Seite, und
in der Regel wird das Glühen nach dem andern Ende zu
fortgehen.
126. Verſuch.
Man entlade eine Batterie durch ein Buch Papier,
ſo wird ſie ein Loch durch daſſelbe ſchlagen; jedes Blatt
wird durch den Schlag von der Mitte aus gegen die auſ-
ſen anliegenden Blätter zu durchbrochen, gerade als ob der
Schlag von ſeinem Innern aus auf beyde Seiten ausge-
brochen wäre. Iſt das papier ſehr trocken, ſo findet die
elektriſche Materie in ihrem Uebergange mehr Widerſtand,
und das Loch iſt klein. Iſt der Theil des Papiers, durch
welchen die Eploſion geht, feucht, ſo iſt das Loch größer,
das Licht lebhafter und der Schlag lauter.
127. Verſuch.
Die Entladung einer Batterie durch eine kleine ſtäh-
lerne Nadel wird, wenn die Ladung ſtark genug iſt, die
Nadel magnetiſch machen.
128. Verſuch.
Die Entladung einer Batterie durch eine kleine und
dünne Magnetnadel wird ihr gemeiniglich die magnetiſche
Eigenſchaft ganz benehmen, bisweilen aber auch ihre Pole
umkehren. Soll dieſer Verſuch gelingen, ſo iſt es oft
nöthig, mehrere ſtarke Schläge durch die Nadel gehen
Achtes Capitel. zu laſſen, ehe man ſie aus der Verbindung hinweg
nimmt.
Aus des P. Beccaria Verſuchen erhellet, daß die
magnetiſche Richtung, welche eine Nadel durch die Elek-
tricität erhält, von der Lage der Nadel beym Schlage ab-
hängt, und nicht auf die Richtung der elektriſchen Mate-
rie beym Eingange in die Nadel ankömmt.
129. Verſuch.
Man entlade eine Batterie durch einen dünnen
Drath, der z. B. ein Funfzigtheilchen eines Zolles im
Durchmeſſer hat, ſo wird der Drath in Stücken zerbrochen
oder geſchmolzen werden, ſo daß er in glühenden Kügel-
chen herabfällt.
Wenn ein Drath auf dieſe Art geſchmolzen wird, ſo
fliegen häufige Funken bis auf eine beträchtliche Entfer-
nung herum, indem ſie durch die Exploſion nach allen
Richtungen ausgeworfen werden.
Iſt die Kraft der Batterie ſehr groß, ſo wird der
Drath durch die Stärke der Exploſion gänzlich zerſtreut.
Kleine Stückchen ſolcher Subſtanzen, die ſich nicht leicht
in einen Drath ausziehen laſſen, als Platina, Goldkör-
ner, Erze ꝛc. kann man in Wachs drücken, und ſo in die
Verbindung bringen; geht nun ein Schlag von genugſa-
mer Stärke hindurch, ſo werden ſie geſchmolzen.
Die Kraft einer Batterie, Dräthe zu ſchmelzen,
ändert ſich mit der Länge der Verbindung, weil die elek-
triſche Materie deſto mehr Widerſtand antrift, je länger
der Weg iſt, durch welchen ſie gehen muß. D. Prieſt-
ley konnte 9 Zoll dünnen eiſernen Drath in einer Entfer-
nung von 15 Fuß ſchmelzen, aber in der Entfernung von
20 Fuß konnte er nur 6 Zoll davon glühend machen.
130. Verſuch.
Man ſchließe einen ſehr dünnen Drath in eine Glas-
röhre ein, und entlade eine Batterie durch denſelben, ſo
Elektriſche Batterie und Lateralexploſion. wird er in Kügelchen von verſchiedener Größe zertheilt,
welche man von der innern Fläche der Glasröhre zuſam-
menleſen kann. Man findet ſie oft hohl, und ſie ſind dann
nicht viel mehr, als eine Metallſchlacke.
Man hat viele Verſuche angeſtellt, um die verſchie-
denen leitenden Kräfte der Metalle durch den hindurchge-
laſſenen Schlag einer Batterie zu unterſuchen; allein man
hat noch nicht beſtimmen können, ob die größere Leichtig-
keit, mit welcher einige Metalle explodiren, von der Leich-
tigkeit des Durchgangs der elektriſchen Materie, oder von
dem Grade des Widerſtands, welchen ſie dem Durchgan-
ge dieſer Materie entgegenſetzen, oder von einem Mangel
an Ductilität, wodurch ſie der Ausdehnung unfähiger
werden, herkomme.
131. Verſuch.
Man entlade eine Batterie durch eine Kette, wel-
che auf Papier liegt, ſo werden an den Stellen, wo die
Glieder der Kette einander berühren, ſchwarze Flecken auf
dem Papiere zurückbleiben; auch werden die Glieder an
dieſen Stellen mehr oder weniger geſchmolzen werden.
132. Verſuch.
Man nehme zwey Stücken Fenſterglas, etwa 3 Zoll
lang und 2 Zoll breit, lege einen Streif Meſſing- oder
Goldblättchen zwiſchen beyde und laſſe die Blättchen auf
beyden Seiten vor dem Glaſe hervorragen; ſtelle die bey-
den Stücken Glas in die Preſſe des allgemeinen Ausla-
ders, bringe die beyden Enden der Dräthe E T, E F.
Fig. 33. an die Enden der Metallblättchen, und laſſe den
Schlag durch dieſelben gehen, ſo wird dieſer einen Theil
des Metalls in das Glas hineintreiben, und die Farbe deſ-
ſelben in etwas verändern. Das Metallblättchen muß in
der Mitte am ſchmälſten ſeyn, weil die Stärke der elek-
triſchen Materie ſich wie ihre Dichtigkeit verhält, welche
Achtes Capitel. zunimmt, wenn eben dieſelbe Menge von Materie durch
weniger leitende Theile hindurchgedrängt wird.
Wenn die Streifen von Goldblättchen durch die
Exploſion geſchmolzen ſind, ſo werden ſie dadurch nicht-
leitend, und verlieren die Fähigkeit, nach dem erſten
Schlage noch einen zweyten durchzulaſſen. Einige Theil-
chen des Metalls werden in das Glas getrieben, welches
dadurch wirklich geſchmolzen wird; die am Glaſe anlie-
genden Theile des Metalls werden am vollkommenſten ge-
ſchnolzen. Die Stücken Glas, welche das Metallblätt-
chen bedecken, werden durch den Auslader gemeiniglich in
Stücken zerbrochen.
133. Verſuch.
Man lege ein ſtarkes Stück Glas auf die elfenbei-
nerne Platte des allgemeinen Ausladers Taf. 11. Fig. 3,
auf das Glas ein ſtarkes Stück Elfenbein, und auf dieſes
ein Gewicht von 1 – 7 Pfund; bringe die Enden der
Dräthe E F, E T gegen den Rand des Glaſes, und laſſe den
Schlag durch die Dräthe gehen, indem man den einen derſel-
ben, z. B. E F, mit dem Hacken der Batterie C, Taf. IV. Fig.
65, verbindet, und nach geladener Batterie eine Verbindung
zwiſchen der Kugel und dem Drathe E T macht, ſo wird
das Glas zerbrochen, und ein Theil davon in ein feines
Pulver zermalmet werden. Iſt das Glas ſtark genug,
dem Schlage zu widerſtehen, ſo wird es oft mit den ſchön-
ſten und lebhafteſten Farben bezeichnet. Herr Morgan
hat mich verſichert, daß die Wirkung eben dieſelbe ſey,
wenn das Glas von unten angeküttet wird; welche Me-
thode bey verſchiedenen Verſuchen noch ſchicklicher iſt.
134. Verſuch.
Geht der Schlag unter dem Elfenbein mit den Ge-
wichten durch, ohne daß noch ein Glas zwiſchen demſel-
ben und der Tafel des allgemeinen Ausladers G H liegt,
ſo werden die Gewichte durch die Lateralkraft des Schla-
Elektriſche Batterie und Lateralexploſion. ges auſgehoben. Die Anzahl der Gewichte muß mit der
Stärke der Exploſion im Verhältniß ſtehen.
135. Verſuch.
Fig. 66. a iſt ein iſolirter Stab, der eine geladene
Flaſche d beynahe berühret, b ein anderer iſolirter Stab,
nahe an den vorigen und in gerader Linie mit demſelben
geſtellet. Man entlade die Flaſche durch den Auslader
e, von welchem eine Kette herabhängt, welche den Boden
der Flaſche nicht berühret, ſo wird der Stab b einen elek-
triſchen Funken erhalten, welcher ihn aber faſt in eben
demſelben Augenblicke wieder verläßt, indem auch die
feinſten daran gehangenen Fäden durch dieſen Funken
nicht elektriſiret werden.
Dieſe elektriſche Erſcheinung, welche ſich ganz auſ-
ſerhalb der Verbindung der entladenen Flaſche äußert,
heiſt die Lateralexploſion.
Wenn man kleine Stücken Kork oder andere leichte
Körper in die Nähe einer geladenen Flaſche oder Batterie
bringet, ſo werden ſie bey der Entladung nach allen Rich-
tungen vom Mittelpunkte der Exploſion aus von ihrer
Stelle getrieben werden; und je ſtärker die Exploſion iſt,
deſto weiter werden ſie verſchoben. Es iſt daher nicht zu
verwundern, daß ſchwere Körper durch ſtarke Blitze bis
auf beträchtliche Entfernungen fortgeſchoben werden. D.
Prieſtley vermuthet, daß dieſe Art von Lateralwirkung
durch die Luft verurſachet werde, welche aus der Stelle,
durch die der elektriſche Schlag gehet, vertrieben wird.
Dieſe Lateralwirkung in der Nachbarſchaft eines
Schlags äußert ſich nicht allein, wenn der Schlag zwi-
ſchen zweyen Stücken Metall in freyer Luft entſtehet, ſon-
dern auch, wenn er durch Drath gehet, der nicht ſtark ge-
nug iſt, ihn vollkommen zu leiten. Je dünner der Drath,
und je ſtärker die Schmelzung iſt, deſto heftiger iſt auch
die Zerſtreuung leichter Körper um denſelben herum.
Achtes Capitel.136. Verſuch.
1. Wenn zwiſchen den beyden geladenen Flächen
einer elektriſchen Platte mehrere Verbindungen von ver-
ſchiedener Länge und aus verſchiedenen Materien gemacht
werden; ſo geht der Schlag durch diejenige Verbindung,
weiche aus den beſten Leitern beſteht, wie lang oder kurz
auch die übrigen ſeyn mögen.2. Werden mehrere Verbindungen von einerley Ma-
terien, aber von verſchiedener Länge, gemacht, ſo geht der
Schlag durch die kürzeſte derſelben.3. Sind die Verbindungen in aller Abſicht elnan-
der gleich, ſo geht der Schlag durch mehrere zu gleicher
Zeit.
Einer meiner Freunde hat mir erzählt, er habe oft
mehrere Verbindungen zu gleicher Zeit gemacht, um große
Flaſchen oder Batterien zu entladen. Wenn deren eine hin-
reichende Anzahl geweſen, ſo habe er ſich ſelbſt in eine der-
ſelben hineinſtellen, und ohne den geringſten Schaden An-
theil am Schlage nehmen können; die Empfindung ſey
ſogar nicht unangenehm geweſen, und er habe ſie durch
dieſes Mittel faſt bis zum Unmerklichen ſchwächen können.
137. Verſuch.
Herr Henly machte eine doppelte Verbindung, die
erſte durch einen eiſernen Stab, der ein und einen halben
Zoll breit und einen halben Zoll dick war; die andere
durch eine vier und einen halben Schuh lange dünne Kette.
Bey Entladung einer Flaſche von 500 Quadratzoll be-
legter Fläche gieng die Elektricität durch beyde Verbin-
dungen, und man ſahe an vielen Stellen der Kette Fun-
ken. Er entlud ferner drey Flaſchen, welche zuſammen
16 Quadratſchuh belegte Fläche enthielten, durch drey ver-
ſchiedene Ketten auf einmal, wie bey Fig. 67, und man
ſahe in allen Ketten helle Funken. Die Ketten waren
von Eiſen und Meſſing, von ſehr verſchiedenen Längen;
Elektriſche Batterie uud Lateralexploſion. die kürzeſte 10 – 12 Zoll, die längſte mehrere Schuhe lang.
Wenn dieſe Flaſchen durch den vorerwähnten eiſernen
Stab, und zugleich durch eine dünne drey Viertel Yards
lange Kette entladen wurden, ſo war die ganze Kette er-
leuchtet, und durchaus mit den ſchönſten Stralen, wie mit
Borſten, oder mit goldnen Haaren, bedeckt. Er hatte
eine große Flaſche mit dem erſten Leiter in Berührung ge-
bracht, und eine eiſerne Kette an ihre Belegung gehangen,
welche mit einer Metallplatte verbunden war, in welche
der Schlag durch den Auslader übergieng; er hieng hier-
auf eine weit längere meſſingene Kette an die entgegenge-
ſetzte Seite der Flaſche, und ſtellte ihr Ende acht und
einen halben Zoll weit von der Metallplatte ab. An die-
ſes Ende legte er ein dünnes 8 Zoll langes Stäbgen von
Eichenholz, und beſtreute daſſelbe mit tannenen Sägſpä-
nen. Wenn er nun die Flaſchen durch die Platte entlud,
ſo leuchteten beyde Ketten ihrer ganzen Länge nach, ſo wie
auch die Sägſpäne, welche mit einem leuchtenden Streif
bedeckt waren, der ein ſehr ſchönes Schauſpiel darſtellte.
In den Glashütten findet man gemeiniglich eine
große Anzahl maſſiver Glasſtangen, die ohngefähr einen
Viertel Zoll im Durchmeſſer halten. Wenn man dieſe
Stangen genau unterſucht, ſo wird man viele davon durch
einen beträchtlichen Theil ihrer Länge hohl finden; doch
macht der Durchmeſſer der Höhlung ſelten mehr als ein
Zweyhunderttheilchen eines Zolles aus. Man ſondere den
hohlen Theil ab, und fülle ihn durch Saugen mit Queckſil-
ber, verhüte aber, daß vorher keine Feuchtigkeit hinein-
komme; ſo iſt die Röhre zu folgendem Verſuche zube-
reitet.
138. Verſuch.
Man laſſe den elektriſchen Schlag durch dieſen
ſchmalen Queckſilberfaden gehen, ſo wird derſelbe augen-
blicklich zertheilet, und zerſchmettert oder ſplittert die Glas-
röhre auf eine ſonderbare Art.
Achtes Capitel.139. Verſuch.
Man nehme eine Glasröhre, deren Weite im Lich-
ten etwa einen Viertel Zoll beträgt, fülle ſie mit Waſſer,
verſtopfe die Enden mit Kork, ſtecke durch die Korke
zween Dräthe in die Röhre, ſo daß ihre Enden beynahe
zuſammen kommen, und bringe die äußern Enden derſelben
in die Verbindung beyder Seiten einer Batterie; ſo wird
ſich bey der Entladung das Waſſer nach allen Richtun-
gen zerſtreuen, und die Röhre durch den Schlag in Stü-
cken zerbrochen werden.
Die elektriſche Materie verwandlet eben ſo, wie das
gemeine Feuer, das Waſſer in einen höchſt elaſtiſchen
Dampf. D. Franklin, der obigen Verſuch mit Dinte
anſtellte, konnte nicht den geringſten Flecken auf dem Pa-
piere wahrnehmen, auf welchem die Röhre gelegen hatte.
Beccaria ließ den Schlag durch einen Waſſertropfen ge-
hen, der mitten in einer ſtarken gläſernen Kugel zwiſchen
den Enden zweener eiſernen Dräthe ſchwebte, und die
Kugel ward durch die Exploſion in Stücken zerbrochen. Er
baute auf dieſen Grund die Erfindung des ſogenannten
elektriſchen Mörſers, welcher eine kleine Bleykugel auf
20 Schuh weit forttreibt. Aus verſchiedenen der vori-
gen Verſuche erhellet, daß die elektriſche Materie die
Theile der widerſtehenden Subſtanzen, durch welche ſie
gehet, nach allen Richtungen zu zerſtreuen ſucht.
140. Verſuch.
Man ſtelle ein Haus, aus kleinen Hölzern locker er-
baut, auf einem feuchten Brete mitten in ein großes Ge-
fäß voll Waſſer, und laſſe den elektriſchen Schlag einer
Batterie über das Bret, oder über das Waſſer, oder
über beyde, gehen, ſo wird das Waſſer ſtark in Bewe-
gung gerathen, und das Haus umgeworfen werden. Auch
iſt der Schall ſtärker, als wenn die Exploſion bloß durch
die Luft gehet. Die elektriſche Materie ſtrebt nahe an
Elektriſche Batterie und Lateralexploſion. der Oberfläche des Waſſers hinzugehen, wo ſie mehr Wi-
derſtand antrift, als wenn ſie durch das Waſſer wäre hin-
durchgetrieben worden. Dies kömmt zum Theil auch da-
von her, daß die elektriſche Materie ein Vermögen beſitzt,
einen elaſtiſchen Dampf aus dem Waſſer zu erzeugen, der
die umliegende Luft aus der Stelle treibt.
Ein über ein Stück Eis geleiteter Schlag läßt auf
demſelben kleine ungleiche Löcher zurück, als ob eine er-
wärmte Kette darauf wäre gelegt worden.
Ein Schlag, der durch ein grünes Blatt gehet, zer-
reißt die Oberfläche deſſelben in verſchiedenen Richtungen,
und ſtellt mancherley Wirkungen des Blitzes im Kleinen
dar. Ueber Weingeiſt geht der Schlag bis auf eine ge-
wiſſe Weite, ohne ihn zu entzünden; wird aber die Weite
größer, ſo ſetzt er ihn in Flammen. Man ſieht hieraus,
daß die Leichtigkeit, mit welcher ſich die elektriſche Mate-
rie über die Oberfläche feuchter Körper leiten läßt, von
ihrer Fähigkeit in Dünſte verwandelt zu werden, abhängt.
Wenn der Schlag die Theilchen der Metalle ſchmel-
zet, ſo treibt er die leitenden Dämpfe, welche von ihnen
aufſteigen, mit ſich fort; und je leichter ſich die Theile
eines Körpers in Dampf oder Staub verwandeln laſſen,
deſto weiter geht der Schlag.
141. Verſuch.
Wenn ein Drath durch Gewichte ausgedehnt, und
durch einen elektriſchen Schlag glühend gemacht wird, ſo
findet man ihn nach dem Schlage beträchtlich verlängert.
Iſt der Drath locker, ſo ſoll er, wie man behaupten will,
durch den Schlag verkürzt werden.
142. Verſuch.
Wenn man ein langes und enges Gefäß mit Waſſer
zu einem Theile der Verbindung bey dem Entladen einer
Batterie macht, und jemand ſeine Hand während der
Achtes Capitel. Exploſion unter das Waſſer taucht, ſo wird er eine ſon-
derbare Erſchütterung im Waſſer fühlen, die von der
Empfindung des elektriſchen Schlages ſehr verſchieden iſt.
Der ſchnelle Stoß von dem Zurückprallen der Luft und des
Dampfes theilet ſich durch das Waſſer der Hand mit, und
ſie erhält daher eine Erſchütterung, welche derjenigen ähn-
lich iſt, die ein Schiff auf der See bey einem Erdbeben
empfindet.
143. Verſuch.
Man ſtelle ein plattes Stück Metall zwiſchen die
Spitzen des allgemeinen Ausladers, und laſſe mehrere
Schläge aus einer Batterie durch die Dräthe gehen, ſo
werden ſie nach und nach auf dem Metalle verſchiedene
Kreiſe bilden, welche die ſchönſten priſmatiſchen Farben
zeigen. Dieſe Kreiſe erſcheinen deſto eher und ſtehen de-
ſto dichter an einander, je näher die Spitze an der Ober-
fläche des Metalls ſtehet. Die Anzahl der Ringe oder
Kreiſe, hängt von der Schärfe der Spitze ab; deswegen
geht der Verſuch beſſer von ſtatten, wenn man an die eine
Spitze des Ausladers eine ſpitzige Nadel befeſtiget.
D. Watſon und andere haben viele ſehr merkwür-
dige Verſuche angeſtellt, um die Entfernung, bis auf
welche der elektriſche Schlag geführt werden kan, und die
Geſchwindigkeit, mit welcher er ſich bewegt, zu beſtim-
men. Bey Watſons erſtem Verſuche ward durch elek-
triſche Materie, welche durch die Themſe geführt war, ein
Schlag gegeben und Weingeiſt angezündet. Beym fol-
genden Verſuche leitete man die elektriſche Materie durch
eine Verbindung von zwo Meilen, welche den New-river
zweymal kreuzte, und über viele Sandgruben und weite
Felder gieng. Er ward hierauf durch eine vier Meilen
lange Verbindung geleitet. Durch dieſe Räume gieng
er, ſo viel man bemerken konnte, in einem Augenblicke.
Dieſe augenblickliche Entladung ward dadurch auſſer allen
Zweifel geſetzt, daß ein Beobachter, der ſich mit der ge-
Elektriſche Batterie und Lateralexploſion. ladenen Flaſche in einerley Zimmer, zugleich aber in der
Mitte einer Verbindung von zwo Meilen befand, den Schlag
in eben dem Augenblicke empfand, in welchem er die Fla-
ſche ſich entladen ſahe.
Dieſer erſtaunenswürdigen Geſchwindigkeit ungeach-
tet, iſt es doch gewiß, daß man beyde Seiten einer gelade-
nen Flaſche, ſogar durch die beſten Leiter, ſo ſchnell be-
rühren kan, daß nicht alle elektriſche Materie Zeit hat, den
Umlauf zu machen, und die Flaſche nur halb entladen
wird. Es giebt auch verſchiedene Beyſpiele, in welchen
die Bewegung langſam ſcheint, welches ſich mit jener un-
ermeßlichen Geſchwindigkeit nicht leicht vereinigen läßt;
es iſt alſo gewiß, daß die elektriſche Materie bey ihrem
Durchgange durch oder über die Körper, Widerſtand
leidet.
Dennoch verſchwindet das Unbegreifliche der erzähl-
ten Verſuche gänzlich, wenn wir den Gedanken des Herrn
Volta über dieſe Materie Beyfall geben. Man wird
auch die Muthmaſſungen dieſes Gelehrten durch den 118.
119. und 120. Verſuch beſtätiget finden, welche ſich ur-
ſprünglich vom Herrn Atwood herſchreiben; ob man
gleich geſtehen muß, daß dieſe Verſuche noch viel weiter
führen, und von der Richtung der elektriſchen Materie bey
der Entladung der leidner Flaſche einen Begriff geben,
der von der angenommenen Theorie gänzlich verſchieden iſt.
Folgendes iſt ein Auszug aus einer ſehr weitläufti-
gen Abhandlung des Herrn Volta, im Journal de phy-
ſique vom Jahre 1779.
Man nehme an, daß a, b, c, d, e, f, g, h, i,
k, l, m, n, o die Hände zuſammen geben, daß a die äußere
Seite einer geladenen leidner Flaſche, und o ihren Knopf
berühre. In dem Augenblicke, in welchem o die elektri-
ſche Materie aus der innern Seite durch den Knopf erhält,
wird a der äuſſern Seite etwas von ſeinem natürlichen
Vorrathe abgeben, ohne erſt zu erwarten, bis die aus
der innern Seite kommende Materie von o, durch n, m
Achtes Capitel. u. ſ. w. zu ihm komme. Mittlerweile wird der Verluſt,
den a leidet, von b erſetzt, b erhält wiederum Materie
von c u. ſ. w. Zwar iſt es, wenn wir blos auf die Rich-
tung der Materie ſehen, immer nur ein einziger Strom, der
an beyden Enden zugleich entſteht, und ſich in eben den-
ſelben Zeitmomenten fortbewegt; obgleich derſelbe, wenn
man ſich genauer ausdrücken will, aus zween in einen ver-
einigten Strömen beſteht. Wenn die auſſerordentliche
Geſchwindigkeit, mit welcher die Materie fortgeht, uns
nicht verhinderte, die Zeitfolge der Erſchütterungen bey den
verſchiedenen Perſonen, welche die Kette machen, zu be-
merken, ſo würden wir finden, daß dieſe Erſchütterungen
nicht in der Ordnung o, n, l, m fortgehen, ſondern
daß ſie zu gleicher Zeit, zuerſt an den beyden Enden o und
a, dann bey n und b, hierauf bey m und c u. ſ. f. gefühlt
werden, und immer mehr nach dem Mittel der Kette zu
gehen. Dem zu folge fühlen bey einer kleinen Flaſche die-
jenigen, welche am weitſten von den Enden abſtehen, den
Schlag deſto ſchwächer, je länger die gemachte Verbin-
dung iſt.
Um dieſe Erklärung deutlicher zu machen, trenne
man die Kette, und mache auf einem trocknen Boden zwo
Reihen, a, b, c, d – e, f, g, h, welche in der
Mitte unterbrochen ſind; d berühre die Flaſche an der
äußern Seite, und e errege den Schlag durch Berührung
des Knopfs. Wenn nun die elektriſche Materie den kür-
zeſten Weg nehmen ſollte, um in die äußere negative Flä-
che zu gelangen, ſo müßte ſie in den Fuß der Perſon e her-
ab, über den Boden in den Fuß von d, und durch des
letztern Körper in die äußere Seite kommen, ohne auf f,
g, h zu wirken, welche alsdann ganz außer der Verbin-
dung ſtehen würden. Allein ſie geht, dieſer Voraus-
ſetzung ganz entgegen, aus dieſem geraden Wege heraus,
und folgt der Ordnung der leitenden Perſonen, die ihr
einen ſchicklichen Leitfaden giebt, um durch einen andern
Weg in die äußere Seite zu kommen. Die von der in-
Elektriſche Batterie und Lateralexploſion. nern Seite von e durch f, g, h gehende Materie giebt
dieſen Perſonen einen merklichen Schlag in den Händen
und Knöcheln, zeigt ſich, wenn die Hände und Füße ein
wenig von einander abſtehen, durch einen Funken, und zer-
ſtreut ſich endlich in die Erde, als das allgemeine Behält-
niß der elektriſchen Materie. Eben ſo erhält d, welcher
die Materie zuerſt an die äußere Seite abgiebt, ſeinen
Verluſt durch c, b, a wieder, welche ihren Erſatz aus
dem Boden erhalten. Der Strom alſo, welcher aus dem
Knopfe der Flaſche kömmt, geht durch die leitenden Kör-
per, und verliert ſich in dem Erdboden; aus dieſem hin-
gegen kömmt eine zureichende Menge neuer elektriſcher
Materie hervor, und erſetzt den in der äußern Fläche be-
findlichen Mangel.
Wenn f, g, h keine Kette machen, ſondern ſich
ohne regelmäßige Ordnung um e herumſtellen, ſo ſieht
man den poſitiven Theil des Stroms ſich auf verſchiedene
Seiten verbreiten, und den Boden, in mehrere Ströme
vertheilt, erreichen. Auf eben dieſe Art geht die elektri-
ſche Materie aus dem Boden in d über, wenn a, b und e
unregelmäßig um d herumgeſtellt ſind; daß alſo jede Flä-
che ihren eignen Strom erregt, von welchen der eine in die
Flaſche hinein, der andere aus derſelben herausgeht. Eben
ſo war es bey dem vorhererwähnten Verſuche des D.
Watſon, wobey man ſonſt annahm, daß die elektriſche
Materie die erſtaunenswürdigſten Umwege, durch Flüſſe,
über Felder u. dgl. nehme. Die Materie aus der innern
Seite zerſtreute ſich durch den Fluß in dem Augenblicke,
in welchem die äußere Seite aus eben dieſer Quelle den
Vorrath zog, der ihren Mangel erſetzen mußte.
Man ſieht auch aus andern Verſuchen, daß die eine
Seite eines geladenen elektriſchen Körpers mehr von der
einen Kraft enthalten könne, als gerade hinreichend iſt,
um der entgegengeſetzten Kraft auf der andern Seite das
Gleichgewicht zu halten. Denn, wenn eine geladene Fla-
ſche iſoliret, und durch einen Auslader mit einem gläſer-
Achtes Capitel. nen Handgriff entladen wird, ſo werden, nach dem Schla-
ge, der Auslader und beyde Seiten der Flaſche die entge-
gengeſetzte Kraft von derjenigen haben, welche an der vor
dem Schlage zuletzt berührten Seite der Flaſche ſtatt fand.
Es wird nicht unſchicklich ſeyn, hier eine Hypotheſe
einzuſchalten, welche man dem Publikum anſtatt der an-
genommenen Theorie hat vorſchlagen wollen.
Hypotheſe.
1) In allen Körpern ſind beyde elektriſche Kräfte
zugleich vorhanden.
2) Da ſie in dieſer Verbindung einander aufheben,
ſo kan man ſie den Sinnen nicht anders fühlbar machen,
als durch ihre Trennung.
3) In nicht-elektriſchen Körpern werden dieſe bey-
den Kräfte durch das Reiben an elektriſchen Körpern, oder
durch die Verbindung mit geriebenen elektriſchen getrennt.
4) In elektriſchen Körpern können dieſe Kräfte nicht
getrennt werden.
5) Die beyden Elektricitäten ziehen einander durch
die Subſtanz elektriſcher Körper ſtark an.
6) Elektriſche Körper laſſen ſich von den beyden
Elektricitäten nicht durchdringen.
7) Beyde Kräfte, wenn ſie an elektriſirte Körper
gebracht werden, ſtoßen die Kräfte von eben derſelben Art
zurück, und ziehen die entgegengeſetzten Kräfte an.
Neuntes Capitel.
Von der Wirkung der zugeſpitzten Ableiter an den
Gebäuden.Die Wichtigkeit und der große Einfluß der Elektricität
zeigt ſich immer mehr, je näher wir mit ihr bekannt
werden. Wir finden keinen Körper in der Natur, auf
den ſie nicht, entweder als auf einen Leiter, oder als auf
einen elektriſchen Körper, wirkte; und wir entdecken, daß
die erſtaunenswürdigen Phänomene des Donners und Bli-
tzes aus ihr entſtehen, und mit ihr von einerley Natur ſind.
Man hatte noch ſehr wenig Fortgang in der Lehre von der
Elektricität gemacht, als die Aehnlichkeit zwiſchen dem
elektriſchen Funken und dem Blitze entdeckt ward; der
große Gedanke, dieſe Muthmaßungen auszuführen und zu
beweiſen, daß das Feuer, welches vom Himmel herab-
blitzt, eben dasjenige ſey, welches bey unſern Verſuchen
die Exploſion und den Schlag verurſacht, entſtand bey
dem D. Franklin, der auch zuerſt den Nutzen der zuge-
ſpitzten metalliſchen Ableiter zur Beſchützung der Gebäu-
de vor den fürchterlichen Wirkungen des Blitzes, angab;
einen Gedanken, der mit allgemeinem Beyfall und Bewun-
derung aufgenommen wurde. Es haben ſich aber ſeit die-
ſer Zeit viele Naturforſcher verleiten laſſen, ihre Meinung
von dem Nutzen dieſer Ableiter zu ändern; und unter den
Kennern iſt geſtritten worden, ob man den zugeſpitzten
oder den ſtumpfgeendeten Ableitern den Vorzug zu geben
habe.
Die Verſuche, welche man hierüber angeſtellt hak,
ſind zwar ſehr zahlreich, ſie ſcheinen mir aber größtentheils
nicht viel zu beweiſen, und zeigen die Sache nur aus einem
ſehr eingeſchränkten Geſichtspunkte.
Neuntes Capitel.Ein zugeſpitzter und mit der Erde verbundener Ab-
leiter hat nicht etwa eine beſondere Kraft, die Elektricität
an ſich zu ziehen, ſondern er wirkt blos wie jede andere
leitende Subſtanz, welche dem Durchgange der elektriſchen
Materie nicht widerſteht.
Zwar geht die Elektricität freylich aus einem elektri-
ſirten Körper weit leichter in einen zugeſpitzten, als in ei-
nen platt oder kugelförmig geendeten Ableiter über; weil
die Elaſticität der elektriſchen Materie und ihre Kraft die
Luft zu durchbrechen, durch die platte Oberfläche geſchwächt
wird, welche eine entgegengeſetzte Elektricität annimmt,
und die Intenſität der elektriſchen Materie mehr vermin-
dert, als eine Spitze thun kan, da hingegen die Spitze
leicht einſauget, weil in dieſem Falle das Beſtreben der
Materie, aus dem elektriſirten Körper herauszugehen,
größer iſt, als wenn ihm eine platte Oberfläche entgegen-
ſtehet. Es iſt alſo nicht eine beſondere Eigenſchaft der
Spitze und der platten Fläche, ſondern es iſt der verſchie-
dene Zuſtand des elektriſirten Körpers die Urſache, um
deren willen die Elektricität leichter und auf eine größere
Weite übergeht, wenn ihr ein zugeſpitzter Leiter, als wenn
ein platter oder kugelförmiger Ableiter entgegenſteht. Man ſ. Volta’s Abhandl. in den Philoſ. Transact.
Vol. LXXII.
Die Fähigkeit der Ableiter, Elektricität aufzuneh-
men, ſteht im Verhältniß mit der Größe der Oberfläche,
welche frey iſt, oder auf welche keine ähnliche Atmoſphäre
wirkt; ein Umſtand, der auf die Ableiter an den Gebäu-
den mehr oder weniger Einfluß hat, nach Beſchaffenheit
der Wolken und ihrer Atmoſphären, der Zeit, in welcher
ſich ihr Einfluß äußert, der Natur der leitenden Erdſchich-
ten und ihrer elektriſchen Lage.
Fig. 68. ſtellt die Giebeſſeite eines Hauſes vor, wel-
che ſenkrecht auf dem horizontalen Fußbrete F G befeſtiget
Von den zugeſpitzten Blitzableitern. iſt. Bey h i iſt in dieſelbe eine viereckigte Höhlung ein-
geſchnitten, in welche ein hölzernes Quadrat einpaſſet,
über deſſen Diagonallinie ein Drath hinweggeht. Auch
ſind zween Dräthe an dem Giebel ſelbſt befeſtiget, das un-
tere Ende des einen geht an die obere Ecke der quadrati-
ſchen Höhlung, das obere Ende des andern an ihre untere
Ecke. Die meſſingene Kugel kan von dem Drathe abge-
nommen werden, um nach Erfordern der Umſtände das
zugeſpitzte Ende dem Schlage auszuſetzen.
144. Verſuch.
Man bringe den Knopf einer Flaſche in Berührung
mit dem Conductor, verbinde den Boden der Flaſche mit
dem Hacken H, lade die Flaſche und bringe die Kugel un-
ter den Conductor, ſo wird die Flaſche durch eine Explo-
ſion aus dem Conductor in die Kugel auf dem Hauſe ent-
laden werden. Sind nun die Dräthe und Ketten alle in
Verbindung, ſo wird der Schlag bis in die äußere Seite
der Flaſche geleitet werden, ohne das Haus zu beſchädi-
gen; iſt aber das quadratiſche Holz ſo geſtellet, daß die
Dräthe dadurch nicht verbunden werden, ſondern die Com-
munikation abgeſchnitten iſt, ſo wird die elektriſche Ma-
terie, bey ihrem Uebergange in die äußere Seite der Fla-
ſche, das kleine Holz durch die Lateralkraft des Schlages
bis auf eine beträchtliche Weite fortwerfen. Man ſehe
Fig. 68.
Man ſchraube nun die Kugel ab, und bringe die
darunter befindliche Spitze gegen den Conductor, ſo wird
man nicht im Stande ſeyn, die Flaſche zu laden; denn
die ſcharfe Spitze zieht nach und nach die Elektricität aus
dem Conductor, und führt ſie in die äußere Belegung der
Flaſche.
Hiebey ſtellt der erſte Leiter eine Gewitterwolke vor,
welche ihre Elektricität an einen Wetterhahn, oder einen
andern metalliſchen Theil an der Spitze eines Hauſes ab-
Neuntes Capitel. giebt. Viele haben aus dieſem Verſuche geſchloſſen, daß
das Gebäude keinen Schaden leide, wenn eine metalliſche
Verbindung die elektriſche Materie bis in die Erde herab-
führen kan; daß hingegen dieſe Materie, wenn die Ver-
bindung unvollkommen iſt, von einem Theile zum andern
überſpringe, und dadurch das ganze Gebäude beſchädige.
145. Verſuch.
Herr Henly ſtellte auf einen gläſernen Fuß einen
Drath, welcher drey Achtel eines Zolles im Durchmeſſer
hielt, an dem einen Ende eine Kugel von drey Viertels
Zoll Durchmeſſer, und an dem andern eine ſehr ſcharfe
Spitze hatte. (Man ſ. Fig. 69.) Um die Mitte dieſes
Draths hieng eine 12 Zoll lange Kette; er verband dieſe
Kette mit der Belegung einer geladenen Flaſche, und
brachte den Knopf derſelben ſehr langſam gegen die Ku-
gel des iſolirten Draths, um genau zu beobachten, in
welcher Entfernung der Schlag erfolgen würde; welches
allezeit in der Weite eines halben Zolles mit einer lauten
und ſtarken Exploſion geſchahe. Hierauf lud er die Fla-
ſche wieder, und brachte ihren Knopf eben ſo langſam
gegen die Spitze des iſolirten Draths, um auch hier zu
verſuchen, in welcher Weite der Schlag erfolgen würde;
hier aber erfolgte nach vielen Verſuchen, gar kein Schlag;
die langſam genäherte Spitze zog allezeit die Ladung un-
merklich und ſtillſchweigend aus, ſo daß kaum das ſchwäch-
ſte Fünkchen in der Flaſche zurückblieb.
146. Verſuch.
Eben dieſer Gelehrte verband eine Flaſche von 509
Quadratzoll belegter Fläche mit dem erſten Leiter (ſ. Fig.
68.) War die Flaſche ſo ſtark geladen, daß ſie das Elek-
trometer auf 60° erhob, und brachte er die Kugel auf
dem Donnerhauſe der Kugel am erſten Leiter bis auf einen
halben Zoll nahe, ſo ward die Flaſche entladen, und das
Von den zugeſpitzten Blitzableitern. Holz im Donnerhauſe bis auf eine beträchtliche Weite her-
ausgeworfen. Gebrauchte er aber ſtatt der Kugel den
zugeſpitzten Drath des Donnerhauſes, ſo ward die Flaſche
zwar ſchnell, aber doch ohne Schlag entladen, und das
Holz blieb ruhig an ſeiner Stelle.
147. Verſuch.
Er machte hierauf eine doppelte Verbindung am
Donnerhauſe; die eine durch eine Kugel, die andere durch
einen ſcharf zugeſpitzten Drath. Beyde ſtanden 1¼ Zoll
von einander, aber in einerley Höhe. Bey eben ſo ſtarker
Ladung, als vorher, brachte er zuerſt die Kugel unter den
erſten Conductor, ſo daß dieſer einen halben Zoll über ihr,
die Spitze aber 1¼ Zoll von ihr abſtand; allein die Ku-
gel erhielt keinen Schlag, indem die Spitze die Ladung
ſtillſchweigend auszog. Auch blieb das Holz im Donner-
hauſe unbewegt liegen.
148. Verſuch.
Er iſolirte eine große Flaſche, und verband durch
Ketten mit der äußern Belegung, auf einer Seite eine
Kugel, auf der andern einen ſcharf zugeſpitzten Drath.
Beyde waren iſolirt, und ſtanden 5 Zoll weit von einan-
der. (ſ. Fig. 70.) Er ſtellte nunmehr eine iſolirte küpfer-
ne Kugel von 8 Zoll im Durchmeſſer ſo, daß ſie gerade
einen halben Zoll weit ſowohl von dem Knopfe als von
der Spitze abſtand. Die Flaſche ward geladen, und die
Entladung geſchahe vermittelſt des Ausladers auf die Ku-
gel, aus welcher ſie in den Knopf A überſprang, der drey
Viertel Zoll im Durchmeſſer hielt. Die Exploſion wav
ſehr laut und ſtark, und die Kette leuchtete.
149. Verſuch.
Herr Henly hieng an das Ende eines hölzernen
Stabes, der ſich in horizontaler Richtung frey um eine
Neuntes Capitel. Nadelſpitze drehen konnte, mit ſeidnen Schnüren eine
große mit Metallblättchen vergoldete Ochſenblaſe auf, die
durch ein Gegengewicht am andern Ende des Stabes ge-
halten wurde. Man ſehe Fig. 71. Er gab dieſer Blaſe
einen ſtarken Funken aus dem Knopfe einer geladenen
Flaſche, und näherte ihr alsdann eine meſſingene Kugel
von 2 Zollen im Durchmeſſer, wobey er bemerkte, daß
die Blaſe der Kugel auf 3 Zoll weit entgegen kam, und
als ſie noch um einen Zoll entfernt war, die Elektricität
in einem ſtarken Funken übergieng. Er gab hierauf der
Blaſe einen neuen Funken, und näherte ihr einen zuge-
ſpitzten Drath. Dieſem kam ſie nicht entgegen, gab ihm
auch keinen Funken, ſondern ihre Elektricität gieng ſtill-
ſchweigend in die Spitze über.
150. Verſuch.
Man nehme 2 bis 3 Flocken feine Baumwolle, befeſti.
ge eine davon mit einem feinen Faden an den Conductor,
die zwote an die erſte, und die dritte an die zwote, und
drehe die Maſchine, ſo werden die baumwollenen Flocken
ihre Fäden ausbreiten, und ſich gegen den Tiſch zu ver-
längern. Man halte eine ſcharfe Spitze gegen die unter-
ſte, ſo wird ſie aufwärts gegen die zwote, dieſe gegen die
dritte, und alle zuſammen gegen den Conductor zuſam-
menſchrumpfen, und in dieſem Zuſtande ſo lange bleiben,
als die Spitze darunter ſteht.
151. Verſuch.
Man befeſtige eine Menge feine Fäden oder Haare
an das Ende des erſten Leiters; wenn man nun den Cy-
linder umdreht, ſo werden dieſelben wie Halbmeſſer des
Kreiſes vom Mittelpunkte aus divergiren: man fahre fort,
den Cylinder zu drehen, und bringe eine Spitze gegen die
eine Seite des Conductors, ſo werden die Fäden an dieſer
Seite herabfallen, und ihre Divergenz verlieren; die an
Von den zugeſpitzten Blitzableitern. der andern Seite aber werden noch immer diverglren.
Hieraus erhellet, daß das Vermögen der Spitzen, die
Elektricität auszuziehen, ſich nicht rund um den elektri-
ſirten Körper herum erſtrecke, wenn Mittel angewendet
werden, den Verluſt der Elektricität zu erſetzen.
Fig. 72 zeigt ein ovales Bret, 3 Schuhe lang und
2 Schuhe breit, auf beyden Seiten mit Stanniol belegt,
und mit ſeidnen Fäden an den beyden Armen eines Hebels
aufgehangen. Dieſer Hebel dreht ſich um eine Achſe, wel-
che an den einen Arm einer ſeinen Wage befeſtiget iſt, und
am andern Arme durch ein Gegengewicht gehalten wird.
Ein Theil des Tiſches unter dem Brete muß mit Stanniol
belegt, und durch eine Kette mit dem Boden verbunden
werden.
152. Verſuch.
Man verbinde das herabhangende Bret durch einen
feinen Drath mit dem erſten Leiter, ſo wird durch einige
wenige Umdrehungen der Maſchine der ganze Apparatus
elektriſiret. Bey Anſtellung dieſes Verſuchs ward das
Bret vom Tiſche auf 15 Zoll weit angezogen, und ent-
lud ſich von ſelbſt mit einem ſtarken Funken. Eben die-
ſes erfolgte, wenn man eine metallene Kugel auf den
Tiſch ſtellte, und das Bret derſelben bis auf einen Zoll
weit näherte, da es ſich denn mit einem Funken entlud.
Befeſtiget man ſtatt der Kugel eine Spitze auf den Tiſch,
ſo fängt das hangende Bret zwar an, ſich derſelben zu
nähern, allein es ſteht 4 – 5 Zoll weit vom Tiſche ſtill,
und kömmt nicht näher, giebt auch keinen Funken: im
Dunkeln ſieht man ein ſchwaches Licht an der Spitze. Es
ward hierauf eíne leidner Flaſche mit dem erſten Leiter
verbunden; und nun waren mehrere Umdrehungen der
Maſchine nöthig, um den Apparatus zu laden; die Wir-
kung aber war eben ſo, wie vorher. Man hielt das Ge-
gengewicht, damit das Bret nicht eher herabſinken möch-
te, bis es die völlige Ladung erhalten hätte; ſobald man
Neuntes Capitel. es aber frey ließ, ward es nicht allein von der Spitze an-
gezogen, ſondern gab ihr auch eine ſehr laute und ſtarke
Exploſion, daß ſogar der umliegende Stanniol von dem
darüber fliegenden Feuer befleckt ward.
Der nachfolgende Verſuch iſt aus Herrn Wilſons
Nachricht von den im Pantheon über die Na-
tur und den Nugen der Ableiter angeſtellten
Verſuchen genommen. Er ward in der Abficht ange-
ſtellt, um auszumachen, was in dem Verſuche des Herrn
Henly, welcher bey uns der 148ſte iſt, fehlerhaft ſey.
Die gemachte Verbindung beſtand aus zween
Theilen.
Den einen Theil machte ein gebogener meſſingener
Stab aus, an deſſen oberes Ende eine meſſingene Kugel
von drey Viertel Zoll Durchmeſſer, an das untere aber
eine küpferne Kugel von 5 Zoll Durchmeſſer angeſchraubt
war. Dieſer Theil ſtand auf einem hölzernen Fuße mit
einer meſſingenen Haube, in welche der meſſingene Stab
erforderlichen Falls eingeſchraubt werden konnte.
Der andere Theil der Verbindung beſtand ebenfalls
aus einem meſſingenen Stabe, deſſen Ende gabelförmig
gebogen war, mit zween Spitzen, die ſich nach dem Mit-
telpunkte der küpfernen Kugel richteten. Dieſe Spitzen
waren ſo eingerichtet, daß man ſie nach Erfordern des
Verſuchs länger oder kürzer machen konnte. Am Ende
der einen Spitze war eine meſſingene Kugel von drey Vier-
tel Zoll Durchmeſſer, und am Ende der andern eine ſtäh-
lerne Spitze oder Nadel befeſtiget. Der Stiel dieſer Ga-
bel war in eine kleine eiſerne Platte geſchraubt, welche an
der innern Seite eines hölzernen Gefäßes befeſtiget war,
das den größten Theil einer cylindriſchen gläſernen Flaſche
umſchloß. Dieſe Flaſche war zwölf und drey Viertel Zoll
hoch, und hatte ohngefähr 4 Zoll im Durchmeſſer. Die-
ſes Glas war ſtärker, als ſonſt gewöhnlich, und hatte an
jeder Seite ohngefähr 144 Quadratzoll Stanniolbele-
gung. Ueberdies war auch ein Theil der inwendigen
Von den zugeſpitzten Blitzableitern. Seite des hölzernen Gefäßes mit Stanniol belegt, um
eine beſſere Verbindung zwiſchen der eiſernen Platte und
der äußern Belegung der Flaſche machen zu können. In
die Flaſche ſelbſt war ein hölzerner ebenfalls mit Stanniol
überzogner Cylinder befeſtiget, um die innere Belegung
des Glaſes deſto beſſer mit dem meſſingenen Stabe zu
verbinden, der aus der Mitte des hölzernen Cylinders
ſenkrecht herauf gieng. Dieſer aufwärts gehende Stab
hatte am Ende eine meſſingene Kugel von drey Viertel
Zoll Durchmeſſer, und war gegen den erſten Theil der
Verbindung zu gebogen, ſo daß die beyden Kugeln A und
B, Fig. 73. wagrecht gegen einander ſtanden, aber von
Zeit zu Zeit nach Erfordern in andere Entfernungen von
einander geſtellt werden konnten, und ſich alſo ſtatt eines
Elektrometers brauchen ließen.
Herr Wilſon fieng die Verſuche da an, wo das
Elektrometer bis auf die größte Weite von dem Schlage
getroſſen wurde, und richtete die Diſtanzen der Kugel
gehörig darnach ein, daß, wenn der Schlag die Spitze
traf, eine Verrückung der Kugel um \nicefrac {1}{32} Zoll machte, daß
die Kugel nur allein, und die Spitze nicht getroffen wurde,
und umgekehrt. Hierauf verminderte er die Schlagweite
des Elektrometers in jedem Verſuche, bis er die geringſte
Weite erreicht hatte.
Alle dieſe Verſuche wurden hierauf mit umgekehr-
tem Apparatus wiederhohlt, daß nämlich die Kugel auf
die Flaſche und die Gabel auf das Stativ befeſtiget ward;
als dieſe Reihe von Verſuchen vollſtändig war, ſtellte er
noch andere an, wobey zuerſt die Kugel allein, und dann
die Spitze allein gegen die küpferne Kugel gehalten ward.
Nachdem alle dieſe Verſuche vollendet waren, wie
ſie in der erſten Tabelle verzeichnet ſind, wiederholte er
auch die Verſuche mit der Kette nach Herrn Henly’s
Art. Ihre Reſultate ſo wohl, als die mit dem umge-
kehrten Apparatus ſind in der zweyten Tabelle verzeichnet.
Neuntes Capitel.Erſte Tafel.Verſuche bey D. Higgins am 19 Junii 1778 mit
der leidner Flaſche und dem gabelförmigen
Apparatus.
Anm. Alle in den Tafeln vorkommende Maaße beziehen
ſich auf Zweyunddreyßigtheile des Zolles.
Die Zahl bey dem Worte: Elektrometer bedeu-
tet die Entfernung der Kugeln des Elektrometers von
einander; die Zahlen bey den Worten: Rugel und
Spige zeigen die größten Diſtanzen, bis auf welche
jedes von ihnen den Schlag empfieng.
Von den zugeſpitzten Blitzableitern.Zweyte Tafel.
Verſuche mit der Kette, nach Herrn Henly’s Art.
Dritte Tafel.
Verſuche der erſten und zweyten Tafel, wiederholet bey Herrn
Partington am 23 Jun. 1778. mit einer meſſingenen
Kette ſtatt der Gabel.
Neuntes Capitel.Seitdem es bekannt iſt, ſagt Herr Wilſon, daß
die Elektricität mit dem Blitze einerley ſey, iſt auch
durchgängig zugegeben worden, daß man in Ländern,
wo die Gewitter häufig ſind, der Ableiter zur Sicher-
heit der Gebäude nicht wohl entbehren könne. Der
Grundſatz, nach welchem die Ableiter wirken, iſt dieſer:
daß die elektriſche Materie, wenn ſie durch irgend eine
Kraft angetrieben wird, allezeit dahin gehe, wo ſie den
wenigſten Widerſtand findet. Da ihr nun die Metalle
den wenigſten Widerſtand bey ihrem Fortgange entge-
genſetzen, ſo wird ſie allezeit eher an einem metallenen
Stabe fortlaufen, als einen andern Weg ſuchen. Man
muß aber hiebey bemerken, daß die Elektricität nie-
mals in einen Körper bloß um dieſes Körpers ſelbſt
willen geht, ſondern nur, in ſo fern ſie durch ihn an den
Ort ihrer Beſtimmung gelangen kann. Wenn durch
eine Elektriſirmaſchine eine Menge Elektricität aus der
Erde geſammlet wird, ſo erhält ein mit der Erde ver-
bundener Körper einen ſtarken Funken aus dem erſten
Leiter; dieſen Funken bekömmt er nicht darum, weil er
etwa fähig wäre, alle im Cylinder und Conductor ent-
haltene Elektricität in ſich aufzunehmen, ſondern darum,
weil der natürliche Zuſtand der elektriſchen Materie
durch die Bewegung der Maſchine geſtört iſt, und ein
Strom von dergleichen Materie aus der Erde gelockt
wird. Daher beſtreben ſich die natürlichen Kräfte, das,
was auf dieſe Art aus der Erde gezogen wird, derſelben
wieder zu erſetzen; und da der Ueberſchuß, welcher ſich im
Conductor befindet, zu Erſetzung dieſes Mangels gerade
am geſchickteſten iſt, weil er zu keiner weitern Abſicht
verwendet wird, ſo zeigt er jederzeit ein Beſtreben, wie-
der zur Erde zurückzukehren. Wird alsdann ein leiten-
der mit der Erde verbundener Körper dem erſten Leiter
genähert, ſo richtet ſich die ganze Kraft der Elektricität
gegen dieſen Körper; nicht bloß darum, weil er ein Lei-
ter iſt, ſondern, weil er an die Stelle leitet, nach wel-
Von den zugeſpitzten Blitzableitern. cher die elektriſche Materie durch die in ihr herrſchenden
natürlichen Kräfte getrieben wird, und nach der ſie ſich
auch andere Wege bahnen würde, wenn ihr gleich dieſer
leitende Körper nicht wäre dargeſtellt worden. Daß
dies wirklich der Fall ſey, ſieht man leicht, wenn man
dem Conductor der Maſchine eben dieſe leitende Sub-
ſtanz in einem iſolirten Zuſtande entgegenſtellet, wobey
nur ein ſehr ſchwacher Funken entſteht. Eben ſo, wenn
der Blitz einen Baum, ein Haus oder einen Ableiter
trift, geſchieht dies nicht darum, weil dieſe Gegenſtände
hoch oder der Wolke nahe ſind, ſondern weil ſie mit einer
Stelle unter der Erdfläche in Verbindung ſtehen, gegen
welche das Beſtreben des Blitzes gerichtet iſt, und an
welche derſelbe gewiß auch gelangt wäre, wenn gleich
keiner der erwähnten Gegenſtände dazwiſchen geſtanden hätte.
Wenn die Atmoſphäre anfängt, entweder negativ
oder poſitiv elektriſirt zu werden, ſo nimmt die Erde ver-
mittelſt der Unebenheit und Feuchtigkeit ihrer Oberfläche,
hauptſächlich aber durch die auf ihr wachſenden Vegeta-
bilien dieſe Elektricität ebenfalls an, und wird bald auf
gleiche Art mit der Atmoſphäre elektriſirt; dieſe Mit-
theilung aber hört in kurzer Zeit auf, weil ſie nicht fort-
dauren kann, ohne zugleich die ganze in der Erde ſelbſt
enthaltene elektriſche Materie in Bewegung zu ſetzen.
Nunmehr entſtehen aus bereits angegebnen Urſachen
unter der Oberfläche der Erde abwechſelnde Zonen von
poſitiver und negativer Elektricität. Der Wetterſtral
entſteht jederzeit zwiſchen der Atmoſphäre und einer dieſer
Zonen. Nimmt man z. B. an, die Atmoſphäre ſey
poſitiv elektriſiret, ſo wird die Erdfläche durch die Bäu-
me u.ſ.f. bald ebenfalls poſitiv elektriſiret werden; wir
wollen annehmen bis auf eine Tiefe von 10 Schuh:
weiter kann die Elektricität nicht dringen, weil ihr die
elektriſche Materie im Innern der Erde zu ſtark wider-
ſteht. In der Tiefe von 10 Schuh fängt eine Zone
Neuntes Capitel. von negativ elektrifirter Erde an, von welcher die Elek-
tricität der Atmoſphäre angezogen wird. Dieſe kann
aber nicht in die negative Zone gelangen, ohne vorher
die darüber liegende poſitive zu durchbrechen, und alle
ihr im Wege liegende ſchlechte Leiter zu zerſchmettern.
Man kann alſo ſicher behaupten, daß der Blitz da durch-
ſchlagen werde, wo die Zone von poſitiv elektriſirter Er-
de am dünnſten iſt, es mag ſich nun daſelbſt ein Leiter
befinden oder nicht. Iſt ein Leiter vorhanden, ſo wird
ihn der Blitz unfehlbar treffen, er ſey nun zugeſpitzt oder
ſtumpfgeendet: er würde aber an dieſer Stelle auch ein
Gebäude ohne Leiter, und wenn kein Gebäude da geweſen
wäre, den Boden ſelbſt getroffen haben. Steht hinge-
gen ein Gebäude mit ſeinem Ableiter an einer Stelle,
wo die poſitiv elektriſirte Zone ſehr dick iſt, ſo wird we-
der der Ableiter die Elektricität ſtillſchweigend abführen,
noch der Blitz dahin treffen; obgleich derſelbe vielleicht
einen weit niedriger liegenden Gegenſtand oder wohl gar
den Boden ſelbſt ganz nahe dabey treffen kann; aus der
Urſache, weil daſelbſt die poſitiv elektriſirte Zone dünner
iſt, als an dem Orte des Ableiters.
Der Satz, daß ein zugeſpitzter Ableiter eine Ge-
witterwolke ihrer ganzen Elektricität berauben könne,
ſcheint auf den erſten Blick ſehr intereſſant, iſt aber,
wenn man ihn genau betrachtet, lächerlich. Unzähliche
Gegenſtände auf der Erdfläche ziehen die Elektrici-
tät eben ſo wohl an, als der Ableiter, wenn ſie ſich an-
ders aus der Wolke ziehen ließe; es iſt aber unmöglich,
dieſes zu bewirken, weil alle dieſe Gegenſtände einerley
Elektricität mit den Wolken ſelbſt haben.
Ueberdies hat Beccaria beobachtet, daß während
des Fortgangs und Zunehmens der Gewitter, wenn
auch der Blitz noch ſo häufig in die Erde ſchlägt, den-
noch die Wolke den Augenblick darauf wieder bereit ſey,
eine noch größere Exploſion zu machen, und daß ſein
Von den zugeſpitzten Blitzableitern. Apparatus nach dem Schlage immer noch ſo ſtark eletri-
ſirt geblieben ſey, als vor demſelben.
Der Ableiter hat nicht einmal das Vermögen, den
Blitz um wenig Schuhe von der Richtung, die er ſich
ſelbſt gewählt hat, abzulenken: wir haben hievon ein ſehr
entſcheidendes Beyſpiel an dem Magazin zu Purſleet in
Eſſex geſehen. Dieſes Haus war mit einem Ableiter
verſehen, der über den höchſten Theil des Gebäudes her-
vorragte; demohngeachtet ſchlug ein Wetterſtral in eine
eiſerne Klammer an der Ecke des Gebäudes, welche weit
niedriger lag, als die Spitze des Ableiters, und von der-
ſelben nur 46 Schuh weit in einer abhangenden Linie
abſtand.
Hier war der Ableiter, mit aller ſeiner Kraſt, die
Elektricität auszuziehen, nicht im Stande, den Schlag
zu verhüten, noch ihn 46 Schuh weit von ſeinem Wege
abzulenken. In der That verhielt ſich die Sache ſo.
Der Blitz ward beſtimmt, an dem Orte, wo das Schif-
magazin ſteht, oder nahe dabey, in die Erde zu gehen;
der am Hauſe befindliche Ableiter bot ihm zwar an ſich
den leichteſten Weg dar, allein da ſich 40 Schuh Luft
zwiſchen der Spitze des Ableiters und der Stelle der Ex-
ploſion befanden, ſo war der Widerſtand geringer, wenn
der Blitz durch die ſtumpfe eiſerne Klammer und einige
wenige vom Regen befeuchtete Ziegel in die Seite der
metalliſchen Leitung gieng, als wenn er ſeinen Weg
durch 46 Schuh Luft in die Spitze des Ableiters nahm;
und in der That folgte er auch dem erſtern Wege.
Die Blitze, welche im Zikzak gehen, ſind die ge-
fährlichſten, weil ſie einen ſehr heftigen Widerſtand in
der Atmoſphäre überwinden müſſen. Wenn ſie alſo ir-
gendwo einen nur im geringſten Grade ſchwächern Wider-
ſtand antreffen, ſo ſchlagen ſie unfehlbar dahin, auch
bis auf eine beträchtliche Weite. Ganz anders iſt es
mit denjenigen Blitzen, welche unter keiner beſtimmten
Geſtalt erſcheinen: bey ihnen wird die elektriſche Mate-
Neuntes Capitel. rie augenſcheinlich durch leitende Subſtanzen zerſtreut,
und ihre Kraft dadurch vermindert.
Die allerverderblichſten Blitze aber ſind diejenigen,
welche die Form der Feuerbälle annehmen. Dieſe ent-
ſtehen durch eine außerordentlich große Gewalt der Elek-
tricität, die ſich nach und nach anhäufet, bis der Wider-
ſtand der Atmoſphäre nicht mehr vermögend iſt, ſie zu-
ſammen zu halten. Gemeiniglich brechen die Blitze
aus der elektriſirten Wolke durch Annäherung einer lei-
tenden Subſtanz aus; allein dieſe Feuerbälle ſcheinen
nicht durch eine Subſtanz, welche die elektriſche Materie
der Wolke an ſich zieht, zu entſtehen, ſondern bloß da-
her, weil ſich die Elektricität in ſolcher Menge anhäuft,
daß die Wolke ſie nicht länger halten kann. Daher ge-
hen dieſe Bälle langſam fort, haben keine beſtimmte
Richtung, und es zeigt ſogleich ihr Anſehen eine unge-
mein ſtarke Anhäufung und Bewegung der Elektricität
in der Atmoſphäre an, ohne eine verhältnißmäßige Dis-
poſition der Erde, ſie aufzunehmen. Inzwiſchen wird
dieſe Diſpoſition durch tauſenderley Umſtände verändert,
und diejenige Stelle, welche am erſten fahigfähig wird, Elek-
tricität aufzunehmen, wird auch zuerſt von dem Feuer-
balle getroffen. Man ſieht daher, daß ſich die Blitze
dieſer Art eine lange Zeit langſam in der Luft vor- und
rückwärts bewegen, und dann plötzlich auf ein oder auf
mehrere Gebäude fallen, je nachdem dieſelben zu der Zeit
mehr oder weniger von der entgegengeſetzten Elektricität
enthalten. Sie laufen auch wohl längſt dem Erdboden
hin, theilen ſich in mehrere Theile, und veranlaſſen
mehrere Schläge auf einmal.
Es iſt ſehr ſchwer, dieſe Art von Blitzen durch
unſere elektriſchen Verſuche nachzuahmen. Die einzi-
gen Fälle, in welchen dieſes einigermaßen geſchehen iſt,
ſind diejenigen, in welchen D. Prieſtley den Schlag
einer Batterie durch eine beträchtliche Weite über die
Oberfläche von rohem Fleiſch, Waſſer ꝛc. gehen ließ.
Von den zugeſpitzten Blitzableitern.
Wenn es in dieſen Fällen während der Zeit, in welcher
die elektriſche Materie über die Oberfläche des Fleiſches
gieng, möglich wäre, die metalliſche Verbindung durch
Wegnehmung der Kette zu unterbrechen, ſo wäre die
entladene elektriſche Meterie genau in dem Falle der er-
wähnten Feuerbälle; d. i. ſie hätte keinen Leiter, der ſie
weiter führen könnte. Die negative Seite der Batterie
wäre der Ort ihrer Beſtimmung, ſie könnte aber nicht
leicht dahin gelangen, wegen der im Wege liegenden
großen Menge von Luft, und der Unfähigkeit der
benachbarten Körper, Elektricität aufzunehmen. Wenn
nun aber während der Zeit, in welcher die elektriſche
Materie aus Mangel eines Leiters ſtill ſtünde, jemand
in der Nähe der negativen Seite der Batterie wäre,
oder dieſelbe berührte, und zugleich ſeinen Finger gegen
dieſen dem Anſcheine nach unſchädlichen hellen Körper
hielte, ſo würde er augenblicklich einen ſtarken Schlag
erhalten, weil nunmehr durch ſeinen Körper eine freye
Verbindung entſtünde, und die Kräfte, durch welche die
elektriſche Materie von einer Stelle zur andern getrieben
wird, dieſelbe durch ihn führen würden. Nehmen wir
aber an, eine mit der Batterie nicht verbundene Perſon
halte den Finger gegen dieſen Körper, ſo würde dieſe
vielleicht einen gelinden Funken, aber keinen beträchtli-
chen Schlag von demſelben erhalten.
Hieraus läßt ſich die dem Anſcheine nach ſo eigen-
ſinnige Natur aller Blitze, beſonders aber derer, welche
in Form der Feuerbälle erſcheinen, erklären. Biswei-
len treffen ſie Bäume, hohe Gebäude u. dgl. ohne be-
nachbarte Hütten, Menſchen, Thiere ꝛc. zu beſchädi-
gen; zu andern Zeiten ſchlagen ſie auf niedrige Gebäu-
de, Viehheerden ꝛc, indeß hohe Bäume und Thürme
in der Nachbarſchaft verſchont bleiben.Hievon führt Herr Achard in einer der berliner Aka-
demie vorgeleſenen Abhandlung zwey merkwürdige Bey-
ſpiele an. Und Beccaria warnt jedermann, ſich bey
Die Urſache
Neuntes Capitel.
hievon iſt, weil es unter der Erdfläche eine Zone giebt,
in welche der Blitz (wenn man ſich ſo ausdrücken darf)
zu ſchlagen ſucht, weil ſie eine dem Blitze ſelbſt entge-
gengeſetzte Elektricität hat. Es werden daher diejeni-
gen Gegenſtände vom Blitze getroffen, welche die voll-
kommenſten Leiter zwiſchen den elektriſirten Wolken und
der gedachten Zone ausmachen, ſie mögen hoch oder nie-
drig ſeyn. Geſetzt, es bilde ſich über einem gewiſſen
Theile der Erdfläche eine poſitive Wolke; ſo geht die
elektriſche Materie aus derſelben zuerſt in den rund
umher liegenden Theil der Atmoſphäre aus, und wäh-
rend dieſer Zeit iſt die Atmoſphäre negativ elektriſirt.
Je größere Theile der Atmoſphäre inzwiſchen dieſer elek-
triſche Strom durchläuft, deſto mehr wächſt der Wider-
ſtand gegen ſeine Bewegung, bis zuletzt die Luft eben ſo
wohl, als die Wolke, poſitiv elektriſiret wird, und bey-
de als ein einziger Körper wirken. Dann fängt die Erd-
fläche an elektriſiret zu werden, und nimmt vermittelſt
der auf ihr wachſenden Bäume, des Graſes u. ſ. w. die
elektriſche Materie ſtillſchweigend auf, bis ſie zuletzt
ebenfalls poſitiv elektriſiret wird, und einen Strom von
Elektricität von der Oberfläche niederwärts auszuſenden
anfängt.
Wenn die Urſachen, welche die Elektricität anfäng-
lich hervorbrachten, noch immer zu wirken fortfahren, ſo
wird die Kraft des elektriſchen Stroms ungemein groß.
Nunmehr fängt die Gefahr eines Wetterſchlags an;
denn da die Kraft des Blitzes auf eine Stelle unterhalb
der Erdfläche gerichtet iſt, ſo wird derſelbe gewiß gegen
dieſe Stelle ſchlagen, und alles, was ſeinem Durch-
gange widerſteht, zerſchmettern.
Nunmehr wird ſich auch der Nutzen der Ableiter
deutlich zeigen. Denn wir wiſſen zuverläßig, daß die Gewittern mit einem höhern, oder beſſern Leiter zu ver-
binden, als der menſchliche Körper an ſich ſelbſt iſt.
Von den zugeſpitzten Blitzableitern.
elektriſche Materie in allen Fällen denjenigen Weg vor-
ziehe, wo ſie den wenigſten Widerſtand findet, d. i. den
Weg über die Oberfläche der Metalle. Steht alſo in
einem ſolchen Falle ein mit einem Ableiter verſehenes
Haus gerade unter der Wolke, und befindet ſich zugleich
eine Zone von negativ elektriſirtem Erdreich nicht fern
von dem Grunde des Gebäudes, ſo wird der Blitz faſt
zuverläßig in den Ableiter ſchlagen; das Gebäude aber
wird unbeſchädigt bleiben. Hat hingegen das Gebäude
keinen Ableiter, ſo wird der Blitz demohngeachtet an
eben der Stelle einſchlagen, um in die obenerwähnte
elektriſirte Zone zu kommen; jetzt aber wird das Gebäu-
de beſchädiget, weil die Materialien deſſelben die elektri-
ſche Materie nicht leicht leiten können.Daß die elektriſche Materie, welche die Gewitterwol-
ken bildet und belebet, aus Stellen komme, welche tief
unter der Erdfläche liegen, und ſich in dieſen Stellen
entzünde, iſt wahrſcheinlich, wegen der tiefen Höhlen,
welche der Blitz an vielen Orten macht, und wegen der
gewaltſamen Ueberſchwemmungen bey Gewittern, wel-
che nicht durch Regen, ſondern durch Waſſer entſte-
hen, welches aus dem Innerſten der Erde bervorbricht,
und durch eine innere Erſchütterung aus derſelben
muß ſeyn getrieben worden.
ſ. Prieſtleys Geſchichte
der Elektricität. S. 328.
Zehntes Capitel.
Ladung einer Luftplatte.
Da die Luft ein idioelektriſcher Körper iſt, ſo nimmt
ſie auch, wie alle dergleichen Körper, eine Ladung
an. Aus dieſer Eigenſchaft der Luft laſſen ſich viele Er-
ſcheinungen bey den gewöhnlichen elektriſchen Verſuchen
erklären; denn die Luft, welche einen elektriſirten Leiter
Zehntes Capitel. umgiebt, iſt allezeit einigermaßen mit elektriſcher Materie
geladen, und wirkt alſo auf die Atmoſphäre des elektriſir-
ten Leiters nicht allein durch ihren Druck, ſondern auch
durch ihre elektriſche Kraft. Daß aber die Elektricität
durch eine beträchtliche Menge Luft dringen könne, iſt
daraus klar, weil man die Luft eines Zimmers auf ver-
ſchiedene Art elektriſiren kann.
Man überziehe zwey große Breter mit Stanniol,
hänge das eine mit ſeidnen Schnüren an der Decke
des Zimmers auf, verbinde es mit dem Conductor der
Maſchine, und ſtelle das zweyte parallel mit dem erſten
auf ein iſolirendes Stativ, das man leicht erhöhen oder
erniedrigen kann, um die Entfernung beyder Breter nach
Gefallen zu verändern. Man kann auch beyde in verti-
kaler Stellung auf iſolirende Stative von gleicher Höhe
ſetzen, welches letztere in den meiſten Fällen als das be-
quemſte wird befunden werden. Dieſe Breter ſind als
Belegungen der zwiſchen ihnen befindlichen Luftplatte an-
zuſehen.
152. Verſuch.
Man verbinde das obere Bret mit dem poſitiven
Conductor, das andere mit dem Boden, und drehe den
Cylinder, ſo wird das obere poſitiv, das untere negativ
elektriſiret. Die Luft zwiſchen beyden wirkt nunmehr, wie
eine Glasplatte, ſie trennt beyde Elektricitäten, und hält
ſie auseinander. Berührt man die negative Platte mit
einer Hand, und die obere mit der andern, ſo erhält man
einen Schlag, welcher dem aus einer leidner Flaſche ähn-
lich iſt.
Man fühlt den elektriſchen Schlag allezeit, wenn ei-
ne Menge elektriſcher Materie plötzlich und in einem Au-
genblicke durch den Körper geht. Die Stärke des Schlags
ſteht mit der Menge der angehäuften Elektricität und mit
der Schwierigkeit ihres Durchgangs im Verhältniß; denn
die ganze Wirkſamkeit der Elektricität hängt von ihrer An-
Ladung einer Luftplatte. ſtrengung oder von der Kraft ab, mit welcher ſie von dem
elektriſirten Körper auszugehen ſtrebt.
Wenn ſich beyde Platten oder Breter in entgegen-
geſetztem Zuſtande befinden, ſo ziehen ſie einander ſtark
an, und kommen zuſammen, wofern ſie nicht mit Gewalt
auseinander gehalten werden. Bisweilen entſteht ein
Funken zwiſchen beyden, und hebt beyder Elektricitäten
auf. Befindet ſich auf der untern Platte eine Erhöhung,
ſo wird der Funken bey der freywilligen Entladung dieſelbe
treffen. Die Verſuche mit dieſen Platten werden noch an-
genehmer, wenn die eine Fläche der obern Platte mit ver-
goldetem Leder überzogen iſt. Beyde Platten, wenn ſie
geladen ſind, ſtellen den Zuſtand der Erde und der Wol-
ken bey einem Gewitter vor. Die Wolken befinden ſich
in dem einen, und die Erde im entgegengeſetzten elektri-
ſchen Zuſtande: die dazwiſchen liegende Luftplatte wirkt
als ein elektriſcher Körper, und die freywilligen Entla-
dungen ſtellen die Erſcheinungen des Blitzes dar.
Man hat bey dieſem Verſuche eine Bemerkung ge-
macht, welche auf einen der vornehmſten Grundſätze der
angenommenen Theorie Beziehung zu haben ſcheint. Jch
habe ſie hier beyfügen wollen, um denen, welche ſich mit
der Elektricität beſchäftigen, Anlaß zu genauerer Unter-
ſuchung der Sache zu geben.
Es ſcheint bey dieſem Verſuche faſt unmöglich, zu
läugnen, daß die Luft von der elektriſchen Materie durch-
drungen werde. Der Abſtand beyder Platten von einan-
der iſt ſo gering, daß es thöricht ſcheint, zu behaupten,
dieſer Raum werde bloß von einer zurückſtoßenden Kraft
durchdrungen, da wir zumal in andern Fällen die elektri-
ſche Materie durch weit größere Lufträume dringen ſehen.
Wenn aber einmal eine elektriſche Subſtanz ſich von der
elektriſchen Materie durchdringen läßt, ſo entſteht wenig-
ſtens eine ſehr ſtarke Vermuthung, daß alle übrigen die
elektriſche Materie ebenfalls durchlaſſen. Wenn alles Glas
für die elektriſche Materie undurchdringlich wäre ſo müßte
Zehntes Capitel. man natürlicher Weiſe ſchließen, daß dieſe Materie ſehr
leicht über die Oberfläche deſſelben gehen werde. Statt
deſſen aber iſt vielmehr ihr Beſtreben in das Glas einzu-
dringen ſo groß, daß ein zwiſchen zwoen hart aneinander
gepreßten Glasplatten durchgehender Schlag dieſe Plat-
ten allezeit in Stücken bricht, und einen Theil davon ſo-
gar zum feinſten Pulver zermalmet. Dieſe Wirkung kan
keiner andern Urſache zugeſchrieben werden, als dieſer, daß
die elektriſche Materie in die Zwiſchenräume des Glaſes
eindringt, und daß bey dem Widerſtande, den ſie daſelbſt
antrift, die Gewalt ihrer fortgehenden Bewegung die
Glastheilchen nach allen Richtungen mit Heftigkeit von
einander treibt.
153. Verſuch.
Man kehre die mit vergoldetem Leder überzogene
Seite des obern Brets gegen das untere, ſtelle eine oder
zwo metallene Halbkugeln auf das untere Bret; verbinde
das obere mit dem poſitiven, das untere mit dem negati-
ven Conductor, und ſetze die Maſchine in Bewegung, ſo
wird das obere Bret ſeinen ganzen Vorrath von elektri-
ſcher Materie in einem ſtarken Strale mit einer heftigen
Exploſion an eine von den Halbkugeln abgeben; und man
wird an der Oberfläche des vergoldeten Leders lebhafte
Stralen des elektriſchen Lichts in verſchiedenen Richtungen
ſehen. “Dieſer Verſuch,” ſagt Becket, “iſt dem Blitze
mehr als ähnlich, es iſt die Natur ſelbſt, mit ihrem
eignen Gewand angethan.”
Verbindet man eine belegte Flaſche mit dem poſitiven
Conductor ſo, daß ſie mit den Bretern zugleich entladen
werden kan, ſo werden ſich die Lichtſtralen noch weiter aus-
breiten, und der Schlag wird noch ſtärker ſeyn.
154. Verſuch.
Man ſtecke den Drath, Fig. 10, mit den daran be-
feſtigten Federn mitten in das eine Bret, ſo werden ſie
Ladung einer Luftplatte. in dieſer Stellung nicht ſo ſtark divergiren, als wenn ſie
an den Rand des Brets geſetzt werden. Legt man eine
Pflaumfeder nahe an den Rand des Brets, ſo fliegt ſie
heraus, und dem nächſten Leiter zu; ſetzt man ſie aber in
die Mitte, ſo dauert es ſehr lang, ehe ſie ſich bewegt, und
ſie giebt kaum das geringſte Zeichen einer Anziehung
von ſich.
155. Verſuch.
Man ſtreue Kleyen oder kleine Stückchen Papier
auf die Mitte des untern Brets; wenn nun die Maſchine
in Bewegung geſetzt wird, ſo werden dieſelben ſehr ſchnell
wechſelsweiſe angezogen und zurückgeſtoßen, und auf eine
ſehr beluſtigende Art hin und her getrieben. Eine ange-
nehme Veränderung kan man mit dieſem Verſuche ma-
chen, wenn man die Kette von dem untern Brete abnimmt,
und es von zu Zeit Zeit mit der Hand berührt: berührt
man alsdann beyde Breter zugleich, ſo hört die Bewegung
auf. Die auffallendſte Erſcheinung bey dieſem Verſuche
aber iſt, daß bisweilen, wenn die Elektricität ſtark iſt,
eine Menge Papier oder Kleyen ſich auf einem Orte an-
häufet, und eine Art von Säule zwiſchen beyden Bretern
bildet, welche plötzlich eine ſchnelle horizontale Bewegung
annimmt, und wie eine Waſſerhoſe, nach dem Rande der
Breter zu läuft, wo ſie ſich zerſtreuet, und bis auf eine
beträchtliche Weite im Zimmer herumgeworfen wird.
156. Verſuch.
Man nehme zwo Flaſchen, deren eine poſitiv, die
andere negativ geladen iſt, ſtelle ſie auf das iſolirte Bret
ſo weit von einander, als die Größe des Brets zuläßt;
und ſtelle eine Reihe Lichter in einc hölzerne Tülle, jedes
zween Zoll weit von dem andern entfernt und ſo, daß die
Flammen mit einander genau parallel laufen. Bringt
man nun dieſe Lichter plötzlich zwiſchen die Knöpfe beyder
Eilftes Capitel. Flaſchen, ſo ſieht man den Funken durch alle Flammen
durchſchlagen, und hat die Erſcheinung einer Linie von
Feuer, die ſich in tauſenderley verſchiedene Krümmungen
vertheilt.
Eilftes Capitel.
Vom Elektrophor.
Fig. 74 zeigt einen Elektrophor. Der Erfinder dieſes
Inſtruments iſt Herr VoltaZwar hat ſchon Herr Wilke in den Abhandl. der kö-
niglich ſchwediſchen Akademie der Wiſſenſchaften vom Jahre
1762 eine Vorrichtung beſchrieben, welche im Grunde nichts
anders, als ein Elektrophor, iſt. Herr Volta aber gab 1775
dieſem Werkzeuge die gegenwärtige bequeme Einrichtung, und
den Namen. Dieſes Werkzeug gehört jetzt unter die vornehm-
ſten Theile der elektriſchen Geräthſchaft. Man ſ. darüber die
Zuſätze des Ueberſetzers zu Cavallo’s Abhandlung der Lebre
von der Elektricität, zwote Aufl. S. 302 u. f. und die da-
ſelbſt angeführten Schriften.
von Como in Ita-
lien. Es beſteht aus zwo kreisrunden Platten: die untere
iſt von Meſſing mit einem Ueberzuge von einer idioelektri-
ſchen Subſtanz bedeckt, insgemein von einem negativ elek-
triſchen Körper, z.B. Siegellak, Schwefel ꝛc.: die obere
iſt von Meſſing, und hat einen gläſernen in die Mitte ih-
rer obern Fläche eingeſchraubten Handgrif.
Harzige elektriſche Körper thun bey dem Elektrophor
beſſere Dienſte, als Glas, nicht allein darum, weil ſie die
Feuchtigkeit aus der Luft nicht ſo ſtark anziehen, ſondern
auch, weil ſie allem Anſchein nach das Vermögen beſi-
tzen, die ihnen mitgetheilte Elektricität länger an ſich zu
halten.
Vom Elektrophor.Wenn man dieſes Inſtrument gebrauchen will, ſo
erregt man zuerſt die Elektricität der untern Platte, in-
dem man ihre überzogene Seite mit einem reinen und
trocknen Stück Flanell oder Haſenfell reibt; hierauf legt
man dieſe Platte auf den Tiſch, den elektriſchen Ueberzug
oberwärts gekehrt. Zweytens ſtellt man die Metallplatte
auf den elektriſchen Ueberzug, wie bey Fig. 74 und 75.
Drittens berührt man die Metallplatte mit dem Finger,
oder mit einem andern Leiter. Viertens hebt man die
Metallplatte mit dem gläſernen Handgrif von dem elektri-
ſchen Ueberzuge ab. Wenn nun dieſelbe bis auf einige
Weite von der untern Platte erhoben wird, ſo findet man
ſie ſtark elektriſiret, und zwar auf eine der Elektricität der
untern Platte entgegengeſetzte Art; ſie giebt einem ihr ge-
näherten Leiter einen Funken. Wiederhohlt man das
Verfahren, d. i. ſetzt man die Metallplatte von neuem
auf den elektriſchen Ueberzug, und berührt ſie mit dem
Finger, ſo kan man ohne neue Reibung des elektriſchen
Ueberzugs eine große Menge Funken, einen nach dem an-
dern, erhalten.
Folgende Verſuche ſind in der Abſicht angeſtellet wor-
den, um dieſes merkwürdige kleine Inſtrument zu unter-
ſuchen, und finden ſich in einer Abhandlung des Herrn
Achard in den Schriften der Berliner Akademie vom
Jahre 1776.
157. Verſuch.
Herr Achard ſtellte eine kreisrunde Glasplatte,
welche ohngefähr \nicefrac {2}{10} Zoll dick war, und einen Schuh im
Durchmeſſer hatte, horizontal auf eine zinnerne Platte,
welche das Glas nur in wenig Punkten berührte. Als er
die Oberfläche des Glaſes gerieben hatte, that dieſe Vor-
richtung alle Wirkungen des Elektrophors, woraus er
ſchließt, es ſey nicht nöthig, daß die untere Metallplatte
den elektriſchen Ueberzug mit ihrer ganzen Fläche genau
berühre.
Eilftes Capitel.158. Verſuch.
Er iſolirte in horizontaler Stellung eine Glasplatte
von einem Schuh Durchmeſſer, rieb ſie, ſetzte die obere
Platte auf die gewöhnliche Art auf, und erhielt eine Reihe
ſchwacher Funken, einen nach dem andern; doch mußte
er, wenn Funken entſtehen ſollten, den Finger eine Zeit-
lang auf der obern Platte liegen laſſen. Wenn er die
Glasplatte nicht mit Glas, ſondern mit Siegellak oder Pech
iſolirte, ſo fand er die Funken allezeit ſtärker. Aus die-
ſem Verſuche ſchließt er, daß zu der Hervorbringung der
Wirkungen dieſes Inſtruments die untere Platte nicht nö-
thig ſey, und daß es, wenn auch dieſe fehlet, dennoch
alle ſeine Eigenſchaften behalte.
159. Verſuch.
Er rieb die Oberfläche eines Harzelektrophors, ſtellte
die Metallplatte darauf, und hob ſie eine kleine Zeit her-
nach mit dem iſolirenden Handgrif auf, ohne ſie vorher
mit dem Finger zu berühren. Sie gab in dieſem Zuſtan-
de keinen Funken, zeigte auch nicht das geringſte Anzie-
hen oder Zurückſtoßen; woraus erhellet, daß der Elektro-
phor die Metallplatte nicht elektriſiren könne, wenn ſie nicht
von einem Körper berührt wird, der ihr Elektricität geben,
oder dieſe von ihr annehmen kan.
160. Verſuch.
Man ſtelle die Metallplatte auf einen geriebenen
Elektrophor, und bringe den Finger daran, ſo wird ſich
zwiſchen beyden ein Funken zeigen. Da nun die elektriſche
Materie niemals als ein Funken erſcheint, auſſer wenn ſie
plötzlich und mit Gewalt aus einem Körper in den andern
übergeht, und da die Metallplatte keine elektriſchen Er-
ſcheinungen zeigt, wenn ſie nicht vorher von einem Leiter
iſt berührt worden, ſo können wir hieraus ſchließen, daß
der Elektrophor die obere Platte nur alsdann elektriſire,
Vom Elektrophor. wenn dieſelbe einen Theil ihrer Elektricität abgegeben oder
neue angenommen hat.
161. Verſuch.
Man befeſtige ein meſſingenes Stäbchen mit herab-
hängenden Korkkugeln an die Metallplatte, und ſtelle bey-
des zuſammen auf den Elektrophor, ſo werden die Ku-
geln ſogleich ein wenig auseinander gehen; man berühre
die obere Platte mit dem Finger, ſo werden ſie wieder zu-
ſammenfallen; wenn man aber dieſe Platte mit ihrem glä-
ſernen Handgrif von dem Elektrophor aufhebt, ſo gehen
die Kugeln ſehr ſtark, und unter einem großen Winkel,
auseinander; zieht man aber einen Funken heraus, ſo fal-
len ſie ſogleich zuſammen. Das Auseinandergehen der
Kugeln zeigt deutlich, daß die obere Platte der untern
Elektricität entziehet, oder etwas von ihrem natürlichen
Vorrathe mittheilet; es zeigt auch, daß die erſtere, ſobald
ſie auf den Elektrophor gelegt wird, einen geringen Grad
von Elektricität erhält, den ſie wieder verliert, wenn ſie
mit dem Finger berührt wird; ſie wird aber aufs neue
elektriſirt, wenn man ſie von dem Elektrophor trennt.
162. Verſuch.
Man iſolire einen Elektrophor, und hänge eine Kork-
kugel an einem leinenen Faden ſo auf, daß ſie ohngefähr
¼ Zoll von einem mit der untern Platte verbundenen Stück
Metall abſteht. Die Kugel bewegt ſich nicht, wenn die
obere Platte auf den Elektrophor gelegt wird; wenn man
aber dieſelbe mit dem Finger berührt, ſo wird die Kugel
angezogen. Sobald die obere Platte weggenommen wird,
ſo zieht die untere metalliſche Belegung die Kugel an, läßt
ſie aber wieder gehen, wenn man die Belegung mit dem
Finger berührt. Auch wird die Kugel angezogen, wenn
man die obere Platte aufſetzt, ehe der Funken aus derſel-
ben gezogen iſt, obgleich das Anziehen länger dauert und
Eilftes Capitel. ſtärker iſt, wenn man den Funken herauszieht, ehe man
die Platte auf den Elektrophor ſetzt.
163. Verſuch.
Man elektriſire die untere Seite des Elektrophors,
indem man die untere Platte mit dem Conductor einer
Maſchine verbindet; ſo wird die obere Platte der Hand,
oder einem andern Leiter, ſtarke Funken geben. Berührt
man die obere Platte mit einer, und die untere mit der
andern Hand, ſo erhält man einen Schlag. Eben dieſe
Wirkung erfolgt, wenn die obere Platte durch die Ma-
ſchine elektriſiret wird.
164. Verſuch.
Man iſolire einen nicht geriebenen Elektrophor, ſtelle
die obere Platte darauf, und elektriſire die untere durch
eine mit dem erſten Leiter verbundene Kette. Man ziehe
hierauf einen Funken aus der Kette, ſo wird der Elektro-
phor alle die Eigenſchaften erhalten, welche er ſonſt durch
das Reiben ſeiner Oberfläche bekömmt.
165. Verſuch.
Man verbinde die obere Platte durch eine Kette mit
dem erſten Leiter, elektriſire ſie, und ziehe hierauf einen
Funken aus der Kette, ſo wird auch in dieſem Falle der
Elektrophor alle Eigenſchaften annehmen, welche er ſonſt
durch Reiben erhält.
166. Verſuch.
Eben dieſe Wirkung erfolgt, wenn man eine leidner
Flaſche auf die obere Platte eines nicht geriebenen Elektro-
phors ſetzt, und dieſelbe auf der Platte ladet und entladet.
Aus den drey letztern Verſuchen ſieht man, daß der
Elektrophor eben ſowohl durch Mittheilung, als durch
Reiben, in Wirkſamkeit geſetzt werden könne.
Vom Elektrophor.167. Verſuch.
Herr Achard ſtellte die obere Platte auf einen gerie-
benen Elektrophor, und auf dieſe Platte einen metallenen
Würfel mit einem gläſernen Handgriffe; wenn er dieſen
Würfel mit dem Handgriffe abnahm, ohne ihn vorher zu
berühren, ſo zog er eine leichte Kugel an. Wiederhohlte
er den Verſuch, berührte aber die Platte vorher, ehe er
den Würfel abnahm, ſo fand er nicht das geringſte Zei-
chen von Elektricität.
168. Verſuch.
Wenn man den Elektrophor mit einem Elektrometer
von Korkkugeln unterſucht, ſo findet man folgendes:
1) Sobald die obere Platte auf einen Harzelektro-
phor geſetzt wird, ſo erhält ſie eine ſchwache poſitive Elek-
tricität; ſetzt man ſie aber auf einen Glaselektrophor, ſo
wird ſie negativ elektriſiret.
2) Berührt man die obere Platte mit dem Finger,
ſo verliert ſie alle ihre Elektricität.
3) Wird die obere Platte mit dem Finger berührt,
und von dem Elektrophor weggenommen, ſo erhält ſie eine
ſtarke negative Elektricität, wenn der Elektrophor von
Glas, hingegen eine poſitive, wenn er von Harz iſt.
Man kann ſich den Elektrophor in mehrere horizon-
tale Schichten getheilt, vorſtellen, ſo daß beym Elektriſi-
ren durch Mittheilen oder Reiben die obere Schicht ver-
mittelſt der untern iſolirt wird. Nun behalten alle iſolirte
elektriſche Körper ihre Elektricität eine beträchtliche Zeit-
lang, und dies iſt die Urſache, warum die Elektricität
des Elektrophors ſich ſo lang erhält.
Iſolirtes und geriebenes Glas giebt Körpern, welche
in ſeinen Wirkungskreis gebracht werden, die negative
Elektricität; da hingegen negative elektriſche Körper im
ähnlichen Falle poſitive Elektricität hervorbringen. Da-
her muß die Oberfläche des Elektrophors, wenn er von
Eilftes Capitel. Harz iſt, die poſitive, wenn er hingegen von Glas iſt, die
negative Elektricität hervorbringen, welches mit den Ver-
ſuchen vollkommen übereinſtimmt. Wird nun die obere
Platte mit dem Finger berührt, ſo hört die Oberfläche des
Elektrophors auf, iſolirt zu ſeyn, und giebt der obern
Platte die negative Elektricität, wenn ſie von Glas, und
die poſitive, wenn ſie von Harz iſt, wie dies mit den ver-
ſchidenen im vierten Capitel beſchriebenen Verſuchen
übereinſtimmt.
So lange elektriſche Körper mit leitenden Subſtan-
zen in Berührung ſtehen, ſetzen ſie niemals die elektriſche
Materie in denjenigen Grad von Bewegung, welcher
nöthig iſt, um einen Funken zu erzeugen, oder die Phä-
nomene des Anziehens und Zurückſtoßens hervorzubrin-
gen. Dies iſt die Urſache, warum die obere Platte kein
Zeichen einer Elektricität von ſich giebt, ſo lange ſie mit
der untern in Berührung iſt, obgleich dieſe Zeichen au-
genblicklich ſichtbar werden, ſobald man die obere Platte
abhebt.
Da man die Theorie des Elektrophors für ſehr ver-
wickelt hält, ſo will ich noch eine andere Erklärung derſel-
ben aus dem Monthly Review mittheilen.
Daher wirkt (bey einem Glaselektrophor, weil die- ſer Fall eine deutlichere Erläuterung zuläßt) die geriebe- ne Platte ſo auf die in der obern meſſingenen Platte von Natur enthaltene elektriſche Materie, daß ſie einen Theil des natürlichen Vorraths derſelben in Form eines Fun- kens an der Stelle, wo der Finger angehalten wird, aus- treibt. Hebt man in dieſem Zuſtande die meſſingene Platte an ihrem Handgriffe auf, ſo nimmt ſie dieſen Funken aus dem Finger wieder an ſich. Wird ſie wie- der aufgeſetzt, und das Verfahren wiederholt, ſo erhält man daſſelbe Reſultat von neuem wieder, und kann da- mit eine ſehr lange Zeit fortfahren, ohne die Kraſt des geriebenen elektriſchen Körpers zu vermindern, indem der- ſelbe in der That nichts von ſeiner eignen Elektricität
Vom Elektrophor. mittheilt, ſondern nur einen Theil derjenigen elektriſchen
Materie, welche ſich in der obern Platte befindet, zu-
rückſtößt, welcher Verluſt dieſer Platte von Zeit zu Zeit
durch die mit der Erde verbundene Perſon, die ſie mit
dem Finger berührt, wiedererſetzt wird.
169. Verſuch.
Man ſtelle ein Stück Metall auf einen geriebenen
Elektrophor. Die Geſtalt deſſelben iſt gleichgültig. Man
elektriſire dieſes Stück Metall mit derjenigen Kraft, wel-
che der Elektricität des Elektrophors entgegen geſetzt iſt,
nehme es alsdann mit Hülfe eines elektriſchen Körpers hin-
weg, und ſtreue feingeſtoßenen Harzſtaub auf den Elek-
trophor, ſo werden ſich auf der Oberfläche deſſelben ſonder-
bare ſtrahligte Figuren bilden. Iſt die Platte negativ
und das Metall poſitiv, ſo legt ſich der Staub hauptſäch-
lich auf diejenigen Stellen, wo das Metall geſtanden hat;
iſt hingegen die Platte poſitiv und das Metall negativ, ſo
bleiben die vom Metall berührten Stellen vom Staube
frey, und es fällt derſelbe mehr auf die übrigen.
170. Verſuch.
Man iſolire ein blechernes Quartmaaß, hänge ein
Paar Korkkugeln an ſeidnen Fäden ſo auf, daß das ganze
Elektrometer innerhalb des Maaßes ſtehe, und elektriſire
das Maaß, ſo wird das Elektrometer nicht die geringſte
Elektricität zeigen. Die gleichartigen Atmoſphären wir-
ken gegen einander, und da keine entgegengeſetzte Elektri-
cität im Elektrometer Statt finden kann, ſo bleibt es un-
elektriſirt. Berührt man aber das Maaß mit einem Lei-
ter, ſo zieht es die Kugeln augenblicklich an.
171. Verſuch.
Man hänge einen kleinen Cylinder von Goldpapier
an Stanniol auf, und berühre damit das elektriſirte und
Eilftes Capitel. iſolirte Maaß, ſo entſteht ein Funken zwiſchen beyden, und
die Elektricität vertheilt ſich unter beyde nach dem Ver-
hältniß ihrer Capacitäten. Nun ſenke man den iſolirten
Cylinder auf den Boden des Maaßes herab, ſo giebt er
demſelben die Elektricität, die er von ihm bekommen hatte,
wieder, und man bemerkt an ihm, wenn er herausge-
nommen wird, nicht das geringſte Merkmal einer Elek-
kricität.
172. Verſuch.
Man verbinde ein Paar Korkkugeln mit einem iſo-
lirten metallenen Gefäß, in welchem eine metallene Kette
liegt, und hebe die Kette mit einem ſeidnen Faden in die
Höhe, ſo wird das Auseinandergehen der Kugeln immer
ſchwächer werden, je mehr man die Kette erhebt, und aus-
einanderziehet. Man ſieht hieraus, daß die Elektricität
geſchwächt, und ihre Dichtigkeit vermindert wird, je mehr
ſie ſich von der Oberfläche des Gefäßes gegen die ausge-
breitete Kette verbreitet. Dies beſtätigt ſich auch dadurch,
daß die Kugeln wieder auseinanderfahren, wenn man die
Kette im Gefäße niederleget. Dieſer Verſuch giebt eine
leichte Erklärung von vielen Phänomenen der atmoſphä-
riſchen Elektricität, z. B. warum die Dämpfe des elektri-
ſirten Waſſers ſo wenig Elektricität zeigen, und warum
die Elektricität einer Wolke durch die Zuſammendrückung
oder Verdichtung derſelben ſtärker wird.
173. Verſuch.
Man reibe einen Streif weißen Flanell oder ein ſeid-
nes Band, ziehe ſo viel Funken aus demſelben, als man
erhalten kann und lege oder rolle es alsdann zuſammen,
ſo wird es unter dieſer Geſtalt noch ſtark elektriſch ſeyn,
Funken geben, und Lichtbüſchel ausſtrömen.
Vom Elektrophor.Von den Vortheilen des unvollkommenen Iſolirens
und wie man ſehr geringe Grade der natürlichen
und künſtlichen Elektricität merklich machen
könne, von Herrn Volta.
Ein zur Beobachtung der atmoſphäriſchen Elektricität
eingerichteter Conductor wird bey heiterm Himmel ſehr
ſelten auf das Elektrometer, wenn es auch noch ſo em-
pfindlich wäre, wirken. Vermittelſt des nunmehr zu be-
ſchreibenden Apparatus aber kann man zeigen, daß ein
ſolcher Conductor faſt allezeit elektriſch, und alſo die Luft,
die ihn umgiebt, zu jeder Zeit elektriſirt ſey. Dieſe Me-
thode zeigt auch nicht allein das Daſeyn, ſondern auch die
Beſchaffenheit der Elektricität, ob ſie poſitiv oder negativ
ſey, und dies ſelbſt in allen Fällen, in welchen der Con-
ductor nicht einmal den feinſten Faden anzieht; iſt das
Anziehen an dem Conductor nur einigermaſſen merklich,
ſo giebt dieſer Apparatus ſchon ſehr lange Funken.
Man kann dem Elektrophor, der hierzu gebraucht
wird, ſehr ſchicklich den Namen eines Mikro-elektro-
meters, oder eines Condenſators der Elektricität,
geben.
Wenn der atmoſphäriſche Conduktor ſchon an ſich
hinlängliche Merkmale der Elektricität giebt, ſo wird
dieſer condenſirende Apparatus unbrauchbar. Denn wenn
die Elektricität ſtark iſt, ſo fügt ſichs oft, daß ein Theil
der Elektricität der Metallplatte der andern Platte mitge-
theilt wird, in welchem Falle der Apparatus als ein Elek-
trophor wirkt, und zu der hier vorkommenden Abſicht un-
geſchickt wird.
Der zu dieſer Abſicht dienende Apparatus beſteht aus
der obern Metallplatte eines Elektrophors und einer halb-
elektriſchen oder ſehr unvollkommenen leitenden Platte,
welche den Durchgang der Elektricität nur in einem ge-
wiſſen Grade hindert. Man findet vielerley ſolche Leiter
z. B. eine reine trockne Marmorplatte, eine hölzerne mit
Eilftes Capitel. Firnis überzogene Tafel u. dgl. Da die Oberfläche ſolcher
Körper keine Elektricität annimmt, oder wenn ſich auch
einige daran hinge, ſie wegen ihrer halbleitenden Natur
bald wieder verliert, ſo können ſie nicht zu Elektrophoren,
wohl aber zu Condenſatoren der Elektricität gebraucht
werden.
Inzwiſchen muß man ſich bey der Auswahl ſolcher
Platten wohl hüten, daß man nicht allzufreye Leiter oder
ſolche Körper wähle, die durch den Gebrauch gute Leiter
werden, weil es ſchlechterdings nothwendig iſt, daß die
Elektricität beym Uebergange über ihre Oberfläche be-
trächtlichen Widerſtand finde. Wenn man eine ſolche
Platte durch Trocknen, oder auf andere Art, zubereitet,
ſo iſt es weit beſſer, ſie der Natur der elektriſchen Körper
näher zu bringen, als ihr zu viel von den Eigenſchaften
der Leiter zu laſſen. Eine wohlgetrocknete Marmorplatte
oder hölzerne Tafel thut ſehr gute Dienſte und iſt allen
andern Platten vorzuziehen; ſonſt iſt aber auch die Platte
eines Elektrophors ſelbſt beſſer, als alle unzubereitete
Körper.
Auch die ſchlechteſte Sorte von Marmor, wenn ſie
mit Copal- Bernſtein- oder Lackfirniß überzogen, und auf
kurze Zeit auf einem Ofen erwärmt wird, thut die beſten
Dienſte, auch ohne bey jedem Verſuche beſonders erwärmt
zu werden. Dies, könnte man ſagen, hieße ſie zur Na-
tur eines Elektrophors zurückbringen: denn Marmor,
Holz u. dgl. wenn es überfirnißt und erwärmt wird, läßt
ſich durch ein ſehr gelindes Reiben, und oft ſogar durch
das bloße Aufſetzen einer Metallplatte elektriſch machen;
allein eben um dieſes zu verhüten, darf man dieſe Platten
beym Gebrauch nicht erwärmen.
Die Vortheile, welche Platten von dieſer Art vor
dem gewöhnlichen Elektrophor voraus haben, ſind folgen-
de: 1) Daß der Firniß allezeit dünner iſt, als die ge-
wöhnliche Harzſchicht eines Elektrophors. 2) Daß er
Vom Elektrophor. eine glättere und ebnere Oberfläche annimmt: daher die
Metallplatte beſſer anpaſſet.
Mit eben ſo vielem Vortheile kann man jede Sorte
von Platten, mit Wachstuch, Wachstaffet, Sattin, oder
einem andern nicht allzuſtarken ſeidnen Stoff überzogen,
gebrauchen, wenn ſie vorher ein wenig erwärmt wird.
Seidne Zeuge ſind zu dieſer Abſicht beſſer, als baumwol-
lene oder wollene, und beyde beſſer als leinene. Papier,
Leder, Holz, Elfenbein, Knochen, und alle Arten von
unvollkommnen Leitern kan man in gewiſſem Grade dazu
geſchickt machen, wenn man ſie vorher trocknet, und wäh-
rend des Verſuchs warm erhält.
Noch einfacher wird der Apparatus, wenn man die
Seide a. an die obere Metallplatte mit dem gläſernen
Handgriffe anbringt, wobey die Marmorplatte oder die
untere unnöthig wird, indem man an ihrer Statt jede
Fläche gebrauchen kann, z. B. eine gemeine hölzerne oder
Marmortafel, wenn ſie auch nicht ganz trocken iſt, eine
Metallplatte, ein Buch, oder jeden Leiter, der eine ebne
Oberfläche hat.
Es wird überhaupt zu dieſen Verſuchen nichts weiter
erfordert, als daß die Elektricität, welche aus der einen
Fläche in die andere übergehen will, in der einen Fläche
einigen Widerſtand finde, wie man im folgenden deutlich
ſehen wird.
Daher iſt es gleichgültig, ob die nicht-leitende oder
halb-leitende Schicht auf der einen oder auf der anderen
Fläche liegt; nur dies iſt nothwendig, daß beyde auf ein-
ander paſſen; daher es ſehr bequem iſt, zwo aneinander
geſchliffene Flächen zu gebrauchen, wovon die eine über-
firnißt iſt. Zu den gewöhnlichen Verſuchen kann man
auch eine einzelne mit Seide überzogene Metallplatte mit
drey ſeidnen Schnüren, mit welchen ſie ſich aufheben läßt,
gebrauchen.
Um nun von dieſem Apparatus Gebrauch zu ma-
chen, ſtellt man die obere Metallplatte auf die un-
Eilftes Capitel. elektriſirte Platte, und in vollkommene Berührung mit
derſelben.
In dieſer Stellung der Platten läßt man einen mit
dem Conductor verbundenen Drath die Metallplatte des
Elektrophors, aber dieſe nur allein, berühren. Läßt man
nun den Apparatus eine Zeitlang in dieſem Zuſtande, ſo
erhält er einen hinreichenden Grad von Elektricität, je-
doch nur ſehr langſam.
Man nehme nun den Drath von der Metallplatte
hinweg, und hebe ſie mit dem iſolirenden Handgriffe von
der untern ab; ſo wird ſie nunmehr Fäden anziehen, auf
das Elektrometer wirken, wenn die Elektricität ſtark iſt,
Funken geben u. ſ. w., wenn gleich der atmoſphäriſche
Conductor nicht die geringſte Elektricität zeiget.
Es läßt ſich nicht leicht genau beſtimmen, wie lange
dieſe Geräthſchaft in Verbindung mit dem Conductor blei-
ben müſſe, weil dies von vielerley Umſtänden abhängt;
giebt der Conductor gar kein Zeichen einer Elektricität, ſo
werden 8 bis 10 Minuten Zeit erfordert; zieht er hingegen
einen feinen Faden an, ſo ſind eben ſo viel Secunden hin-
reichend.
Eben ſo ſchwer iſt es, den Grad genau zu beſtimmen,
bis auf welchen man die Elektricität condenſiren, oder die
elektriſchen Erſcheinungen verſtärken kann; auch dies hängt
von mancherley Umſtänden ab. Inzwiſchen iſt die Ver-
ſtärkung deſto größer, je mehr der Conductor, der der
Metallplatte Elektricität zuführt, Capacität hat, inglei-
chen, je ſchwächer die Elektricität iſt. So iſt z. B. der
atmoſphäriſche Conductor, wenn er gleich kaum die Kraft
hat, einen Faden anzuziehen, dennoch im Stande, der
Metallplatte des Elektrophors ſo viel Elektricität zu geben,
daß ſie nicht allein auf das Elektrometer wirkt, ſondern auch
ſtarke Funken giebt. Iſt hingegen die Elektricität des at-
moſphäriſchen Conductors ſtark genug, um Funken zu ge-
ben, oder den Zeiger des Elektrometers 5 bis 6 Grad zu
erheben, ſo erhebt zwat die Platte des Elektrophors nach
Vom Elektrophor. ſer Methode den Zeiger auf den höchſten Grad, und giebt
einen ſtärkern Funken; man ſieht aber dennoch deutlich,
daß die Condenſation in dieſem Falle verhältnißmäßig we-
niger beträgt, als im vorigen; denn die Elektricität kann
niemals bis über einen gewiſſen Grad angehäuft werden,
d. i. bis über denjenigen, da ſie ſich nach allen Richtungen
zerſtreuet. Wenn daher die elektriſche Kraft, welche in
den Condenſator wirkt, dem höchſten Grade am nächſten
iſt, ſo iſt die Condenſation im Verhältniß ſchwächer. In
dieſem Falle aber iſt auch der Condenſator unnöthig; ſeine
vornehmſte Abſicht iſt, die kleinen Quantitäten von Elek-
tricität anzuhäufen und merklich zu machen, welche ohne
dieſes Hülfsmittel unmerklich bleiben würden.
Bis hieher haben wir unſern Condenſator nur zu
Entdeckung der ſchwachen atmoſphäriſchen Elektricität
gebraucht, welche der Conductor aus der Luft herabbringt;
dies iſt nun zwar die Hauptabſicht, aber nicht der einzige
Gebrauch deſſelben. Er entdeckt eben ſowohl die künſtli-
che Elektricität, wenn ſie ſo ſchwach iſt, daß ſie ſich durch
kein anderes Mittel bemerken läßt.
Wenn man eine leidner Flaſche ladet, und hierauf
durch Berührung beyder Seiten mit dem Auslader oder
der Hand entladet, ſo ſcheint ſie aller Elektricität gänzlich
beraubt zu ſeyn; berührt man aber ihren Knopf mit der
Metallplatte des Condenſators (indeß dieſelbe auf einer
unvollkommen leitenden Subſtanz liegt,) und hebt man
ſie ſogleich ab, ſo giebt ſie merkliche Kennzeichen der Elek-
tricität von ſich. Iſt aber noch ſo viel Ladung in der Fla-
ſche geblieben, daß ſie einen feinen Faden anziehet, und
bringt man nun die Metallplatte auf einen Augenblick mit
dem Knopfe in Berührung, ſo giebt ſie, aufgehoben, ei-
nen Funken, und wieder berührt, einen faſt eben ſo ſtar-
ken, und ſo kann man eine lange Zeit hindurch einen Fun-
ken nach dem andern erhalten.
Man kann durch dieſe Methode, Funken vermittelſt
einer Flaſche hervorzubringen, welche nicht ſtark geladen
Eilftes Capitel. iſt, um für ſich ſelbſt Funken zu geben, verſchiedene an-
genehme Verſuche anſtellen, z. B. die Piſtole mit entzünd-
barer Luft losbrennen, oder ein Licht anzünden, beſonders,
wenn man eine Flaſche nach der Erfindung des Herrn Ca-
vallo beſitzt, welche man geladen in der Taſche tragen
kann. Dieſe Flaſchen halten eine merkliche Ladung meh-
rere Tage, und eine unmerkliche mehrere Wochen und Mo-
nate lang; die letztere zeigt ſich freylich ohne Condenſator
gar nicht, kann aber durch dieſen ſehr merklich gemacht
werrden, ſo daß ſie zu dem Verſuche mit der elektriſchen
Piſtole hinreichend iſt.
Zweytens. Iſt eine Elektriſirmaſchine in ſo ſchlech-
tem Stande, daß ihr Conductor keinen Funken geben und
keinen Faden anziehen will, ſo bringe man die Metallplatte
des Condenſators an dieſen Conductor, und laſſe ſie einige
Minuten lang daran (indem die Maſchine immerfort ge-
drehet wird). Hebt man alsdann die Metallplatte auf,
ſo wird man einen ſtarken Funken daraus erhalten.
Drittens. Wenn zwar die Maſchine gute Wirkung
thut, aber der Conductor ſo ſchlecht iſolirt iſt, daß er kei-
nen Funken giebt, weil er entweder mit den Wänden des
Zimmers, oder durch eine Kette mit dem Boden verbun-
den iſt, ſo berühre man den Conductor in dieſem Zuſtan-
de mit der Metallplatte des Condenſators, indem die Ma-
ſchine immer in Bewegung bleibt, und dieſe Platte wird
hierauf ziemlich ſtarke Kennzeichen der Elektricität von
ſich geben; woraus man auf das Vermögen dieſes Appa-
ratus, die Elektricität auszuziehen und anzuhäufen,
ſchließen kann.
Viertens. Wenn ein Elektrometer nicht empfindlich
genug iſt, um die Stärke einer erregten Elektricität an-
zugeben, ſo kann man dieſe Elektricität leicht durch
den Condenſator prüfen. In dieſer Abſicht reibe man
die Körper an der Mettallplatte des Condenſators,
welche hiebey nicht überzogen ſeyn darf; wenn man nun-
wehr dieſe Platte gegen ein Elektrometer hält, ſo wird
Vom Elektrophor. man daſſelbe beträchtlich elektriſirt finden, wenn gleich
der geriebene Körper wenig oder gar keine Elektricität er-
halten hat. Ob die Elektricität poſitiv oder negativ ſey,
kann man leicht beſtimmen, weil die Elektricität der Me-
tallplatte die entgegengeſetzte von der im geriebenen Kör-
per ſeyn muß. Nach dieſer Methode hat Herr Cavallo
die Elektricität vieler Körper unterſucht. Wenn aber die
zu unterſuchenden Körper ſich nicht leicht an die Metall-
platte bringen laſſen, ſo kann man ſich noch beſſer folgen-
der Methode bedienen. Man legt die Metallplatte auf
die unvollkommen leitende Fläche, reibt oder ſtreicht den
zu unterſuchenden Körper dagegen, und hebt alsdann die
Platte ab, um ſie mit dem Elektrometer zu unterſuchen.
Iſt der unterſuchte Körper Leder, eine Schnur, Leinwand,
Sammet, oder ein anderer ähnlicher unvollkommener Lei-
ter, ſo wird man die Platte gewiß elektriſirt finden, und
zwar auf dieſe Art viel ſtärker, als wenn ſie iſolirt in der
Luft ſchwebend mit eben dem Körper wäre gerieben wor-
den. Kurz durch die eine oder die andere Methode wird
man Elektricität aus Körpern erhalten, von welchen man
kaum irgend einige erwarten ſollte; auch wenn ſie nicht
ſehr trocken ſind. Alle Körper, nur Kohlen und Metalle aus-
genommen, werden einige Elektricität geben. Man erhält
oft ſogar einige durch Streichen mit der bloßen Hand.
Die Metallplatte hat, wie man aus den vorherge-
henden Verſuchen ſieht, ein weit größeres Vermögen, die
Elektricität an ſich zu halten, wenn ſie auf einer dazu ge-
hörigen Fläche liegt, als wenn ſie ganz iſolirt iſt.
Man ſieht leicht, daß die Stärke der Elektricität
in Proportion geringer ſeyn muß, wenn die Capacität,
Elektricität zu halten, größer iſt; denn es iſt alsdann eine
größere Menge erforderlich, um ſie bis auf einen beſtimm-
ten Grad der Stärke zu erheben; daß ſich alſo die Ca-
pacität umgekehrt verhält, wie die Intenſität, wor-
unter wir das Beſtreben verſtehen, mit welchem die Elek-
tricität eines elektriſirten Körpers aus allen ſeinen Theilen
Eilftes Capitel. auszugehen ſucht, mit welchem Beſtreben die elektriſchen
Phänomene des Anziehens und Zurückſtoßens, und be-
ſonders der Grad der Erhebung des Elektrometers über-
einſtimmen.
Daß ſich die Intenſität der Elektricität umgekehrt
wie die Capacität des elektriſirten Körpers verhalte,
wird aus folgendem Verſuche deutlich erhellen.
174. Verſuch.
Man nehme zween metallene Stäbe von gleichem
Durchmeſſer, den einen 1 Schuh, den andern 5 Schuh
lang; elektriſire den erſten ſo lange, bis der Zeiger des
Elektrometers auf 60° ſteigt, und bringe ihn ſodann mit
dem andern Stabe in Berührung- ſo iſt in dieſem Falle
klar, daß die Intenſität der Elektricität, die ſich jezt
durch beyde Stäbe vertheilt, deſto mehr abnehmen muß,
je mehr die Capacität zunimmt; daß alſo der Zeiger des
Elektrometers, der ſich vorher bis 60° erhob, nun auf 10°
herabfallen, d.i. nur den ſechſten Theil der vorigen Inten-
ſität zeigen muß. Eben ſo müßte die Intenſität, wenn
man eben ſo viel Elektricität einem 60 Schuh langen
Stabe mitgetheilt hätte, auf einen Grad herabfallen; hät-
te man hingegen die Elektricität des langen Conductors in
den 60ſten Theil der Capacität deſſen zuſammengedrängt,
ſo würde die Intenſität bis 60° gewachſen ſeyn.
Nicht allein Conductoren von verſchiedener Größe
haben verſchiedene Capacitäten, Elektricität in ſich zu hal-
ten, ſondern es wird auch die Capacität eines und eben
deſſelben Conductors vergrößert oder vermindert, je nach-
dem man ſeine Oberfläche größer oder geringer macht;
wie man aus D. Franklin’s Verſuche mit dem Becher
und der Kette ſieht, aus welchem man geſchloſſen hat, daß
die Capacität der Conductoren im Verhältniß ihrer Ober-
fläche, und nicht ihrer Maſſe, wachſe.
Vom Elektrophor.Man hat die oben angeführten Umſtände, durch
welche die natürliche Capacität der Conductoren ſo be-
trächtlich verſtärkt wird, bisher gänzlich überſehen, und
daher noch keine Vortheile daraus gezogen. Der folgen-
de Verſuch wird dieſe Verſtärkung der Capacität auf die
einfachſte Art zeigen.
175. Verſuch.
Man nehme die Metallplatte eines Elektrophors,
halte ſie bey ihrem Handgriffe in der Luft, und elektriſire
ſie ſo ſtark, daß der Zeiger eines damit verbundenen Elek-
trometers bis 60° ſteigt; hierauf laſſe man dieſe Platte
nach und nach gegen den Tiſch, oder eine andere ebne lei-
tende Fläche zu ſinken, ſo wird der Zeiger nach und nach
von 60° auf 50°, 40°, 30° u. ſ. w. fallen. Dennoch
bleibt in der Platte immer eben dieſelbe Menge von Elek-
tricität, ſie müßte denn ſo nahe an den Tiſch gebracht wer-
den, daß dadurch ein Uebergang der Elektricität aus der
Platte in den Tiſch veranlaſſet würde; wenigſtens bleibt
ſie in ſo fern immer von gleicher Größe, als ihr durch die
Feuchtigkeit der Luft u. dgl. nichts entzogen wird. Die
Abnahme der Intenſität kömmt alſo bloß von der verſtärk-
ten Capacität der Platte her, welche nicht mehr völlig iſo-
lirt, oder abgeſondert ſondern combinitt, oder eini-
germaſſen mit einem andern Leiter verbunden iſt: denn
wenn man die Platte nach und nach wieder von dem Tiſche
entfernet, ſo ſteigt das Elektrometer wieder auf den vori-
gen Grad, nämlich 60°; den Verluſt abgerechnet, den ſie
während des Verſuchs durch die Luft a. kann gelitten
haben.
Dieſe Urſache dieſer Erſcheinung läßt ſich leicht aus
der Wirkung der elektriſchen Atmoſphären erklären. Die
Atmoſphäre der Metallplatte, die ich jezt für poſitiv elektri-
ſirt annehmen will, wirkt auf den Tiſch, oder ſonſt auf
den Leiter, dem dieſelbe genähert wird: ſo, daß die elek-
triſche Materie im Tiſche, in dem ſie ſich gegen die ent-
Eilftes Capitel. ferntern Theile deſſelben zurückziehet, in denjenigen Thei-
len, welche ſich gegen die Metallplatte zu kehren, dünner
wird, und dieſe Verdünnung zunimmt, je näher die Me-
tallplatte dem Tiſche gebracht wird. Iſt dieſe Platte ne-
gativ elektriſirt, ſo findet die entgegengeſetzte Wirkung
ſtatt. Kurz, die Theile, welche in den Wirkungskreis
der elektriſirten Platte kommen, erhalten eine entgegenge-
ſetzte Elektricität, und geben dadurch der Elektricität der
Metallplatte Anlaß, ſich auszubreiten, daher die Inten-
ſität derſelben vermindert wird, wie ſich dies durch das
Herabſinken des Zeigers am Elektrometer deutlich an den
Tag leget.
Die beyden folgenden Verſuche verbreiten noch mehr
licht über die gegenſeitige Wirkung der elektriſchen At-
moſphären.
176. Verſuch.
Man elektriſire zween flache Leiter, beyde entweder
poſitiv oder negativ, und nähere ſie einander allmählich,
ſo wird man an den damit verbundenen Elektrometern se-
hen, daß ihre Elektricitäten immer ſtärker werden, je nä-
her ſie einander kommen, indem alle elaſtiſche Körper in
eben dem Verhältniſſe widerſtehen, in welchem auf ſie
gewirkt wird; woraus man ſieht, daß jede von den bey-
den mit einander verbundenen Kräften, jezt weit we-
niger Capacität hat, mehr elektriſche Materie anzuneh-
men, als vorher, da beyde einzeln iſolirt waren, und kei-
nen Einfluß auf einander hatten. Aus dieſem Verſuche
läßt ſich erklären, warum die Spannung der elektriſchen
Atmoſphäre bey einem elektriſirten Leiter größer wird,
wenn man ſie in einen engern Raum zuſammenziehet; in-
gleichen, warum ein lang ausgedehnter Leiter bey gleicher
Oberfläche und gleicher Menge von Elektricität weniger
Intenſität zeigt, als ein mehr compakter; weil im erſten
Falle die gleichartigen Atmoſphären der Theile des Leiters
weiter aus einander liegen, als im letztern, und alſo, da
Vom Elektrophor. die Wirkung ſchwächer iſt, auch die Gegenwirkung gerin-
ger ſeyn muß.
177. Verſuch.
Man elektriſire den einen von dieſen flachen Leitern
poſitiv, und den andern negativ, ſo werden die Wirkun-
gen gerade die entgegengeſetzten ſeyn; d. i. die Intenſi-
tät der Elektricitäten wird abnehmen, weil die Capacitä-
ten, oder die Kräfte ſich auszubreiten, deſto größer wer-
den, je näher die Leiter zu einander kommen.
Man kann nunmehr die Erklärung dieſes letztern
Verſuchs auch auf den vorher erwähnten Fall anwenden,
da man nämlich die elektriſirte Metallplatte gegen eine
nicht iſolirte leitende Fläche bringt. Denn, da dieſe Flä-
che eine entgegengeſetzte Elektricität erhält, ſo folgt, daß
die Intenſität der Elektricität in der Metallplatte abneh-
men müſſe, und das mit ihr verbundene Elektrometer
fällt immer weiter herab, je mehr die Capacität der Plat-
te zunimmt, oder die Dichtigkeit ihrer Atmoſphäre ver-
mindert wird; folglich iſt die Platte unter dieſen Umſtän-
den im Stande, eine größere Menge Elektricität an-
zunehmen.
Dies wird noch deutlicher durch folgenden Verſuch:
178. Verſuch.
Man iſolire die leitende Fläche, indem die andere
elektriſirte Platte darauf liegt, und trenne dann beyde von
einander, ſo wird man beyde, ſo wohl die Metallplatte,
als auch die leitende Fläche (welche man auch die untere
Platte nennen kann) elektriſirt finden, aber, wie die Elek-
trometer zeigen werden, mit entgegengeſetzten Elektri-
citäten.
Wird die untere Platte erſt iſolirt, und dann die
elektriſirte Platte darauf geſetzt, ſo wird die letztere in der
erſtern ein Beſtreben nach entgegengeſetzter Elektricität
erregen, welche aber wegen der Iſolirung nicht wirklich
Eilftes Capitel. entſtehen kann; daher wird die Intenſitat der Elektricität
in der Platte nicht verringert, wenigſtens zeigt das Elek-
trometer nur ein ſehr geringes und faſt unmerkliches Fal-
len, welches von der Unvollkommenheit der Iſolirung der
untern Platte, und von der geringen Verdünnung und
Verdichtung der elektriſchen Materie in den verſchiedenen
Stellen dieſer Platte herkömmt. Wenn man aber unter
dieſen Umſtänden die untere Platte ſo berührt, daß die
Iſolirung auf einen Augenblick unterbrochen wird, ſo er-
hält ſie die entgegengeſetzte Elektricität, und die Intenſi-
tät in der Metallplatte wird ſchwächer.
Wäre die untere Platte, anſtatt iſolirt zu ſeyn, ſelbſt
eine nicht leitende Subſtanz, ſo würden eben die Phäno-
mene erfolgen, d. i. die Intenſität der darauf liegenden
elektriſirten Metallplatte würde nicht vermindert werden.
Dennoch geſchieht dies nicht allezeit; denn wenn die un-
tere nicht leitende Platte ſehr dünn iſt, und auf einem Lei-
ter liegt, ſo wird die Intenſität der elektriſirten Metall-
platte vermindert, und ihre Capacität vergrößert, wenn
ſie auf den dünnen iſolirenden Körper gelegt wird; weil in
dieſem Falle die leitende Subſtanz, welche unter dem
nicht leitenden Körper liegt, eine der Metallplatte entge-
gengeſetzte Elektricität erhält, und alſo ihre Intenſität
vermindert u. ſ. w. Der iſolitende Körper vermindert
hiebey nur die wechſelſeitige Wirkung beyder Atmoſphä-
ren mehr oder weniger, je nachdem er ſie weiter oder we-
niger aus einander hält.
Die Intenſität oder die elektriſche Wirkung der Me-
kallplatte, welche nach und nach abnimmt, je näher die-
ſelbe an eine nicht iſolirte leitende Fläche gebracht wird,
verſchwindet faſt gänzlich, wenn die Platte beynahe in
Berührung mit der Fläche kömmt, weil hier das natür-
liche Gleichgewicht beynahe vollkommen wird. Wenn
daher die untere Platte dem Durchgange der Elektricität
nur den geringſten Widerſtand entgegenſetzt (es mag
Vom Elektrophor. nun derſelbe von einem dünnen elektriſchen Ueberzuge, oder
von der unvollkommen leitenden Natur der Fläche, wie
bey trocknem Holz, Marmor ꝛc. herrühren), ſo kann
dieſer Widerſtand, verbunden mit dem, obgleich gerin-
gen, Zwiſchenraume zwiſchen beyden Platten, von der ge-
ringen Intenſität der Elektricität in der Metallplatte nicht
überwunden werden. Daher giebt dieſe Platte der un-
tern Fläche keinen Funken (es müßte denn ihre Elektrici-
tät ſehr ſtark, oder ihr Rand nicht wohl abgerundet ſeyn)
und behält vielmehr ihre Elektricität; daß alſo das Elek-
trometer, wenn man ſie von der untern Platte abhebt, bey-
nahe wieder auf ſeine vorige Höhe ſteigt. Die elektriſirte
Platte kann ſogar mit der unvollkommen leitenden Fläche
in Berührung gebracht werden, und eine Zeit lang in
dieſer Stellung verbleiben; in welchem Falle die Intenſi-
tät beynahe bis auf Nichts herabſinkt, und daher die Elek-
tricität nur ſehr langſam in die untere Platte übergeht.
Ganz anders aber iſt der Fall, wenn bey Anſtellung dieſes
Verſuchs die elektriſirte Metallplatte die untere mit der
Schärfe des Randes berührt; denn alsdann iſt ihre Inten-
ſität größer, als wenn ſie flach liegt, wie das Elektrometer
zeigt, die Elektricität überwindet alſo den ſchwachen Wi-
derſtand, und geht in die untere Fläche über, auch wohl
durch einen dünnen elektriſchen Ueberzug, weil die Elek-
tricität der einen Platte von der Elektricität der andern
nur im Verhältniß der Menge von Oberfläche, welche ſie
einander innerhalb einer gegebenen Diſtanz entgegenſtel-
len, im Gleichgewicht erhalten wird, daß ſich alſo die
Elektricität gar nicht zerſtreuet, wenn die Platten einan-
der flach und in vielen Punkten berühren. Dieſes an-
ſcheinende Paradoron erklärt ſich ſehr deutlich aus der
Theorie der elektriſchen Atmoſphären.
Noch ſonderbarer ſcheint es, daß nicht einmal die
Berührung mit dem Finger oder mit einem Metallſtabe,
die Metallplatte ihrer ganzen Elektricität beraubt, wenn
ſie auf der untern Fläche aufſtehet; ſie bleibt gemeinig-
Eilftes Capitel. lich noch ſo ſtark elektriſirt, daß ſie nach dem Aufheben
noch einen Funken giebt. In der That würde dieſes Phä-
nomen ganz unerklärbar ſeyn, wenn man den Finger oder
die Metalle für vollkommene Leiter annehmen müßte.
Da wir aber gar keinen Körper kennen, der ein vollkom-
mener Leiter wäre, ſo läßt ſich annehmen, daß das Metall
oder der Finger hinreichend wiederſtehe, um die Zerſtreu-
ung der Elektricität der Platte zu verhindern, welche auch
in dieſem Falle durch einen ſehr geringen Grad von In-
tenſität oder Beſtreben nach Ausbreitung angetrieben
wird. Man nehme z. B. an, das Metall oder der Finger,
der die Platte berührt, nehme ſo viel von ihrer Elektrici-
tät hinweg, daß dadurch die Intenſität des Ueberreſts auf
den 50 ſten Theil eines Grades herabgeſetzt werde, ſo wird
dieſer Ueberreſt jezt kaum merklich ſeyn; wenn aber die
Platte aufgehoben und dadurch ihre Capacität ſo ſehr ver-
mindert wird, daß ihre Elektricität eine 100mal größere
Intenſität erhält, ſo ſteigt ſie auf 2 Grad und drüber,
d. i. ſie wird ſtark genug, um einen Funken zu geben.
Wir haben nunmehr die Wirkung der elektriſchen
Atmoſphären auf die Elektricität der Metallplatte in ver-
ſchiedenen Stellungen betrachtet, und es wäre noch übrig,
die Wirkungen zu unterſuchen, welche ſtatt finden, wenn
eine Metallplatte auf der untern Fläche ſtehend, elektriſi-
ret wird. Da die ganze Sache im vorigen völlig ausge-
führet iſt, ſo iſt es ſehr leicht, die Anwendung auch auf
dieſen Fall zu machen; inzwiſchen wird es doch nicht ohne
Nutzen ſeyn, dieſe Anwendung beyſpielsweiſe durch einen
Verſuch zu erläutern.
179. Verſuch.
Man ſetze, eine leidner Flaſche oder ein Conductor
ſey ſo ſchwach elektriſirt, daß ſeine Intenſität nur einen
halben Grad oder noch weniger betrage. Wenn nun die auf
ihrer untern Fläche ſtehende Metallplatte des Condenſa-
Vom Elektrophor. tors mit dieſer Flaſche oder dieſem Conductor berührt
wird, ſo iſt klar, daß ihr beyde einen ſo großen Theil ih-
rer Elektricität mittheilen werden, als der Capacität der
Platte proportional iſt, d. i. ſo viel, daß dadurch die
Elektricität der Platte eine gleiche Intenſität mit der Elek-
tricität des Conductors erhält, beyde nämlich einen hal-
ben Grad. Da aber die Capacität der Platte anjetzt, da
ſie auf einer gehörig zubereiteten Fläche liegt, z. B. 100
mal größer iſt, als wenn ſie iſolirt in der Luft ſchwebte,
ſo nimmt ſie auch 100 mal mehr Elektricität aus der Fla-
ſche oder dem Conductor an. Hieraus folgt natürlich,
daß, wenn die Metallplatte von der untern Fläche auf
\nicefrac {1}{100} ihrer vorigen Größe herabgeſetzt wird, die Intenſi-
tät 100 mal größer werden, alſo bis auf 50° ſteigen müſ-
ſe, da ſie in der Flaſche oder im Conductor nur ½ Grad
betrug.
Da eine ſo geringe Elektricität die Metallplatte des
Condenſators in Stand ſetzt, einen ſtarken Funken zu ge-
ben, ſo könnte man fragen, was eine ſtärkere Elektricität
thun werde. Warum thut dieſe letztere nichts mehr?
Die Antwort iſt, weil die der Metallplatte mitgetheilte
Elektricität lzerſtreuet wird, ſo bald ſie ſo groß iſt, daß
ſie den ſchwachen Widerſtand der untern Platte überwin-
den kann.
Man begreift leicht, daß die Metallplatte, wenn ſie
gleich aus einer leidner Flaſche oder einem großen Con-
ductor, wenn er auch ſchwach elektriſirt iſt, eine große
Menge Elektricität annehmen kann, dennoch keine be-
trächtliche Menge aus einem Conductor von geringer Ca-
pacität erhalten könne; denn dieſer Conductor kann ihr
das nicht geben, was er ſelbſt nicht hat, er müßte denn
beſtändig einen neuen, obgleich ſchwachen, Zufluß erhal-
ten. Dies iſt der Fall bey einem atmoſphäriſchen Con-
ductor, oder bey dem Conductor einer Maſchine, welche
zwar ſchwach, aber doch unaufhörlich fortwirkt. In die-
ſen Fällen aber iſt eine ziemliche Zeit nöthig, ehe die-
Eilftes Capitel. Metallplatte einen hinreichenden Grad von Elektricität
erhält.
Da ein großer, aber ſchwach elektriſirter Conductor
der Metallplatte des Condenſators eine beträchtliche Men-
ge Elektricität mittheilt, und dieſe Elektricität nach auf-
gehobener Platte ſehr verdichtet und verſtärkt erſcheint; ſo
kann man, wenn auch dieſe Platte noch zu wenig Elek-
tricität enthält, um einen Funken zu geben oder das Elek-
trometer zu bewegen, dieſe Elektricität merklicher machen,
wenn man ſie einer andern kleinern Platte oder einem
zweyten Condenſator mittheilt.
Auf dieſe Verbeſſerung verfiel zuerſt Herr Cavallo
durch Nachdenken über die Verſuche des Volta. Er
gebrauchte dazu eine kleine Metallplatte, welche nicht
größer war, als ein Schilling. Dieſer zweyte Conden-
ſator iſt in vielen Fällen brauchbar, wo die Elektricität
ſo ſchwach iſt, daß man ſie durch einen Condenſator allein
gar nicht, oder doch nicht deutlich, bemerkt. Bisweilen
erhält die gewöhnliche Metallplatte meines Condenſators
ſo wenig Elektricität, daß ſie, von der untern Fläche weg-
genommen, und gegen ein höchſt empfindliches von Herrn
Cavallo verfertigtes Elektrometer gehalten, gar nicht
auf dieſes letztere wirkt. Wenn ich in dieſem Falle dieſe
ſo ſchwach elektriſirte Platte an die gehörig aufgeſtellte
kleinere Platte bringe, und dieſe alsdann gegen ein Elek-
trometer halte, ſo iſt die Elektricität gemeiniglich ſtärker,
als zu Beſtimmung ihrer Beſchaffenheit nöthig wäre.
Wenn nun mit Hülfe beyder Condenſatoren die Elek-
tricität 1000mal verſtärkt wird (welche Angabe gar nicht
übertrieben iſt), wie ſchwach muß dann die Elektricität
des unterſuchten Körpers ſeyn, und wie ſchwach diejenige,
welche durch das Reiben des Metalls mit der Hand er-
zeugt wird? Dieſe Elektricität wirkt nur mit Mühe aufs
Elektrometer, wenn ſie gleich durch beyde Condenſatoren
verſtärkt iſt; ſie iſt gerade nur hinreichend, die Ueberzeu-
Atmoſphäriſche Elektricität. gung zu verſchaffen, daß ſich das Metall durch Reiben
mit der Hand elektriſiren laſſe.
Vor der Entdeckung des Condenſators und des ſo
empfindlichen Elektrometers des Herrn Cavallo waren
wir nicht im Stande, ſo ſchwache Elektricitäten zu bemer-
ken; da wir hingegen jetzt Grade der Elektricität beob-
achten können, welche ohne alle Vergleichung geringer
ſind, als die ſchwächſten, die ſich damals bemerken ließen.
Zwölftes Capitel.
Von der atmoſphäriſchen Elektricität.
In Abſicht auf den Gegenſtand dieſes Capitels haben
wir das meiſte dem P. Beccaria zu danken, wel-
cher viele Jahre lang die verſchiedenen Abwechſelungen
der Elektricität der Atmoſphäre und ihre Verbindung mit
den übrigen Phänomenen der Witterung genau beobachtet
hat. Sein Apparatus war zu dieſer Abſicht ungemein
geſchickt, und übertrift bey weitem alle bisher bekannte
Anſtalten zu leichter und ungehinderter Beobachtung der
Luftelektricität. Da man anfänglich nicht glaubte, daß
die Elektricität mit allen Wirkungen der Natur ſo innig
verbunden ſey, als wir es jezt wiſſen, ſo iſt die Anzahl
der in dieſem Fache arbeitenden Naturforſcher noch nicht
groß geweſen; die vornehmſten derſelben ſind der P. Bec-
caria, Herr Ronayne und Herr Cavallo,
Jch habe hier die Reſultate der Beobachtungen des
P. Beccaria in einen Auszug und eine gehörige Ord-
nung gebracht, und gelegentlich die Beobachtungen ande-
rer Gelehrten eingeſchaltet, um den Leſer mit den Haupt-
ſachen bekannt zu machen, und zu aufmerkſamer Unter-
ſuchung dieſes ſo wichtigen und feinen Gegenſtandes anzu-
locken; denn man kann nie von einem meteorologiſchen
Zwölftes Capitel. Syſtem einige Gewißheit erwarten, wofern nicht dabey
die Wirkung der Elektricität, als einer der vornehmſten
Triebfedern, beſonders in Betrachtung gezogen wird.
Der Apparatus des P. Beccaria zu Unterſuchung
der Elektricität der Atmoſphäre beſtand aus einem 132
Schuh langen eiſernen Drathe, den er den Explorator
nennet. Das eine Ende deſſelben befeſtigte er an eine
über den Schorſtein hervorragende Stange; das andere
an den Gipfel eines Kirſchbaums. Die Enden des
Draths waren iſolirt und mit einem kleinen zinnernen
Knöpfchen verſehen. Ein andrer Drath ward von dem vori-
gen (durch eine dicke mit Siegellak überzogne Glasröhre)
ins Zimmer geführt; wodurch man beſtändig in Stand
geſetzt ward, den Zuſtand der Elektricität in dem Explo-
rator zu beobachten. Beccaria verband mit dieſem letz-
tern Drathe einen kleinen Streif Metall; an jeder Seite
deſſelben befand ſich eine Korkkugel von 1 Linie Durch-
meſſer; dieſe Kugeln waren an ſeidnen 16 Linien langen
Faden aufgehangen.
Bey heiterm Himmel iſt die Elektricität gemeinig-
lich ſo ſtark, daß die Kugeln ohngefähr 6 Linien von der
Metallplatte abſtehen; iſt ſie ſehr ſtark, ſo ſtehen ſie 15
bis 20 Grad ab; iſt ſie ſchwach, ſo iſt die Divergenz ſehr
gering.
Bey heiterm Himmel braucht der Drath, wenn man
ihn berührt hat, eine Minute Zeit oder noch mehr, ehe er
wieder Zeichen einiger Elektricität von ſich giebt; ob er
gleich zu andern Zeiten ſchon in einer Sekunde wieder
elektriſtrt wird.
Die Elektricität iſt bey heiterm Himmel allezeit po-
ſitiv. Nur höchſt ſelten iſt ſie negativ, und alsdann
bringt ſie der Wind aus andern (vielleicht vom Beob-
achtungsorte ſehr entfernten) Gegenden der Atmoſphäre,
wo es zu derſelben Zeit Nebel, Schnee, Regen oder
Wolken giebt. Dieſen Satz beſtätiget die ganze Reihe
der von Beccatia gemachten Beobachtungen. Nur
Atmoſphäriſche Elektricität. zwey oder dreymal hat er Beyſpiele vom Gegentheil ge-
funden.
Nach D. Franklin’s Beobachtungen ſind die Wol-
ken bisweilen negativ, welches gewiß ſehr richtig iſt; ſie
verſchlucken bisweilen aus und durch den Apparatus eine
große und vollgeladene Flaſche poſitiver Elektricität, von
welcher der Apparatus nicht den 100ſten Theil hätte anneh-
men und behalten können. Man kann ſich auch leicht
vorſtellen, wie eine ſtark geladene große poſitive Wolke
kleinere Wolken negativ machen könne.
Die Elektricität der Atmoſphäre ſteht mit dem Zu-
ſtande der Luft in Abſicht auf Feuchtigkeit und Trockenheit
in der genaueſten Verbindung, daß man alſo nothwendig
auf das Hygrometer Acht haben muß, wenn man über
die verſchiedenen Grade der Elektricität zu verſchiedenen
Zeiten ein gegründetes Urtheil fällen will. Das Hygro-
meter des Herrn Coventty von Papier wird hiebey die
beſten Dienſte thun; es iſt ſehr empfindlich, zieht die
Feuchtigkeit bald an ſich, theilt ſie auch leicht wieder mit;
und läßt ſich mit andern Hygrometern eben dieſer Art ver-
gleichen. Auch iſt es nöthig, ein Thermometer neben
das Hygrometer zu ſtellen, um zu beſtimmen, wie viel
Feuchtigkeit die Luft bey einem jeden gegebnen Grade der
Wärme aufgelöſet enthalten könne; obgleich dieſe Abſicht
ſich noch beſſer möchte erreichen laſſen, wenn man genau
beobachtete, wie viel Feuchtigkeit zu verſchiedenen Zeiten
aus einer gegebnen Oberfläche ausdünſtet. Auch iſt zu
bemerken, daß die Dichtigkeit der Luft auf die Menge der
darinn enthaltenen Feuchtigkeit Einfluß hat.
Die Feuchtigkeit in der Luft iſt der beſtändige Leiter
der atmoſphäriſchen Elektricität bey heiterm Himmel; da-
her ſteht auch die Menge der Elektricität im Verhältniß
mit der Menge von Feuchtigkeit, welche den Explorator
umgiebt; bis deren endlich ſo viel wird, daß ſie die Iſoli-
rung des Draths und der Atmoſphäre unvollkommen
macht. Bey trockner Luft wird es oft über eine Minute
Zwölftes Capitel. lang dauren, che die Kugeln, wenn der Drath berührt
worden iſt, wiederum einige Elektricität zeigen; da hin-
gegen bey feuchterer Luft kaum eine Sekunde vergangen
iſt, wenn die Kugeln ſchon wieder zwiſchen dem Finger
und der meſſingenen Platte, an welcher ſie hängen, ſchnelle
Oſcillationen machen Bey heiterm Himmel muß man die Beobachtungen übet
die Elektricität der Atmoſphäre ſehr oft wiederholen, um
die Geſchwindigkeit zu beobachten, mit welcher die Elek-
tricität, wenn man ſie aufgehoben hat, wieder ſteigt;
welches der P. Beccaria gemeiniglich nach der Anzahl
von Sekunden beſtimmt, welche verfließen mußten, ehe
die Kugeln wieder ihre Elektricität zeigten..
Wenn ſich der Himmel aufklärt, iſt die Elektricität
allezeit poſitiv. Geſchieht dies plötzlich, und wird die
Luft ſchnell trocken, ſo ſteigt die Elektricität auf einen ho-
hen Grad, und giebt häufige Gelegenheit, die Beobach-
tungen zu wiederholen. Bisweilen hält die durch Auf-
flärung des Himmels verurſachte Elektricität eine lange
Zeit mit gleicher Intenſität an; fängt auch wohl nach ei-
niger Unterbrechung von neuem an, ſtark zu werden.
Dies ſcheint von derjenigen Elektrieität herzurühren, wel-
che der Wind aus großen Entfernungen herbey führt.
P. Beccatia ſagt, wenn er beobachtet habe, daß
die über ſeinem Scheitel befindlichen dicken niedrigen Wol-
ken ſich zu zertheilen, und die darüber ſtehenden dünnern
und gleichförmigern dünner zu werden angefangen hätten,
daß der Regen aufgehört, und das Elektrometer poſitive
Eletricität gezeigt hätte, ſo habe er ſeinen Beobachtungen
allezeit beygeſchrieben: Zuverläßiger Uebergang zu
heiterm wetter.
Starke poſitive Elektricität nach dem Regen iſt ein
Zeichen, daß die gute Witterung einige Tage lang anhal-
ten werde. Iſt die Elektricität ſchwach, ſo zeigt dies an,
Atmoſphäriſche Elektricität. das gute Wetter werde nicht den ganzen Tag über anhal-
ten, es werde bald trüb werden und regnen.
Wenn ſich der Himmel über dem Orte der Beob-
achtung trübet, und eine hohe Wolke entſteht, welche keine
niedrige Wolken unter ſich hat, auch kein Theil einer ſchon
anderwärts regnenden Wolke iſt, ſo bemerkt man entwe-
der gar keine, oder eine poſitive Elektricität.
Entſtehen die Wolken in Geſtalt wollener Flocken,
und bewegen ſich erſt näher an einander, und dann aus
einander; oder liegt die entſtehende große Wolke ſehr hoch,
und ſtreckt ſich dann niederwärts, wie ein herabſinkender
Rauch, ſo zeigt ſich gemeiniglich poſitive Elektricität, de-
ren Stärke ſich verhält, wie die Geſchwindigkeit, mit
welcher die Wolke entſteht; und man kann aus derſelben
die Menge und Geſchwindigkeit des darauf folgenden Re-
gens oder Schnees in voraus abnehmen.
Bildet ſich eine dünne, ebne und weit ausgebreitete
Wolke, welche den Himmel trübt, und eine graue Farbe
zeigt, ſo bemerkt man eine ſtarke und ſich ſchnell wieder
erſetzende poſitive Elektricität; je langſamer aber die Ent-
ſtehung der Wolke erfolgt, deſto ſchwächer wird dieſe Elek-
tricität; bisweilen verſchwindet ſie gänzlich. Entſteht
hingegen die dünne ausgebreitete Wolke nach und nach
aus kleinen Wolken, die ſich wie Flocken, beſtändig daran
hängen, und einander abſtoßen, ſo hält die poſitive Elek-
tricität gemeiniglich an.
Niedrige und dicke Nebel (beſonders, wenn die Lufe
um den Ort, wo ſie aufſteigen, von Feuchtigkeit frey iſt)
geben dem Explorator eine Elektricität, welche zu wieder-
holtenmalen kleine Funken giebt, und eine Divergenz der
Kugeln von 20° – 25° oder wohl 30° hervorbringt. Ent-
ſteht der Nebel ſchnell, und bleibt er eine Zeit lang in der
Gegend des Explorators, ſo verſchwindet dieſe Elektrici-
tät bald; fährt er aber fort, zu ſteigen, und tritt eine
neue Wolke an die Stelle der vorigen, ſo elektriſiret die-
Zwölftes Capitel. ſelbe den Drath von neuem, obgleich nicht ſo ſtark, als
vorher. Läßt man Racketen durch ſolche dicke, niedrige
und anhaltende Nebel gehen, ſo erhält man oft Zeichen
einer Elektricität. Der P. Beccaria hat unter den
oben angeführten Umſtänden niemals ein Beyſpiel von
negativer Elektricität gefunden; außer vielleicht ein ein-
ziges mal, da er eine Rackete mit einer Schnur durch
einen niedrigen dicken Nebel gehen ließ: ob er gleich nach-
her ſehr gegründete Urſachen erhielt, zu glauben, daß er
ſich in Abſicht auf den an der Spitze bemerkten Stern
geirrt habe.
Herr Ronayne fand die Luft in Irland beym Ne-
bel, auch beym Reif, gemeiniglich elektriſirt, und das
ſo wohl bey Tag als bey Nacht, vorzüglich aber im Win-
ter; im Sommer ſelten, und nur von poſitiven Wolken,
oder kalten Nebeln. Die Elektricität der Luft beym Reif
oder Nebel iſt allezeit poſitiv. Auch hat er beym Ueber-
gange einer Wolke oft Abwechſelungen von negativer und
poſitiver Elektricität beobachtet.
Die meiſten Nebel haben einen Geruch, der dem
Geruche einer geriebenen Glasröhre ſehr ähnlich iſt.
Herr Henly hat gezeigt, daß die Nebel bey oder
gleich nach einem Froſte ſtärker elektriſirt ſind, als zu an-
derer Zeit, und daß ihre Elektricität oft, gleich nach ihrer
Entſtehung, am ſtärkſten iſt.
Wenn ein dicker Nebel aufſteigt, und zugleich die
Luft ſcharf und kalt iſt, ſo iſt der Nebel ſtark poſitiv elek-
triſirt.
Den Regen hält er nicht für eine unmittelbare Urſa-
che der Luftelektricität, aber er vermuthet, daß er eine
entfernte Folge derſelben ſey. Gemeiniglich fand er, daß,
wenn die Luft ſehr ſtark elektriſirt war, zwey oder drey
Tage darauf Regen oder andere üble Witterung erfolgte.
Wenn bey heiterm Himmel eine niedrige Wolke, die
ſich langſam bewegt, und von andern Wolken entfernt iſt,
über den Drath geht, ſo wird die poſitive Elektricität ge-
Atmoſphäriſche Elektricität. meiniglich ſehr ſchwach, jedoch nicht negativ; ſobald die
Wolke vorüber iſt, kömmt ſie auf den vorigen Grad zu-
rück. Wenn viele weißliche Wolken, wie Flocken, über
dem Drathe ſtehen, die ſich bald mit einander vereinigen,
bald wieder von einander entfernen, und zuſammen ein
weit ausgebreitetes Ganzes ausmachen, ſo nimmt die po-
ſitive Elektricität gemeiniglich zu. In allen angeführten
Fällen geht die poſitive Elektricität niemals in die negative
über.
Wolken, welche ſich fortbewegen, ſchwächen die Elek-
tricität des Explorators; doch ſcheinen auch diejenigen,
welche niedrig ſtehen, dieſe Wirkung hervorzubringen.
Von der täglichen atmoſphäriſchen
Elektricität.
Des Morgens, wenn das Hygrometer eben ſo viel
oder etwas weniger Trockenheit zeiget, als Tages vorher,
entſteht vor Sonnenaufgang einige Elektricität. Sie zeigt
ſich durch Zuſammengehen, Anhängen oder auch durch
einige Divergenz der Kugeln, und iſt deſto größer, je
trockner die Luft, und je geringer der Unterſchied ihres
Zuſtandes von dem am vorigen Tage iſt. Iſt die Luft
nicht trocken genug, ſo nimmt man keine Elektricität vot
oder kurz nach Sonnenaufgang wahr. Da die Luft ge-
wöhnlicher Weiſe die Nacht über feucht iſt, ſo kann man
dieſe Elektricität bey Sonnenaufgang nur ſelten bemerken.
P. Beccaria fand bey dreymonatlichen Beobachtungen
nur an achtzehn Morgen Elektricität vor Sonnenaufgang;
und aus der ganzen Reihe ſeiner zahlreichen Beobachtun-
gen erhellet, daß dieſe Erſcheinung im Winter häufiger
vorkomme, als im Sommer, beſonders wenn man den
Apparatus vor dem Reif und aller Feuchtigkeit bewahret.
Des Vormittags wird die Elektricität nach und nach
ſtärker, je höher die Sonne ſteigt, ſie mag nun vor Son-
nenaufgang, oder erſt nachher, ſichtbar geworden ſeyn.
Zwölftes Capitel. Dieſes ſtufenweiſe Zunehmen der vormittäglichen Elektri-
cität fängt früher an, wenn das Hygrometer nach Son-
nenaufgang fortfährt, größere Grade der zunehmenden
Trockenheit zu zeigen. Die Stärke und das Wieder-
kommen der Elektricität (wenn man ſie durch Berüh-
rung des Draths weggenommen hat) bleibt an heitern
Tagen, an welchen kein heftiger Wind wehet, und das
Hygrometer an der höchſten Stelle, die es erreichet, ruhig
ſtehen bleibt, ſo lange einerley, bis die Sonne bald unter-
gehen will. Kömmt die Sonne ihrem Untergange nahe,
ſo nimmt dieſe tägliche Elektricität deſto mehr ab, je mehr
Feuchtigkeit das Hygrometer in ſich zieht.
Wenn gleich das Hygrometer an verſchiedenen Ta-
gen um 12 Uhr gleiche Grade der Trockenheit zeigt, ſo
erſcheint doch die Elektricität nach der Berührung des
Draths immer an einem Tage früher wieder, als am an-
dern; und dieß ſteht großentheils mit der Wärme im Ver-
hältniß. An ſolchen Tagen fängt auch die Elektricität des
Morgens früher an, und hört des Abends früher auf.
Das Reiben der Winde an der Erdfläche iſt nicht
die Urſache der atmoſphäriſchen Elektricität. Heftige
Winde ſchwächen die Elektricität bey heiterm Himmel.
Sind ſie feucht, ſo ſchwächen ſie ihre Intenſität deſto
ſtärker. je mehr ſie die vollkommene Iſolirung des Draths
und der Atmoſphäre vermindern.
Von der Elektricität beym Abendthaue.
In den kühlern Jahrszeiten entſteht, wenn der Him-
mel heiter iſt, ein wenig Wind wehet und die Trockenheit
ſtark zunimmt, nach Sonnenuntergang mit Anfang des
Thaues eine Elektricität von beträchtlicher Stärke. Dieſe
Elektricität kömmt ſogar weit ſchneller wieder, als die
tägliche ſelbſt, und vergeht ſehr langſam.
In gemäßigten oder warmen Jahrszeiten, zeigt ſich
unter eben den Umſtänden eine der vorigen völlig ähnliche
Atmoſphäriſche Elektricität. Elektricität ſogleich mit Sonnenuntergange; nur iſt ihre
Intenſität nicht ſo beſtändig; ſie fängt mit größerer
Geſchwindigkeit an, vergeht aber auch früher.
Iſt unter obigen Umſtänden die Trockenheit der Luft,
im Durchſchnitt genommen, geringer, ſo iſt die Abends
mit dem Thaue entſtehende Elektricität deſto ſchwächer,
je mehr ſie die Vollkommenheit der Iſolirung des Draths
und der Atmoſphäre vermindert; ſie kömmt aber, wenn
man den Drath berührt hat, deſto ſchneller wieder, je
größer die Menge des Thaues iſt.
Die Elektricität des Thaues ſcheint von der Menge
deſſelben abzuhängen, und bey ihren verſchiedenen Ver-
änderungen eben denjenigen Verhältniſſen zu folgen, welche
zwiſchen der Elektricität des ſtillen und ſanften Regens, und
der ſtürmiſchen Platzregen ſtatt findet; auch verändert ſie
ſich nach den Jahrszeiten.
So wie der Regen, die Platzregen, das Nordlicht
und das Zodiakallicht ſtets einige Tage nach einander von
eben denſelben charakteriſtiſchen Umſtänden begleitet zu er-
ſcheinen pflegen, ſo ſucht ſich auch die Elektricität des
Thaues einige Abende nach einander mit eben denſelben
Charakteren zu erhalten.
180. Verſuch.
Man elektriſire die Luft, d. i. die in derſelben ſchwe-
bende Feuchtigkeit und andere Dämpfe, in einem wohl
verwahrten Zimmer, und erhebe eine Flaſche, welche man
mit kälterm Waſſer, als die Luft im Zimmer iſt, gefüllt,
und in einer gläſernen Röhre iſolirt hat, ſehr hoch in die-
ſem Zimmer. Die Iſolirung des Glaſes muß man mit
warmen leinenen Tüchern zu unterhalten ſuchen. Die
elektriſchen Phänomene zweyer an der Flaſche hängenden
Fäden werden die Erſcheinungen der Elektricität des Thau-
es ſehr genau darſtellen. Hieraus werden ſich die verſchie-
Zwdlftes Capitel. denen Arten an den Tag legen, auf welche dieſe Elektrici-
tät entſteht, je nachdem die elektriſirten Dämpfe im Zim-
mer dünner oder dichter ſind, nachdem der Unterſchied
zwiſchen der Wärme der Luft im Zimmer und des Waſſers
in der Flaſche größer oder geringer, und die Iſolirung der
Flaſche mehr oder weniger vollkommen iſt.
Herr Ronayne hat bemerkt, daß bey Gewittern
die Blitze ſchnelle Veränderungen bewirken. Oft wird da-
durch die Elektricität weiter verbreitet, bisweilen vermin-
dert; bald verſtärkt, bald ſogar in die entgegengeſetzte
verwandlet; bisweilen kömmt ſie, wenn vorher gar keine
da war, mit einem Blitze plötzlich zum Vorſchein. Eine
große Gewitterwolke, welche den ganzen Himmel verdun-
kelt, bringt nicht ſoviel Elektricität hervor, als ein Theil
von ihr, oder ein gewöhnlicher Schauer; auch geht ein
Gewitter nicht der regelmäßigen Richtung des Windes
nach, ſondern ſchief und im Zikzak, d. i. es regnet an Or-
ten, wo das Gewitter gar nicht hinkommen ſollte.
Verſuche und Beobachtungen über die atmoſphäri-
ſche Elektricität, von Herrn Cavallo.
Dieſe ſind größtentheils mit dem elektriſchen Dra-
chen angeſtellt, welcher die Elektricität aus der Luft zu je-
der Zeit aufſammlet. Das Vermögen dieſes Werkzeugs
kömmt auf die Schnur deſſelben an. Die beſte Methode,
dieſe Schnur zu verfertigen, iſt dieſe, daß man zween
dünne hänfene Bindfaden mit einem Kupferfaden, der-
gleichen zu unächten Stickereyen gebraucht werden, zu-
ſammendrehet: ein gemeiner Drache, wie die, womit die
Knaben ſpielen, mit dieſer Schnur, thut eben ſo gute
Dienſte, als irgend ein anderer. Wenn Herr Cavallo
einen auf dieſe Art eingerichteten Drachen ſteigen ließ, ſo
fand er allezeit an der Schnur Merkmale der Elektricität,
nur ein einzigesmal ausgenommen, wobey das Wettet
warm und der Wind ſo ſchwach war, daß er den Drachen
Atmoſphäriſche Elektricität. nur mit Mühe zum Steigen brachte, und kaum einige
Minuten lang in der Höhe erhalten konnte: als hernach
der Wind ſtärker ward, erhielt er, wie gewöhnlich, eine
ſtarke poſitive Elektricität.
Stieg der Drache zu einer Zeit, da wegen der
großen Menge der Elektricität einige Gefahr zu befürchten
war, ſo band Herr Cavallo an die Schnur das eine Ende
einer Kette, ließ das andere auf den Boden fallen, und
ſtellte ſich auf ein iſolirendes Stativ. Den Fall ausge-
nommen, da man den Drachen bey einem Gewitter ſtei-
gen läßt, läuft der Operator nicht ſehr Gefahr, einen
Schlag zu bekommen. Ob er gleich den Drachen hun-
dertmal ohne die geringſte Vorſicht ſteigen ließ, bekam
er doch nur höchſt ſelten einige ſchwache Schläge in die
Arme. Nur iſt nicht rathſam, ihn ſteigen zu laſſen, wenn
Gewitterwolken über dem Scheitel ſtehen; dies iſt aber
auch nicht nöthig, da man alsdann andere Mittel hat,
die Elektricität zu beobachten. Oft zog er, wenn der
Drache ſtieg, die Schnur durch ein Fenſter ins Zimmer,
und befeſtigte ſie mit einer andern ſtarken ſeidnen Schnur
an einen ſchweren Stuhl im Zimmer. In Fig. 78 ſtellr
A B einen Theil der ins Zimmer gezogenen Schnur des
Drachen, C die ſeidne Schnur, D E einen kleinen Conductor
vor, der durch einen dünnen Drath mit der Schnur des
Drachen verbunden iſt; F iſt ein Ouadrantenelektrometer
auf einem iſolirenden Stativ neben dem Conductor ge-
ſtellt; G eine etwa 18 Zoll lange Glasröhre, gn ein in
dieſe Glasröhre gekütteter meſſingener Drath mit einem
Knopfe. Man kann hiedurch die Beſchaffenheit der Elek-
tricität ſehr leicht beſtimmen, wenn man nicht ſicher nahe
an die Schnur kommen darf. Man berührt in dieſer Ab-
ſicht die Schnur mit dem Knopfe des Draths, welcher ſo-
viel Elektricität aus ihr in ſich nimmt, daß man ihre Be-
ſchaffenheit entweder durch das Anziehen und Abſtoßen
leichter Kügelchen, oder durch die Erſcheinungen des
elektriſchen Lichts unterſuchen kann. Man kann ſie auch
Zwölftes Capitel. vermittelſt einer leidner Flaſche beſtimmen, welche ſo ein-
gerichtet iſt, daß ſie die Ladung eine ſehr lange Zeit hält;
in dieſem Falle braucht man den Drachen nicht länger in
der Luft zu laſſen, als es nöthig iſt, um die Flaſche zu
laden, welche dann die Beſchaffenheit der Elektricität auch
noch nach Verlauf einiger Tage zeigen wird.
Wenn man von einer geladenen Flaſche alles dasje-
nige, was ſie entladen könnte, ſorgfältig abhält, ſo wird
ſie ihre Ladung eine lange Zeit behalten. Auf dieſem
Grundſatze beruhet die Einrichtung der erwähnten Flaſche.
Sie iſt auf die gewöhnliche Art belegt: der unbelegte Theil
des Glaſes aber iſt mit Siegellak oder ſonſt mit Firniß
überzogen. In den Hals dieſer Flaſche iſt eine an beyden
Enden offene Glasröhre eingeküttet, an deren unterm Ende
ein Stück Stanniol bis an die innere Belegung herüber-
geht. In dieſe Glasröhre geht ein Drath mit einem
Knopfe, an welchem ſich ein gläſerner Handgriff befindet;
der Drath iſt ſo lang, daß er den mit der innern Seite
verbundenen Stanniol berühret. Man lade die Flaſche,
wie gewöhnlich, und ziehe dann vermittelſt des gläſernen
Handgrifs den Drath aus der Glasröhre, welches man
thun kann, ohne die Flaſche zu entladen. Da in dieſem
Zuſtande die elektriſche Materie nicht leicht herauskann, ſo
bleibt eine ſolche Flaſche viele Wochen lang geladen.
Fig. 80 iſt ein ſehr einfaches, ebenfalls von Herrn
Cavallo erfundenes Inſtrument zu Verſuchen über die
Elektricität der Atmoſphäre, welches in verſchiedenen
Rückſichten das beſte zu dieſer Abſicht zu ſeyn ſcheinet.
A B iſt eine gemeine aus verſchiedenen Gliedern zuſam-
mengeſetzte Angelruthe, von der jedoch das letzte dünnſte
Glied abgenommen iſt. Aus dem Ende dieſer Ruthe geht
eine dünne mit Siegellak überzogne Glasröhre C hervor.
An ihr befindet ſich ein Stück Kork D, von welchem ein
Elektrometer mit Korkkügelchen herabhängt. H G I iſt
ein Bindfaden, welcher an das andere Ende der Röhre
befeſtiget iſt, und bey G von einem Schnürchen F G ge-
Atmoſphäriſche Elektricität. halten wird. Am Ende des Bindſadens bey T iſt eine
Stecknadel befeſtiget. Wenn man dieſe in den Kork D
ſteckt, ſo iſt das Elektrometer E uniſolirt. Will man nun
mit dieſem Inſtrumente die Elektricität der Atmoſphäre
beobachten, ſo ſtoße man die Stecknadel T in den Kork D,
halte den Stab bey dem untern Ende A, ſtecke ihn zu ei-
nem Fenſter im oberſten Stockwerke des Hauſes heraus,
und halte das andere Ende der Röhre mit dem Elektrome-
ter ſo hoch, daß der Stab mit dem Horizont einen Win-
kel von 50° – 60° macht. In dieſer Stellung halte man
das Inſtrument einige Secunden, ziehe dann an dem
Bindfaden bey H, und mache dadurch die Stecknadel
von dem Korke D los, wodurch der Bindfaden in die punk-
tirte Lage K L fällt, das Elektrometer aber iſolirt, und
auf die der Elektricität der Atmoſphäre entgegengeſetzte Art
elektriſirt bleibt. Hierauf ziehe man das Elektrometer ins
Zimmer, ſo kann man die Beſchaffenheit der Elektricität
unterſuchen, ohne durch Wind oder Dunkelheit gehindert
zu werden.
Fig. 81 iſt das ebenfalls vom Herrn Cavallo er-
fundene Regenelektrometer.A B C T iſt eine ſtarke
Glasröhre, ohngefähr 2½ Schuh lang, an deren Ende
ein zinnerner Trichter D E angeküttet iſt, welcher einen
Theil der Rühre vor dem Regen beſchützet. Die äußere
Oberfläche der Röhre von A bis B iſt mit Siegellak öber-
zogen, ſo wie auch der Theil, der von dem Trichter bedeckt
wird. F D iſt ein Stück Rohr, um welches einige meſſin-
gene Dräthe in verſchiedenen Richtungen geflochten ſind,
ſo daß ſie leicht etwas Regen auffangen, und doch dem
Winde nicht Widerſtand thun. Dieſes Stück Rohr iſt an
die Röhre befeſtiget; aus ihm geht ein dünner Drath
durch die Röhre hindurch, und iſt mit dem ſtärkern Dra-
the A G verbunden, der in einem Stück Kork ſteckt, wel-
ches in das Ende der Röhre A befeſtiget iſt. Das Ende
G des Drathes A G iſt in einen Ring gebogen, an wel-
chen man ein empfindliches Korkelektrometer hängen kann.
Zwölftes Capitel. Dieſes Inſtrument wird an die Seite des Fenſterrahmens
befeſtiget, wo es von ſtarken meſſingenen Haken getragen
wird. In dieſer Abſicht wird die Röhre bey C B mit
einer ſeidnen Schnur umwunden, damit die Haken deſto
beſſer faſſen können. Der Theil F C ragt zu dem Fen-
ſter heraus, und das Ende F iſt ein wenig über die Hori-
zontallinie erhöhet. Der übrige Theil des Inſtruments
geht durch ein Loch in dem Fenſterrahmen in das Zimmer
hinein, und innerhalb des Rahmens ſelbſt befindet ſich
blos der Theil C B. Wenn es regnet, und vorzüglich
bey vorübergehenden Platzregen, wird dieſes Inſtrument
öfters elektriſirt, und man kann durch die Divergenz der
Kügelchen des Elektrometers die Stärke und Beſchaffen-
heit der Elektricität des Regens beobachten, ohne dabey
einem Irrthume ausgeſetzt zu ſeyn. Herr Cavallo iſt
im Stande geweſen, mit dieſem Inſtrumente am Drathe
A G eine kleine belegte Flaſche zu laden. Es muß ſo be-
feſtiget werden, daß man es leicht vom Fenſter abnehmen
und wieder darauf ſtellen kann; denn man muß es ſehr
oft abwiſchen und trocknen, beſonders wenn ſich ein Platz-
regen nähert.
Beſchreibung eines kleinen portativen atmoſphäri-
ſchen Elektrometers, von Herrn Cavallo.
Der vornehmſte Theil dieſes Inſtruments iſt eine glä-
ſerne Röhre C D M N Fig. 76. Dieſe iſt an ihrem un-
tern Theile in das meſſingene Stück A B eingeküttet, an
welchem man das Inſtrument halten kann, wenn es zur
Unterſuchung der Atmoſphäre gebraucht werden ſoll; auch
dient es, um das Inſtrument in das meſſingene Gehäuſe
A B O einzuſchrauben. Der obere Theil der Röhre C D
M N läuft in ein ſchmales cylindriſches Ende aus, welches
ganz mit Siegellack überzogen iſt; in dieſes Ende iſt eine
kleine Glasröhre eingeküttet, deren unteres ebenfalls mit
Siegellak überzogn s Ende ein wenig in die Röhre
C D M N hineinreicht; in dieſe kleine Röhre iſt ein Drath
Atmoſphäriſche Elektricität. eingeküttet, deſſen unteres Ende das flache Stück Elfen-
bein H, welches durch einen Kork in die Röhre befeſtiget
iſt, berühret; das obere Ende des Draths geht ohngefähr
¼ Zoll weit über die Röhre hinaus, und läßt ſich in die
meſſingene Haube E F einſchrauben, welche am Boden
offen iſt, und den Regen von dem mit Siegellak überzo-
genen Theile des Inſtruments abhält.
T M und K N ſind zween ſchmale Streifen Stan-
niol an der innern Seite der Röhre C D M N befeſtiget;
ſie ſtehen mit dem meſſingenen Boden A B in Verbin-
dung, und dienen, die Elektricität abzuleiten, welche ſich
den Korkkugeln, wenn ſie das Glas berühren, mittheilet,
und welche ſonſt, wenn ſie ſich anhäufte, die freye Bewe-
gung dieſer Kugeln hindern möchte.
Will man dieſes Inſtrument zur künſtlichen Elek-
tricität gebrauchen, ſo elektriſire man die meſſingene Hau-
be durch eine elektriſirte Subſtanz, und die Divergenz
oder Convergenz der Korkkugeln bey Annäherung eines
geriebenen elektriſchen Körpers wird die Beſchaffenheit der
Elektricität zeigen. Die beſte Art das Inſtrument zu
elektriſiren iſt dieſe, daß man geriebenes Siegellak ſo nahe
an die meſſingene Haube bringt, daß eine oder beyde
Korkkugeln die Seiten der Flaſche C D M N berühren;
nach dieſer Berührung werden ſie ſogleich zuſammen fal-
len und unelektriſirt ſcheinen. Nimmt man nun das Sie-
gellak wieder hinweg, ſo werden ſie wiederum divergiren,
und poſitiv elektriſirt bleiben.
Will man aber dieſes Elektrometer zu Unterſuchung
der Elektricität des Nebels, der Luft, der Wolken u. dgl.
gebrauchen, ſo darf man es nur von dem Gehäuſe A B O
abſchrauben, und es bey dem Boden A B in die Luft hal-
ten, ſo hoch, daß es ein wenig über dem Kopfe ſteht, und
man die Korkkugeln P bequem ſehen kann. Dieſe Ku-
geln werden, wofern einige Elektricität vorhanden iſt, ſo-
gleich divergiren; und ob dieſe Elektricität poſitid oder
negativ ſey, wird man beſtimmen können, wenn man eine
Zwölftes Capitel. geriebene Stange Siegellak oder eiven andern geriebenen
elektriſchen Körper gegen die meſſingene Haube E F
bringet.
Allgenteine Geſetze, aus den Verſuchen mit dem
elektriſchen Drachen hergeleitet.
1) Es ſcheint allezeit einige Elektricität in der Luft
zu geben. Ihre Elektricität iſt allezeit poſitiv, und weit
ſtärker bey kaltem als bey warmem Wetter; auch iſt ſie
keinesweges in der Nacht geringer, als am Tage.2) Die Gegenwart der Wolken vermindert gemei-
niglich die Elektricität des Drachens; bisweilen hat
ſie gar keinen Einfluß auf dieſelbe, und ſehr ſelten ver-
ſtärkt ſie ſie ein wenig.3) Wenn es regnet, iſt die Elektricität des Dra-
chen mehrentheils negativ, und ſehr ſelten poſitiv.4) Das Nordlicht ſcheint auf die Elektricität des
Drachen keinen Einfluß zu haben.5) Der elektriſche Funken, den man aus der Schnur
des Drachen oder aus einem damit verbundenen iſolirten
Leiter ziehet, iſt, beſonders wenn es nicht regnet, ſehr ſel-
ten länger als ¼ Zoll, aber außerordentlich ſtechend. Wenn
der Zeiger des Elektrometers auch nicht höher als 20°
ſteht, ſo wird die Perſon, die den Funken ziehet, dennoch
denſelben bis in die Schenkel ſühlen; er iſt alſo mehr dem
Schlage einer geladenen Flaſche, als dem Funken aus
dem erſten Leiter einer Elektriſirmaſchine ähnlich.6) Die Elektricität des Drachens iſt überhaupt ſtär-
ker oder ſchwächer, je nachdem die Schnur länger oder
kürzer iſt, doch bleibt ſie nicht in Proportion mit der Län-
ge der Schnur. Wenn z. B. die durch eine Schnur von
100 Yards erhaltene Elektricität den Zeiger des Elektro-
meters bis 20° erhebt, ſo wird ihn die durch eine doppelt
ſo lange Schnur herabgeleitete nicht höher als auf 25°
erheben.
Atmoſphäriſche Elektricität.7) Wenn das Wetter feucht und die Elektricität
ſtark iſt, ſo ſteigt der Zeiger des Elektrometers, wenn man
einen Funken aus der Schnur gezogen, oder den Knopf
einer belegten Flaſche gegen dieſelbe gehalten hat, mit
großer Geſchwindigkeit wieder an ſeine Stelle; aber bey
trocknem und warmen Wetter ſteigt er außerordentlich
langſam.
Aus denen über die Elektricität der Atmoſphäre an-
geſtellten Beobachtungen erhellet, daß die Natur von der
elektriſchen Materie bey Beförderung der Vegetation Ge-
brauch mache.
1) Im Frühling, wenn die Pflanzen zu wachſen
anfangen, fangen auch von Zeit zu Zeit elektriſche Wolken
an zu erſcheinen, und elektriſchen Regen auszugießen.
Die Elektricität der Wolken und des Regens nimmt zu
bis in diejenige Zeit das Herbſtes, in welcher die letzten
Früchte eingeſammlet werden.2) Die elektriſche Materie verſieht das natürliche
Feuer mit derjenigen Feuchtigkeit, durch deren Hülfe es
die Vegetation bewirkt und belebet; ſie iſt die Triebfeder,
welche die Dünſte ſammlet, die Wolken bildet, und dann
wieder gebraucht wird, ſie zu zerſtören und in Regen
aufzulöſen.3) Aus eben dieſem Grundſatze läßt ſich das Sprich-
wort erklären, daß kein Begießen ſo fruchtbar ſey, als der
Regen. Die Regenwolken wirken durch ihre elektriſche
Atmoſphäre auf die Pfla nzen, und machen die Oefnungen
und Zwiſchenräume derſelben geſchickter, das Waſſer auf-
zunehmen, welches mit dieſer durchdringenden und aus-
dehnenden Materie imprägnirt iſt. Ucberdies iſt es auch
ſehr natürlich, anzunehmen, daß die poſitive Elektricität,
welche bey gutem Wetter allezeit die Oberhand hat, zur
Beförderung der Vegetation beytrage, da man dies auch
bey der künſtlichen Elektricität in der That ſo befunden hat.
Zwölftes Capitel.Ueber die Nothwendigkeit der Beobachtungen der
atmoſphäriſchen Elektricität zur Meteorologie,
von Herrn Achard.
Da es nunmehr ſehr deutlich erwieſen iſt, daß die
Elektricität die Urſache verſchiedner meteorologiſchen Phä-
nomene ſey, ſo muß man ſich wundern, daß die Natur-
forſcher noch nicht die unumgängliche Nothwendigkeit ein-
geſehen haben, den Werkzeugen, welche die Schwere,
Wärme und Feuchtigkeit der Luft angeben, auch eines zu
Beſtimmung ihrer Elektricität beyzufügen.
Ohne uns hier auf die verſchiedenen Beweiſe des
Einfluſſes der Elektricität auf die Meteore einzulaſſen,
wird es genug ſeyn, zu bemerken, daß wir keine genaue
Kenntniß von Phänomenen, die aus mehreren mit einan-
der verbundenen Urſachen entſtehen, erlangen können, ohne
mit allen dieſen Urſachen bekannt zu ſeyn; denn wird nur
eine einzige davon vernachläßiget, ſo iſt es unmöglich, die
Phänomene durchgängig zu erklären. Wenn auch die
Elektricität nicht die einzige Urſache verſchiedener meteo-
rologiſcher Erſcheinungen iſt, ſo iſt ſie doch gewiß bey ihrer
Entſtehung mitwirkend, und wenn wir ſie alſo nicht eben
ſo wohl, als das Barometer a. beobachten, ſo verlieren
wiv alle Vortheile der übrigen, ſonſt noch ſo genauen,
meteorologiſchen Beobachtungen.
Der Einfluß der Elektricität auf die Vegetation iſt
durch Beobachtungen mehrerer Gelehrten außer Zweifel
geſetzt; man ſieht alſo deutlich, daß die botaniſchen Wet-
terbeobachtungen nie ſo brauchbar werden können, als ſich
erwarten läßt, wofern wir nicht Beobachtungen über den
elektriſchen Zuſtand der Atmoſphäre hinzufügen. Viel-
leicht liegt darinn die Urſache, warum es unmöglich iſt,
aus denen von 1751 bis 1769 fortgeſetzten botaniſchen
Wetterbeobachtungen der Herren Gautier und Duha-
mel einige Folgen zu ziehen.
Atmoſphäriſche Elektricität.Herr Achard hat zwar nur Gelegenheit gehabt,
einige wenige Beobachtungen zu machen; aber ſchon dieſe
waren hinreichend, ihn von der genauen Verbindung zwi-
ſchen den meiſten Luſterſcheinungen und der atmoſphäri-
ſchen Elektricität zu überzeugen.
Um zu entdecken, ob die Atmoſphäre elektriſirt ſey,
gebrauchte er ein Paar leichte Rorkkugeln an einer Stange
Siegellak. Dieſes Elektrometer iſt wegen ſeiner Sim-
plicität faſt allen andern vorzuziehen, wenn es bloß dar-
auf ankömmt, zu entdecken, ob Elektricität in der Atmo-
ſphäre ſey.
Im Monat Julius 1778 beobachtete Herr Achard
täglich die Elektricität der Atmoſphäre Morgens, Mit-
tags und Abends mit einem Paar kleiner Korkkugeln,
welche über dem Dache des Hauſes ohngefähr 40 Schuh
hoch ſtanden, und von Gebäuden, Bäumen a. hinläng-
lich entfernt waren. Dieſe ganze Zeit über fand er nur
10 Tage, an welchen gar kein Zeichen einer Elektricität
zu bemerken war; und 17 Tage, die vorigen 10 mit ein-
geſchloſſen, an welchen er keine Elektricität des Morgens
bemerkte, ob ſie gleich ſonſt des Mittags ſichtbar ward,
und gegen Sonnenuntergang ſtark zunahm. An allen übri-
gen Tagen zeigte ſich die Luft den ganzen Tag elektriſch, aber
allezeit am ſtärkſten gegen Sonnenuntergang, nach wel-
cher Zeit die Elektricität dann bald wieder anfieng abzu-
nehmen.
Wenn ſich der vorher heitere Himmel plötzlich mit
Wolken überzog, ſo zeigte das Elektrometer beſtändige
Veränderungen in der Elektricität der Atmoſphäre an,
welche bald ſtieg, bald verſchwand, bald wieder erſchien;
in welchem letztern Falle ſie gemeiniglich von der poſitiven
zur negativen, oder umgekehrt, übergegangen war. Bey
ſtürmiſchen Wetter fand er es wegen der beſtändigen Be-
wegung der Kugeln ſchwer, mit dieſem Elektrometer zu
beobachten. War die Luft ſchwer, aber nicht windigt, ſo
ſchien es ſich beträchtlich zu ändern. War das Wetter
Zwölftes Capitel. ſehr ſtill, und der Himmel ohne Wolken, ſo änderte es ſich
nicht im geringſten, außer daß es gegen Sonnenunter-
gang ein wenig ſtieg.
Merkwürdig iſt es, daß in der Nacht kein Thau fiel,
wenn den Tag vorher keine Elektricität in der Luft bemerkt
worden war; in den übrigen Nächten fiel bald mehr, bald
weniger Thau. Er hält zwar ſeine Beobachtungen nicht
für hinreichend, zu erweiſen, daß der Thau von der Elek-
tricität entſtehe; allein ſo viel glaubt er ſicher daraus her-
leiten zu können, daß das Aufſteigen und Niederfallen des
Thaues durch die Elektricität der Luft befördert oder ver-
hindert werden könne. Man kann ſich leicht denken, auf
welche Art die Elektricität dieſe Wirkung hervorbringe.
Geſetzt, die Luft ſey poſitiv oder negativ elektriſirt, die
Erdfläche aber nicht; ſo werden die wäſſerigen und flüch-
tigen Theile der Pflanzen, welche von den Sonnenſtralen
aufgezogen werden, und in der Luft ſchweben, durch die
Mittheilung elektriſiret. Wenn die Luft nach Sonnen-
untergang abkühlet, ſo hält ſie die wäſſerigen Theilchen
nicht mehr mit der vorigen Kraft an ſich, und da dieſe
von den leitenden Körpern auf der Oberfläche der Erde an-
gezogen werden, ſo legen ſie ſich in Geſtalt des Thaues
an dieſelben. Iſt die Oberfläche der Erde elektriſirt, und
die Luft nicht, ſo wird die Wirkung eben dieſelbe ſeyn.
Sind Erde und Luft beyde, aber auf entgegengeſetzte Art,
elektriſirt, ſo wird die Anziehung ſtärker und der Thau
häufiger ſeyn; haben aber beyde einerley Elektricität, und
dies in gleichem Grade, ſo wird kein Thau fallen. Auch
iſt bekannt, daß der Thau nicht auf alle Körper mit glei-
cher Leichtigkeit, und daß er auf elektriſche Körper am
häufigſten fällt. Dieſe Erfahrung läßt ſich ſehr leicht
erklären, wenn wir annehmen, die Elektricität ſey die Ur-
ſache des Thaues; denn elektriſche Körper nehmen nicht
ſo leicht die Elektricität des ſie umgebenden Mittels an,
daher findet ſich allezeit ein größerer Unterſchied zwiſchen
der Elektricität der Luft und der darinn liegenden elektri-
Atmoſphäriſche Elektricität. ſchen Körptr, als zwiſchen der Elektricität der Luft und
der darinn befindlichen Leiter. Da nun die Kraft der
elektriſchen Anziehung in der Verhältniß dieſes Unter-
ſchicds wirkt, ſo muß der Thau allerdings häufiger auf
elektriſche Körper fallen.
Weil alſo die Elektricität oft, und vielleicht allezeit,
die Urſache des Thaues iſt, ſo kann man nicht zweiflen,
daß ihre Beobachtung zur botaniſchen Meteorologie höchſt
nöthig ſey, indem der Einfluß des Thaues auf das Wachs-
thum der Pflanzen allgemein bekannt iſt.
In den philoſophiſchen Transactionen vom Jahre
1773 findet man Beobachtungen über die Elektricität der
Nebel, woraus erhellet, daß dieſelben gemeiniglich elek-
triſch ſind. Herr Achard hat einige Beobachtungen ge-
macht, welche damit vollkommen übereinſtimmen: er fand
die Luft beym Nebel allezeit mehr oder weniger elektriſch.
Zweymal bemerkte er, daß der Nebel in wenigen Minu-
ten gänzlich aufhörete, und in Geſtalt eines feinen Regens
herabfiel; und obgleich der Nebel ſehr ſtark war, ver-
ſchwand er doch in ſieben Minuten völlig. Es iſt auch
ſehr wahrſcheinlich, daß der Regen durch die Elektricität
veranlaſſet werde. Wir werden hievon überführt, wenn
wir an das Anziehen und Zurückſtoßen denken, welches
die irdiſche und atmoſphäriſche Elektricität ſo wohl zwi-
ſchen der Oberfläche der Erde und den in der Luft enthal-
tenen Dünſten, als auch zwiſchen den Theilen dieſer Dün-
ſte ſelbſt veranlaſſen muß, welches nothwendig ſtrebt, die
in der Atmoſphäre ſchwebenden Waſſertheilchen zu zer-
ſtreuen oder zu verbinden, und ſie der Erde näher zu brin-
gen, oder von derſelben weiter zu entfernen.
Nachdem Herr Achard bewieſen hat, wie nothwen-
dig es ſey, die Beobachtungen der Elektricität der At-
moſphäre mit den übrigen meteorologiſchen zu verbinden,
ſo kömmt er nunmehr auf die Anzeige der Eigenſchaften,
welche von einem guten atmoſphäriſchen Elektrometer er-
Zwölftes Capitel. fordert werden, deſſen Mangel ſehr deutlich zeigt, wie
nachläßig die Naturforſcher bisher über dieſen Punkt ge-
dacht haben.
Nothwendige Eigenſchaften eines atmoſphäriſchen
Elektrometers.
1) Sein Gebrauch muß leicht ſeyn.2) Es muß nicht allein anzeigen, daß die Luft elek-
triſch ſey, ſondern auch, in welchem Grade ſie es ſey.3) Es muß angeben, ob ſie poſitiv oder negativ ſey.4) Es muß bey Gewittern den Beobachter keine
Gefahr ausſetzen.5) Es muß ſich bequem tragen laſſen.
Der Verfertigung eines Inſtruments, welches alle
dieſe Vorzüge in ſich vereinigen ſoll, ſtehen ſehr viele
Schwierigkeiten entgegen. Die größte beſteht darinn,
daß das Metall, welches die Elertricität aus der Luft er-
hält, ſo iſolirt werden muß, daß der Regen keine Ver-
bindung zwiſchen demſelben und der Erde machen kann,
und daß die Iſolirung vollkommen genug ſeyn muß, um
eine allzuſchnelle Zerſtreuung der Elektricität des Metalls
zu verhüten. Herr Achard behauptet zwar nicht, alle
dieſe Schwierigkeiten überwunden zu haben; er hat aber
doch nach verſchiednen Verſuchen ein Inſtrument erfunden,
das ſich leicht genug tragen, und ohne alle Gefahr zu Be-
obachtungen gebrauchen läßt.
Beſchreibung eines tragbaren atmoſphäriſchen
Elektrometers.
Dieſes Inſtrument beſteht aus einem hohlen abge-
kürzten Kegel von Zinn, deſſen oberes Ende offen, das
untere aber durch eine zinnerne Platte verſchloſſen iſt.
Dieſe Platte iſt auf der innern Seite mit einer 2 Zoll di-
Atmoſphäriſche Elektricität. cken Lage von Pech überzogen: an die untere Fläche dieſer
Lage von Pech iſt eine zinnerne Röhre geküttet, welche
man auf ein hölzernes Stativ ſetzen, und dadurch den Ke-
gel ſo ſtellen kann, daß ſeine größere niederwärts gekehrte
Grundfläche horizontal ſteht; das Pech iſolirt den Kegel
vollkommen, und hindert den Verluſt ſeiner Elektricität,
wenn er elektriſiret wird. Der Kegel muß hoch genug,
und ſeine untere Grundfläche in Vergleichung mit der obern
groß genug ſeyn, um den Regen, wenn er auch ſchief auf-
fallen ſollte, abzuhalten, daß er nicht entweder im Falle
ſelbſt, oder beym Abſpritzen vom Fußgeſtelle die untere
Fläche des Pechs beſpritze, mit welchem der Boden des
abgekürzten Kegels inwendig bedeckt iſt; ſonſt würde der
Kegel nicht mehr iſolirt ſeyn, und das Elektrometer ſich
in einen Conductor verwandlen. An den ſchmalen Theil
des Kegels befeſtigt Herr Achard einen viereckigten eiſer-
nen Stab, und hängt an denſelben ein Thermorneter
und zwey Elektrometer, von denen das eine ſehr leicht iſt,
und ſich alſo durch ſehr geringe Grade der Elektricität in
Bewegung ſetzen läßt, das andere aber mehr Schwere
hat, und ſich daher nur dann bewegt, wenn die Elektrici-
tät für das leichtere Elektrometer zu ſtark wird. Außer
dieſen beyden Elektrometern bindet Herr Achard noch ei-
nen Faden an den eiſernen Stab, welcher durch ſein Auf-
ſteigen die geringſten Grade der Elektricität anzeigt. Das
Ganze iſt in eine oben und unten ofne gläſerne Glocke ein-
geſchloſſen: der Grund dieſer Glocke iſt ebenfalls mit Pech
iſolirt, damit er keine Elektricität von dem zinnernen Ke-
gel ableite; der Zwiſchenraum am obern Ende der Glocke,
zwiſchen der eiſernen Stange, welche durch daſſelbe hin-
durchgeht, und dem Glaſe, wird ebenfalls mit Pech aus-
gefüllt, um die Mittheilung der Elektricität an das Glas
zu verhüten; um aber dieſes Pech vor dem Regen zu be-
ſchützen, welcher ſonſt daſſelbe beſeuchten, und eine Com-
munication zwiſchen dem Stabe und der Glocke machen
würde, wird das Pech mit einem gläſernen Trichter be-
Zwölftes Capitel. deckt, durch welchen der Stab durchgeht, und der den
Regen von dem Peche abhält. Dieſe Glocke iſt auch un-
entbehrlich, um den Wind von den Elektrometern abzu-
halten, welcher es ſonſt unmöglich machen würde, ſie ge-
nau zu beobachten. Ans Ende des durch die Glocke hin-
durchgehenden metallenen Stabes kann man hohle zinner-
ne Röhren befeſtigen, die aber nur einen kleinen Durch-
meſſer haben dürfen, damit ſie ſo leicht, als möglich, wer-
den, und mit dieſen kann man eine Höhe von 10, 20 bis
30 Schuhen erreichen. Die letzte Röhre endigt ſich oben
in eine eiſerne ſehr ſcharfe und wohl vergoldete Spitze;
die Vergoldung iſt nothwendig, damit die Spitze, welche
allzeit eben und glatt bleiben muß, nicht roſte. Die Hö-
he, die man dieſen zinnernen Röhren zu geben hat, muß
ſich nach der Höhe der Gebäude oder Bäume an den
verſchiedenen Beobachtungsorten richten; das oberſte
Ende der Röhre muß allezeit wenigſtens 6 Schuhe über
alle in der Nähe befindliche Körper hervorragen. Herr
Achard verbindet mit dieſer Maſchine ein Thermometer,
das man zugleich beobachten und dadurch vielleicht die
Verbindung zwiſchen der Elektricität und der Tempera-
tur der Luft entdecken kann. In ähnlicher Abſicht kann
man auch leicht noch ein Barometer und ein Hygrometer
hinzuſetzen.
Um zu beſtimmen, ob die Elektricität der Luft poſi-
tiv oder negativ ſey, hängt Herr Achard eine Korkkugel
an einem leinenen Faden an den Drath, welcher mit dem
eiſernen Stabe verbunden iſt, und durch das Pech am
Boden des abgekürzten Kegels hindurchgehet. Dieſer
Drath muß ſo lang ſeyn, daß man poſitiv oder negativ
elektriſche Körper bequem an die daranhängende Korkku-
gel bringen kann; je nachdem nun dieſe Körper die Kugel
anziehen oder zurückſtoßen, iſt die Elektricität, welche das
Iuſtrument von der Luft angenommen hat, poſitiv oder
negativ.
Atmoſphäriſche Elektricität.Um den Beobachter gegen die plötzlichen Anhäufun-
gen der Elektricität, welche bisweilen erfolgen, ſicher zu
ſtellen, befeſtiget Herr Achard an den Grund des Fuß-
geſtells einen eiſernen Stab, der mit der Erde nicht allein
in Verbindung ſteht, ſondern ſogar einige Schuhe tief in
dieſelbe hinein geht. Das obere Ende dieſes Stabs iſt
mit einem runden Knopfe oder Balle verſehen, der nur
einen Zoll weit von dem Kegel abſtehen darf. Wenn
ſich die Elektricität ſo anhäuft, daß das Inſtrument ſie
nicht mehr faſſen kann, ſo entladet ſie ſich von ſelbſt in
den metallenen Stab, der ſie unter die Erde führt. Eben
dies geſchieht, wenn der Blitz auf das Inſtrument fällt,
wobey der Beobachter in einer Entfernung von wenigen
Schuhen nicht die geringſte Gefahr läuft. Steht das
Inſtrument in einem Garten, ſo hat dieſe Art, eine Ver-
bindung mit der Erde zu machen, nichts unbequemes;
will man aber das Inſtrument lieber im Hauſe gebrau-
chen (wobey man die zinnerne Röhre durch eine Oefnung
im Dache führen, und die Maſchine in eine Dachkammer
ſtellen muß) ſo läßt ſich die angezeigte Methode nicht
leicht anbringen: in dieſem Falle muß man die Verbin-
dung durch einen metallenen Stab machen, der von der
Dachkammer einige Schuh tief unter die Erde hinab geht.
Zu größerer Sicher heit gegen ein herannahendes Gewit-
ter würde es dienen, wenn man den metallenen Stab mit
dem zinnernen Kegel in Berührung brächte: ſo würde
das Inſtrument ein wirklicher Ableiter werden. und an-
ſtatt das Haus der Gefahr auszuſetzen, daſſelbe vielmehr
vor aller Beſchädigung durch den Blitz beſchützen.
Wenn das Inſtrument in einer Dachkammer oder
auf dem Platform eines Hauſes ſteht, ſo hat man nichts
von dem Aufſteigen des Thaues zu befürchten; ſteht es
aber in einem Garten, ſo hängt ſich der Thau an das
Pech, welches die abgeſtumpfte Grundfläche des Kegels
bedeckt, und macht auf dieſe Art eine Communication
zwiſchen dem Kegel und der Erde, wodurch das Inſtru-
Zwölftes Capitel. ment die Elektricität, mit der es geladen iſt, verlieret.
Um dieſen Zufall zu verhüten, muß man den Boden um
die Stelle des Inſtruments herum ſo pflaſtern, daß ſich
das Pflaſter nach allen Seiten zu, wenigſtens 2 bis 3
Schuh über die Peripherie der untern Grundfläche des
Kegels hinaus erſtrecke: ſo wird das Aufſteigen des Thau-
es, welcher ſich an das Pech hängen und das Inſtrument
beſchädigen könnte, mit dem beſten Erfolge verhindert
ſeyn.
Wenn die Luft elektriſirt iſt, ſo muß ſie nothwendig
ihre Elektricität den in ihr enthaltenen Dämpfen mitthei-
len. Dies erhellet augenſcheinlich aus der Entſtehung des
Blitzes, welcher nicht durch Entladung der elektriſchen
Materie aus der Luft, ſondern aus den in ihr ſchwebenden
Dünſten erzeugt wird. Hieraus folgt, daß Regen, Schnee,
Hagel, Reif und Thau ſehr oft elektriſch ſeyn müſſen. Da
es Herrn Achard von großer Wichtigkeit zu ſeyn ſcheinet,
die Elektricität dieſer Meteore genau zu kennen und zu
beobachten, ſo hat er zu Entdeckung ihrer Natur und des
Grades ihrer Stärke eine eigne Maſchine erfunden. Dieſe
beſteht aus einem abgekürzten Kegel von Zinn, der am
obern Ende verſchloſſen, unten aber offen, und eben ſo,
wie die Maſchine zur Luftelektricität auf einem Fußgeſtell
iſolirt iſt. Mitten in den obern abgeſtumpften Theil des
Kegels befeſtiget Herr Achard eine mit einer Kugel geen-
dete eiſerne Stange, bedeckt das Ganze mit einer iſolirten
gläſernen Glocke, welche mit ihrem obern Ende noch 3
Zoll weit über die Kugel hinausreicht: an die Kugel
bringt er ein ſehr empfindliches Elektrometer, und über-
dieß einen leinenen Faden, um die geringſten Grade der
Elektricität zu entdecken. Da dieſes Inſtrument wenig
Höhe, und kein zugeſpitztes Ende hat, ſo nimmt es nicht
leichtlich die Elektricität der Luft an, welche ſo nahe bey
der Erde allezeit unmerklich iſt; hingegen der Regen,
Schnee, Hagel, Reif und Thau, weicher auf den Kegel
fällt, macht es elektriſch, und der Grad dieſer Elektricität
Atmoſphäriſche Elektricität. wird von dem unter der Glocke befindlichen Elektrometer
angegeben. Um nun zu erfahren, ob ſie poſitiv oder ne-
gativ ſey, darf der Beobachter nur eben ſo verfahren, wie
oben bey Erklärung des Inſtruments zur Luftelektricität
angewieſen worden iſt. Außer den Beobachtungen der
Elektricität wäſſeriger Meteore kann dieſes Inſtrument
auch noch zu andern Abſichten gebraucht werden. Man
kann es auf eine ſehr vortheilhafte Art mit dem atmoſphä-
riſchen Elektrometer vergleichen, um den wahren Urſprung
der Luftelektricität zu entdecken, und zu ſehen, ob ſie un-
mittelbar aus der Luft oder aus den fremden in der At-
moſphäre ſchwebenden Körpern komme; denn das at-
moſphäriſche Elektrometer kann auch durch Regen,
Schnee, Hagel a. elektriſch werden, und die Verglei-
chung beyder Inſtrumente iſt das einzige Herrn Acha d
bekannte Mittel, zu erfahren, ob das atmoſphäriſche
Elektrometer ſeine Elektricität unmittelbar aus der Luſt,
oder mittelbar durch die in derſelben ſchwebenden leitenden
Kötper erhalte. Wenn während des Regens, Schnees,
Hagels a. das atmoſphäriſche Elektrometer elektriſch,
hingegen das zur Elektricität wäſſeriger Meteore beſtimm-
re nicht elektriſch iſt, ſo kann man mit Gewißheit
ſchließen, daß die Elektricität des erſtern bloß aus der
Luft komme; ſind hingegen beyde elektriſch, ſo muß man
unterſuchen, ob ſie es in gleichem Grade ſind; iſt dies der
Fall, ſo muß man die Elektricität lediglich dem Regen
oder Schnee u. ſ. w. zuſchreiben. Jch habe nicht erſt
nöthig, anzuführen, daß in Ermangelung des Regens,
Schnees u. ſ. w. des atmoſphäriſche Elektrometer allezeit
die Elektricität der Luft anzeige.
Dreyzehntes Capitel.Dreyzehntes Capitel.
Von der Ausbreitung und Zertheilung flüßiger
Materien durch die Elektricität.
Wir ſind die Kenntniſſe des Gegenſtandes, der den
Inhalt dieſes Capitels ausmacht, größtentheils
dem Abt Nollet ſchuldig, welcher dieſe Materie mit
unglaublichem Fleiße und anhaltender Gedult unterſucht
hat. Jch habe hier bloß die vornehmſten Reſultate ſei-
ner Verſuche anführen können, und muß die Leſer, in Ab-
ſicht auf umſtändlichere Nachrichten, auf Nollet’s eig-
ne Schriften oder auf des D. Prieſtley Geſchichte der
Elektricität verweiſen.
Die Electricität vermehrt die natürliche Ausdün-
ſtung flüßiger Materien; alle flüßige Körper, mit wel-
chen man den Verſuch angeſtellt hat, nur Queckſilber und
Oele ausgenommen, haben dabey eine Verminderung er-
litten, die man keiner andern Urſache, als der Elektrici-
rät, zuſchreiben konnte.
Sie verſtärkt auch die Ausdünſtung derjenigen flüßi-
gen Materien am meiſten, welche von Natur leicht zur
Ausdünſtung geneigt ſind. Flüchtiger Salmiakgeiſt ver.
liert mehr, als Weingeiſt, dieſer mehr als Waſſer u.ſ.w.
Die Elektricität wirkt am ſtärkſten auf flüßige Ma-
terien, wenn die Gefäße, worinn ſie ſich befinden, Lei-
ter ſind. Die Ausdünſtung war am ſtärkſten,
wenn die Gefäße große Oefnungen hatten, ſie nahm aber
nicht im Verhältniß der Oefnungen zu. Inzwiſchen be-
wirkt die Elektricität nie eine Ausdünſtung durch die Zwi-
ſchenräume der Metalle oder des Glaſes.
Um dieſen Grundſätzen noch mehrern Umfang zu
geben, ſtellte der Abt Noilet eine große Anzahl Verſu-
che mit elektriſirten Haarröhren an, und fand, daß der
Zertheilung flüßiger Materien durch die Elektric. aus denſelben ausgehende Strom ſich zwar theilte, aber
doch nicht merklich beſchleuniget wurde, wenn die Röhre
nicht weniger als ⅒ Zoll Weite im Lichten hatte. Iſt
der Durchmeſſer kleiner, aber doch noch weit genug, um
die flüßige Materie in einem Strome fortrinnen zu laſſen,
ſo beſchleunigt die Elektricität die Bewegung in einem
geringen Grade. Iſt aber die Röhre ſo eng, daß das
Waſſer nur in einzelnen Tropfen heraus geht, ſo verwand-
let ſich dieſes Tröpfeln durch das Elektriſiren in einen be-
ſtändigen Strom, theilt ſich ſogar in mehrere kleine Strö-
me, und die Bewegung wird beträchtlich beſchleuniget:
je enger die Röhre, deſto größer iſt die Beſchleunigung.
Iſt die Oefnung weiter als ⅒ Zoll, ſo ſcheint die Elek-
tricität die Bewegung vielmehr aufzuhalten.
181. Verſuch.
Fig. 77. zeigt ein metallnes Gefäß, an welches eine
Haarröhre angebracht iſt, aus der das Waſſer nur in un-
terbrochenen Tropfen heraus gehen kann. Man fülle das
Gefäß mit Waſſer, hänge es an den erſten Leiter der Ma-
ſchine, und drehe den Cylinder derſelben, ſo wird das
Waſſer in einem ununterbrochenen Strome durch die Röh-
re laufen; auch wird ſich dieſer Strom in mehrere andere
zertheilen, und im Finſtern leuchten.
182. Verſuch.
Man hänge ein Gefäß an einen poſitiven und ein
anderes an einen negativen Conductor ſo, daß die Enden
der Röhren etwa 3 – 4 Zoll von einander abſtehen, ſo
wird der Strom, der aus der einen hervorgeht, von dem
andern angezogen werden, und beyde werden einen einzi-
gen im Finſtern leuchtenden Strom ausmachen.
Werden die Gefäße an zween poſitive, oder an zween
negative Conductoren gehangen, ſo ſtoßen ſich die Ströme
zurück, und weichen einander aus.
Dreyzehntes Capitel.183. Verſuch.
Man ſtelle ein metallnes Becken auf ein iſolirendes
Stativ, verbinde es mit dem erſten Leiter, und laſſe einen
ſchwachen Strom Waſſer in daſſelbe rinnen, ſo wird ſich
im Dunkeln ein ſehr ſchönes Schauſpiel zeigen, und der
Strom wird ſich in eine große Anzahl leuchtender Tropfen
zu vertheilen ſcheinen.
184. Verſuch.
Man tauche einen Schwamm in Waſſer, und hän-
ge ihn an den Conductor; ſo wird das Waſſer, welches
vorher nur herabtröpfelte, nunmehr ſehr häufig herab-
fließen, und im Dunklen eine Art von Feuerregen bilden.
185. Verſuch.
Man halte ein Gefäß, welches mit mehreren in ver-
ſchiedenen Richtungen geſtellten Haarröhren verſehen iſt,
nahe an einen elektriſirten Conductor, ſo wird das Waſſer
aus den gegen den Conductor gekehrten Röhren ausſtrö-
men, aus den vom Conductor abgewendeten hingegen nur
unterbrochen und tropfenweiſe herabfallen.
186. Verſuch.
Der Knopf einer geladenen Flaſche zieht einen Tro-
pfen Waſſer aus einem Napfe an ſich. So bald man die
Flaſche von dem Napfe hinwegnimmt, ſo nimmt dieſer
Tropſen eine coniſche Geſtalt an, und wenn man ihn ei-
nem Leiter nähert, ſo wird er mit Gewalt in kleinen Strö-
men fortgetrieben, welche im Finſtern leuchten.
Man ſieht aus dieſem Verſuche, daß die elektriſche
Materie nicht allein die Waſſertheilchen von einander zu
trennen, und eben ſo, wie das Feuer, in Dämpfe zu zer-
ſtreuen ſuche, ſondern auch, daß ſie dies mit ungemeiner
Gewalt und Geſchwindigkeit thue.
187. Verſuch.
Man entlade eine Batterie durch einen Waſſertro-
pfen, den man vorher auf den Knopf einer von ihren Fla-
Zertheilung flüßiger Materien durch Elektricität. ſchen hat fallen laſſen, ſo wird der ganze Tropfen augen-
blicklich in Dampf zerſtrcut; auch ſind die Funken weit
länger und dichter, als gewöhnlich.
Beccaria bemerkt, wenn man einen Schlag auf
eine gewiſſe Weite durch einen oder mehrere Tropfen
Queckſilber gehen laſſe, ſo verbreite ſich der Schlag durch
die Tropfen und treibe ſie in Dämpfen auf; ein Theil die-
ſer Dämpfe ſteige in Form eines Rauchs in die Luft, ein
anderer Theil bleibe am Glaſe hängen.
188. Verſuch.
Ein Waſſertropfen, der von der condenſirenden Ku-
gel eines elektriſirten Conductors herabhängt, ſtreckt ſich,
wenn man einen Becher mit Waſſer darunter ſetzt, gegen
daſſelbe aus, und verlängert und verkürzt ſich nach der
jedesmaligen Stärke der Elektricität.
189. Verſuch.
Man bringe einen Waſſertropfen an den erſten Lei-
ter, und drehe die Maſchine, ſo wird man lange im Zik-
zak gehende Funken aus demſelben ziehen können; der
Tropfen wird eine coniſche Geſtalt annehmen, der Kör-
per, der den Funken erhält, wird befeuchtet werden, und
die Funken werden beträchtlich länger ſeyn, als man ſie
ohne Waſſer aus dem Conductor erhalten kann.
190. Verſuch.
Man ſtelle eine Stange Siegellak ſo auf den Con-
ductor, daß man ſie leicht mit einem Lichte anzünden
kann, und drehe den Cylinder, indem das Siegellak
brennt, ſo wird das ſchmelzende Ende ſpitzig werden, und
einen feinen faſt unſichtbaren Faden, der über eine Elle
lang iſt, in die Luft auswerfen. Wenn man die Fäden,
welche das Siegellak auf dieſe Art ausſtößt, mit einem
Bogen Papier auffängt, ſo wird das Papier davon auf
eine ſonderbare Art bedeckt, und die Theilchen des Siegel-
laks werden in ſo feine Fäden zertheilt, daß man es für
Vierzehntes Capitel. feine Baumwolle halten ſollte. Um das Siegellak ſchick-
lich auf den Conductor zu befeſtigen, klebe man es auf
einen dünnen Streif Papier, und beuge die Enden des
Papiers ſo, daß es in eine der Höhlungen des Condu-
ctors einpaßt; ſo kann man es bequem aufſtellen, und mit
dem Lichte anzünden.
191. Verſuch.
Man iſolire einen kleinen Springbrunnen, (wie
man dergleichen durch Verdichtung der Luft leicht machen
kann), der nur einen einzigen Strom ausſendet, und
elektriſire denſelben, ſo wird ſich der Strom in ſehr viele
andere theilen, die ſich gleichförmig über einen ſehr großen
Raum auf dem Boden verbreiten werden. Durch ab-
wechſelndes Auflegen eines Fingers auf den Conductor
und Wegnehmung deſſelben, kann man nach Gefallen be-
fehlen, ob das Waſſer in einem Strome, oder in mehre-
ren, ſpringen ſolle.
192. Verſuch.
Man elektriſire zween iſolirte Springbrunnen mit
entgegengeſetzten Elektricitäten, ſo werden ſich die Strö-
me aus beyden in ſehr kleine Theilchen zertrennen, die ſich
oben mit einander vereinigen, und in ſchwerern Tropfen,
wie ein Platzregen, herabfallen werden.
Vierzehntes Capitel.
Vom elektriſchen Lichte im luftleeren Raume.
193. Verſuch.
Man nehme eine hohe trockne gläſerne Glocke, kütte in
den obern Theil derſelben einen Drath mit einem
abgerundeten Knopfe ein, ziehe die Luft aus der Glocke,
und halte den Knopf des Draths gegen einen Conductor,
Elektriſches Licht im luftleeren Raume. ſo wird jeder Funken in Geſtalt eines breiten Lichtſtroms
durch den luftleeren Raum gehen, und längſt der ganzen
Glocke ſichtbar ſeyn. Oft trennet ſich der Strom in meh-
rere Aeſte vom ſchönſten Anſehen, die ſich auf eine höchſt
angenehme Art theilen und wieder vereinigen. Legt man
die Hand an die Glocke, ſo fühlt man bey jedem Funken
eine kleine Erſchütterung, wie einen Pulsſchlag, und das
Feuer lenkt ſich gegen die Hand. Dieſe Erſchütterung
fühlt man ſogar in einiger Entfernung von der Glocke, und
im Dunkeln ſieht man ein Licht zwiſchen der Hand und
dem Glaſe.
Vor einigen Jahren bemerkte Herr Wilſon bey
einigen mit einer vortreflichen Smeatonſchen Luftpum-
pe angeſtellten Verſuchen, daß die geringſten Verſchie-
denheiten der Luft einen ſehr beträchtlichen Unterſchied in
dem durch die Elektricität hervorgebrachten Lichte veran-
laſſeten; denn wenn alle Luft, welche die Pumpe auszu-
ziehen vermochte, aus der Glocke gezogen war, ſo zeigte
ſich im Dunkeln gar kein elektriſches Licht. Ließ man
durch einen Hahn ein wenig Luft hinzu, ſo erſchien ein
ſehr ſchwaches Licht, bey etwas mehr Luft verſtärkte ſich
daſſelbe, aber noch mehr Luft machte es wieder ſchwächer,
bis es zuletzt bey Hinzulaſſung vieler Luft völlig ver-
ſchwand. Aus dieſem Verſuche erhellet, daß zu Hervor-
bringung des ſtärkſten Leuchtens eine gewiſſe eingeſchränkte
Quantität Luſt nothwendig ſey.
194. Verſuch..
Fig. 82. ſtellt eine auf dem Teller der Luftpumpe
ſtehende luftleere Glocke vor, a b iſt der elektriſirte Drath,
der einen Strom elektriſcher Materie b c auf den Teller
der Luftpumpe herabſendet. Wenn die an der äußern
Seite der Glocke anliegende Luftſchicht durch Anlegung
des Fingers an die Glocke vermindert, und dadurch der
elektriſchen Materie auf der äußern Seite Veranlaſſung
gegeben wird, heraus zu gehen, ſo wird die innere Mate-
Vierzehntes Capitel. rie gegen dieſe Stelle getrieben, wie bey d e f. Man hat
aus dieſem Verſuche ſchließen wollen, daß zwiſchen den
Theilchen der elektriſchen Materie keine zurückſtoßende
Kraft ſtatt finde; weil ſie allem Anſehen nach, wenn ſie
an ſich ſelbſt elaſtiſch, oder mit einer repellirenden Kraft
ihrer Theile gegen einander verſehen wäre, nach wegge-
nommenem Widerſtande nicht in einem ununterbrochenen
Strome fortfließen könnte, wie bey b c; ſondern ſich durch
ihre Elaſticität nach allen Seiten ausbreiten müßte.
D. Watſon ſagt, es ſey wahrſcheinlicher, anzu-
nehmen, daß die Repulſion der Theilchen, welche man in
freyer Luft wahrnimmt, von dem Widerſtande der Luft,
und nicht von einem natürlichen Beſtreben der Elektricität
ſelbſt, herrühre.
Folgender Verſuch des Beccaria giebt einen deut-
lichen Begriff von dem Widerſtande, den die Luft dem
Durchgange der elektriſchen Materie entgegenſetzt, und
von der Verminderung dieſes Widerſtandes in der luft-
leeren Glocke.
195. Verſuch.
Ehe die Luft aus der Glocke ausgezogen war, gieng
aus dem an ihrem obern Theile befindlichen elektriſirten
Drathe ein divergirender Stralenbüſchel hervor, der ohn-
gefähr einen Zoll lang war. Zog man nun die Luft aus
der Glocke, ſo zeigten ſich folgende Veränderungen. Zu-
erſt wurden die Stralen des Büſchels länger; hierauf
divergirten ſie weniger, ihre Anzahl verminderte ſich, und
die übrigbleibenden Stralen wurden größer; endlich ver-
einigten ſie ſich alle mit einander, und bildeten eine unun-
terbrochene Lichtſäule, welche von dem Drathe bis in den
Teller der Luftpumpe übergieng.
Aus dieſem Verſuche iſt klar, daß die Luft das Mit-
tel ſey, wodurch wir mit Hülfe anderer idioelektriſcher Kör-
per im Stande ſind, die Elektricität ſowohl den elektri-
ſchen Körpern, als den Leitern mitzutheilen; denn wenn
Elektriſches Licht im luftleeren Raume man die Luft wegnimmt, ſo geht die elektriſche Materie
durch den leeren Raum, und verbreitet ſich bis auf die
entfernteſten Weiten.
196. Verſuch.
Um die Veränderungen der Geſtalt und Länge des
elektriſchen Funkens, wenn er durch eine Glocke geht, in
der die Luft mehr oder weniger verdünnt iſt, ſehr genau
zu unterſcheiden, befeſtige man eine Kugel an den Drath,
und laſſe eine andere von dem Teller der Luftpumpe her-
vorgehen ſo, daß beyde etwa einen Zoll weit aus einander
ſtehen. Wenn das Vacuum gut iſt, ſo geht ein einziger
einförmiger purpurfarbner Stral von einer Kugel
zur andern; je mehr man aber Luft hinzuläßt, deſto mehr
erhält der Stral eine zitternde Bewegung, welche zeigt,
daß ſeine Bewegung nunmehr anfange, Widerſtand zu
finden, hierauf folgt eine Theilung des Strales oder
Stroms, das Licht wird lebhafter, und verwandlet ſich
endlich in den gewöhnlichen Funken, welcher mit mehr
oder weniger Leichtigkeit ausgeht, je nachdem die Kraft
der Maſchine und der Widerſtand der Luft größer iſt.
197. Verſuch.
Man bringe an den Conductor eine dünne luftleere
Flaſche, wie die Fig. 49. vorgeſtellte, aber ohne alle Be-
legung an der äußern Seite, ſo wird ſie von einem Ende
bis zum andern leuchten, und noch, wenn man ſie von
dem Conductor wegnimmt, zu leuchten fortfahren; das
Licht wird ſich eine lange Zeit nach krummlinigten Rich-
tungen bewegen, und von Zeit zu Zeit gleich dem Nord-
lichte blitzen. Man kann das Licht von neuem wieder be-
leben, wenn man mit der Hand über das Glas fährt. In
dieſem Verſuche hört und fühlt man das Schlagen der
elektriſchen Materie gegen das Glas ſehr deutlich.
Man kann die krummlinigten Bewegungen der elek-
triſchen Materie in einer luftleeren Glocke gewiſſermaßen
nach Gefallen hervorbringen. Wenn man die äußere
Vierzehntes Capitel. Seite der Glocke befeuchtet, ſo folgt das Feuer der Rich-
tung der befeuchteten Linien, weil daſelbſt der Widerſtand
auf einer Seite geſchwächet wird; es kann ſich nämlich
die elektriſche Materie an der innern Seite anhäufen und
anhängen, weil andre Materie vermittelſt der Feuchtigkeit
aus der äußern Seite herausgetrieben wird.
Dieſer Verſuch fällt ſehr angenehm aus, wenn man
die Torricelliſche Leere in einer Z Schuh langen Glasröhre
hervorbringt, und alsdann dieſelbe hermetiſch ver-
ſchließt. Hält man das eine Ende dieſer Röhre in der
Hand, und bringt das andere an den Conductor, ſo wird
die ganze Röhre von einem Ende bis zum andern erleuch-
tet, und bleibt dies auch noch eine ziemliche Zeit, wenn
ſie gleich vom Conductor weggenommen wird; ſie leuchtet
blickweiſe oft noch viele Stunden lang.
198. Verſuch.
Ein anderes ſehr ſchönes Schauſpiel kann man im
Dunkeln hervorbringen, wenn man eine kleine leidner Fla-
ſche in den Hals einer hohen gläſernen Glocke bringt, ſo
daß die äußere Belegung im Vacuum ſteht. Zieht man
die Luft aus der Glocke, und ladet die Flaſche, ſo wird
bey jedem Funken, der aus dem Conductor in die innere
Seite übergeht, ein Licht von allen Punkten der äußern
Fläche ausgehen, und die ganze Glocke auszufüllen ſchei-
nen. Entladet man wieder, ſo kehrt das Licht in Geſtalt
eines compakten Funkens zurück.
199. Verſuch.
Eine zum Uebergange der elektriſchen Materie ſehr
geſchickte Leere kann man hervorbringen, wenn man ein
Doppelbarometer oder eine lange gebogne Glasröhre mit
Queckſilber füllet, und mit jedem Schenkel in einem Ge-
fäß mit Queckſilber ſtehend umkehret, wobey der gebog-
ne Theil der Röhre über dem Queckſilber ein vollkommnes
Vacuum wird. Entladet man eine Flaſche durch dieſen
Elektriſches Licht im luftleeren Raume. Raum, ſo erſcheint ein durchaus gleichförmiges Licht, deſto
lebhafter, je ſtärker der Schlag iſt. D. Watſon iſo-
lirte dieſe Zubereitung, brachte das eine Gefäß mit Queck-
ſilber mit dem Conductor in Berührung, und berührte
das andere mit einem Leiter; ſo gieng die elektriſche Ma-
terie in einer ununterbrochenen Flamme durch den leeren
Raum, ohne die geringſte Divergenz: ward das eine
Gefäß mit dem iſolirten Küſſen verbunden, ſo ſahe man
das Feuer nach der entgegengeſetzten Richtung durch das
Vacuum gehen.
200. Verſuch.
Fig. 83. iſt eine Glasröhre, wie man ſie gewöhn-
lich zu den Barometern gebraucht: am Ende b iſt ſie in
eine ſtählerne Haube geküttet, aus welcher ein eiſerner
Drath mit einem Knopfe c d in die Röhre herabgeht.
Man fülle dieſe Röhre mit Queckſilber, laſſe zu wieder-
holten mahlen eine Luftblaſe hinein, kehre dann die Röhre
um, und befreye dadurch das Queckſilber und den eiſernen
Drath von aller daran hängenden Luft, nach der gewöhn-
lichen Art, Barometer zu füllen. Hierauf laſſe man ei-
nen kleinen Tropfen Aether auf das Queckſilber fallen,
halte den Finger auf die Oefnung der Glasrohre, kehre
die Röhre um, und bringe das Ende f in ein Gefäß mit
Queckſilber, nehme aber den Finger nicht eher weg, als
bis das Ende der Röhre einen halben Zall tief unter dem
Queckſilber ſteht. Nimmt man nun den Finger weg, ſo
fällt das Queckſilber, der Aether breitet ſich aus, vermin-
dert das Vacuum, und drückt das Queckſilber in der Röh-
re tiefer herab. Bringt man nun die metallene Haube
der Röhre gegen einen großen geladenen Conductor, ſo
wird man einen ſchönen grünen Funken von der Kugel
bis ans Queckſilber gehen ſehen. Läßt man etwas Luft in
den leeren Raum, ſo zeigt ſich eine den Sternſchnuppen
ähnliche Erſcheinung. Dieſen ſchönen Verſuch habe ich
durch Herrn Morgan kennen gelernt.
Funfzehntes Capitel.Mehrere Beobachtungen über die Erſcheinungen des
elektriſchen Lichts im luftleeren Raume kann man ver-
mittelſt des 110ten 111ten 119ten und 120ſten Ver-
ſuchs anſtellen.
Funfzehntes Capitel.
Von der mediciniſchen Elektricität.
Der Abt Nollet verſichert, er habe über keine ſeiner
Erfindungen mehr Vergnügen empfunden, als
über die Entdeckung, daß die Bewegung flüſſiger Mate-
rien durch Haarröhren, und die unmerkliche Ausdünſtung
thieriſcher Körper durch die Elektricität verſtärkt werde;
weil ihm dieſe Entdeckung, bey gehöriger Anwendung durch
geſchickte Männer ſo ungemeine Vortheile für die menſch-
liche Geſellſchaſt verſprochen habe. Aber um wie viel
größer würde ſein Vergnügen geweſen ſeyn, wenn er die
Erfüllung dieſer Hoſnung erlebt, und geſehen hätte, wie
dieſer Zweig der Elektricität faſt eben ſoviel mediciniſche
Zuverläſſigkeit erreicht hat, als der Gebrauch der China-
rinde bey Wechſelfiebern.
Zwar ſind auch der Elektricität, ſo wie allen andern
für die Menſchheit wohlthätigen einfachen Arzneymitteln,
theils aus eigennützigen Abſichten, theils aus Unwiſſenheit,
viele Hinderniſſe in den Weg gelegt worden; man hat ſie
verächtlich behandelt, und mit übelangebrachter Vorſichtig-
keit herabgeſetzt. Man muß aber denen, welche ſich ihr
auf dieſe Art entgegenſetzen, anempfehlen, eine Sache
nicht zu verdammen, die ſie nicht kennen, und ſie nicht
ungehört zu verurtheilen; vielmehr ſich um einige Kennt-
niß von der Natur der Elektricität zu bemühen, die Elek-
triſirmaſchine auf eine wirkſame Art gebrauchen zu lernen,
und ſie dann nur einige Wochen lang bey den Krankheiten
anzuwenden, in welchen ſie die beſten Dienſte thut. Auf
Mediciniſche Elektricität. dieſe Art würden ſie ohne Zweifel bald überzeugt werden,
daß die Elektricität unter den Arzneymitteln einen ausge-
zeichneten Rang behaupte.
Man hat der Arzneywiſſenſchaft und den praktiſchen
Aerzten den Vorwurf der Unbeſtändigkeit und Veränder-
lichkeit in der Praxis gemacht, die einmal kalt wie das Eis
in Novazembla, ein andermal heiß wie die hitzige Zone
ſey; man hat ſie beſchuldiget, daß ſie ſich von der Mode
leiten und von Vorurtheilen beherrſchen ließen. Aus die-
ſem Grunde hat man vorherſagen wollen, ſo vortheilhaft
auch der Gebrauch der Elektricität ſeyn möge, ſo werde
man ſie doch nur für die Zeit der Mode beybehalten, und
dann der Vergeſſenheit überlaſſen. Jch kann aber dieſer
Meinung nicht beypflichten, und mich nicht verleiten laſ-
ſen zu glauben, daß eine Claſſe von Männern, deren Ur-
theilskraft durch Wiſſenſchaften und Erfahrung geſchärft
iſt, eine Kraft ganz vernachläſſigen werde, welche allem
Anſehen nach den wichtigſten Theil der Conſtitution des
Körpers ausmacht. Die Elektricität iſt ein wirkendes
Principium, das nie erzeugt und nie zerſtört wird, das
überall und allezeit anzutreffen iſt, wenn es auch gleich
verborgen und unmerklich bleibt, das ſich zu jeder Zeit
bewegt, um ein ſtets veränderliches Gleichgewicht zu be-
haupten. Um nur ein einziges Beyſpiel aus vielen an-
dern auszuheben, ſo iſt der Regen, der bey Gewittern
herabfällt, ſtark mit der Elektricität imprägnirt, und
bringt auf dieſe Art dasjenige herab, was die erhitzten
Dämpfe in die Luft hinaufgeführt haben, bis der Mangel
in der Erde durch den im Himmel befindlichen Ueberfluß
wieder erſetzt und aufgehoben iſt. Unaufhörlich verbin-
den ſich mancherley Urſachen, um das Gleichgewicht dieſer
Materie zu ändern, woraus die beſtändige innere Bewe-
gung entſteht, welche ſoviel zur Ausführung der Natur-
begebenheiten beyträgt. Wenn ferner durch eine jede
Subſtanz eine gewiſſe ihr eigenthümliche Portion dieſer
Materie vertheilt iſt, ſo muß jede Veränderung ihrer Ca-
Funfzehntes Capitel. pacität, welche ſich durch Hitze und Kälte beſtändig ver-
ändert, ſie bewegen und auf ſie wirken.
Da die Wärme oder die Bewegung des Feuers das
erſte Triebrad in der thieriſchen Maſchine iſt, und ſo lange
dieſe Maſchine dauert, das Hauptprincipium ihrer Erhal-
tung ausmacht, da ferner die Elektricität ſo viele Erſchei-
nungen zeigt, welche man von den Phänomenen des Feu-
ers gar nicht unterſcheiden kann, ſo müſſen wir uns noth-
wendig eine große Vorſtellung von der Wichtigkeit der
elektriſchen Materie für die Medicin machen. Doch kann
man, allgemein genommen, die Stärke der Lebenskräfte
nicht nach dem Grade der Wärme beurtheilen, weil der
Grad der Wärme bloß eine gewiſſe Menge derſelben be-
ſtimmt, welche auf eine beſondere Art wirket.
Es iſt bekannt, daß dieſes belebende Principium auch
das Wachsthum der Pflanzen beſchleuniget. Elektriſirte
Myrthen blühten eher, als andere von eben derſelben Art
und Größe in eben demſelben Gewächshauſe. Täglich
elektriſirte Saamen ſind in drey bis vier Tagen beſſer auf-
gegangen und gewachſen, als andere von eben derſelben
Art und unter übrigens vollkommen gleichen Umſtänden in
eilf bis zwölf Tagen. Eben ſo hat Herr Achard gezeigt,
daß man die Elektricität an ſtatt der Wärme zu Beſchleu-
nigung des Auslaufens der Eyer gebrauchen könne. Die
Vermuthung eines ſcharfſinnigen Schriftſtellers iſt gar
nicht unwahrſcheinlich, daß die vegetirende Kraft, welche
in den immergrünenden Bäumen und Pflanzen das ganze
Jahr hindurch wirkt, davon herrühre, weil dieſe Bäume
mehr Harz enthalten, als diejenigen, deren Blätter im
Herbſte abfallen, und daß ſie dadurch in den Stand ge-
ſetzt werden, die Säfte, welche ihre beſtändige Vegetation
unterhalten, an ſich zu ziehen und zu behalten, wodurch
der Mangel der Sonnenwärme einigermaſſen erſetzt wird.
Man kann dieſes aus ihren natürlichen Eigenſchaften
ſchließen, und die ſtarke elektriſche Kraft ihrer Blätter
beſtätiget es. Eben dieſer Schriftſteller glaubt, das bey
Mediciniſche Elektricität. unſern Verſuchen geſammlete elekteiſche Fluidum beſtehe
bloß aus den Sonnenſtralen, welche von der Erde aufge-
fangen und zurückbehalten worden wären; welcher Ge-
danke auch durch die Beobachtungen über die atmoſphäri-
ſche Elektricität, und durch verſchiedene aus der Verwand-
ſchaft zwiſchen Feuer, Licht und Wärme gezogne Schlüſſe
beſtätiget wird.
Das Daſeyn und die Wirkſamkeit dieſer Materie in
den thieriſchen Körpern iſt durch die Verſuche über den
Zitteraal und Zitterfiſch vollkommen erwieſen worden;
denn die Aehnlichkeit zwiſchen der Elektricität des Zitter-
fiſches und derjenigen, die man in der Natur im Großen
antrift, iſt ſo groß, daß man in phyſikaliſchem Sinne
beyde für einerley halten kann. Herr Hunter hat ſehr
richtig bemerktPhiloſ. Transact. Vol. LXIII. no. 40., daß die Größe und Menge der Ner-
ven, welche ſich in den elektriſchen Organen des Zitterfi-
ſches befinden, im Vergleich mit der Größe dieſer Organe
ſelbſt, eben ſo außerordentlich ſcheinen muß, als ihre
Wirkungen, und daß es, wenn wir die ſinnlichen Organe
des menſchlichen Körpers ausnehmen, in keinem Thiere,
ſelbſt in den vollkommenſten, irgend einen Theil gebe, der
ſo häufig mit Nerven verſehen ſey, als der Zitterfiſch.
Dennoch ſcheinen dieſe Nerven ſeiner elektriſchen Organe
zu keiner Empfindung, welche in dieſelben eindringen
könnte, nothwendig zu ſeyn; und was die Kraft betrift,
ſo bemerkt Herr Hunter ebenfalls, daß es keinen Theil
in irgend einem Thiere gebe, ſo ſtark und anhaltend auch
die Kraft deſſelben ſeyn möge, der eine ſo große Menge
Nerven enthalte. Da es alſo wahrſcheinlich iſt, daß dieſe
Nerven weder zur Empſindung noch zur Bewegung die-
nen, müſſen wir nicht vermuthen, daß ſie die Hervor-
bringung, Aufſammlung und Behandlung der elektriſchen
Materie zur Abſicht haben, beſonders, da nach den Ver-
ſuchen des Hn. Walſh die elektriſchen Wirkungen dieſer
Funfzehntes Capitel. Organe von dem Willen des Thieres abhängen? Sind
dieſe Bemerkungen richtig, ſo können wir mit vieler Wahr-
ſcheinlichkeit vorausſagen, daß von den künftigen Natur-
forſchern keine Entdeckung von Wichtigkeit über die Natur
des Nervenſafts werde gemacht werden, bey welcher ſie
nicht werden eingeſtehen müſſen, daß ſie dieſelbe dem Lichte
zu danken haben, welches die Verſuche des Herrn Walſy
über den lebenden Zitterfiſch, und des Herrn Hunter Zer-
gliederungen des todten Fiſches über dieſe Materie ver,
breitet haben.
Sehr diele merkwürdige Beobachtungen überzeugen
uns deutlich, daß die elektriſche Materie mit dem menſch-
lichen Körper in der genaueſten Verbindung ſtehe, und
ihren Einfluß auf denſelben unaufhörlich fortſetze. Herr
Brydone gedenkt einer Dame, welche bisweilen, wenn
ſie ſich bey kaltem Wetter im Dunkeln gekämmt, feurige
Funken aus ihrem Haare habe kommen ſehen; dies brachte
ihn auf den Gedanken, die elektriſche Materie bloß aus
den Haaren der Menſchen, ohne einige andere elektriſche
Geräthſchaft zu ſammlen. In dieſer Abſicht ließ er ein
junges Frauenzimmer auf Pech treten, und die Haare
ihrer Schweſter kämmen, die vor ihr auf einem Stuhle
ſaß; kaum hatte jene zu kämmen angefangen, ſo ward ihr
ganzer Körper elektriſirt, und warf gegen jeden Gegen-
ſtand, der ſich ihr näherte, Funken aus. Das Haar
war ſehr ſtark elektriſch, und wirkte in beträchtlicher Ent-
fernung auf das Elektrometer. Er lud einen metallnen
Conductor mit dieſer Elektricität, und ſammlete in wenig
Minuten ſoviel von derſelben, daß er Weingeiſt anzün-
den, und mit Hülfe einer kleinen Flaſche der ganzen Ge-
ſellſchaft mehrere ſtarke Schläge geben konnte.
Herr Cavallo erhielt vermittelſt eines kleinen Con-
denſators ſehr merkliche Zeichen der Elektricität aus der-
ſchiednen Theilen ſeines eignen Körpers, und aus den
Haupthaaren dieler andern Perſonen.
Mediciniſche Elektricität.Wenn die Entdeckungen in dieſer Wiſſenſchaft,
ſagt Herr Btydone, höher ſteigen werden, ſo wer-
den wir vielleicht finden, daß die ſogenannten Nerden-
ſchwächen und andere Krankheiten, welche wir bloß dem
Namen nach kennen, davon herkommen, daß ſich in den
Körpern entweder zu viel oder zu wenig von dieſer feinen
Materie befindet, welche vielleicht das Vehiculum aller
unſerer Empfindungen iſt. Bekanntermaſſen wird bey
feuchtem und neblichen Wetter dieſe Materie von der
Feuchtigkeit geſchwächt und abſorbiret, ihre Wirkſamkeit
vermindert, und das, was man von ihr geſammlet hat,
bald zerſtreuet; alsdann ermatten unſere Lebenskräſte, und
unſer Gefühl wird ſtumpfer. Bey den ſchädlichen Win-
den in Neapel, wobey die Luſt aller elektriſchen Materie
beraubt zu ſeyn ſcheinet, wird der ganze Körper erſchlaffet,
und die Nerven ſcheinen ihre Spannung und Elaſticität
zu verlieren, bis der Nordweſtwind die belebende Kraft
wiederherſtellet, die dem Körper ſeine Spannung wie-
vergiebt, und die ganze in ihrer Abweſenheit ermattete
Natur wieder verjünget. Es iſt dies auch gar nicht zu
verwundern, da die Spannung und Erſchlaffung im
menſchlichen Körper von dem verſchiednen Zuſtande der
elektriſchen Materie, und nicht von einer Veränderung
ver Fibern ſelbſt, oder von einer Ausdehnung und Zu-
ſammenziehung derſelben herrührt. Man hat ſonſt der
Kälte eine ſolche zuſammenziehende Kraft zugeſchrieben,
obgleich die Muſkeln des thieriſchen Körpers mehr zuſam-
mengezogen werden, wenn ſie warm ſind, und in der
Kälte hingegen erſchlaffen.
Die Herren Iallabert und de Sauſſüre kamen
auf ihren Alpenreiſen in Gewitterwolken, und fanden da-
bey ihren ganzen Körper elektriſch. Aus ihren Fingern
ſtrömten freywillig Feuerſtralen mit einem kniſternden Ge-
räuſch, und ihre Empfindungen waren eben ſo, als ob ſie
durch Kunſt ſehr ſtark elektriſirek wären. Es fällt ſehr
deutlich in die Augen, daß dieſe Empfindungen von einem
Funfzehntes Kapitel. allzugroßen Ueberfluß der elektriſchen Materie in ihren
Körpern herkamen; daher iſt es ſeht wahrſcheinlich, daß
viele Kranken ihre Empſindungen der entgegengeſetzten
Urſache zuzuſchreiben haben.
201. Verſuch.
Man laſſe den Schlag einer großen geladenen Fla-
ſche oder einer Batterie durch den Kopf und Rücken einer
Maus gehen, ſo wird er, wenn er ſtark genug iſt, das
Thier tödten. Wenn es todt iſt, wiederhohle man den
Verſuch, ſo wird die elektriſche Materie augenſcheinlich
über den Körper hinweg, und nicht durch denſelben gehen,
woraus erhellet, daß die Kraft oder das Mittel, welches
den Schlag durch den Körper des Thieres leitete, mit
dem Leben deſſelben verlohren gegangen ſey. Dieſer Ver-
ſuch iſt aus des Herrn Cavallo Abhandlung von der me-
diciniſchen ElektricitätVerſuch über die Theorie und Anwendung der medici-
niſchen Elektricität, von Tib. Cavallo, aus dem Engl. überſ.
Leipz. 1782. 8. genommen. Seine Wichtig-
keit fällt in die Augen, und er vervient ohne Zweifel von
Männern, welche ſowohl mit der thieriſchen Oekonomie,
als mit der Elektricität bekannt ſind, weiter unterſucht zu
werden.
Der folgende Verſuch zeigt, daß die elektriſche Ma-
terie durch diejenige Reihe von Muſkeln gehe, welche ihr
den kürzeſten Weg darbietet, und deren leitende Kraft
oder elektriſche Capacität ihr am vortheilhafteſten iſt.
202. Verſuch.
Man laſſe die Perſon A in ihrer rechten Hand
eine leidner Flaſche halten, und mit einem in der linken
Hand gehaltenen meſſingenen Stabe den entblößten rech-
ten Fuß von B berühren; der linke Fuß von B ſey durch
einen meſſingenen Stab mit dem rechten Fuße von C ver-
Mediciniſche Elektricität. bunden; D halte mit ſeiner rechten Hand das linke Ohr
von C, und berühre den Knopf der Flaſche mit der linken
Hand: ſo wird A den Schlag in den Muſkeln der rechten
Hand und des Arms, der Bruſt, und des linken Arms
fühlen; B in den Muſkeln des rechten und linken Fußes,
Schenkels und dicken Beins; C hingegen in derjenigen
Reihe von Muſkeln, welche vom Schenkel bis zum Ohre
gehen, durch welches er mit D verbunden iſt. Die Wir-
kung der elektriſchen Materie auf den menſchlichen Kör-
per beym Schlage iſt die nämliche, wenn er mit gleicher
Dichtigkeit durch ähnliche Theile geht. Sie iſt ſtärker,
wenn die Materie dichter iſt, und folglich am ſtärkſten, wenn
ſie Widerſtand antrift.
Beccatia hat mit Hülfe eines Wundarztes verſchie-
dene Verſuche über die Wirkung der Elektricität auf die
Muſkeln im linken Beine eines Hahns gemacht. DieMuſkeln
wurden, wenn der Schlag hindurchgieng, ſtark zuſammenge-
zogen und dieſes Zuſammenziehen war allezeit mit einem
plötzlichen und proportionirten Aufſchwellen derſelben beglei-
tet, denjenigen Theil ausgenommen, wo das Häutchen, wel-
ches einen Muſkel von dem andern trennet, anliegt, welcher
Theil allezeit eingedrückt ward. Das Häutchen, welches den
Theil des Muſkels, durch welchen der Schlag gieng, be-
deckte, ward trocken und ſchrumpfte zuſammen, auch ſtieg
aus dieſem Theile ein Dampf auf; wenn ein Muſkel zu-
ſammengezogen ward, ſo äuſſerte ſich zugleich ein allge-
meines Zuſammenziehen in allen anliegenden Muſkeln,
und dieſelben blieben auch einige Zeit nach dem Schlage
in einer convulſiviſchen Bewegung.
Bey einem andern Verſuche, wo der Muſkel abge-
löſet und vom Beine loßgemacht worden war, zog ſich
derſelbe, als der Schlag durchgieng, von ſelbſt zuſam-
men, und ward wiederum in ſeine vorige natürliche Stelle
zurückgeworfen, konnte auch nicht anders als mit Gewalt
von derſelben getrennt werden, woraus die Kraft der Elek-
tricität, erſchlafften Fibern ihre Spannung wiederzugeben,
Funfzehntes Capitel. deutlich erhellet. In der That, wenn wir bedenken, daß
die elektriſche Materie Muſkeln in Bewegung gebracht,
vom Schlage gelähmte Glieder geſtärkt, ja ſogar bey vie-
len, deren Lähmungen nicht aus dem Rückenmark ent-
ſprangen, die Lebenskraft und Bewegung wiederhergeſtel-
let hat, iſt dies nicht ein überzeugender Beweiß, daß die
Urſache, welche die Muſkeln in Bewegung ſetzt, mit dem-
jenigen Fluidum einerley ſey, welches wir durch die Elek-
triſirmaſchine einſammlen?
Da die Arzneykunde kein Univerſalmittel kennt, ſo
können wir auch nicht annehmen, daß die Elektricität alle
Krankheiten, gegen welche ſie gebraucht wird, hebe. Ihre
Wirkung wird immer im Verhältniß der Diſpoſition des
Kranken, und der Talente des Arztes ſtärker oder ſchwä-
cher ſeyn; daher man ſich auch gar nicht verwundern darf,
wenn viele Krankheiten ihr den hartnäckigſten Widerſtand
gethan haben, und andere nur in einigem Grade geſindert
worden ſind, oder wenn der Fortgang der Cur oft durch
Ungedult oder Vorurtheil des Kranken gehemmet worden
iſt. Man muß hierbey dennoch eingeſtehen, daß der Fort-
gang der mediciniſchen Elektricität, ſelbſt in ihrer Kind-
heit, und da ſie noch mit Furcht, Vorurtheil und Eigen-
nutz zu kämpfen hatte, in der That groß war, und daß
wir uns jetzt die größte Hoffnung einer beträchtlichen Er-
weiterung derſelben machen künnen, da ſie durch Aerzte
von den ausgezeichnetſten Verdienſten bearbeitet und be-
fördert wird.
203. Verſuch.
Dieſer Verſuch zeigt, daß man die Elektricität durch
Wärme und Kälte in Bewegung ſetzen könne. Er ſchreibt
ſich urſprünglich von Canton her. Dieſer nahm einige
dünne Glaskugeln von etwa 1½ Zoll Durchmeſſer, mit
8 – 9 Zoll langen Stielen oder Röhren, elektriſirte ſie,
einige auf der innern Seite poſitiv, andere negativ, und
verſchloß ſie hermetriſch. Bald hierauf brachte er dieſe
Bälle gegen das Elektrometer, und konnte nicht das ge-
Mediciniſche Elektricität. ringſte Merkmal einer Elektricität wahrnehmen; wenn er
ſie aber in einer Entfernung von 5 – 6 Zoll ans Feuer
hielt, ſo wurden ſie in kurzer Zeit ſtark elektriſch, und
noch ſtärker, wenn ſie abkühlten. Dieſe Kugeln gaben
auch jederzeit, wenn ſie erhitzt waren, an andere Körper
Elektricität ab, oder nahmen ſie von ihnen an, je nach-
dem die in ihnen befindliche Elektricität poſitiv oder nega-
tiv war. Allzuöfteres Erwärmen verminderte ihre Kraft;
wenn man aber eine davon eine Woche lang unter Waſſer
legte, ſo ſchadete ihr dies im geringſten nicht. Sie be-
hielten ihre Kraft auf ſechs Jahre lang. Von dem Tur-
malin und vielen andern Edelſteinen iſt ebenfalls bekannt,
daß ſie durch Erwärmung elektriſch werden. Der Turma-
lin hat allemahl zugleich poſitive und negative Elektricität,
ſo, daß ſich auf einer Seite die eine, auf der andern die ent-
gegengeſetzte befindet. Man kann dieſe Elektricität ſowohl
durch Reiben, als durch Erwärmen, ja ſogar durch Ein-
ſenken des Steins in kochendes Waſſer erregen.
204. Verſuch.
Man iſolire ein empſindliches Queckſilberthermome-
ter, und ſtelle die Kugel deſſelben zwiſchen zwo hölzerne
Kugeln, von denen die eine an den Conductor befeſtiget
iſt, die andere aber mit der Erde in Verbindung ſteht,
ſo wird beym Durchgange der elektriſchen Materie zwi-
ſchen beyden Kugeln das Queckſilber im Thermometer be-
trächtlich ſteigen. Bey einem Cylinder von 7½ Zoll Durch-
meſſer, erhob die elektriſche Materie, indem ſie aus einer Ku-
gel von Lebensbaum in eine von Büchenholz übergieng, das
Queckſilber im Thermometer von 68° – 110°, und zum
2 tenmal bis 150°. Beym Uebergange aus einer Spitze von
Buchsbaum in eine von Lebensbaum ſtieg das Thermome-
ter von 68° – 85°; aus einer Spitze von Buchsbaum in eine
Kugel von Buchsbaum von 67° – 100°; aus einer Kugel
von Buchsbaum in eine meſſingne Spitze von 66° – 100°;
aus einer Kugel in die andere, wenn die Kugel des Ther-
mometers mit Flanell bedeckt war, von 69° – 100°.
Funfzehntes Capitel.Einige Schriftſteller haben Verzeichniſſe von Krank-
heiten gegeben, in welchen die Elektricität mit gutem Er-
folg gebraucht worden iſt; ich will aber hier dieſem Bey-
ſpiele nicht folgen, da ich höre, daß man dieſe Krankhei-
ten nach Anleitung der in den letzten vier Jahren angeſtell-
ten Verſuche, in ein ordentliches Syſtem gebracht hat,
welches aber gehörig zu überſehen, eine genaue Kenntniß
der Krankheiten und ihrer Urſachen und Symptome, er-
forderlich iſt.
Man hat in dieſem Syſtem die Elektricität unter die
krampfſtillenden Arzneyen geordnet, und ſie als eines der
wirkſamſten äuſſerlichen Mittel angeſehen; ſie dienet nach
der verſchiedenen Art ihrer Anwendung bald als ein
ſchmerzſtillendes, bald als ein reizendes, bald als ein zer-
theilendes Mittel. Jn der Arzneykunſt läßt ſie ſich bey
Lähmungen, beym Reißen, bey Wechſelfiebern, Kräm-
pfen, Verſtopfungen und Entzündungen gebrauchen. Dem
Wundarzt leiſtet ſie beträchtlichen Nutzen bey Vertrock-
nungen, Verrenkungen, Geſchwülſten, beſonders bey an-
gelaufenen Drüſen, Schwinden der Muſkeln, und einer
Menge von andern in die Augen fallenden Uebeln, welche
den Umſtehenden ſowohl als dem Patienten ſelbſt öfters
großen Kummer verurſachen. Auch die Gicht und den
Kropf, zwo Krankheiten, welche heut zu Tage das
menſchliche Geſchlecht ſo häufig plagen und den Aerzten
ein Stein des Anſtoßes ſind, rechnet man unter die Zu-
fälle, bey welchen ſich die Elektricität anwenden läßt, und
beſonders im Anfange der Krankheit, wie man mir geſagt
hat, beynahe Wunder thut. Bey gichtiſchen Anfällen
an gefährlichen Theilen des Körpers ſcheint ſie weit beſſer
zu ſeyn, als irgend ein anderes Arzneymittel, da man ſie
unmittelbar an den Sitz der Krankheit bringen kann, wo
ſie ſtärker und ſchneller, als alle andere Kräfte der Arz-
neykunſt, wirket, und nach Befinden gemäßiget werden
kann. Da ſie überdieß ein Mittel iſt, deſſen Wirkung
der Kranke durch Nachdenken beurtheilen und durchs Ge-
Mediciniſche Elektricität. fühl empfinden kann, ſo ſcheint ſie mir die Aufmerkſam-
keit und fernere Unterſuchung vernünftiger Männer weit
mehr zu verdienen, als irgend eine zuſammengeſetzte Arz-
ney, in die man wenig Vertrauen ſetzt, oder ein aufge-
legtes Pflaſter, auf das man gar nicht achtet.
Der gute Erfolg der Elektricität in Linderung der
Uebel des menſchlichen Körpers wird dadurch beträchtlich
vermehrt, daß man ſie auf ſo verſchiedne Art und in ſo
verſchiednen Graden der Stärke anbringen kann, wodurch
auch ihre Wirkungen ſchneller, empfindlicher und ſtärker
werden. Die ehemals gebräuchlichen Methoden waren
der Schlag, der Funken und bisweilen, obgleich ſehr ſel-
ten, das ſimple Elektriſiren. Iezt ſind ſie mannichfalti-
ger und zahlreicher geworden. Man kann den Strom
der elektriſchen Materie ohne Schlag durch jeden Theil
des Körpers gehen laſſen; man kann ihn auch in jeden
Theil hineinbringen, oder aus jedem ausziehen, und die
Wirkung in jedem Falle wieder dadurch abändern, daß
man die Materie durch Körper gehen läßt, die ihr ſtärker
oder ſchwächer widerſtehen; man kann ihn auf die bloße
Haut gehen laſſen, oder dieſelbe mit verſchiedenen wider-
ſtehenden Subſtanzen bedecken; man kann die Kraft nach
Gefallen verdünnen oder verdichten, auf eine Stelle ein-
ſchränken, oder auf mehrere Theile des Körpers ver-
breiten.
Die hiezu nöthige Geräthſchaft iſt einfach und be-
ſteht aus folgenden Stücken.
1) Eine Elektriſirmaſchine mit einem iſolirten Küſ-
ſen, durch welche man einen ſtarken und anhaltenden
Strom von elektriſcher Materie erhalten kann.
2) Ein Stuhl mit iſolirenden Füſſen, oder vielmehr
ein Armſtuhl auf einem großen iſolirenden Geſtelle. Den
innern Theil der Rücklehne muß man niederlaſſen oder
wegnehmen können, um im erforderlichen Falle den Rü-
cken eines Kranken elektriſiren zu können: auch müſſen die
Arme des Stuhls länger als gewöhnlich ſeyn.
Funfzehntes Capitel.3) Eine leidner Flaſche mit einem Elektrometer.
4) Ein paar große Directoren uud hölzerne Spitzen.
5) Einige Glasröhren von verſchiedenen Durchmeſ-
ſern, deren einige ſich in haarröhrenförmige Spitzen en-
digen.
Hiezu kann man noch einen etwas großen allgemeinen
Auslader, ein paar kleine Directoren mit ſilbernen Drä-
then und eine iſolirende Zange ſetzen.
Fig. 93. zeigt die Directoren, deren Handgriffe
von Glas ſind. A iſt ein meſſingener Drath mit einer
Kugel am Ende. An dem einen Director iſt der Drath
gebogen, um die elektriſche Materie deſto bequemer ins
Auge u. d. gl. gehen zu laſſen. Die Kugeln kann man
von den Dräthen abſchrauben und die hölzerne Spitze B
an ihre Stelle ſetzen, oder auch das zugeſpitzte Ende des
meſſingenen Draths ſelbſt gebrauchen. Die Directoren
müſſen allezeit an dem vom Meſſinge entfernteſten Ende
des gläſernen Handgrifs gehalten werden, wobey man
Sorge tragen muß, daß das Meſſing durch die Wärme
der Hand nicht feucht werde.
Fig. 85. iſt die Flaſche zur mediciniſchen Elektrici-
tät, mit einem Elektrometer verſehen, um die Gewalt
ves Schlags einzuſchränken, und dem Operator es mög-
lich zu machen, daß er mehrere Schläge von gleicher
Stärke nach einander geben könne. C iſt ein gebogenes
Stück Glas, an deſſen obern Theil eine meſſingene Hülſe
D mit einer federnden Röhre E angeküttet iſt; der Drath
F iſt in dieſer Röhre beweglich, ſo daß man die Kugel
G in jede beliebige Entfernung von der Kugel H brin-
gen kann. Auch das Ende I des gebognen gläſernen
Stücks iſt mit einer ſedernden Röhre verſehen, die ſich
an dem mit der innern Seite verbundenen Drathe K auf
und ab ſchieben läßt.
Wenn man dieſe Flaſche gebrauchen will, ſo ſtelle
man die Kugel H in Berührung mit dem Conductor, oder
verbinde ſie mit demſelben durch einen Drath, und lade
Mediciniſche Elektricität. ſie auf die gewöhnliche Art. Wenn nun ein Drath von
der Kugel L bis an die äußere Belegung geht, ſo wird
die Flaſche entladen, ſobald nur die elektriſche Materie
Kraft genug hat, durch die Luft zwiſchen den beyden Ku-
geln G und H durchzubrechen; folglich iſt der Schlag deſto
ſtärker, je weiter dieſe beyden Kugeln von einander abſtehen.
Es fällt in die Augen, daß das Elektrometer in die-
ſer Verbindung eben ſo, wie der gewöhnliche Auslader,
wirkt, und eine Communication zwiſchen der äußern und
innern Seite der Flaſche macht; nur mit dieſem Unter-
ſchiede, daß der Abſtand von dem Ende, welches mit der
innern Seite in Verbindung ſteht, eingeſchränkt und re-
guliret werden kann. Man kann nun den Schlag durch
jeden Theil des menſchlichen Körpers gehen laſſen, wenn
man dieſen Theil mit in die zwiſchen beyden Seiten der
Flaſche gemachte Verbindung bringet. Dies kann ſehr
bequem geſchehen, wenn man ven einen Director durch
einen Drath mit dem Elektrometer, und den andern mit
der äußern Seite der Flaſche verbindet; man hält alsdann
die Directoren bey ihren gläſernen Handgriffen, und bringt
ihre Kugeln an die Enden der Theile, durch welche die
Schläge gehen ſollen.
Die Stärke des Schlags wird, wie wir bereits be-
merkt haben, vermehrt oder vermindert, wenn man den
Abſtand der beyden Kugeln G und H von einanver ver-
größert oder verringert, welches der Operator nach der
Stärke und Empfindlichkeit des Patienten abmeſſen
muß.
Die Handgriffe der Directoren, das gebogne Stück
Glas C, und die über die Belegung hervorragenden Theile
der Flaſche müſſen ſorgfältig getrocknet werden. Auch
muß man die Enden der Directoren gegen den leidenden
Theil andrücken, um den Schlag leichter durch denſelben
zu führen.
Einige haben auch die elektriſche Zange für ein ſehr
bequemes Inſtrument zu Leitung des Schlags durch ein-
Funfzehntes Capitel. zelne Theile des Körpers gehalten. Ihre Einrichtung
und ihr Gebrauch erhellet genugſam aus Fig. 86.
Auch hat man folgende Methode, die condenſirte
elektriſche Materie aus der innern Seite einer geladenen
leidner Flaſche zu ziehen, unter gewiſſen Umſtänden vor-
züglich vortheilhaft gefunden. Man verbinde einen Di-
rector durch einen Drath mit dem Knopfe einer leidner
Flaſche, lade die Flaſche entweder völlig oder zum Theil,
und halte dann die Kugel oder Spitze des Directors an
den Theil des Körpers, den man elektriſiren will, ſo wird die
in der Flaſche condenſirte elektriſche Materie in einem dich-
ten und langſamen Strome in dieſen Theil übergehen und
eine ſtechende Empſindung verurſachen, welche eine beträcht-
liche Wärme hervorbrigt. Hält man gegen das Ende
des Directors einen mit der Erde verbundenen Drath, ſo
wird der Uebergang der Materie ſchneller, und die Em-
pfindung ſtärker. Man ſieht leicht, daß in dieſem Falle
die Verbindung zwiſchen der innern und äußern Seite der
Flaſche nicht vollſtändig iſt, daher man auch keinen Schlag
fühlt. Die condenſirte Materie geht in einem dichten
langſamen Strome durch den erforderlichen Theil, indem
die äußere Seite eine hinreichende Menge elektriſcher Ma-
terie aus den umliegenden leitenden Subſtanzen an ſich
nimmt, um das Gleichgewicht wieder herzuſtellen.
Um einen Strom von elektriſcher Materie durch
einen Theil des menſchlichen Körpers hindurchgehen zu
laſſen, verbinde man den einen Director durch einen
Drath mit dem poſitiven, den andern mit dem negativen
Conductor oder mit einem iſolirten Küſſen, ſtelle die En-
den der Directoren an die Enden des leidenden Theils,
und drehe die Maſchine, ſo wird die elektriſche Materie
aus dem einen Director in den andern durch den gedach-
ten Theil überſtrömen.
Um den Strom der elektriſchen Materie auf einen
Theil des Körpers zu leiten, verbinde man den Director
Mediciniſche Elektricität. mit dem poſitiven Conductor, drehe die Maſchine und
halte das meſſingene Ende des Directors gegen den Kör-
per des Kranken, ſo wird die Materie aus der Kugel in
den Körper übergehen. Oder man iſolire den Kranken,
und ziehe die ihm mitgetheilte Elektricität vermittelſt der
Directoren aus ſeinem Körper. In dieſem Falle muß
ein Drath von dem meſſingenen Theile des Directors auf
die Erde oder in die Hand des Operators gehen. In
beyden Fällen kann man die Menge und Wirkungsart
der Materie verändern, wenn man ſie durch meſſingene
oder hölzerne Kugeln oder Spitzen gehen läßt, oder die
Haut mit Flanell bedeckt; in allen Fällen, in welchen
ſonſt die Friction angerathen wird, kann man ſehr wahr-
ſcheinlich vermuthen, daß die Bedeckung des leidenden
Theils mit Flanell, und das Reiben deſſelben mit der Ku-
gel eines mit der Elektriſirmaſchine verbundenen Dire-
ctors, eine vortrefliche Wirkung thun werde. Der Wi-
derſtand, den die Bewegung der Materie leidet, läßt
ſich verſchiedentlich abändern, wenn man eine dickere Be-
deckung wählt, oder ſtatt des Flanells eine andere Sub-
ſtanz nimmt, durch welche die Materie durchgehen muß.
Einige beſondere Wirkungen finden ſtatt; wenn
man den unterbrochenen Funken gebraucht, d. i. wenn
man den Funken aus einem zweyten Condunctor
nimmt, der innerhalb der Schlagweite des erſten Condu-
ctors ſteht. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß in dieſem
Falle die Verdichtung und Ausdehnung des Funkens weit
heftiger ſey, als wenn er bloß aus dem erſten Conductor
allein gezogen wird. Wenn ein unterbrochner Funken
erforderlich iſt, ſo wird der Director mit dem zweyten
Conductor verbunden, und dann, wie gewöhnlich, ge-
braucht.
Fig. 87. zeigt einen etwas großen allgemeinen Aus-
lader, mit einem zwiſchen den beyden Säulen veſſelben
ſitzenden Kranken; wobey die eine Kugel bey A, die an-
dere bey B ſtehet. Wie bequem dieſer Apparatus ſey, fällt
Funfzehntes Capitel. bey Betrachtung der Figur in die Augen; denn da die
Gelenke ſowohl eine horizontale als eine verticale Bewe-
gung zulaſſen, und die Dräthe durch zwo federnde Hülſen
durchgehen, ſo können dieſe letztern in jede Richtung, und
die Kugeln in jede beliebige Stellung gebracht werden.
Wenn man daher den einen Drath mit einem poſiti-
den, den andern mit einem negativen Conductor, oder
auch den einen mit dem Boden einer leidner Flaſche,
und den andern mit dem Elektrometer verbindet, ſo
kann der Schlag oder Strom mit der größten Leich-
tigkeit auf jeden Theil geführt werden. Man ſieht
auch leicht, daß ein jeder vermittelſt der zwey Gelen-
ke dieſes höchſt einfachen Apparatus ſehr leicht ſich ſelbſt
oder einen Kranken, ohne Beyhülfe einer andern Perſon
elektriſiren kann; er kann nämlich mit einer Hand die
Maſchine drehen, indem er vermittelſt dieſes allgemeinen
Ausladers den Strom oder Schlag der elektriſchen Ma-
terie erhält. Man kann eben dieſes leicht auch ſo bewir-
ken, daß man an den einen Conductor einen Drath befe-
ſtiget, und das andere Ende deſſelben an das Ende des
Theils, durch welchen man den Schlag oder den Strom
führen will, anſtecket; dann aber einen Director mit dem
andern Conductor verbindet, und ihn an das andere Ende
dieſes Theils hält. Kommen etwa dabey die Dräthe mit
dem Tiſche in Berührung, ſo darf man nur eine kleine
Glasröhre darüber ſtecken, welche die Zerſtreuung der
elektriſchen Materie verhindern wird.
L und M, Fig. 84, ſind Glasröhren, durch welche
dünne Dräthe gehen, um die elektriſche Materie in das
Ohr oder den Schlund zu führen.
Fig. 88. zeigt eine andere etwas größere Glasröhre,
welche am Ende in eine Haarröhre ausläuft; darein wird
etwas weniges Roſenwaſſer oder eine andere flüßige Ma-
terie gegoſſen, hierauf die Röhre durch einen Drath mit
dem erſten Conductor verbunden und und der Cylinder
gedreht, ſo kann man einen zertheilten, ſanften und er-
Mediciniſche Elektricität. friſchenden Strom von dieſer flüßigen Materie auf den
leidenden Theil führen.
In allen Fällen iſt es ſehr rathſam, mit den gelin-
deſten Operationen anzufangen, und ſie nur nach und
nach ſo zu verſtärken, wie es die Stärke und Conſtitution
des Patienten, oder die Natur der Krankheit erfordert.
Zuerſt kann man das Ausſtrömen aus einer hölzernen
Spitze, einer hölzernen Kugel, oder aus einer meſſinge-
nen Spitze gebrauchen, dann, wofern es nöthig iſt, Fun-
ken ziehen, oder ſchwache Schläge geben.
Bey rhevmatiſchen Zufällen wird insgemein die elek-
triſche Friction gebraucht. Bleiben die Schmerzen auf
einer Stelle, ſo kann man auch ſchwache Schläge geben.
Zur Linderung der Zahnſchmerzen kann man ſehr ſchwa-
che Schläge durch den Zahn gehen laſſen; oder den lei-
denden Theil mit Flanell bedecken, und mit einem mit
der Maſchine verbundenen Director reiben.
Bey Augenentzündungen und andern Augenkrank-
heiten muß man die elektriſche Materie aus einer hölzer-
nen Spitze ſtrömen laſſen: dies erregt eine Empfindung,
die dem Gefühl eines ſanften kühlenden Windes ähnlich
iſt, erzeugt aber auch zugleich eine gelinde Wärme in dem
leidenden Theile.
Bey Lähmungen wird die elektriſche Friction nebſt
ſchwachen Schlägen gebraucht. Man muß auch allezeit
Ströme von elektriſcher Materie durch den kranken Theil
gehen laſſen.
Die einzige Abhandlung, die wir noch bisher von
einem Arzte über die mediciniſche Elektricität erhalten ha-
ben, iſt eine kleine Schrift des Herrn Birch unter dem
Titul: Betrachtungen über die Wirkſamkeit der Elektri-
cität bey Verſtopfungen der monatlichen Reinigung. Jch
habe dieſem würdigen Manne viele wichtige Beobachtun-
gen und praktiſche Bemerkungen über verſchiedene zur
Elektricität gehörige Gegenſtände zu danken. Wären
auch die Vortheile der Elektricität bloß auf dieſe einzige
Sechszehntes Capitel. Krankheit (bey welcher man ſie für ein ſpecifiſches Mittel
rechnen kann) eingeſchränkt, ſo würde ſie doch ſchon deswe-
gen allein die Aufmerkſamkeit der praktiſchen Aerzte ver-
dienen; wir haben aber ſehr viel Urſache, noch weit mehr
von ihr zu erwarten, da jezt die Vorurtheile der Aerzte
ausgerottet ſcheinen, und der Gebrauch der Elektricität
ſich täglich mehr und mehr ausbreitet.
Sechszehntes Capitel.
Vermiſchte Verſuche und Beobachtungen.
Die Streitigkeit über die Vorzüge der zugeſpitzten
Blitzableiter vor den ſtumpfgeendeten gab die Ver-
anlaſſung zu einem elektriſchen Apparatus, der an Pracht
alle vorher bekannten überttaf. Auf Koſten der Admira-
lität ward unter der Direction des Herrn Wilſon ein
Conductor von ungeheurer Groöße errichtet und im Pan-
theon aufgehangen. Er beſtand aus einer großen Anzahl
Trommeln, welche mit Stanniol überzogen waren, und
einen ohngefähr 155 Schuh langen und mehr als 16 Zoll
im Durchmeſſer haltenden Cylinder ausmachten; dieſem
großen Cylinder wurden gelegentlich noch 4800 Yards
Drath beygefügt. Der elektriſche Strom aus dieſer
Maſchine zündete Schießpulver ſelbſt unter den ungünſtig-
ſten Umſtänden, nämlich wenn er aus einer ſcharfen Spi-
tze gezogen ward. Es geſchahe dies aber auf folgende
Art. Eine meſſingene Säule ward auf einem hölzernen
Fußbrete befeſtiget, und endigte ſich oben in eine eiſerne
Spitze; dieſe Spitze ward in das Ende einer kleinen pa-
piernen Rolle geſteckt, welche ohngefähr die Form einer
Patrone, \nicefrac {2}{10} Zoll Durchmeſſer und 1¼ Zoll Länge hatte,
und mit gemeinen Schießpulver gefüllt war: an den un-
tern Theil der meſſingenen Stange ward ein mit der Erde
verbundener Drath gehangen. Die Ladung des großen
Vermiſchte Verſuche. Cylinders ward durch beſtändiges Umdrehen des Rades
unterhalten, und der obere Theil der Patrone dem Stan-
niol genähert, ſo daß er denſelben oft berührte. Hiebey
ſahe man oft einen ſchwachen leuchtenden Strom zwiſchen
dem obern Theile der Patrone und dem Metalle. Bis-
weilen entzündete dieſer Strom das Schießpulver im er-
ſten Augenblicke, zu andern Zeiten aber währte es auch
wohl eine halbe Minute oder drüber, ehe dieſe Wirkung
erfolgte. Dieſen Unterſchied in der Zeit ſchrieb man eini-
ger im Papiere oder im Pulver enthaltenen Feuchtig-
keit zu.
Sonſt kann man das Schießpulver auch durch einen
Strom aus einer großen leidner Flaſche auf folgende Art
entzünden.
205. Verſuch.
Man befeſtige eine kleine Patrone an eine metallene
Spitze, welche einen hölzernen oder gläſernen Handgrif
hac, verbinde die Spitze mit dem Boden, halte hierauf
die Patrone an den Knopf der Flaſche, ſo wird ſich das
Schießpulver durch den Uebergang des elektriſchen Stroms
in die Patrone entzünden. Man kann auch Zunder oder
Schwamm in einer metallenen Schale anzünden, wenn
man den Strom aus der innern Seite der Flaſche, wie
im vorigen Verſuche, durch denſelben gehen läßt, ohne
die Verbindung vollſtändig zu machen.
Da man alſo ſieht, daß die elektriſche Materie die
Körper entzündet, wenn ſie ſich entweder mit großer
Geſchwindigkeit oder in großer Menge durch dieſelben be-
weget, ſo kann man ſchwerlich daran zweiflen, daß dieſe
Materie mit dem Elemente des Feuers einerley ſey.
206. Verſuch.
Um die kleine elektriſche Canone abzufeuern, lade
man dieſelbe auf die gewöhnliche Art mit Schießpulver,
Sechszehntes Capitel. ſchütte Pulver auf das elfenbeinerne Zündloch, ſtampfe
daſſelbe wohl hinunter, und ſtecke die meſſingene Nadel
hinein, ſo daß ihr Ende nahe an den Boden der Höhlung
kömmt. Man mache nun eine Verbindung zwiſchen der
äußern Seite einer geladenen Flaſche oder Batterie und
dem Körper der Canone, indem man das eine Ende des
Ausladers an die Nadel, welche in das Zündloch hinein-
geht, das andere Ende aber an den Knopf der Flaſche ſetzt,
ſo wird der Schlag das Pulver entzünden.
207. Verſuch.
Fig. 89. zeigt eine perſpectiviſche Abbildung des
Pulverhauſes, wobey die dem Auge zugekehrte Seiten-
wand weggelaſſen iſt, damit man das Innere beſſer ſehen
könne. Die Vorderſeite dieſes Modells wird ſo, wie
beym Donnerhauſe aufgeſtellt, und eben ſo gebraucht; die
Seitenwände, die Vor, und Rückwand ſind durch Ha-
cken mit dem Boden verbunden; das Dach iſt in zwey
Theile getheilet, welche ebenfalls mit Hacken an die Sei-
tenwände befeſtiget ſind; das Gauze wird durch einen
Riegel am Dache zuſammen gehalten; wenn das Dach
herabgeworfen wird, ſo fällt es nebſt allen Wänden zu-
ſammen. Um dieſes Modell zu gebrauchen, fülle man
die kleine Rohre a mit Schießpulver, und ſtecke den Drath
c etwas feſt hinein, verbinde den Hacken e mit dem Bo-
den einer großen Flaſche oder einer Batterie, und mache,
wenn dieſe geladen iſt, eine Verbindung zwiſchen dem
Hacken d und dem Knopfe der Flaſche, ſo wird der
Schlag das Pulver entzünden, die Exploſion deſſelben
wird das Dach abwerfen, und die Seitenwände, Vor-
und Rückwand werden zuſammenfallen.
Fig. 90. iſt eine hölzerne Pyramide, welche zu den
Verſuchen mit dem Donnerhauſe beſtimmt iſt, und auf
ebendieſelbe Art gebraucht wird. Wenn durch die Ent-
ladung das Stück a heraus geſchlagen wird, ſo fällt der
obere Theil der Pyramide herab.
Vermiſchte Verſuche.208. Verſuch.
Man befeſtige den Löffel I, Fig. 33. in die Höh-
lung am Ende des Conductors, lege ein kleines Stück
Campher in denſelben, zünde es an, und drehe das Rad
der Maſchine, ſo wird der Campher eine Menge kleine
Zweige ausſenden, und eine Art von unvollkommener
Vegetation darſtellen.
209. Verſuch.
Man wickle etwas lockere Baumwolle, welche man
vorher in fein geſtoßenem Colophonium herumgerollet hat,
um eine von den Kugeln eines Ausladers, halte das an-
dere Ende deſſelben an die äußere Belegung einer gelade-
nen Flaſche, und bringe die umwickelte Kugel gegen den
Knopf der Flaſche, ſo wird ſich das Colophonium durch
die Entladung entzünden, und die Baumwolle anbrennen.
Fig. 91. zeigt die von Herrn Volta erfundene Lam-
pe mit entzündbarer Luſt. A iſt eine gläſerne Kugel zur
entzündbaren Luft, B ein gläſernes Becken oder Behält-
niß, um Waſſer hineinzugießen; D cin Hahn, um erfor-
derlichen Falls eine Communication zwiſchen dem Waſſer-
behältniß B und dem Luftbehältniß A zu eröfnen; das
Waſſer geht in das letztere durch die metallene Röhre gg,
welche an den obern Theil des Behältniſſes A befeſtiget
iſt; s iſt ein kleiner Hahn, um die Communication zwi-
ſchen der Luft in der Kugel und dem Sprungrohre K zu
verſchließen oder zu eröfnen. N iſt eine kleine Spitze,
worauf man ein Stück Wachslicht ſetzen kann; L eine
meſſingene Säule, oben mit einer meſſingenen Kugel ver-
ſehen; a eine Glasſäule, oben mit einer Hülſe, in welcher
ſich der Drath b hin und her ſchieben läßt, ans Ende die-
ſes Draths läßt ſich eine Kugel anſchrauben. F iſt del
Hahn, durch welchen die Kugel A mit entzündbarer Luft
gefüllt werden kann, und welcher hernach dienet, um die
Luſt, und das Waſſer, welches aus dem Baſſin B in die
Kugel A fällt, zu verſchließen.
Sechszehntes Capitel.Um dieſes Inſtrument zu gebrauchen, fülle man
das Behältniß A mit reiner entzündbarer Luft, und das
Baſſin B mit Waſſer, und drehe die Hähne D und s auf,
ſo wird das aus B herabfallende Waſſer entzündbare Luft
aus A heraus, und durch die Sprungröhre K in die Luft
treiben. Läßt man einen elektriſchen Funken aus der
meſſingenen Kugel m in die Kugel n gehen, ſo wird der
brennbare Luftſtral, der aus der Röhre K hervorgeht, ent-
zündet. Um die Lampe auszulöſchen, verſchließe man
zuerſt den Hahn s, und dann den Hahn D.
Um das Behältniß A mit brennbarer Luft zu
füllen, welche auf die gewöhnliche Art und mit dem
gewöhnlichen Apparatus zubereitet wird, fülle man
vorläufig A mit Waſſer, ſtelle den Fuß R unter Waſ-
ſer auf ein Bret in einer großen mit Waſſer gefüll-
ten Wanne, damit die gebogne Glasröhre, durch wel-
che die brennbare Luft geht, bequem unter den Fuß der
Lampe gebracht werden könne. Wenn die Luft faſt alles
Waſſer ausgetrieben hat, drehe man den Hahn F zu, ſo
iſt der Apparatus zum Gebrauch fertig. Man kann die-
ſes Inſtrument auch ſehr bequem gebrauchen, um eine
Quantität brennbare Luft zu gelegentlichen Verſuchen,
z. B. zu Ladung der elektriſchen Piſtole 2c. leicht aufzube,
wahren. Auch iſt es bequem ein Licht zum gemeinen Ge-
brauche daran anzuzünden, da der geringſte Funken aus
einem Elektrophor, oder einer kleinen Flaſche ſchon hinrei-
chend iſt, die brennbare Luft zu entzünden.
Man kann auch nach Gelegenheit eine kleine Batte-
rie von Piſtolen mit brennbarer Luft machen, wodurch
man ſich viel Vergnügen verſchaffen kann, da man ent-
weder eine Piſtole nach der andern, oder alle zuſammen,
nach Gefallen abfeuern kann.
Folgenden Verſuch hat Herr Kinnersley mit ſei-
nem elektriſchen Luftthermometer angeſtellt, welches wir
oben im zweyten Capitel S. 26 beſchrieben haben.
Vermiſchte Verſuche.210. Verſuch.
Er hatte in die weite Röhre ſeines Luftthermome-
ters etwas gefärbtes Waſſer gegoſſen, ſtellte die beyden in
der Röhre befindlichen Dräthe mit einander in Berüh-
rung und ließ eine ſtarke elektriſche Ladung von ohngefähr
30 Quadratfuß belegter Fläche hindurchgehen, welche
aber keine Ausdehnung der Luft hervorbrachte, und alſo
zeigte, daß die Dräthe bey dem Durchgange der elektri-
ſchen Materie nicht erhitzt wurden. Standen aber die
Dräthe etwa zween Zoll weit von einander, ſo ward die
Luft durch die Entladung einer Drey-Pinten-Flaſche
merklich verdünnet und ausgedehnet. Der Schlag aus
einer Flaſche, welche ohngefähr 5½ Gallons enthielt, ver-
anlaſſete eine ſehr beträchtliche Ausdehnung der Luft; und
der aus einer Batterie von 30 Quadratſchuh belegter
Glasfläche würde das Waſſer in der kleinen Röhre bis
ganz an die Spitze hinauf treiben. Wenn die Luft ſich
nicht weiter ausdehnet, ſo bleibt die Waſſerſäule einen
Augenblick ſtehen, bis ſie mit der verdünnten Luft im
Gleichgewicht iſt; alsdann fällt ſie wieder nach und nach
bis an ihren vorigen Ort, indem ſich die Luft abkühlet.
Wenn man genau bemerkt, in welcher Höhe das Waſſer
zuerſt ſtehen bleibt, ſo kann man den Grad der Verdün-
nung leicht beſtimmen.
211. Verſuch.
Man nehme eine Glasröhre, etwa 4 Zoll lang und
¼ Zoll im Durchmeſſer, welche an beyden Enden offen iſt;
befeuchte ihre innern Wände mit zerfloſſenem Weinſteinöl
(Oleum Tartari per deliquium), ſtecke zwey Stücke
Kork in die Enden der Röhre, und durch jedes einen
Drath, ſo daß die Enden der Dräthe innerhalb der Röhre
ohngefähr ¾; Zoll aus einander kommen. Den einen
Drath verbinde man mit der äußern Belegung einer gela-
denen Flaſche, und den andern mit dem Knopfe derſelben,
ſo daß die Entladung der Flaſche durch die Röhre geht;
Sechszehntes Capitel. man wiederhole dieſes einigemahl, ſo wird das Wein-
ſteinöl ſehr oft deutliche Merkmale einer Cryſtalliſation
zeigen.
212. Verſuch.
Man lade eine leidner Flaſche (deren Knopf in die
Flaſche eingeküttet iſt), ſtelle ſie auf ein iſolirendes Sta-
tiv, hebe ſie beym Knopfe auf, und halte die äußere Be-
legung gegen die condenſirende Kugel eines erſten Leiters,
indem die Maſchine gedrehet wird, ſo wird ein langer
Stralenbüſchel und Funken zwiſchen der Belegung der
Flaſche und der Kugel des erſten Leitcrs entſtehen, deſſen
Länge 4 – 12 Zoll und drüber betragen wird.
213. Verſuch.
Man nehme etwas geſtoßenen Cantonſchen Phoſpho-
rus, und ſtreiche ihn, mit etwas Weingeiſt vermiſcht, über
die ganze innere Seite einer reinen gläſernen Phiole, ver-
ſtopfe dieſelbe, und entferne ſie vom Lichte. Wenn man
einige ſtarke Funken aus einem Conductor zieht, und die
Phiole 2 – 3 Zoll von dieſen Funken abhält, daß das
Licht der Funken auf ſie fallen kann, ſo wird die Phiole
leuchten, und dies eine lange Zeit fortſetzen.
214. Verſuch.
Man entlade eine Flaſche über ein dünnes Stückgen
Holz, welches die Geſtalt eines halben Monds hat, und
mit dem gedachten Phoſphorus beſtrichen iſt, ſo wird der
halbe Mond im Finſtern leuchten.
Man lege einen kleinen Schlüſſel auf den Phoſpho-
rus, entlade eine leidner Flaſche über denſelben, und neh-
me den Schlüſſel herab, ſo wird ſich im Finſtern die
Form des Schlüſſels mit allen ſeinen Theilen vollkommen
deutlich zeigen.
Da die Verſuche mit dem Phoſphorus nicht allein
an ſich ſehr merkwürdig ſind, ſondern auch mit der Natur
der Elektricität in der genauſten Verbindung zu ſtehen
Vermiſchte Verſuche. ſcheinen, ſo hoffe ich mich nicht allzuweit von dem Gegen-
ſtande dieſes Werks zu entfernen, wenn ich noch einige
von Herrn Wilſon hierüber angeſtellte Verſuche anfüh-
re; und dies um deſto mehr, da die Hervorbringung der
prismatiſchen Farben keinesweges ſchwer iſt, und nichts
weiter, als einige Auſterſchalen und ein ſtarkes Feuer er-
fordert. Denn wenn dieſe Schalen nur ganz nachläßig
mitten ins Feuer geworfen, und die gehörige Zeit über
darinn gelaſſen werden (welche Zeit von 10 Min, einer
bis 2 oder 3 Viertelſtunden, bis 1, 2, 3 Stunden
geht, je nachdem die Schalen ſtärker und dichter ſind,
und der Grad des Feuers größer oder getinger iſt), ſo
zeigen ſie ſehr lebhafte prismatiſche Farben, wenn män
ſie aus der Sonne plötzlich ins Dunkle bringt, und die
Augen vorher ein wenig vorbereitet ſind. Herr Wilſon
erregte das Licht dieſer Schalen durch die Elektricität auf
folgende Art.
215. Verſuch.
Er ſtellte eine präparirte Auſterſchale, welche die
prismatiſchen Farben ſehr lebhaft zeigte, auf ein metalle-
nes, oben abgerundetes Stativ, welches ohngefähr einen
halben Zoll im Durchmeſſer hatte; an die Oberfläche die-
ſer Schale, und nahe an das Mittel, wo die farbenerre-
genden Theile am häufigſten beyſammen waren, brachte
er das Ende eines metallenen Stabs, und verband hier-
auf beyde Metalle gehörig mit den Belegungen einer ge-
ladenen Flaſche, als ob er dieſelbe entladen wollte. Doch
ließ er in dieſer Verbindung mit Vorſatz eine Lücke von
etwa drey Zollen zunächſt an der einen Seite des Glaſes;
die Entladung erfolgte, ſobald er dieſe Lücke mit Metall
ausfüllte. Im Augenblicke der Entladung ſelbſt fieng
die Schale an mit der größten Schönheit zu leuchten, ſo
daß alle Farben vollkommen deutlich erſchienen, und jede
nach der verſchiedenen Lage der farben-erregenden Theile
an ihrer gehörigen Stelle ſtand. Dieſe Farben blieben
Sechszehntes Capitel. einige Minuten lang ſichtbar, und wenn ſie verſchwanden,
ſo trat ein weißliches und ins purpurrothe fallendes Licht
an ihre Stelle, welches eine lange Zeit anhielt. Und wenn
gleich der Verſuch mit ebenderſelben oder andern Schalen
einigemahl wiederholet wurde, ſo blieben doch die Farben
an ihren gehörigen Stellen, und behielten faſt ebendenſel-
ben Grad des Glanzes; nur wurden bisweilen in der Ge-
gend, wodurch der Schlag gieng, einige Schuppen abge-
ſchlagen.
216. Verſuch.
Körper von einerley Art, aber von verſchiedenen
Groößen und Maſſen, werden mit elektriſcher Materie bloß
in Proportion ihrer Oberfläche geladen, ohne daß die
Größe der Maſſe in dieſem Falle einigen Einfluß oder
Mitwirkung zeigt.
Die Naturforſcher ſind zwar hierüber ſehr verſchie-
dener Meinung geweſen; aber folgender Verſuch, den ich
mit Herrn Achard’s eignen Worten vortragen will,
ſcheint die Frage völlig zu entſcheiden.
Jch elektriſirte, ſagt er, einen hohlen cylindriſchen
meſſingenen Conductor, der 7 Zoll lang war, und 1½ Zoll
im Durchmeſſer hatte. Als er 40 Grad Elektricität er-
halten hatte, zog ich einen Funken aus ihm, mit einem
ebenfalls 7 Zoll langen und 1½ Zoll im Durchmeſſer hal-
tenden hohlen meſſingenen Conductor, welcher acht Unzen
wog, und ſorgfältig iſolirt war. Der erſte Conductor
verlor dadurch 15 Grad Elektricität. Jch wiederholte
den Verſuch, da der Conductor 30 Grad Elektricität hat-
te, und hiebey verlor er 10 Grad. Endlich, wenn er
nur 20 Grad hatte, verlor er durch eine augenblickliche
Berührung mit eben demſelben Cylinder nur 7 Grad.
Jch füllte nunmehr dieſen Cylinder mit Bley aus, wo-
durch er um 5 Pfund ſchwerer ward, und alſo eben ſoviel
Maſſe mehr erhielt, wiederholte eben dieſelben Verſuche,
und erhielt noch immer eben dieſelben Reſultate.
Vermiſchte Verſuche.Es folgen hierauf noch andere Verſuche, welche
Herrn Achard’s Meynung noch mehr beſtätigen.
Dieſe Verſuche zeigen, 1) daß Körper von gleichen
Oberflächen, aber verſchiedenen Maſſen, unter gleichen
Umſtänden mit gleichen Mengen von elektriſcher Ma-
terie geladen werden; 2) daß Körper von gleichen
Maſſen, aber verſchiedenen Oberflächen, unter übrigens
gleichen Umſtänden mit ungleichen Mengen von elektri-
ſcher Materie geladen werden, und daß der Körper von
größerer Oberfläche ſtärker geladen wird, als der von ge-
ringerer Oberfläche. Daher erhalten die Körper mehr
oder weniger Elektricität, nicht in Proportion ihrer Maſ-
ſen, ſondern in Proportion ihrer Oberflächen.
Noch ehe dieſe Verſuche angeſtellt wurden, hatte
man bemerkt, daß die ungemeine Feinheit und die in den
meiſten Fällen ſtatt findende Unſichtbarkeit der elektriſchen
Materie, alle Beobachtungen und Muthmaßungen über
ihre Geſchwindigkeit unmöglich mache. Inzwiſchen iſt
es doch unglaublich, daß dieſe Materie durch die wirkli-
che Subſtanz metalliſcher Körper durchgehen, und doch
durch ihre feſten Theile nicht aufgehalten werden ſollte.
In ſolchen Fällen, wo die feſten Theile der Metalle wirk-
lich und augenſcheinlich durchdrungen werden, z. B. wenn
der elektriſche Schlag durch Drath geht, ſieht man den
Widerſtand deutlich, denn die Theile des Draths werden
mit Gewalt nach allen Richtungen aus einander geworfen
und zerſtreuet.
Eben dies geſchahe bey den Ringen, welche D.
Ptieſtley auf glatte Stücken Metall ſchlug. Es ward
ein Theil des Metalls zerſtreut und heraus geworfen, denn
die cirkelrunden Flecke beſtanden aus lauter kleinen Lö-
chern. Wenn daher die elektriſche Materie durch die
Subſtanz der Meralle, und nicht über ihre Oberfläche
gienge, ſo müſſe augenſcheinlich ein Drath, deſſen Durch-
meſſer einem ſolchen cirkelrunden Flecke gleich wäre, durch
eine Exploſion von gleicher Stärke ebenfalls zerſchmettert
Sechszehntes Capitel. werden; da doch ein Drath, deſſen Durchmeſſer dem
Durchmeſſer eines ſolchen runden Fleckens gleich iſt, einen
weit ſtärkern Schlag, als irgend eine bis hieher verfertigte
Batterie zu geben im Stande iſt, ohne die geringſte Be-
ſchädigung fortleitet. Es iſt daher ſehr wahrſcheinlich,
daß, obgleich ſtarke elektriſche Schläge, welche überhaupt
wie Feuer wirken, in die Subſtanz der Metalle eindrin-
gen und dieſelbe verzehren, dennoch die Elektricität ſich
über die Oberfläche der Metalle verbreite, und nicht eher
in die Subſtanz derſelben eindringe, als bis ſie gezwun-
gen wird, ſich in einen engen Raum zuſammen zu drän-
gen, wobey ſie alsdann, wie Feuer, wirkt.
In vielen Fällen wird die Elektricität durch Metalle,
welche faſt auf bloße Oberfläche reducirt ſind, ſehr wohl
geleitet. Ein weißes Papier, da es ein elektriſcher Kör-
per iſt, leitet keinen Schlag, ohne dadurch zerriſſen zu
werden; aber eine mit Bleyſtift darauf gezogne Linie lei-
tet unbeſchädigt die Ladung mehrerer Flaſchen. Unmög-
lich können wir hiebey annehmen, daß die elektriſche Ma-
terie durch die Subſtanz des Bleyſtiftſtrichs gehe; ſie
muß über die Oberfläche deſſelben fließen. Und, wenn
wir einige Eigenſchaften der Metalle in Betrachtung zie-
hen, ſo finden wir große Urſache anzunehmen, daß ihre
leitende Kraft in ihrer Oberfläche liege.
Fig. 92. zeigt eine kleine Glasröhre, an einem En-
de mit Kork verſtopft; K iſt ein Drath, der durch einen
andern Kork geht, welcher in das andere Ende der Röhre
befeſtiget iſt. Am obern Ende des Draths befindet ſich
eine meſſingene Kugel, das innerhalb der Röhre befind-
liche Ende iſt unter einem rechten Winkel umgebogen.
217. Verſuch.
Man nehme den obern Kork mit dem Drathe her-
aus, gieße etwas Oel in die Röhre, paſſe den Kork wie-
der ein, und ſtoße den Drath hinab, bis das Ende an oder
lieber etwas unter der Oberfläche des Oels ſteht. Wenn
Vermiſchte Verſuche. man nun die Kugel gegen den erſten Leiter einer Maſchine
hält, und den Finger oder einen andern leitenden Körper
dem gebognen Ende des Draths gegen über bringt, ſo
wird ein Funken aus dem Leiter der Maſchine in die meſ-
ſingene Kugel, ein anderer aber zugleich aus dem Ende
des Draths hervorgehen und das Glas durchbohren, wo-
bey das Oel auf eine beſondere Art bewegt wird.
Dieſer Verſuch gewinnt ein weit ſchöneres Anſehen,
wenn er im Dunkeln angeſtellt wird. Wenn das erſte
Loch ins Glas geſchlagen iſt, drehe man das Ende des
Draths in die Runde gegen eine andere Stelle der Glas-
röhre, ſo wird auf eben dieſe Art ein zweytes Loch geſchla-
gen. Dieſen Verſuch habe ich dem Herrn Morgan
von Norwich zu danken, der denſelben noch weiter getrie-
ben, kleine Flaſchen mit Kütt ausgefüllet, und dann auf
ähnliche Art den Schlag durch dieſelben geführt hat.
Man kann die Glasröhre auch durchlöchern, wenn ſich
gleich nur Waſſer anſtatt des Oels in derſelben befindet.
Herr Cullen hat durch den Schlag in Röhren mit
Oel ſehr beträchtliche Wirkungen hervorgebracht. Der
Funken ſcheint im Oele groößer, als wenn er durch Waſſer
geht.
Herr de Villette füllte einen metallenen Teller mit
Oel, elektriſirte denſelben und tauchte eine Nadel ins Oel.
Er erhielt einen ſehr ſtarken Funken, ſobald die Spitze der
Nadel dem Teller nahe kam. Er ließ eine kleine Korkku-
gel auf dem Oele ſchwimmen; als er derſelben das dicke
Ende eines Stengels von Lindenholz näherte, ſenkte ſie ſich
zu Boden, ſtieg aber ſogleich wieder in die Höhe.
Mit dem Verſuche des Herrn Morgan haben ei-
nige Beobachtungen des D. Prieſtley Aehnlichkeit.
Wenn dieſer die zerbrochenen Stellen einer Flaſche mit
Kütt oder Firniß überzog, ſo fand er beſtändig, daß ſie
allezeit an der Stelle wieder zerbrach, wo der Kütt auf-
hörte; hier ward das Glas von neuem durchlöchert, ſo
daß der Bruch keine Verbindung mit dem vorigen hatte.
Sechszehntes Capitel. Die Flaſche zerbrach allezeit bey der erſten Ladung, gemei-
niglich noch ehe ſie ihre halbe Ladung erhalten hatte. D.
Prieſtley, welchem dieſes Phänomen auſfiel, machte den
Verſuch mit einer Flaſche, welche nicht zerbrochen war,
und von deren Stärke er ſich im voraus durch verſchiedene
Entladungen verſichert hatte: er nahm etwas von ihrer
äußern Belegung hinweg, legte einen Fleck Kütt, etwa
von einem Zolle im Durchmeſſer, darauf, zog die Bele-
gung wieder darüber, und lud die Flaſche; aber, ehe ſie
noch ihre halbe Ladung erhalten hatte, zerbrach ſie durch
eine freywillige Entladung, zwat nicht am Ende, ſondern
in der Mitte des Küttflecks, wo das Glas am dünnſten
war. Er bedeckte eine andere Flaſche ganz mit Kütt,
und dieſe zerbrach nahe am Boden, wo das Glas gemei-
niglich am dickſten iſt. Eine von innen und außen ganz
mit Kütt überzogene und dann mit Stanniol belegte Fla-
ſche zerbrach bey dem erſten Verſuche, ſie zu laden.
218. Verſuch.
Das Zaubergemälde (magiſche Gemälde) be-
ſteht aus einer belegten Glastafel, dergleichen zu dem leid-
ner Verſuche gebraucht werden; über die Belegung der
einen Seite wird ein Gemälde, und über die andere Seite
ein weißes Papier geklebt, ſo daß es das ganze Glas be-
deckt; dieſes wird in einen Rahmen gefaſſet, mit aus.
wärts gekehrtem Gemälde, und eine Verbindung zwiſchen
dem Stanniol der hintern Seite und der untern Leiſte des
Rahmens gemacht, auch wird dieſe Leiſte mit Stanniol
überzogen.
Man lege dieſes Gemälde mit aufwärts gekehrtem
Bilde auf den Tifch, und ein Stück Geld darauf, laſſe
von dem Conductor einer Maſchine eine Kette darauf her-
abfallen, und drehe den Cylinder, ſo wird die Glasplatte
bald geladen ſeyn. Nun hebe man das Gemälde bey der
obern Leiſte auf, und laſſe eine andere Perſon die untere
Leiſte berühren, und zugleich verſuchen, das Geldſtück
Vermiſchte Verſuche. wegzunehmen, ſo wird dieſelbe einen Schlag erhalten,
und gemeiniglich ihre Abſicht verfehlen.
219. Verſuch.
Man ſchütte etwas Meſſingſpäne in eine belegte
Flaſche, lade dieſelbe, kehre ſie um, und laſſe etwas von
den Spänen heraus fallen, ſo werden ſich dieſelben über
jede untergelegte glatte Fläche ganz gleichförmig verbrei-
ten, und gerade ſo, wie Regen oder Schnee niederfallen.
Sollte man nicht die Frage aufwerfen können, ob nicht
das Waſſer, wenn es aus den höchſten Gegenden der mit
Wolken beladenen Atmoſphäre herabfällt, in weit größern
Tropfen, oder wohl gar in ganzen Strömen auf die Erde
kommen würde, wenn nicht das Zuſammenfließen der
Tropfen durch ihre elektriſchen Atmoſphären verhindert
würde?
220. Verſuch.
Man ſtelle ein rauchendes Wachslicht auf den erſten
Leiter, und drehe die Maſchine, ſo wird ſich der Rauch in
ein engeres Volumen zuſammen ziehen, und ſeine aufſtei-
gende Bewegung wird beſchleuniget werden. Man nehme
die Elektricität aus dem Conductor durch einen Funken
hinweg, hänge ein paar Korkkugeln über denſelben, die etwa
5 Schuh weit von ihm abſtehen, und drehe die Maſchine
von neuem, ſo werden die Kugeln in wenigen Sekunden
auf einen halben Zoll weit aus einander gehen; nimmt
man aber das Wachslicht hinweg, ſo gehen die Kugeln
nicht aus einander.
Dieſer Verſuch beweiſet alſo deutlich, daß der Rauch
ein Leiter von Elektricität ſey.
221. Verſuch.
Man nehme ein rundes überfirnißtes Bret, lege eine
Kette in Form einer Spirallinie darauf, laſſe das innere
Ende der Kette durch das Bret hindurchgehen, und ver-
binde es mit der Belegung einer großen Flaſche; das äuſ-
Sechszehntes Capitel. ſere Ende befeſtige man an einen Auslader und entlade die
Flaſche; ſo wird man an jedem Gelenke der Kette einen
ſchönen Funken ſehen. Man kann durch eine ſolche Kette
eine unzählbare Menge verſchiedener Illuminationen her-
vorbringen.
222. Verſuch.
Man klebe Stücken Stanniol, in gleichen Entfernun-
gen von einander, auf einen gebognen Glasſtab, deſſen
beyde Enden mit meſſingenen Kugeln verſehen ſind, und
befeſtige an die Mitte dieſes Stabs einen gläſernen Hand-
griff. Dieſes Inſtrument, als Auslader gebraucht, zeigt
zu gleicher Zeit das elektriſche Licht an jeder Lücke zwiſchen
den Stanniolſtücken.
Jch habe ſeit einigen Jahren verſchiedene ſolche
leuchtende Auslader gemacht, um dadurch zu beweiſen,
daß die elektriſche Materie bey jeder Entladung ſowohl
aus der negativen als aus der poſitiven Belegung ausgehe,
der Idee gemäß, welche Herrn Atwood’s Verſuche
angeben (man ſ. den 118. – 120. Verſuch). Jch fand
aber bald, daß der Umfang eines Ausladers zu dieſer Ab-
ſicht viel zu klein und zu unbeträchtlich ſey.
223. Verſuch.
Fig. 98 zeigt einige Spiralröhren, welche in der
Runde auf einem Brete ſtehen. Jn der Mitte des Brets
ſteht eine Glasſäule, worauf eine meſſingene Haube geküt-
tet iſt, in welcher eine kleine ſtählerne Spitze ſteckt; auf
dieſer Spitze balancirt ein meſſingener Drath, der an jedem
Ende mit einer Kugel verſehen iſt. Man ſtelle die Mitte
dieſes Draths unter eine vom Conductor der Maſchine
hervorgehende Kugel, ſo daß der Drath beſtändige Fun-
ken aus dem Conductor erhält; dann gebe man dem Dra-
the eine umdrehende Bewegung, ſo werden die Kugeln
bey der Umdrehung jedem Knopfe der Spiralröhren einen
Funken geben, der ſich durch den Stanniol der Röhren
Vermiſchte Verſuche. dem Vrete mittheilet, und wegen des glänzenden Lichts
und der ſchnellen Bewegung ein ſehr angenehmes Schau-
ſpiel darſtellt.
Alle dieſe Verſuche mit dem unterbrochenen Funken
kann man ſehr ſchön verändern, und dem Funken nach
Gefallen verſchiedene Farben geben.
224. Verſuch.
Man hänge eine leichte Korkkugel, welche mit Stan-
niol oder Goldblättchen überzogen iſt, an einem ſehr lan-
gen ſeidnen Faden auf, ſo daß ſie gerade den Knopf einer
auf dem Tiſche ſtehenden geladenen Flaſche berühret; ſo
wird ſie zuerſt angezogen, und dann auf eine gewiſſe
Diſtanz zurückgeſtoßen, wo ſie nach einigen Schwingun-
gen, endlich in Ruhe bleibt. Wird nun in einiger Ent-
fernung ein angezündetes Licht dahinter geſtellt, ſo daß die
Flamme ziemlich eben ſo hoch, als der Knopf der Flaſche
ſteht, ſo wird ſich die Korkkugel ſogleich bewegen, und
nach einigen unregelmäßigen Bewegungen eine krumme
Linie um den Knopf der Flaſche beſchreiben, welche Be-
wegung ſie auch eine Zeitlang fortſetzen wird.
Fig. 96 und 97 zelgen ein Elektrometer, welches
dem von Herrn Brooke erfundenen ziemlich ähnlich iſt.
Beyde Inſtrumente werden bisweilen zu einem einzigen
verbunden, bisweilen auch jedes beſonders gebraucht, wie
in den Figuren. Die Arme F H, fk, Fig. 97 müſſen
beym Gebrauch ſo weit, als möglich, von der Atmoſphäre
der Flaſche, der Batterie, des erſten Leiters u. ſ. f. ent-
fernt werden. Der Arm F H und der Ball K ſind von
Kupfer, und ſo leicht, als möglich. Die Theilungsgrade
am Arme F H betragen jeder einen Gran. Sie werden
zuerſt beſtimmt, indem man Grangewichte in eine meſſin-
gene Kugel legt, welche ſich in der Kugel I befindet (dieſe
Kugel hält ganz genau das Gleichgewicht mit dem Arme
F H und dem Balle K, wenn der Schieber r auf dem
erſten Theilungspunkte ſteht) und dann den Schieber r
Sechzehntes Capitel. ſolange fortſchiebt, bis er zugleich mit dem Balle K, der
Kugel I und dem darinn befindlichen Gewichte das Gleich-
gewicht hält.
A, Fig. 96 iſt eine in 90 gleiche Theile getheilte
Cirkelſcheibe. Der Zeiger dieſer Scheibe geht einmal her-
um, wenn ſich der Arm B C durch 90 Grad oder den
vierten Theil eines Cirkels bewegt hat. Der Zeiger erhält
ſeine Bewegung durch die zurückſtoſſende Kraft der zwi-
ſchen den Bällen D und B wirkenden Ladung Man ſehe Philoſ. Transact. Vel. LXXXII. p.384..
Wenn der Arm B C zurückgeſtoßen wird, ſo zeigt
dies, daß die Ladung ſtärker werde; der Arm FH hinge-
gen zeigt, wie groß die zurückſtoßende Kraft zwiſchen
zween Bällen von dieſer Größe in Granen ſey, durch die
Zahl, auf welcher das Gewicht ſtehen bleibt, wenn der
Arm durch die zurückſtoßende Kraft der Ladung aufgeho-
ben wird. Zugleich giebt der Arm B C die Anzahl der
Grade an, auf welche der Ball B zurückgeſtoßen wird;
ſo daß man durch wiederholte Verſuche die Anzahl der
Grade, welche jeder gegebenen Anzahl von Granen zu-
kömmt, beſtimmen, und eine Tabelle darüber verfertigen
kann, mit deren Hülfe man dann das Elektrometer Fig. 96
ohne das Fig. 97 vorgeſtellte gebrauchen kann.
Herr Brooke glaubt, kein mit Elektricität gelade-
nes Glas vertrage eine ſtärkere Ladung, als diejenige, de-
ren zurückſtoßende Kraft zwiſchen Bällen von der Größe,
wie er ſie gebrauchte, 60 Gran betrage; in wenigen Fäl-
len halte es 60 Gran Gewicht, und es ſey jederzeit ge-
fährlich, weiter, als auf 45 Gran zu gehen.
Wenn nun die Größe einer belegten Fläche und der
Durchmeſſer der Bälle bekannt iſt, ſo kann man daraus
beſtimmen, wieviel belegte Fläche und wieviel Grane Re-
pulſion nöthig ſind, um einen Drath von gegebner Größe
zu ſchmelzen, ein Thier zu tödten u. ſ. w.
Vermiſchte Verſuche.Herr Brooke glaubt zwar noch nicht hinlänglich
bekannt mit allen Vorzügen dieſes Elektrometers zu ſeyn;
ſoviel aber, ſagt er, ſey doch klar, daß er eine allgemein
verſtändliche Sprache rede, welches bey keinem andern
Elektrometer möglich ſey; denn obgleich andere Elektro-
meter zeigten, ob eine Ladung ſtärker oder ſchwächer ſey,
wenn ihr Zeiger mehr oder weniger abgeſtoßen würde, oder
die Ladung auf größere oder geringere Diſtanzen explodirte,
ſo werde doch die eigentliche Größe der Ladung dadurch
nicht beſtimmt: dieſes Elektrometer hingegen zeige die
Stärke der zurückſtoßenden Kraft in Granen; und die Ge-
nauigkeit des Inſtruments könne leicht probiret werden,
wenn man Gewichte auf die innere Kugel lege, und ſehe,
ob ſie mit den Graden der Theilung in F H, auf welche
der Schieber geſtellt ſey, übereinſtimmen.
Beobachtungen und Verſuche des D. Prieſtley
über die Wirkungen der Elektricität auf ver-
ſchiedene elaſtiſche Flüſſigkeiten.
225. Verſuch.
Blaue mit vegetabiliſchen Säften gefärbte Liquoren
roth zu färben.
Der hiezu dienende Apparatus iſt Fig. 94 vorgeſtellt.
A B iſt eine 4 – 5 Zoll lange und ⅒ – \nicefrac {2}{10} Zoll Weite im
Lichten haltende Glasröhre; in das eine Ende derſelben iſt
ein Drath eingeküttet, an welchem ſich eine meſſingene
Kugel befindet; der untere Theil der Röhre von a an wird
mit Waſſer gefüllt, das mit Lakmus oder Veilchenſaft
blau gefärbt iſt. Man kann dies leicht bewerkſtelligen,
wenn man die Röhre in ein Gefäß mit gefärbtem Waſſer
ſtellt, und alles zuſammen unter die Glocke der Luftpum-
pe ſetzt; denn wenn man nun die Luft aus der Glocke zie-
het, und ſie dann wieder hinein läßt, ſo wird der gefärbte
Liquor in der Röhre in die Höhe ſteigen, und zwar deſto
Sechzehntes Capitel. höher, je reiner das Vacuum geweſen iſt. Nunmehe
nehme man Röhre und Gefäß aus der Glocke heraus, und
laſſe aus dem erſten Leiter ſtarke Funken in die meſſingene
Kugel ſchlagen.
Wenn D. Prieſtley dieſen Verſuch anſtellte, ſo
fand er, daß ohngefehr eine Minute nach gezogenem Fun-
ken zwiſchen dem Drathe b und dem Liquor bey a, der
obere Theil des Liquors roth zu werden anfieng; in zwo
Minuten ward er völlig roth, und der rothgefärbre Theil
vermiſchte ſich nicht leicht mit dem übrigen Liquor. Ward
die Röhre beym Ausziehen des Funkens ſchief geſtellt, ſo
erſtreckte ſich die Röthe an der untern Seite doppelt ſo
weit, als an der obern. Je röther der Liquor ward, deſto
näher kam er dem Drathe, daß alſo die Luft, durch wel-
che der Funken gieng, vermindert ward; dies erſtreckte
ſich etwa bis auf ein Fünftel des ganzen Raums, worauf
ein fortgeſetztes Elektriſiren weiter keine merkliche Wirkung
mehr hervorbrachte.
Um nun zu beſtimmen, ob die Urſache dieſer Ver-
änderung der Farbe in der Luft, oder in der elektriſchen
Materie liege, dehnte D. Prieſtley mit Hülfe der Luft-
pumpe die Luft in der Röhre ſo lang aus, bis aller Liquor
heraus war, und ließ friſchen blauen Liquor anſtatt des
vorigen hinein, auf welchen aber die Elektricität keine
merkliche Wirkung that. Man ſahe alſo deutlich, daß
die elektriſche Materie die Luft decomponiret, und dieſe
etwas Säure abgeſetzt habe. Das Reſultat war immer
einerley, wenn er gleich Dräthe von verſchiedenen Metal-
len nahm. Es blieb auch noch immer eben daſſelbe, wenn
er in einer umgebognen Röhre den Funken von dem Li-
quor des einen Schenkels in den Liquor des andern über-
gehen ließ. Die auf dieſe Art verminderte Luft war im
höchſten Grade ſchädlich.
Gieng der elektriſche Funken durch verſchiedne Luft-
gattungen, ſo zeigte er verſchiedne Farben. In fixer Luft
war der Funken ſehr weiß, in brennbarer und laugenarti-
Vermiſchte Verſuche. ger Luft hatte er eine purpurrothe oder rothe Farbe.
Man kann hieraus ſchließen, daß die leitende Kraft dieſer
Luftgattungen verſchieden, und daß die fixe Luft ein voll-
kommnerer Nicht-leiter, als die brennbare ſey.
In einer von Herrn Lane aus dem kauſtiſchen Al-
kali gezognen Luftart, ingleichen in Luft aus Salzgeiſt,
war der Funken gar nicht ſichtbar, daß alſo dieſe Luftgat-
tungen noch vollkommnere Leiter der Elektricität zu ſeyn
ſcheinen, als das Waſſer oder andere flüſſige Subſtanzen.
Aus allen Arten von Oel entbindet der elektriſche
Funken brennbare Luft. D. Prieſtley machte den Ver-
ſuch mit Aether, mit Olivenöl, Terpentinöl, weſentlichem
Oel der Münze 2c. und zog elektriſche Funken aus denſel-
ben ohne allen Zugang der Luft; es ward aber aus allen
brennbare Luft entbunden.
D. Prieſtley fand, wenn er eine ſchwache elektri-
ſche Exploſion eine Stunde lang in einen Zoll fixe Luft ge-
hen ließ, welche in eine Glasröhre von ⅒ Zoll Durch-
meſſer eingeſchloſſen war, daß alsdann nur ein Viertel
dieſer Luft vom Waſſer eingeſogen ward. Wahrſcheinlich
würde das Ganze ſeyn eingeſogen worden, wenn die elektri-
ſche Operation lange genug wäre fortgeſetzt worden.
In laugenartiger Luft erſcheint der elektriſche Funken
roth: elektriſche Exploſionen, welche durch dieſe Luft ge-
hen, vergrößern das Volumen derſelben, ſo daß eine
Quantität dieſer Luft, wenn man etwa 200 Exploſionen
durch dieſelbe gehen läßt, bisweilen um den vierten Theil
ihres anfänglichen Volumens vergrößert wird. Läßt man
alsdann Waſſer zu dieſer Luft, ſo abſorbirt daſſelbe die
anfängliche Quantität, und läßt nur ſoviel elaſtiſches Flui-
dum übrig, als die Elektricität erzeugt hat, und dieſer
Ueberreſt iſt ſtark brennbare Luft.
Wenn D. Prieſtley den elektriſchen Funken in vi-
triolſaurer Luft auszog, ſo fand er, daß die innere Seite
der Röhre, in welche dieſelbe eingeſchloſſen war, mit einer
ſchwarzgrauen Subſtanz überzogen ward. Er ſcheint da-
Sechszehntes Capitel. für zu halten, daß ſich die ganze vitriolſaure Luft in dieſe
ſchwarze Materie verwandeln laſſe, und zwar nicht durch
eine Verbindung mit der elektriſchen Materie, ſondern
bloß durch die von der Exploſion veranlaſſete Erſchütte-
rung; und daß man, wenn es der Kalk des Metalls ſey,
welches das Phlogiſton hergegeben habe, nicht unterſchei-
den könne, aus welchem Metalle, und überhaupt aus wel-
cher Subſtanz die Luſt ſey ausgezogen worden.
D. Prieſtley ließ 150 Exploſionen aus einer ge-
meinen Flaſche in ein Viertelunzenmaaß vitriolſaure Luft
aus Kupfer gehen, wodurch das Volumen derſelben ohn-
gefähr um ein Drittel vermindert wurde, der Ueberreſt
aber dem Anſcheine nach nicht verändert war, indem er
ganz vom Waſſer abſorbiret wurde. Dieſe Luft ward fer-
ner ſehr ſorgfältig dreymal aus einem Gefäße in ein an-
deres gelaſſen; und das letzte Gefäß, in welchem die Er-
ploſionen gemacht wurden, ward dadurch eben ſo ſchwarz,
als das erſte, ſo daß es ſcheint, als ob ſich dieſe Luft ganz
in dieſe ſchwarze Subſtanz verwandeln laſſe.
Weil er vermuthete, es könne dieſe Verminderung
der vitriolſauren Luft davon herrühren, daß dieſelbe von
dem Kütt, mit welchem die beym Verſuche gebrauchten
Glasröhren verſchloſſen waren, abſorbirt würde, ſo wie-
derholte er den Verſuch mit Luft aus Queckſilber, die in
einer gläſernen gebognen Röhre mit Queckſilber eingeſchloſ-
ſen war, fand aber eben daſſelbe Reſultat.
Daß dieſe Materie bloß aus der vitriolſauren Luft,
und nicht aus einer Verbindung der elektriſchen Materie
mit derſelben entſtehe, wird aus folgendem Verſuche er-
hellen.
D. Prieſtley zog aus einem Conductor von mäſſi-
ger Größe fünf Minuten lang ununterbrochen den einfachen
elektriſchen Funken in eine Quantität vitriolſaurer Luft,
ohne daß an der innern Seite des Glaſes die geringſte
Veränderung erfolgte; wenn er aber gleich darauf nur zwo
Exploſionen einer gemeinen Flaſche durchgehen ließ, deren
Vermiſchte Verſuche. jede in weniger als einer Viertelminute von derſelben Ma-
ſchine in ebendemſelben Zuſtande hervorgebracht wurde, ſo
wurde die ganze innere Seite des Glaſes völlig mit der
ſchwarzen Materie überzogen. Hätte ſich nun die elektriſche
Materie mit der Luft verbunden, und wäre dieſe ſchwarze
Materie das Reſultat dieſer Verbindung geweſen, ſo
könnte der ganze Unterſchied zwiſchen der Wirkung des
einfachen Funkens und der Exploſion, aufs höchſte nur in
dem Grade oder in der ſchnellern Entſtehung dieſer Mate-
rie beſtanden haben.
Wenn eine große ohngefähr 1 ½ Zoll weite Flaſche
mit dieſer Luft gefüllt ward, ſo that die Exploſion einer
ſehr großen Flaſche, welche mehr als 2 Quadratfuß belegte
Fläche enthielt, gar keine Wirkung darauf; woraus er-
hellet, daß in dieſen Fällen die Kraft des Schlags nicht
im Stande war, dieſer größern Menge von Luft eine ſo
ſtarke Erſchütterung zu geben, als zu Decompoſition eines
Theils derſelben nöthig geweſen wäre.
Er hatte zu Entbindung dieſer Luft gewöhnlich Kup-
fer gebraucht, hernach abat zog er ſie faſt aus allen Sub-
ſtanzen, aus welchen man ſie erhalten kann; die elektriſche
Exploſion that in allen die nehmliche Wirkung. Da ſich
aber doch bey einigen von dieſen Verſuchen beſondere Um-
ſtände zeigten, ſo erwähnt er derſelben mit wenigem, wie
folget.
Wenn er vitriolſaure Luft aus Bley zu erhalten ſuch-
te, und deswegen eine Quantität bleyernen Schrot in eine
Flaſche mit Vitriol ſchüttete, und nur den gewöhnlichen
Grad der Wärme gebrauchte, ſo entſtand eine ſehr be-
trächtliche Hiße; endlich aber konnte keine Luft mehr er-
halten werden, obgleich die Hitze bis zum Kochen der
Säure verſtärkt wurde. Er muthmaßte daher, daß in
dieſem Falle das Phlogiſton durch etwas, das an dem
Schrote angehangen habe, ſey erſetzt worden. Inzwi-
ſchen ließ er die elektriſche Exploſion durch die ſo erzeugte
Luft gehen; in der erſten Quantität, die er auf dieſe Art
Sechszehntes Capitel. unterſuchte, erzeugte ſich eine weißliche Materie, welche
die innere Seite der Röhre faſt ganz bedeckte; zuletzt aber
ward nichts weiter, als ſchwarze Materie erzeugt, wie in
allen übrigen Verſuchen. Ließ man Waſſer zu dieſer, ſo
blieb ein beträchtlicher Ueberreſt zurück, welcher in ſehr ge-
ringem Grade kenntbar war.
Man kann auch ſehr leicht vitriolſaure Luft aus dem
Weingeiſt erhalten; die Miſchung wird ſchwarz, ehe man
einige Luft erhält. Auch in dieſer Luft ward durch die
elektriſche Exploſion die ſchwarze Materie erzeugt.
Die Verſuche mit dem Aether ſcheinen das meiſte
Licht über dieſe Materie zu verbreiten, da dieſe Luftgat-
tung aus dem Aether eben ſowohl, als aus jeder Phlogi-
ſton enthaltenden Subſtanz gezogen werden kann. In
der aus dem Aether gezognen Luft färbte der elektriſche
Schlag das Glas ſehr ſchwarz, mehr, als bey irgend ei-
nem andern Verſuche dieſer Art; und wenn das Waſſer
ſoviel, als möglich, von dieſer Luft eingeſchluckt hatte, ſo
blieb ein Ueberreſt, in welchem ein Licht mit einer lodern-
den blauen Farbe brannte. Das merkwürdigſte bey die-
ſem Verſuche aber war dieſes, daß nicht nur das Vitriolöl
während des Proceſſes ſehr ſchwarz ward, ſondern auch
eine ſchwarze dicke Subſtanz erzeugt wurde, welche auf
der Oberfläche der Säure ſchwamm.
Vielleicht könnte die chemiſche Zergliederung dieſer
Subſtanz mehr Licht über die Natur der ſchwarzen Mate-
rie verbreiten, welche durch elektriſche Exploſionen in vi-
triolſaurer Luft entſteht, da ſie beyde einander ſehr ähnlich
zu ſeyn ſcheinen.
In gemeiner mit Queckſilber in eine Glasröhre ein-
geſperrter Luft, bedeckt der elektriſche Funken oder Schlag
die innere Seite der Röhre mit einer ſchwarzen Materie,
welche, wenn ſie erhitzt wird, ſich als reines Queckſilber
zeiget. Dies mag daher wohl auch der Fall mit der
ſchwarzen Materie ſeyn, in welche nach Prieſtley’s Ver-
muthung durch eben dieſes Verfahren die vitriolſaure Luft
Vermiſchte Verſuche. verwandlet werden ſoll, obgleich hiebey die Wirkung weit
ſtärker war, als in der gemeinen Luft. Die Exploſion
bringt die Verminderung der gemeinen Luft oft in der
Hälfte derjenigen Zeit hervor, in welcher der einfache
Funken dieſes thut, wenn die Maſchine in gleich viel Zeit
gleich viel elektriſche Materie giebt: auch wird die Röhre
durch die Schläge viel eher ſchwarz, als durch die Funken.
Iſt die Röhre viel weiter als \nicefrac {3}{10} Zoll, ſo wird ſie biswei-
len ſehr ſchwarz, ohne daß jedoch eine merkliche Vermin-
derung der Quantität der Luft entſteht.
226. Verſuch.
Dieſer beſondere Verſuch ward vom Herrn Mar-
ſham eigentlich in der Abſicht angeſtellt, um Dräthe
mit einer kleinen leidner Flaſche zu ſchmelzen. Die Wir-
kungen ſind merkwürdig, und ſcheinen ein ganz neues Feld
zu Unterſuchung der Kraft und Richtung der elektriſchen
Materie zu eröffnen. Er befeſtigte ein kleines Stück
Wachs auf die äußere Belegung der leidner Flaſche, und
ſteckte den Kopf einer kleinen Nadel ſo in daſſelbe, daß die
Nadel mit der Belegung rechte Winkel machte; der Spitze
dieſer Nadel gegen über und etwa einen halben Zoll weit
davon ward eine andere Nadel befeſtiget, indem man ſie
durch den Boden einer Schachtel ſteckte; dieſe ward durch
einen Drath mit dem Auslader verbunden. Ward nun
die Flaſche entladen, ſo ward die Nadel mit dem Wachſe
von der Belegung der Flaſche ab- und in die gegenüberſte-
hende Schachtel getrieben. Man vergrößerte den Abſtand
beyder Nadeln bis auf 2 ½ Zoll, welches die größte Schlag-
weite war. Der Kopf derjenigen Nadel, welche an der
Flaſche befeſtiget war, ward augenſcheinlich an zwo bis
drey Stellen geſchmolzen. War die Ladung ſtark, und
das Wachs nicht feſt an die Belegung geklebt, ſo wurden
Wachs und Nadel einige Zoll weit von der Flaſche wegge-
worfen. Steckte man eine Wachskugel an die Spitze jeder
Nadel, und ließ den Schlag durch dieſelben gehen, ſo
ward die Kugel von der mit der Flaſche verbundenen völli-
Sechszehntes Capitel. ge zween Schuh weit hinweggeworfen. Bey nochmaliger
Wiederholung konnte er dieſe Wirkung nicht wieder her-
vorbringen.
Herr Marſham befeſtigte nun die Nadel, welche
der an der Flaſche entgegengeſetzt war, mit Wachs an eine
meſſingne Platte. Ließ er nunmehr die Ladung durchge-
hen, wenn die Nadeln ½ Zoll weit von einander abſtan-
den, ſo ward die Nadel 6 Zoll weit von der meſſingenen
Platte weggeworfen, die andere Nadel aber blieb an ihrer
Stelle. Vergrößerte er ihren Abſtand von einander, ſo
war die Wirkung noch ebendieſelbe, bis ſie auf 1 ½ Zoll
weit auscinander kamen, da ſie nicht mehr herausgewor-
fen wurden. In vielen Fällen wurden auch beyde heraus-
geworfen, und ließen das Wachs zurück.
In allen dieſen Verſuchen giengen die Nadeln durch
das Wachs, ſo daß ſie die Belegung ſowohl als die Platte
berührten; die Belegung ſowohl als die Platte waren bey
jeder Exploſion ſehr ſchön angeſchmolzen.
Herr Marſham nahm hierauf kleine Stücken
Kütt anſtatt des Wachſes; wenn er alsdann die Spitzen
nur \nicefrac {3}{8} Zoll weit von einander ſtellte, und den Schlag
durchgehen ließ, ſo ward die Nadel aus der Flaſche ge-
worfen, und der Kütt auf die Nadel getrieben. Die
Spitzen wurden nunmehr einander ſo nahe, als möglich,
geſtellt, da alsdann bey der Entladung der Kütt von bey-
den Nadeln in Stücken gebrochen, und die Nadel auf eine
beträchtliche Weite fortgeworfen wurde; die meſſingene
Platte ward auch auf eine ſonderbare Art geſchmolzen,
und die Flaſche zerbrochen.
Ueber die Aehnlichkeit zwiſchen der Entſtehung und
den Wirkungen der Elektricität und der Wär-
me, ingleichen der Kraft, mit welcher die Kör-
per Elektricität fortleiten und Wärme anneh-
men, nebſt Beſchreibung eines Inſtruments zu
Vermiſchte Verſuche. Meſſung der Quantität von elektriſcher Ma-
terie, welche Körper von verſchiedner Natur
unter ähnlichen Umſtänden fortleiten, von Herrn
Achard In den Mémoires de l’Acad. de Berlin, ann. 1779..
Die Entſtehung der Wärme hat viel ähnliches mit
der Erregung der Elektricität.
Alles Reiben erzeugt Wärme und erregt Elektricität.
Man könnte zwar einwenden, wenn die Aehnlichkeit voll-
kommen ſeyn ſollte, ſo müßte das Reiben eines jeden Kör-
pers Elektricität erzeugen, welches doch der Erfahrung
entgegen iſt, indem die Metalle und andere leitende Kör-
per nicht anders, als durch die Berührung elektriſcher Kör-
per, und nicht durch das unmittelbare Reiben elektriſirt
werden können.
Man kann aber hierauf antworten, daß ein leitender
Körper, an welchem ein elektriſcher gerieben wird, wofern
er nur iſolirt iſt, eben ſo ſtarke Merkmale der Elektricität
von ſich giebt, als der elektriſche Körper ſelbſt. Dieſe
Elektricität iſt ihm nicht von dem elektriſchen mitgetheilt,
denn ſie iſt von der ganz entgegengeſetzten Art, negativ,
wenn der elektriſche Körper poſitiv elektriſirt iſt, und um-
gekehrt.
Dieſe Bemerkung beweiſet nicht allein, daß die lei-
tenden Körper eben ſowohl, als die elektriſchen, durch das
Reiben elektriſiret werden, ſondern ſie zeigt auch, daß zu
Erregung der Elektricität eine Zerſtörung des Gleichge-
wichts zwiſchen den Elektricitäten der reibenden Körper
erforderlich ſey; wenn jede Subſtanz gleich geſchickt iſt,
die elektriſche Materie anzunehmen und abzugeben, ſo fällt
in die Augen, daß das Gleichgewicht der Materie zwiſchen
ihnen nicht geſtört werden könne; weil die Materie, die
einer von dem andern empfängt, ſich in eben dem Augen-
Sechszehntes Capitel. blicke durch ihre Elaſticität wieder unter beyde vertheilet:
wir können daher ſchließen,
1) daß die durchs Reiben zweener Körper erregte
Elektricität deſto ſtärker ſey, je mehr der Unterſchied zwi-
ſchen den leitenden Kräften dieſer Körper zunimmt.
2) daß zween Körper, welche gleich geſchickt ſind,
die elektriſche Materie anzunehmen und abzugeben, kein
Zeichen der Elektricität von ſich geben; nicht darum, weil
ſie nicht durch Reiben elektriſirt werden könnten, ſondern
weil das durchs Reiben geſtörte Gleichgewicht in eben dem
Augenblicke durch die Leichtigkeit, mit welcher die elektri-
ſche Materie jeden Körper durchdringt, wieder hergeſtellt
wird. Aus faſt ähnlichen Urſachen werden elektriſche Kör-
per, wenn man ſie an einander reibt, nicht elektriſiret.
Wir dürfen alſo wohl aus dieſer auf Erfahrung ge-
gründeten Theorie ſchließen, daß die Friction in allen Fäl-
len Elektricität hervor bringe, von welcher Art auch die
geriebenen Subſtanzen ſeyn mögen; und daß dieſe Elek-
tricität bisweilen nur darum nicht merklich ſey, weil ſie
ſogleich bey ihrer Entſtehung wieder verloren geht.
Alle Subſtanzen, welche an einem Körper gerieben
werden, der die elektriſche Materie mit mehr oder weniger
Schwierigkeit durchläßt, als ſie ſelbſt, geben Zeichen der
Elektricität; alſo ſind die Metalle eben ſo wohl für ſich
elektriſch, als Glas und Siegellak.
Da alſo das Reiben allezeit und in allen Fällen
Elektricität hervorbringt, ſo findet zwiſchen der Erzeu-
gung der Wärme und der Erregung der Electricität eine
vollkommene Aehnlichkeit ſtatt.
Ferner ſind die Wirkungen der Elektricität den
Wirkungen der Wärme ähnlich.
Die Wärme dehnt alle Körper aus. So beweißt
die Wirkung der elektriſchen Materie aufs Thermometer
ebenfalls die ausdehnende Kraft derſelben; und wenn wir
dieſelbe nicht in allen Fällen bemerken, ſo geſchieht dies
Vermiſchte Verſuche. darum, weil die Kraft des Zuſammenhangs der Körper
ſtärker iſt, als die ausdehnende Kraft der Elektricität.
Die Wärme befördert nnd beſchleuniget das Auf-
keimen und die Vegetation: die Elektricität, ſie ſey poſi-
tiv oder negetiv, thut ebendaſſelbe.
Die Elektricität beſchleuniget die Ausdünſtung eben
ſowohl, als die Wärme.
Wärme und Elektricität befördern die Bewegung
des Blutes. Zwar kann die geringſte Furcht, Anſtren-
gung oder Aufmerkſamkeit auf den Verſuch den Puls be-
ſchleunigen, und dies könnte mit Unrecht der Elektricität
zugeſchrieben werden. Allein Herr Achard ſtellte den
Verſuch mit einem Hunde an, indem er ſchlief, und fand
allezeit, daß die Zahl der Pulsſchläge zunahm, wenn
das Thier elektriſirt wurde.
Herrn Achard’s und anderer Verſuche mit Hü-
nereyern und Fliegeneyern beweiſen, daß die Elektricität
ſowohl als die Wärme, die Entwickelung dieſer Thiere
begünſtiget. Die elektriſche Materie ſchmelzt auch Me-
talle, eben ſo, wie das Feuer.
Wenu ſich ungleich erwärmte Körper berühren, ſo
vertheilt ſich die Wärme gleichförmig unter ſie. Eben ſo
ſtellt ſich das Gleichgewicht her, wenn ſich zween Körper
mit ungleichen Graden oder verſchiedenen Arten von Elek-
tricität berühren.
Endlich findet auch zwiſchen der Fähigkeit der Körper,
die Elektricität zu leiten, und Wärme anzu-
nehmen, eine vollkommene Aehnlichkeit ſtatt.
Wenn Körper von verſchiedener Art und von glei-
chen Graden der Wärme in ein Mittel von verſchiedener
Temperatur geſtellt werden, ſo nehmen ſie nach Verlauf
einer gewiſſen Zeit alle einen gleichen Grad der Wärme
an. Inzwiſchen bleibt noch immer ein beträchtlicher Un-
terſchied in der Größe des Zeitraums, in welchem ſie die
Temperatur des Mittels annehmen, z. B. die Metalle
Sechszehntes Capitel. brauchen weniger Zeit als Glas, um gleiche Grade der
Wärme anzunehmen oder zu verlieren.
Bey aufmerkſamer Unterſuchung derer Körper, wel-
che ihre Wärme am ſchnellſten annehmen und verlieren,
wenn ſie in Mittel von verſchiedener Temperatur geſtellt
werden, findet man, daß es ebendieſelben Körper ſind,
welche am leichteſten Elektricität annehmen und verlieren.
Die Metalle, welche am geſchwindeſten warm und wie-
der kalt werden, nehmen auch am ſchnellſten Elektricität
an und theilen ſie wieder mit. Holz, welches mehr Zeit
erfodert, um erwärmt und abgekühlt zu werden, erhält
und verliert auch ſeine Elektricität langſamer. Endlich
Glas und harzige Subſtanzen, welche die elektriſche Ma-
terie ſehr langſam annehmen und verlieren, nehmen auch
die Temperatur des ſie umgebenden Mittels nicht anders,
als mit Schwierigkeit, an.
Wenn man das eine Ende eines eiſernen Stabs glü-
hend macht, ſo wird das andere Ende, wenn gleich der
Stab mehrere Schuhe lang iſt, in kurzer Zeit ſo heiß,
daß man die Hand nicht daran halten kann, weil das Ei-
ſen die Hitze ſehr leicht leitet; da man hingegen eine Glas-
röhre, wenn ſie auch nur wenige Zolle lang iſt, ſicher in
der Hand halten kann, wenn gleich ihr anderes Ende
ſchmelzet. Eben ſo geht die elektriſche Materie mit groſ-
ſer Geſchwindigkeit von einem Ende eines Stabs zum an-
dern über; hingegen vergeht eine lange Zeit, ehe eine Glas-
röhre, an deren Ende man einen geriebenen elektriſchen Kör-
per hält, am andern Ende Zeichen einer Elektricität giebt.
Dieſe Bemerkungen beweiſen, daß verſchiedene Kör-
per, welche ihren Grad der Wärme ſchwer annehmen und
verlieren, auch ihre Elektricität ſchwer erhalten und abge-
ben. Um zu beſtimmen, ob dieſes Geſetz allgemein ſey,
und welches die Ausnahmen davon ſind, werden noch
viele Verſuche erfordert.
Wenn wir zwo Subſtanzen annehmen, deren eine
elektriſirt iſt, die andere aber nicht, deren erſte einen be-
Vermiſchte Verſuche. kannten Grad von Elektricität hat, die letzte aber, indem
ſie die erſte berührt, ihr einen gegebnen Grad von Elek-
tricität raubet; ſo beſtimmt dieſer Verluſt die Leichtigkeit,
mit welcher der berührende Körper die elektriſche Materie
annimmt. Außer der Geſtalt und dem Volumen dieſer
Subſtanz, macht auch die Zeit, durch welche beyde Kör-
per in Berührung bleiben, eine Veränderung in der
Quantität, welche aus der elektriſirten Subſtanz über-
geht; ſo daß unter übrigens gleichen Umſtänden, die Fä-
higkeit der Körper, andere ihrer Elektricität zu berauben,
oder mit andern Worten, die elektriſche Materie fortzulei-
ten, ſich umgekehrt verhält, wie die Zeit, welche nöthig
iſt, um den Körpern einen gleichen Grad von Elektricität
zu entziehen.
Das Fig. 95 vorgeſtellte Werkzeug iſt auf dieſe
Grundſätze gebaut, und es kann dadurch die Menge von
Elektricität, welche ein Körper in einer gegebnen Zeit
verliert, wenn er von einem andern berührt wird, genau
beſtimmt werden. A B iſt eine ſehr empfindliche Wage;
am Ende jedes Arms befindet ſich eine ſehr leichte küpfer-
ne Kugel; C F D iſt ein getheilter Halbkreis, an die Un-
terlage befeſtiget, auf welcher die Axe der Wage ruhet;
die Grade können durch eine Nadel, oder durch die Arme
der Wage ſelbſt gezeigt werden; die Unterlage iſt an einer
meſſingenen Haube feſt, welche auf die Glasſäule G G ge-
küttet iſt; dieſe Glasſäule ſteht auf dem Brete Q R S T,
und iſt wenigſtens 18 Zoll hoch. U iſt eine leidner Fla-
ſche; an den mit der innern Belegung verbundenen Drath
Z Z ſind drey horizontale Dräthe V Z, X Z, Y Z befeſti-
get, und deren Enden mit hohlen meſſingenen Kugeln
verſehen; die Flaſche U iſt ſo auf das Bret befeſtiget, daß
bey horizontaler Stellung der Wage, die Kugeln B und X
einander berühren, wie dies in der Figur vorgeſtellt wird.
K N iſt ein metallener Hebel, der ſich bey I ſo um
eine Axe bewegt, daß er ſich frey in der Verticalfläche
drehen kann, welche durch den Stab V X geht; er wird
Sechszehntes Capitel. Vermiſchte Verſuche. von der hölzernen Säule I H getragen, welche auf dem
Brete Q R S T aufſteht; am Ende K befindet ſich eine
Schraube, um die Subſtanz zu halten, mit welcher man
den Verſuch anſtellen will; das obere Ende dieſer Sub-
ſtanz muß eine convere Geſtalt haben. Am andern Ende
des Hebels N befindet ſich der Drath N O mit dem klei-
nen Hacken O, an welchen man die Kugel P hängen kann.
Der Abſtand der Säule I H von der Flaſche wird ſo ein-
gerichtet, daß, wenn das Ende N niedergeht, der Körper
L die Kugel V in einem Punkte berührt; die Proportion
zwiſchen den Gewichten der Arme des Hebels, dem Ge-
wichte P und dem Körpor L, auch zwiſchen den Längen
der Säule I H und des Draths N O iſt ſo einzurichten,
daß, wenn die Subſtanz L den Ball V berührt, die Ku-
gel P in eben dem Augenblicke das Bret Q R S T berühre,
und ſich von dem Drathe N O losmache; auf dieſe Art
wird auch die Subſtanz L in eben dem Augenblicke die
Kugel V verlaſſen.
Um dieſes Inſtrument zu gebrauchen, verbinde man
die Flaſche U mit dem erſten Leiter durch die Kugel Y,
mache vermittelſt eines Draths eine Verbindung zwiſchen
Y und der Haube G, und lade die Flaſche, ſo wird die
Kugel X den Ball B zurückſtoßen, und der Arm der
Wage wird den Repulſionswinkel bemerken. Geſetzt,
dieſer ſey 20 Grad. Man bringe nunmehr, wie im vo-
rigen beſchrieben worden iſt, L in Berührung mit V, ſo
wird es eine Quantität von elektriſcher Materie in ſich
nehmen, die ihrer leitenden Kraft proportional iſt, die
Kugel B wird in Proportion mit dieſer verlohrnen Quan-
tität herabſinken, und man wird die Größe des Unter-
ſchieds an dem Halbcirkel bemerken können; ſie ſey 5
Grad. Man wiederhole nun den Verſuch mit einer an-
dern Subſtanz anſtatt des Körpers L: geſetzt bey dieſer
Subſtanz betrage die Verminderung 8 Grad, ſo verhal-
ten ſich die leitenden Kräfte dieſer Subſtanzen, wie 5: 8.
Verſuch
über den
Magnetiſmus.
Verſuch
über den
Magnetiſmus.
Die Erſcheinungen des Magnets haben zwar ſchon
ſeit vielen Jahrhunderten, nicht allein wegen ihrer
beſondern Wichtigkeit, ſondern auch wegen der Dunkel-
heit, in welche ſie verhüllt ſind, die Aufmerkſamkeit der
Naturforſcher auf ſich gezogen; aber dennoch iſt zu den
Entdeckungen der erſten Unterſucher dieſer Materie ſehr
wenig hinzugeſetzt worden. Alle Kräfte des Genies, wel-
che man bisher zu Betreibung dieſes Gegenſtandes aufge-
boten hat, ſind nicht vermögend geweſen, eine Hypotheſe
aufzubringen, welche alle die mannichfaltigen Eigenſchaf-
ten des Magnets auf eine leichte und genugthuende Art
zu erklären im Stande wäre, oder die Glieder der Kette
angäbe, durch welche dieſe merkwürdigen Erſcheinungen mit
den übrigen Phänomenen der Natur zuſammenhängen.
Aus den Schriften des Plato und Ariſtoteles
erhellet, daß ſchon die Alten die anziehenden und zurück-
ſtoßenden Kräfte des Magnets gekannt haben: man fin-
det aber nicht, daß ihnen die Richtung deſſelben nach dem
Pole oder der Gebrauch des Compaſſes bekannt geweſen
wäre. Da ſie noch nicht mit der gehörigen Methode, die
Natur zu unterſuchen, bekannt waren, und ſich bloß mit
den in die Augen fallenden Beobachtungen befriedigten, ſo
waren ihre Kenntniſſe der Natur in ſehr enge Grenzen
eingeſchloſſen, und brachten der menſchlichen Geſellſchaft
keine großen Vortheile. Die neuern Naturforſcher hin-
gegen, welche die Beobachtungen mit Verſuchen ver-
banden, erweiterten gar bald die Grenzen dieſer Wiſſen-
ſchaft, und entdeckten die Polarität des Magnets, eine
Eigenſchaft, auf welcher gewiſſermaßen die ganze Schiff-
fahrt und die Seele der Handlung beruht.
Der rohe oder natürliche Magnet iſt ein Eiſenerz,
welches in der Erde, gemeiniglich in Eiſengruben, gefun-
den wird; man findet ihn unter allerley Geſtalten und
Größen, und von verſchiedenen Farben.
Die Magnete ſind insgemein ſehr hart und brüchig,
und mehrentheils deſto ſtärker, je härter ſie ſind. Man
kann aus ihnen einen beträchtlichen Theil Eiſen zie-
hen. Nach Neumann laſſen ſie ſich faſt gänzlich in
Scheldewaſſer, und zum Theil in der Vitriol- und Salz-
ſäure auflöſen.
Die aus Stahl verfertigten künſtlichen Magnete
werden jetzt durchgängig lieber, als die natürlichen, ge-
braucht; nicht allein, weil man ſie leichter anſchaffen
kann, ſondern auch; weil ſie die natürlichen an Stärke
weit übertreffen, die magnetiſche Kraft ſtärker mitthei-
len, und in ihrer Geſtalt leichter verändert werden können.
Die Kraft des Magnets, welche ſich auch dem Ei-
ſen und Stahle mitcheilen läßt, wird der Magnetiſ-
mus genennt.
Ein eiſerner oder ſtählerner Stab, dem man eine
beſtändige Polarität mitgetheilt hat, heißt ein künſt-
licher Magnet.
Die Punkte des Magnets, welche dem Anſcheine
nach die meiſte Kraft beſitzen, oder in welchen ſeine Kraft
concentrirt zu ſeyn ſcheinet, heiſſen Pole des Magnets
Der magnetiſche Meridian iſt ein Verticalkreis am
Himmel, welcher den Horizont in denjenigen Punkten
ſchneidet, nach welchen die Magnetnadei, wenn ſie ruhet,
gerichtet iſt.
Die Axe eines Magnets iſt eine gerade Linie, wel-
che von einem ſeiner Pole zum andern geht.
Der Aequator eines Magnets iſt eine auf ſeiner
Axe ſenkrecht ſtehende Linie, genau mitten zwiſchen bey-
den Polen.
Die unterſcheidenden und charakteriſtiſchen Eigen-
ſchaften eines Magnets ſind folgende:
über den Magnetiſmus.
1) ſeine anziehenden und zurückſtoßenden Kräfte.
2) die Kraft, mit welcher er ſich, wenn er frey
aufgehangen wird, in eine gewiſſe Richtung gegen die
Pole der Erde ſtellt.
3) ſeine Neigung oder Inclination gegen einen
Punkt unter dem Horizont.
4) die Eigenſchaft, vorerwähnte Kräfte dem Eiſen
oder Stahl mitzutheilen.
Hypotheſe.
Herr Euler nimmt an, daß die zwo Haupturſa-
chen der wunderbaren Eigenſchaften des Magnets, er-
ſtens in der beſondern Structur der innern Poren des
Magnets und der magnetiſchen Körper, und zweytens in
einer äußern Triebfeder oder einer flüßigen Materie beſte-
hen, welche auf dieſe Poren wirkt und durch ſie hindurch-
gehet. Er glaubt, dieſe flüßige Materie ſey die Atmo-
ſphäre der Sonne oder der ſogenannte Aether, welcher un-
ſer ganzes Syſtem erfüllet.
Die meiſten Schriftſteller über dieſen Gegenſtand
vereinigen ſich darinn, daß es kleine Körper von beſonde-
rer Geſtalt und Wirkſamkeit gebe, welche um und durch
den Magnet einen beſtändigen Umlauf machen; und daß
ein Wirbel von eben dieſer Art um und durch die Erde gehe.
Ein Magnet hat außer den Zwiſchenräumen, die
ihm mit andern Körpern gemein ſind, noch andere ſehr
viel kleinere Poren, welche bloß für den Durchgang der
magnetiſchen Materie beſtimmt ſind. Dieſe ſind ſo ge-
ſtellt, daß ſie mit einander communiciren, und Röhren
oder Canäle ausmachen, durch welche die magnetiſche
Materie von einem Ende zum andern kommen kann. Sie
ſind aber ſo geſtaltet, daß die magnetiſche Materie nur
nach einer einzigen Richtung hindurch kommen, aber
nicht durch eben den Weg wieder zurück gehen kann: ſo,
wie die Blutadern und lymphatiſchen Gefäße des thieri-
ſchen Körpers, welche in dieſer Abſicht mit Klappen ver-
Verſuch ſchen ſind: duß man ſich alſo die Poren als mehrere enge
neben einander liegende und mit einander parallel laufende
Röhren vorſtellen kann, wie bey A B, Fig. 99., durch
welche die feinern Theile des Aethers frey von A nach B
kommen, aber wegen des Widerſtandes, den ſie bey
a, a, b, b antreffen, nicht wieder zurückkommen, auch
den Widerſtand des gröbern Aethers nicht überwinden
können, welcher ihre Bewegung veranlaſſet und unterhält.
Denn, wenn man annimmt, der Pol A eines Magnets
ſey mit mehreren Oefnungen ſolcher Röhren angefüllt, ſo
wird die magnetiſche Materie, welche von den gröbern
Theilen des Aethers fortgetrieben wird, mit einer unge-
meinen Geſchwindigkeit, welche ſich nach der Elaſticität
des Aethers ſelbſt richtet, nach B gehen; dieſe Materie,
welche, ehe ſie in B ankam, von den gröbern Theilen des
Aethers durch die Röhren getrennt ward, trift nun wie-
der dergleichen gröbere Theile an, wodurch ihre Geſchwin-
digkeit vermindert, und ihre Richtung geändert wird; da-
her wird der vom Aether, mit welchem er ſich nicht ſo-
gleich vermiſchen kann, zurückgebogne Strom auf beyde
Seiten nach C und D gelenket, beſchreibt, wiewohl mit
geringerer Geſchwindigkeit, die krummen Linien D E und
C F e, fällt endlich in den Strom der bey m m zuflieſ-
ſenden Materie, geht wieder in den Magnet, und bildet
dadurch den merkwürdigeu Wirbel, welcher ſichtbar wird,
wenn man Stahlfeile auf ein über den Magnet gelegtes
Papier ſchüttet.
Im Eiſen und im Magnet liegt ein Beſtreben, ſich
einander zu nähern, und ſich an einander zu
hängen und zwar mit ſo viel Kraft, daß oft
ein beträchtliches Gewicht erfordert wird, um
ſie von einander zu trennen.
Man kann dieſe ſonderbaren Phänomene durch
jeden Magnet beweiſen; jeder trägt ein ſchwereres
oder leichteres Gewicht nach Proportion ſeiner Stärke.
über den Magnetiſmus.Man ſtecke ein Stück Eiſen auf einen Kork, und
ſetze den Kork auf Waſſer, ſo wird das Eiſen auf eine ſehr
beluſtigende Art vom Magnete angezogen, und folgt dem-
ſelben überall nach.
Auf dieſen Grundſatz hat man viele ſinnreiche und
unterhaltende mechaniſche Kunſtſtücke gebaut. Man kann
z. B. kleine Schwäne verfertigen, welche auf dem Waſ-
ſer ſchwimmen, und die Tagesſtunde angeben.
Man ſtelle einen Magnet auf ein meſſingenes Sta-
tiv, und halte das Ende einer kleinen Nadel gegen denſel-
ben, das andere Ende halte man durch einen Drath, da-
mit ſich die Nadel nicht ganz an den Magnet hängen kön-
ne, ſo wird man die Nadel auf eine ſehr angenehme Art
in der Luft ſchweben ſehen.
Man hänge einen Magnet unten an die Schale ei-
ner Wage, und lege in die andere Schale ſo viel Gegen-
gewicht, als nöthig iſt. Nun halte man ein Stück Eiſen
gegen den Magnet, ſo wird er ſich ſogleich ſenken, und an
das Eiſen hängen, wenn der Abſtand deſſelben nicht all-
zugroß iſt. Man hänge dann das Eifen anſtatt des
Magnets an die Wage, und bringe den Magnet dagegen,
ſo wird das Eiſen herabſinken und ſich an den Magnet
hängen.
Man kann die Kräfte oder Eigenſchaften des Mag.
nets dem Eiſen und Stahle mittheilen.
Eine Beſchreibung der verſchiedenen Methoden, wel,
che man vorgeſchlagen hat, um dem Eiſen oder Stahle
die Eigenſchaften des Magnets mitzutheilen, würde allein
einen ganzen Band ausfüllen. Jch will daher bloß zwo
allgemeine und gute Methoden anführen, welche meines
Erachtens zu allen gewöhnlichen Abſichten hinreichend
ſind.
1) Man ſtelle zween magnetiſche Stäbe A B, Fig.
100 ſo, daß das nördliche oder gezeichnete Ende des einen,
Verſuch dem ſüdlichen oder unbezeichneten Ende des andern entge,
gen gekehrt iſt: ſie müſſen aber ſo weit von einander lie-
gen, deß der Stab C, welcher berührt werden ſoll, mit
ſeinem bezeichneten Ende auf dem unbezeichneten Ende
von A, und mit ſeinem unbezeichneten Ende auf dem be-
zeichneten von B aufliegen kann. Nunmehr lege man das
nördliche Ende des Magnets D und das ſüdliche von E
auf die Mitte des Stabs C zuſammen, hebe das andere
Ende in die Höhe, wie die Figur vorſtellet; ziehe D und
E aus einander und längſt dem Stabe C hin, das eine
gegen A, das andere gegen B, behalte immer dieſelbe
Schiefe bey, und entferne D und E, wenn ſie von den En-
den des Stabs C hinweg ſind, ein bis zwey Schuhe weit
von denſelben; bringe hierauf den Nord- und Südpol
dieſer Magnete aufs neue zuſammen, und lege ſie wieder,
wie vorher, auf die Mitte des Stabs C. Dieſes Verfah-
ren wiederhole man fünf oder ſechsmal, beſtreiche die ent-
gegengeſetzte Fläche des Stabs C auf eben dieſe Art,
und, nachher auch noch die beyden übrigen Seitenflächen,
ſo wird dieſer Stab dadurch eine ſtarke und anhaltende
magnetiſche Kraft erlangen.
2) Man lege die zween Stäbe, welche beſtrichen
werden ſollen, parallel mit einander, und verbinde ihre
Enden durch zwo eiſerne Unterlagen, um während der
Operation den Umlauf der magnetiſchen Materie zu ver-
hüten; die Stäbe müſſen ſo geſtellt werden, daß das be-
zeichnete Ende D, Fig. 101. dem unbezeichneten Ende B
gegenüber liege. Nunmehr ſtelle man die zween einander
anziehenden Pole G und I zweener Magnete mitten auf
einen der zu beſtreichenden Stäbe, und hebe die andern
Enden ſo weit in die Höhe, daß ſie mit dem liegenden
Stabe einen ſtumpfen Winkel von 100 – 120 Graden
machen; die Enden G und I müſſen 2 – 3 Zehntheil
Zoll von einander entfernt bleiben. In dieſer Stellung
halte man die Stäbe, bewege ſie langſam über den Stab
A B von einem Ende zum andern, und gehe ſo etwa 15 mal
über den Magnetiſmus. über den Stab. Hierauf verwechſele man die Pole der
Stäbe d. i. das bezeichnete Ende des einen muß allezeit dem
unbezeichneten Ende des andern gegenüber liegen., und wiederhole eben daſſelbe Verfahren, zu-
erſt an dem Stabe C D, und dann an den entgegengeſeß-
ten Seiten beyder Stäbe. Die mitgetheilte Kraft kann
noch mehr verſtärkt werden, wenn man die verſchiedenen
Seiten der Stäbe mit Sätzen von Magnetſtäben reibet,
die, wie in Fig. 102 geſtellet ſind.
Allem Anſehen nach muß man, um den Stahl mag-
netiſch zu machen, ſeine Zwiſchenräüme in eine ſolche Ord-
nung bringen, daß ſie an einander liegende parallele Röh-
ren ausmachen, welche die magnetiſche Materie aufneh-
men und ihre Bewegung fortpflanzen können, ſo daß der
magnetiſche Strom leicht eingehen und mit der größten
Gewalt durch dieſelben circuliren kann. Es iſt daher
nothwendig, in der Wahl des Stahls, welcher beſtrichen
werden ſoll, ſo ſorgfältig, als möglich, zu ſeyn. Das
Korn deſſelben muß fein, gleichförmig und ohne Knoten
ſeyn, damit es der Materie von einem Ende bis zum an-
dern eine Anzahl gleicher und ununterbrochener Canäle
darbiete. Dies iſt noch weit nöthiger bey der Wahl des
Stahls zu Magnetnadeln für die Seecompaſſe; denn,
wenn der Stahl unrein iſt, oder nicht auf die gehörige
Art beſtrichen wird, ſo kann die Nadel mehrere Pole be-
kommen, welche der Wirkung der Hauptnadel nach Be-
ſchaffenheit ihrer Stärke und Lage mehr oder weniger hin-
derlich fallen.
Der Stahl muß auch gut gelöſcht und gehärtet ſeyn,
damit die Zwiſchenräume die Stellung, die ſie erhalten
haben, eine lange Zeit beybehalten, und den Veränderun-
gen der Richtung, welchen Eiſen und weicher Stahl
unterworfen ſind, beſſer widerſtehen. Der Unterſchied
Verſuch in der Güte des Stahls iſt ſehr groß, wie man leicht
erfahren kann, wenn man zwey Stücken Stahl von
gleicher Größe, aber von verſchiedener Art, auf einerley
Weiſe und mit einerley Stäben beſtreicht.
Gehärteter Stahl nimmt eine dauerhaftere magne-
tiſche Kraft an, als weicher Stahl, obgleich beyde allem
Anſehen nach in nichts weiter, als in der Anordnung der
Theile unterſchieden ſind; vielleicht enthält der weiche
Stahl Phlogiſton in ſeinen weitſten Zwiſchenräumen,
und der gehärtete nur in den engſten. Eiſen und
Stahl haben ſehr wenig Luft in ihren Zwiſchenräu-
men; wenn ſie aus den Eiſenerzen ausgeſchmolzen
werden, ſind ſiel einem ſehr hohen Grade der Hitze aus-
geſetzt, und die meiſten Veränderungen, denen ſie nach-
her unterworfen werden, wiederfahren ihnen im Zu-
ſtande der Glühhitze. Federharter Stahl behält nicht
ſoviel magnetiſche Kraft, als harter, weicher Stahl
noch weniger und Eiſen faſt gar keine. Aus einigen
Verſuchen des Muſſchenbroek erhellet, daß Eiſen
mit einer Säure verbunden nicht magnetiſch wird;
trennt man aber die Säure davon, und ſtellt das
Phlogiſton wieder her, ſo wird es wieder ſo magne-
tiſch, als jemals.
Auch. Größe und Geſtalt des Magnets machen
einen Unterſchied in ſeiner Stärke; daher müſſen die
Stäbe, die man beſtreichen will, weder zu lang noch
zu kurz in Proportion mit ihrer Dicke ſeyn. Sind
ſie zu lang, ſo wird der Umlauf der magnetiſchen
Materie, welche aus dem einen Pole hervorkömmt
und rund um den Magnet in den andern Pol über-
geht, verhindert, und ihre Geſchwindigkeit geſchwächt
werden. Sind ſie zu kurz, ſo wird die Materie, wel-
che aus dem einen Pole ausſtrömet, von den übrigen
wirkenden Theilen des Magnets zurückgetrieben, und zu
über den Magnetiſmus. weit von dem Pole, in welchen ſie gehen ſoll, abge-
lenkt, und es wird dadurch der fortgeſetzte Umlauf der
magnetiſchen Materie unterbrochen. Sind ſie zu dünn,
ſo iſt die Anzahl der Zwiſchenräume zu klein, um einen
Strom aufzunehmen, der ſtark genug wäre, den Hinder-
niſſen im äußern Raume zu widerſtehen; ſind ſie endlich
zu dick, ſo wird die gerade und regelmäßige Richtung
der Canäle durch die Schwierigkeiten gehindert, welche
bey der Anordnung der innern Theile ſtatt finden, da die
magnetiſche Materie nicht Kraſt genug hat, den Stahl
bis auf eine beträchtliche Tiefe zu durchdringen; es wird
alſo die Circulation der Materie gehindert.
Alle Stücken müſſen wohl poliret ſeyn; es iſt von
der äußerſten Wichtigkeit, die Enden glatt und gerade
zu machen, damit ſie die Enden des weichen Eiſens, wel-
ches die Circulation aufhalten ſoll, in ſo viel Punkten,
als möglich, berühren. Alle Ungleichheiten an den Sei-
ten, beſonders in der Nähe der Pole, müſſen ſorgfältig
vermieden werden, weil ſie Unregelmäßigkeit in die Cir-
culation bringen, und daher die Geſchwindigkeit derſel-
ben vermindern, welche eine von den vornehmſten Quel-
len der magnetiſchen Kraft iſt.
Indem man die Stäbe beſtreicht, müſſen die En-
den des weichen Eiſens in beſtändiger Berührung mit
ihnen erhalten werden, denn eine Trennung auf einen
einzigen Augenblick iſt hinreichend, die Wirkung der
ganzen Operation aufzuheben, weil ſich die Materie au-
genblicklich in die Luft zerſtreuet.
Der Operator muß bey dem erſten Stabe nicht län-
ger verweilen, als nöthig iſt, ſeine Zwiſchenräume zu öff-
nen, und denſelben die magnetiſche Anordnung zu geben;
er muß alsdann ſogleich zu dem andern Stabe übergehen,
um der aus dem erſten ausgehenden Materie eine Oef-
nung zu verſchaffen.
VerſuchEs iſt am vortheilhafteſten, wenn man den Stob,
dem man verlaſſen hat, während der Zeit, da die beſtrei-
chenden Magnete auf dem andern liegen, umkehret; auf
dieſe Art, wird der zu erregende Strom die Canäle des
erſten Stabs in die gehörige Lage bringen, und ſo die
Operation wirkſamer machen; überdies hat man, wenn
man nur einen Stab auf einmal umkehret, niemals nö-
thig, die beſtreichenden Magnete während der Operation
ganz wegzunehmen, welcher Umſtand ſehr viel zur Stärke
des Magnets beyträgt.
Die beſtreichenden Stäbe dürfen nie anderswo ge-
trennt werden, als am Aequator des Magnets; und ihre
Bewegung über die andern Theile muß langſam und te-
gelmäßig ſeyn.
Die magnetiſche Kraft beſtrichener Nadeln wird ver-
ſtärkt, wenn man ſie einige Zeit in Leinöl leget.
Es kann zur Wirkſamkeit der Operation viel bey-
tragen, wenn die Stäbe A und B, Fig. 100, in die Rich-
tung des magnetiſchen Meridians geſtellt, und gegen den
Horizont unter einem Winkel geneigt werden, welcher der
Inclination der Magnetnadel gleich iſt.
Die dem Magnete auf dieſe Art mitgetheilte Kraft
wird geſchwächt, wenn er unter Eiſen liegt, oder roſtet,
ingleichen durchs Feuer, indem alle dieſe Umſtände die
Richtung des magnetiſchen Stroms ändern oder ver-
wirren.
Man ſtelle eine kleine Magnetnadel auf die Spitze
eines kleinen Stativs, und bringe ſie zwiſchen zween mag-
netiſche Stäbe, ſo daß das nördliche Ende des Stabs
dem ſüdlichen Ende der Nadel entgegenſteht; ſo wird die
kleine Nadel, ohne irgend eine in die Augen fallende Ur-
ſache in eine heftige Schwungbewegung gerathen, und gleich-
ſam belebt ſcheinen, bis ſie mit magnetiſcher Kraft geſät-
tiget iſt; alsdann wird ſie in Ruhe bleiben. Dieſe
Schwungbewegung entſteht vermuthlich aus den unregel-
mäßigen Eindrücken, welche ſie von der magnetiſchen Ma-
über den Magnetiſmus. terie erhält, und aus der Schwierigkeit, welche die Ma-
terie findet, in die Nadel einzudringen.
Alle Urſachen, welche fähig ſind, die magnetiſche
Materie in eine ſtrömende Bewegung zu ſetzen, bringen
auch in den Körpern, welche magnetiſche Kraft anzuneh-
men fähig ſind, einen Magnetiſmus hervor.
Wenn man eiſerne Stäbe heiß macht, und dann
gleichförmig abkühlet, und zwar in verſchiedenen Richtun-
gen, z. B. parallel, perpendiculär oder ſchief gegen die
Richtung der inclinirenden Nadel, ſo erhalten ſie eine Po-
larität nach ihrer Lage; ſie iſt am ſtärkſten, wenn die
Stäbe mit der Inclination der Magnetnadel parallel ge-
weſen ſind, und wird nach und nach immer geringer, bis
auf den Fall, da die Stäbe ſenkrecht auf dieſe Richtung
geſtanden haben, in welchem Falle ſie gar keine beſtimmte
Polarität haben. Wenn aber beym Abkühlen eines eiſer-
nen Stabs in Waſſer das untere Ende beträchtlich heißer,
als das obere, iſt, und das obere zuerſt abkühlet, ſo wird
dieſes bisweilen der Nordpol, obgleich nicht allezeit. Wenn
Eiſen oder Stahl eine gewaltſame Reibung an einer ein-
zelnen Stelle erleiden, ſo erhalten ſie eine Polarität: iſt
das Eiſen weich, ſo dauret der Magnetiſmus nicht viel
länger, als die Wärme anhält. Der Blitz iſt die ſtärkſte
bisher bekannte Kraft, welche einen magnetiſchen Strom
hervorzubringen vermag; er macht gehärteten Stahl in
einem Augenblicke ſtark magnetiſch, und pflegt bisweilen
die Pole einer Magnetnadel umzukehren.
Um einen magnetiſchen Stab mit mehreren Polen
zu machen, ſtelle man Magnete an diejenigen Stellen, an
welche die Pole kommen ſollen. Wenn an eine Stelle
ein Südpol kommen ſoll, ſo müſſen Nordpole an die bey-
den nächſten Stellen geſetzt werden; nunmehr betrachte
man jedes Stück zwiſchen den Unterlagen als einen be-
ſondern Magnet, und beſtreiche es dem gemäß.
VerſuchEs giebt in jedem Magnete gewiſſe Stellen, in
welchen ſeine Kraft gleichſam concentrirt zu
ſeyn ſcheinet.
Man ſtelle einen Magnet auf ein meſſingenes Sta-
tiv, und verſuche, wie viel eiſerne Kugeln er an verſchie-
denen Stellen trägt; ſo wird man finden, daß er gegen
die Enden zu die meiſten trägt, woraus erhellet, daß
ſich daſelbſt die magnetiſche Kraft mit der größten Stärke
zeige.
Man lege ein kleines meſſingenes Gewicht auf das
nördliche Ende der Inclinations-Nadel, und bringe den
Südpol eines Magnets gegen das Ende des getheilten
Bogens, ſo wird derſelbe das Ende der Nadel bis auf
einen gewiſſen Grad zurückſtoßen; nunmehr bewege man
den Magnet nach und nach vorwärts, ſo wird die Nadel
nach und nach herabfallen, bis ſie auf Null kömmt. Be-
wegt man den Magnet weiter fort, ſo wird der Zeiger ge-
gen ihn gezogen.
Die Pole eines Magnets zu finden.
Man lege einen Magnet unter eine Glastafel, ſiebe
etwas Stahlfeile auf das Glas, und ſchlage ſanft mit
einem Schlüſſel darauf, um das Glas in eine ſchwingende
Bewegung zu ſetzen. Dadurch wird ſich die Stahlfeile
losmachen und ſich bald auf eine ſehr angenehme Art ord-
nen; die Stellen des Magnets, von welchen die krum-
men Linien auszugehen, und über welchen die Stahltheil-
chen faſt aufgerichtet zu ſtehen ſcheinen, ſind die Pole.
In dieſem ſowohl, als in vielen andern magneti-
ſchen Verſuchen äußert ſich augenſcheinlich eine magneti-
ſche Kraft, die die Eiſentheilchen aus ihrer natürlichen
Lage in eine andere bringt, und in derſelben mit beträcht-
licher Gewalt erhält.
Noch genauer kann man die Pole eines Magnets
mit einer kleinen Inclinationsnadel beſtimmen. Man
über den Magnetiſmus. ſetze dieſelbe auf einen Magnet, und bewege ſie vor- und
rückwärts, bis die Nadel ſenkrecht gegen den Magnet
ſteht, alsdann wird ſie gerade auf den einen Pol zeigen.
Wenn ſie ſo zwiſchen dem Nord- und Südpole ſteht, daß
beyder gegenſeitige Wirkungen einander das Gleichgewicht
halten, ſo wird der Mittelpunkt der Nadel gerade über
dem Aequator des Magnets ſtehen, und die Nadel wird
mit der Axe genau parallel liegen. Wenu man ſie von
hieraus gegen den einen Pol führet, ſo wird ſie nach Ver-
hältniß ihres Abſtandes von den Polen verſchiedene ſchiefe
Lagen annehmen.
Man halte eine gemeine kleine Nähnadel an einem
durchgezognen Faden einige Secunden lang nahe an einen
Magnet, und bringe ſie dann nach und nach gegen die
Mitte eines magnetiſchen Stabs, ſo wird die Kraft des
Magnets ihrer Schwere ſo ſtark entgegenwirken, daß ſie
in der Luft ſchwebend bleiben, und eine dem Magnetſtabe
beynahe parallele Richtung annehmen wird.
Da es keine magnetiſche Anziehung ohne Polarität
geben kann, ſo wäre es widerſprechend, zu behaupten, daß
ein Magnet eine ſtarke anziehende Kraft haben könne,
ohne zugleich eine ſtarke Polarität zu beſitzen.
Man hänge einen eiſernen Stab ingenauem Gleich-
gewichte an einem Punkte ſo auf, daß er ſich
in einer Horizontalebne frey drehen könne,
und theilte dieſem Stabe die magnetiſche Kraft
mit, ſo wird ſich das eine Ende deſſelben alle-
zeit gegen Norden richten.
Stellt man eine unbeſtrichene Nadel auf eine Spitze,
ſo wird ſie in jeder bsliebigen Richtung ſtehen bleiben;
theilt man ihr aber die magnetiſche Kraft mit, ſo beſtimmt
ſie ſich zu einer gewiſſen Richtung, und kehrt allezeit das
eine Ende gegen Norden, das andere gegen Süden.
VerſuchEs iſt nicht unwahrſcheinlich, daß man in Zukunft
an den meiſten Körpern eine Polarität entdecken werde,
vermöge welcher ſie Richtungen annehmen, die mit den
verſchiedenen Affinitäten der Elemente, aus welchen ſie
zuſammengeſetzt ſind, im Verhältniſſe ſtehen.
Dieſe Richtung der mit dem Magnet beſtrichenen
Nadeln iſt von der größten Wichtigkeit für die menſchliche
Geſellſchaft. Sie ſetzt den Schiffer in Stand, über das
Meer zu ſeegeln, und bringt durch dieſes Mittel die Kün-
ſte, Manufacturen und Kenntniſſe entſernter Länder mit
einander in Verbindung. Der Feldmeſſer, der Mark-
ſcheider und der Aſtronom ziehen aus dieſer wunderbaren
Eigenſchaft mancherley Vortheile.
Der Seecompaß beſteht aus drey Theilen, der Büch-
ſe, der Scheibe und der Nadel.
Die Scheibe iſt ein Kreis von ſteifem Papier, wel-
cher den Horizont vorſtellet, mit den darauf verzeichneten
Weltgegenden; die Magnetnadel wird an der untern Seite
dieſer Scheibe befeſtiget; der Mittelpunkt der Nadel iſt
durchbohrt, und in das Loch iſt eine Haube mit einem ke-
gelförmigen Achate befeſtiget; dieſe Haube ruht auf einer
an den Boden der Büchſe befeſtigten Nadel; die Büchſe
hat einen Glasdeckel, und hängt vermittelſt zweener Stifte
in einem Kaſten.
Es iſt nicht gewiß ausgemacht, wer der erſte Erfin-
der des Seecompaſſes geweſen ſey; einige ſchreiben dieſe
Ehre dem Flavio Gioja von Amalfi in Campanien zu,
welcher im Anfange des 14ten Jahrhunderts lebte, an-
dere leiten die Erfindung aus dem Orient her, noch andere
glauben, ſie ſey ſchon früher in Europa bekannt geweſen.
Die entgegengeſetzten Pole zweener Magnete ziehen
einander an. Die Nordpole zweener Magnete ſtoßen ein-
ander ab, und eben ſo auch die Südpole. Dieſe Phäno
mene laſſen ſich ſehr leicht durch eine Menge angenehmer
Verſuche erläutern.
über den Magnetiſmus.Man hänge eine beſtrichene Nadel an einem Punkte
auf, und halte den Südpol eines Magnets gegen ihren
Nordpol, ſo wird ſie vom Magnet angezogen werden, und
gegen ihn zu fliegen; man halte den andern Pol des Mag-
nets dagegen, ſo wird die Nadel vor demſelben fliehen.
Man befeſtige zwo Nadeln horizontal in zwo Stü-
cken Kork, und ſetze ſie auf Waſſer; kehren ſich nun die
gleichnahmigen Pole gegen einander, ſo werden die Na-
deln einander zurückſtoßen; kehrt man aber die ungleich-
nahmigen Pole gegen einander, ſo werden ſie ſich anzie-
hen und zuſammen kommen.
Man ſtecke die beyden Enden zweener Magnete in
Stahlfeile, welche ſich daran hängen und in Form von
Klumpen oder Fäden herabhangen wird. Man bringe
nun die beyden Nordpole zuſammen, ſo wird die Stahl-
feile des einen der Stahlfeile des andern ausweichen.
Bringt man aber den Nordpol des einen und den Süd-
pol des andern zuſammen, ſo wird ſich die Stahlfeile ver-
binden, und kleine Cirkelbogen von einem Stabe zum
andern bilden.
Man lege einen cylindriſchen Magnet auf eine glatte
horizontale Fläche, und bringe einen ſtählernen Magnet,
der wie ein Fiſch geſtaltet iſt, nahe an denſelben in einer
parallelen Lage. Kehrt man nun den Kopf des Fiſches
gegen das eine Ende des Cylinders, ſo wird der letztere
von dem Fiſche hinweg rollen, kehrt man aber den
Schwanz des Fiſches gegen daſſelbe, ſo rollt der Cylinder
auf den Fiſch zu, und folgt ihm nach.
Auf dieſe beſondere Eigenſchaft des Magnets grün-
den ſich die Verſuche, welche Herr Comus vor einigen
Jahren in London gezeigt hat, und von denen man eine
große Menge in Hoopers Rational Recreation beſchrie-
ben findet. Um die Beſchaffenheit dieſer Verſuche zu er-
läutern, ſchließe man einen Magnet in ein Stück Meſ-
ſing ein, welches die Geſtalt eines Herzes hat, lege das
Herz in ein Käſtgen, ſtelle einen Compaß über das
Verſuch Käſtgen ſo, daß der Nordpunkt gegen das Charnier des
Deckels zu gekehrt iſt, und beobachte die Stellung der Na-
del. Man nehme nunmehr das Herz heraus, lege es um-
gekehrt wieder hinein, und beobachte die Stellung der
Nadel von neuem; behält man nun dieſe Stellungen im
Gedächtniß, ſo kann man leicht wiſſen, wie das Herz lie-
ge, wenn es gleich im Verborgnen iſt hineingelegt worden.
Die magnetiſche Materie bewegt ſich inwendig in
einem Strome von einem Pole zum andern,
und geht dann in krummen Linien äußerlich
fort, bis ſie wieder an den Pol kömmt, in
welchen ſie zuerſt eingieng, und in welchen ſie
nunmehr von neuem eingeht.
Man lege eine Glastafel über einen magnetiſchen
Stab, ſiebe Stahlfeile darauf, und ſchlage ſanft auf das
Glas, ſo werden ſich die Feilſpäne von ſelbſt in eine ſolche
Ordnung legen, welche den Lauf der magnetiſchen Mate-
rie mit großer Genauigkeit darſtellt. Auch die krummen
Linien, in welchen ſie zu dem Pole, in den ſie zuerſt ein-
gieng, wieder zurückkehret, werden durch die Lage der
Stahlfeile ſehr deutlich angezeiget. Die breitſten Curven
entſtehen an der einen Polarfläche und erſtrecken ſich bis
an die andere; ſie ſind deſto breiter, je näher ſie an der
Axe oder an der Mitte der Polarfläche entſpringen; die-
jenigen, welche aus den Seitenflächen des magnetiſchen
Stabes hervorgehen, liegen innerhalb jener, welche aus
den Polarflächen entſpringen, und werden immer enger,
je weiter ſie von den Enden abſtehen. Daß die magnetiſche
Materie zurückgehe, und auswendig die entgegengeſetzte
Richtung von derjenigen habe, in welcher ſie durch den
Magnet durchgeht, das beweiſen die Stellungen einer
kleinen Magnetnadel, wenn man dieſelbe an verſchiedenen
Stellen gegen den Magnetſtab hält. Man ſ. Fig. 103.
über den Magnetiſmus.Je größer der Abſtand beyder Pole des Magnets
iſt, deſto breiter ſind die Curven, welche dus den Polar-
flächen entſpringen.
Die unmittelbare Urſache, warum zwey oder meh-
rere magnetiſche Körper einander anziehen,
iſt der Durchgang eines und ebendeſſelben
magnetiſchen Stroms durch beyde.
Man ſtelle zween Magnete in einiger Entfernung
von einander ſo, daß der Südpol des einen dem Nordpole
des andern entgegen gekehrt iſt, lege eine Glastafel dar-
über, beſtreue dieſelbe mit Stahlfeile, und ſchlage mit ei-
nem Schlüſſel ganz ſanft darauf, ſo werden ſich die Feil-
ſpäne nach der Richtung der magnetiſchen Kraft ordnen.
Die Späne, welche zwiſchen den beyden Polarflächen lie-
gen, und der gemeinſchaftlichen Axe nahe ſind, werden
ſich in gerade Linien legen, welche von dem Nordpole des
einen bis zu dem Südpole des andern Magnets gehen:
die Zwiſchenräume beyder Magnete liegen jetzt in einerley
Richtung, ſo daß die Materie, welche durch A B, Fig.
104, geht, am Pole a die Zwiſchenräume zum Eingange
offen findet. Sie geht daher hinein, kömmt in b heraus
und kehrt gegen A zurück, um ihren Strom durch den
Magnet wieder anzufangen, und ſo bildet ſie eine Atmoſ-
phäre oder einen Wirbel, der auf allen Seiten durch die
elaſtiſche Kraft des andern zuſammengedrückt wird, und
alſo die Magnete gegen einander treibt. In verſchiede-
nen Entfernungen von der Axe beſchreiben die Feilſpäne
reguläre krumme Linien, welche von einem Pole zum an-
dern gehen, und vom Südpole aus bis in die Mitte di-
vergiren, dann aber wieder convergiren, bis ſie an den
Nordpol kommen. Wenn die entgegengeſetzten Pole
weit von einander abſtehen, ſo gehen einige Bogen von
einem Pole bis zum andern Pole eben deſſelben Magnets;
bringt man die Magnete näher zuſammen, ſo entſtehen
Verſuch weniger ſolche Bogen, es gehen deren mehrere von einem
Magnet zum andern, und der Strom der magnetiſchen
Materie ſcheint häufiger und concentrirter.
Während der Zeit, da ſich die Magnete in der an-
gezeigten Lage befinden, bringe man ein kleines unbeſtri-
chenes Stäbchen oder eine Nadel in den Strom der mag-
netiſchen Materie; ſo wird dieſer Strom durchgehen und
der Nadel eine Polarität nach ſeiner Richtung geben.
Aus eben dieſer Urſache wird ein großer Schlüſſel
oder ein anderes unbeſtrichenes Stück Eiſen, ſo lange es
ſich in dem Wirkungskreiſe eines magnetiſchen Pols befin-
det, ein kleineres Eiſen anziehen und tragen, hingegen
daſſelbe fallen laſſen, ſobald es aus dem magnetiſchen
Strome herauskömmt.
Eine Kugel von weichem Eiſen, welche mit einem
Magnet in Berührung iſt, wird eine zweyte Kugel, dieſe
eine dritte u. ſ. w. tragen, bis der magnetiſche Strom zu
ſchwach wird, um ein größeres Gewicht zu halten.
Man drehe einen kleinen Dreher mit einer eiſernen
Axe, und ziehe ihn mit einem Magnet in die Höhe, ſo
wird er ſeine umdrehende Bewegung weit länger fortſetzen,
als wenn man ihn auf dem Tiſche hätte laufen laſſen; man
kann noch einen zweyten und dritten Dreher darunter an-
hängen, nach Verhältniß der Stärke des Magnets, und
ſie werden alle ihre umdrehende Bewegung fortſetzen.
Man ſtellte zween Magnete auf meſſingene Stative
ſo, daß ſie die ungleichnahmigen Pole auf einander zu keh-
ren, ſo kann man auf eine ſehr angenehme Art eine Kette
von eiſernen Kugeln zwiſchen ihnen aufhängen. Bringt
man den Pol eines andern Magnets daran, ſo fallen die
Kugeln herab.
Wenn man ein großes Stück Eiſen an den einen Pol
eines Magnets hält, ſo wird dadurch die anziehende Kraft
des andern Pols verſtärkt, und er in Stand geſetzt, mehr
als ſonſt aufzuheben.
über den Magnetiſmus.Das magnetiſche Zurückſtoßen entſteht aus der An-
häufung der magnetiſchen Materie, und aus
dem Widerſtande, den ſie bey ihrem Eingange
in den Magnet leidet.
Wenn man die beyden gleichnamigen Pole zweener
Magnete nahe an einander bringt, und unter eine mit Ei-
ſenfeile beſtreute Glastafel legt, ſo ordnen ſich die Feilſpäne
in krumme Linien, welche von einander zurück und nach
den entgegengeſetzten Polen zu gehen. Die aus B, Fig.
105 hervorkommende Materie trift gegen D zu Wider-
ſtand an, wird alſo gezwungen zurück und um ihren eignen
Magnet herumzugehen, und ſo entſtehen zween Wirbel,
welche einander im Verhältniß der Stärke des durchgehen-
den Stroms entgegen wirken.
Man nehme eine ſtählerne Nadel, und beſtreiche ſie
von dem Ohr an bis zur Spitze fünf oder ſechsmal mit
dem Nordpole eines Magnetſtabs, ſo wird das Ohr der
Nordpol, und die Spitze der Südpol der Nadel werden.
Das Anziehen und Zurückſtoſſen der Magnete wird
durch zwiſchenſtehende Körper nicht gehindert.
Man ſtecke die Spitze der Nadel in Stahlfeile, ſo wird
ſie eine beträchtliche Menge Feilſpäne mit ſich in die Höhe
nehmen. Nun nehme man den Magnetſtab in die eine Hand,
und die Nadel mit den Feilſpänen in die andere, halte beyde
mit dem Horizont parallel und ſo, daß ſich die Spitze der
Nadel gegen den Südpol des Magnets zu kehret, ſo wer-
den die Feilſpäne von der Nadel abfallen; ſobald dieß ge-
ſchieht, ziehe man die Nadelſpitze aus dem Wirkungskreiſe
des Magnets hinweg, ſo wird ſie dadurch ihre anziehende
Kraft verlieren, und keine Stahlfeile mehr anziehen. Wird
die Nadel nicht weggenommen, ſondern einige Minuten
lang ½ Zoll weit von dem Stabe ab gehalten, ſo wird ihre
Polarität umgekehrt.
Man hänge eine Anzahl Kugeln aneinander an den
Nordpol eines Magnets, und halte den Südpol eines an,
Verſuch dern Magnets an eine von den mittlern Kugeln, ſo wer-
den alle unter derſelben hängenden Kugeln aus dem mag-
netiſchen Strome herauskommen und herunterfallen; die
Kugel, an welche man den Magnet gehalten hat, wird
von demſelben angezogen werden, und alle übrigen werden
zwiſchen beyden Magneten hängen bleiben. Hält man den
Nordpol eines Magnets dagegen, ſo wird die Kugel, an
welche derſelbe gehalten wird, ebenfalls herabfallen.
Einige alte Schriftſteller vom Magnet führen eine
beſondere Erſcheinung an. Wenn man nemlich zween
Magnete, einen ſtärkern und einen ſchwächern, mit ihren
zurückſtoßenden Polen zuſammenbringe, ſo komme die
magnetiſche Kraft des ſchwächern in Unordnung, und er-
hole ſich erſt nach einigen Tagen wieder; die Polarität
des berührten Theils werde durch die ſtärkere Kraft umge-
kehrt; da aber dieſe Kraft nicht weit über die Polarfläche
hinausreiche, ſo ſey die unveränderte Kraft im übrigen
Theile des Steins im Stande, durch ihre entgegengeſezte
Gewalt den in Unordnung gerathenen Theil des Steins in
wenig Tagen wiederherzuſtellen.
Man hat noch kein gewiſſes Geſetz entdecken können,
nach welchem ſich die Anziehung des Magnets richtete;
denn in verſchiednen Magneten verändert ſich die Kraft
in verſchiedenen Entfernungen ganz anders. Man hat
übrigens die magnetiſche Anziehung nicht vom Mittel-
punkte der Magnete, ſondern von den Polen aus zu rech-
nen.
Ob man gleich viele Verſuche gemacht hat, zu ent-
decken, ob die Kraft, durch welche zween Magnete einan-
der anziehen oder zurückſtoßen, nur bis auf eine gewiſſe
Entfernung wirke, ob der Grad ihrer Wirkung innerhalb
und in dieſer Entfernung gleichförmig oder veränderlich
ſey, und in welchem Verhältniſſe zur Entfernung er ab
oder zunehme, ſo hat man doch nichts weiter ſchließen
können, als daß die magnetiſche Kraft ſich manchmal wei-
über den Magnetiſmus. ter erſtrecke, als zu anderer Zeit, und daß ihr Wirkungs-
kreis veränderlich ſey.
Je kleiner der Magnet iſt, deſto größer iſt, bey
übrigens gleichen Umſtänden, ſeine Gewalt im Verhält-
niß mit ſeiner Größe. Dennoch wird die magnetiſche Kraft
durch die Einwirkung beyder Pole auf einander geſchwächt,
wenn die Axe allzukurz iſt, und alſo die Pole einander ſehr
nahe liegen. Es giebt noch viele andere Urſachen, welche
große Unregelmäßigkeit in der Anziehung der Magnete
verurſachen. Wenn man das Ende eines Magnets in
Stahlfeile taucht, ſo vertheilt ſich die Stahlfeile ſelten
gleichförmig, ſie legt ſich vielmehr fleckweiſe an, und liegt
an manchen Stellen dicker, als an andern. Man kann
die Stärke der magnetiſchen Anziehung in ebenderſelben
Entfernung verändern, wenn man die Magnete um ihre
Axe umwendet, und dadurch macht, daß ſich andere Stel-
len der Polarflächen auf einander zu kehren. Wenn man
einen ſtärkern Magnet an einen ſchwächern bringt, ſo zeigt
ſich eine Art von Repulſion zwiſchen den gleichnamigen
Polen, aber ſie wird durch die Anziehung des ſtärkern
Magnets überwunden.
Wenn eine beſtrichene Nadel nahe an einen Magnet
geſtellt wird, ſo wird ihre Richtung nach dem magne-
tiſchen Meridian geſtöret, und ſie nimmt eine andere
Richtung an, welche von ihrer Lage gegen die Pole des
Magnets und von ihrer Entfernung von denſelben ab-
hängt. Man ſtelle eine kleine Nadel auf eine meſſingene
Spitze, und bringe ſie gegen den Magnet, ſo wird ſie ſich
verſchiedentlich richten, je nachdem es ihr Abſtand von
den Polen des Magnets mit ſich bringt. Auf eine noch
angenehmere Art kann man dieſe verſchiedenen Lagen und
Richtungen beobachten, wenn man mehrere beſtrichene
Nadeln zugleich um einen magnetiſchen Stab herum ſtellt.
Auch die Bewegung einer kleinen Inclinationsnadel er-
Verſuch läutert dieſes Phänomen. Aus den drey letzten Verſuchen
kann man verſchiedene andere herleiten, um die krummen
Linien genau zu unterſuchen, nach welchen der Magnet
wirkt, und einige der wichtigſten Zweige der Lehre vom
Magnet mehr zu erläutern.
Der nördliche Magnetiſmus wird durch Verbindung
mit dem ſüdlichen aufgehoben, und umgekehrt. Daher
iſt klar, daß die beyden magnetiſchen Kräfte einander ent-
gegenwirken, und wenn ſie beyde einerley Arme eines
Magnets mitgetheilt werden, dieſer Arm die Kraft des
ſtärkern Magnetiſmus erhält, und zwar in der Propor-
tion, in welcher derſelbe den ſchwächern übertrift.
Zween gerade Magnete werden nicht ſchwächer, wenn
ſie mit einander parallel ſo gelegt werden, daß die un-
gleichnamigen Pole einander gegenüber ſtehen, und ihre
Enden durch zwey Stücken Eiſen mit einander verbunden
werden, welche den Umlauf der magnetiſchen Materie
befördern und unterhalten; man muß aber die Magnete
nie einander berühren laſſen, wofern ſie nicht in einerley
Richtung und mit den ungleichnamigen Polen beyſam-
men liegen.
Einen einzelnen geraden Magnet muß man allezeit
mit ſeinem Südpole gegen Norden oder niederwärts in der
nördlichen magnetiſchen Halbkugel halten, umgekehrt aber
in der ſüdlichen. Eiſen muß man in unſerer Halbkugel
nie anders als mit dem Südpole eines geraden Magnets
aufheben.
Jede Art von gewaltſamen Schlagen ſchwächt die
Kraft eines Magnets; ein ſtarker Magnet iſt durch ver-
ſchiedene ſtarke Hammerſchläge ſeiner Kraft gänzlich be-
raubt worden, und überhaupt alles, was die innere Zu-
ſammenſetzung und Anordnung der Theile eines Magnets
ſtört oder ändert, z. B. das Beugen eines geraden eiſer-
nen Stabs oder Draths u. ſ. w., thut auch ſeiner Kraft
Schaden.
über den Magnetiſmus.Man fülle eine kleine trockne Glasröhre mit Eiſen-
feile, drücke dieſelbe feſt zuſammen und beſtreiche dann
die Röhre ſo, als ob es ein ſtählerner Stab wäre, ſo wird
ſie eine leichte Nadel u. dgl. anziehen; ſchüttelt man aber
die Röhre ſo, daß die Lage der Feilſpäne verändert wird,
ſo verſchwindet die magnetiſche Kraft.
Obgleich ein gewaltſames Schlagen den bereits er-
haltenen Magnetiſmus auſhebt, ſo giebt doch ebendaſſelbe
dem Eiſen eine Polarität, wenn es dieſelbe vorher noch
nicht hatte; einige wenige ſtarke Hammerſchläge geben
einem eiſernen Stabe die Polarität, und wenn man den
Stab in vertikaler Stellung hält, und erſt das eine, dann
das andere Ende deſſelben hämmert, ſo kann man die Pole
verändern. Dreht man ein langes Stück Eiſendrath
mehrere male vor- und rückwärts, bis es zerbricht, ſo
findet man die zerbrochene Stelle magnetiſch.
Wird ein Magnet durch die Axe geſchnitten, ſo
ſtoßen beyde Stücke, die vorher zuſammen hiengen, ein-
ander zurück.
Durchſchneidet man einen Magnet ſenkrecht durch
ſeine Axe, ſo bekommen die Theile, welche vorher zuſam-
men hiengen, entgegengeſetzte Pole, und es wird aus je-
dem Stück ein neuer Magnet.
Aus dieſen und ähnlichen Verſuchen ſchließt Herr
Beles, daß der Magnetiſmus aus zwoen verſchiedenen
Kräften beſtehe, welche in ihrem natürlichen Zuſtande
verbunden ſind, und nur wenig merkliche Wirkung thun,
doch einander ſelbſt jederzeit ſtark anziehen; wenn ſie aber
mit Gewalt getrennt werden, eben ſo, wie die Kräfte der
Elektricität wirken. Denn, wenn der Magnetiſmus in
zweyen verſchiedenen Stücken Stahl durch den Südpol ei-
nes Magnets erregt wird, ſo ſtoßen die Enden einander
zurück; wird aber das eine Stück mit dem Nordpole und
Verſuch das andre mit dem Südpole beſtrichen, ſo ziehen ſie einan-
der an. Er nimmt ferner an, daß ein Magnet nicht ganz
nach dem Verhältniß ſeiner eignen Stärke, ſondern auch
nach dem Verhältniß der Menge des anzuziehenden Eiſens
anziehe und angezogen werde; daß der Magnetiſmus eine
allem Eiſen anhängende Eigenſchaft ſey, die von demſel-
ben nicht könne getrennt werden; denn das Feuer, ob es
gleich den ſchon vorhandenen Magnetiſmus aufhebt, beraubt
doch das Eiſen nicht ſeiner natürlichen Menge von magne-
tiſcher Materie, es giebt ihm vielmehr eine Polarität,
oder einen beſtimmten Magnetiſmus, je nachdem man das
Eiſen auf verſchiedene Art erhitzet oder abkühlet.
In einem unbewafneten Magnet geht der magneti-
ſche Strom auf allen Seiten in krummen Linien gegen die
entgegengeſetzten Pole zurück; ſetzt man aber Armaturen
oder eiſerne Platten an jeden Pol, ſo wird die Richtung
der magnetiſchen Materie verändert, und in den Fuß der
Armatur geleitet, wo ſie ſich concentriret, ſo daß der Strom
der magnetiſchen Materie, welcher ſonſt von einem Pole
zum andern geht, wenn man an die Füße der Armaturen
einen eiſernen Träger anbringt, von einem Fuße zum an-
dern durch den Träger geleitet wird, wodurch eine Anzie-
hung von beträchtlicher Stärke bewirkt wird. Man kann
auch zwiſchen beyden Füßen eine Kette von Kugeln anſtatt
des Trägers anbringen.
Man lege den armirten Magnet unter eine mit
Stahlfeile beſtreute Glasſcheibe, ſo wird ſich die Feile in
krumme Linien ordnen, die von einem Fuße zum andern
gehen.
Die Armatur muß von weichem Eiſen, das ein recht
gleichförmiges Korn hat, gemacht, und an die Enden
des Magnets wohl angepaßt werden; auch muß ſie deſto
dicker ſeyn, je größer der Abſtand beyder Pole von einan-
der iſt.
über den Magnetiſmus.Herr Savery führt verſchiedene Beyſpiele an, um
die Gewalt und Wirkung des Magnetiſmus der Erdkugel
daraus zu erklären, unter andern bemerkt er, daß eiſerne
Stangen kleine Stückchen Eiſen halten. Er hieng eine
5 Schuh lange eiſerne Stange an einer am obern Ende
befeſtigten Schlinge auf, wiſchte das untere Ende der-
ſelben und die Spitze eines eiſernen Nagels ſorgfältig
ab, damit kein Staub oder Feuchtigkeit die vollkomme-
ne Berührung beyder verhindere; alsdann hielt er den
Nagel mit aufwärts gekehrter Spitze unter den Stab,
drückte ihn hart daran, hielte den Finger etwa 30
Secunden lang unter den Kopf des Nagels, und zog
denſelben alsdann ſanft niederwärts, ſo daß der Na-
gel nicht in Schwingung gerathen konnte; fiel er her-
ab, ſo wiſchte er die Spitze, wie zuvor, ab, und ver-
ſuchte eine neue Stelle an der Grundfläche der Stan-
ge. Waren beyde Enden der Stange gleich geſtaltet,
und hatte ſie keine beſtändige magnetiſche Kraft, ſo
war es gleichgültig, welches Ende er unterwärts kehr-
te; hatte ſie aber einen geringen Grad von Polarität,
ſo gieng der Verſuch mit einem Ende beſſer von ſtat-
ten, als mit dem andern.
Das obere Ende A eines langen eiſernen Sta-
bes, welcher keine beſtimmte Polarität hat, wird das
nördliche Ende einer Magnetnadel anziehen, das un-
tere Ende B aber wird daſſelbe zurückſtoßen; kehrt
man aber den Stab um, ſo wird B, welches nun-
mehr das obere Ende iſt, den Nordpol der Nadel,
den es vorher zurückſtieß, anziehen. Eben ſo iſt der
Fall, wenn der Stab horizontal in den magnetiſchen
Meridian gelegt wird, das ſüdwärts gekehrte Ende
wird ein Nordpol ſeyn.
Eiſerne Fenſterſtäbe, welche lange Zeit in einer
vertikalen Stellung geſtanden haben, erhalten eine be-
Verſuch ſtimmte Polarität. Leuwenhoek gedenket eines eiſer-
nen Kreuzes, welches auf 200 Jahre lang auf der Spitze
eines Kirchthurms geſtanden, und einen ſtarken bleiben-
den Magnetiſmus erhalten hatte.
Die Nadel des Seecompaſſes zeigt nicht genau
nach Norden, ſondern verändert ihr Azimuth,
und weicht bisweilen oſtwärts, bisweilen weſt-
wärts vom Meridian ab.
Dieſe Abweichung vom Meridian wird die De-
clination oder Variation der Nadel genennt, und
iſt an verſchiedenen Orten der Erde verſchieden, hier
weſtlich, dort öſtlich, auch an Orten, wo ſie nach ei-
nerley Gegend geht, dennoch von verſchiedener Größe.
Man hat zwar die Richtung des Seecompaſſes ſchon
im vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert zum Ge-
brauch der Schiffahrt angewendet; aber man findet keine
Spur, daß man damals etwas von ihrer Abweichung von
Norden und Süden gewußt habe.
Colom ſoll zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts
auf ſeiner Reiſe nach Amerika die Variation der Magnet-
nadel zuerſt gemuthmaſſet haben. Aber der erſte, der
ihre Wirklichkeit außer Zweifel ſetzte, und fand, daß ſie
an einerley Orte bey allen Nadeln die nehmliche ſey, iſt
nach allgemeinem Geſtändniß Sebaſtian Cabot im
Jahre 1497 geweſen.
Man hielt dieſe Variation nach ihrer Entdeckung
durch Cabot lange Zeit für unveränderlich; bis Gel-
librand, ohngefähr im Jahr 1625, fand, daß ſie auch
an einem und ebendemſelben Orte zu verſchiedenen Zeiten
verſchieden ſey.
Wenn eine genau im Gleichgewicht aufgehangene
Magnetnadel ſich frey in einer vertikalen Ebne drehen
über den Magnetiſmus. kann, ſo neigt ſich ihr Nordpol unter den Ho-
rizont, und ihr Südpol erhebt ſich über den-
ſelben; dieſe Eigenſchaft, welche die Inclination
oder Neigung der Nadel heißt, ward von Robert
Normann um das Jahr 1576 entdeckt.
Es iſt hieraus klar, daß ſich die magnetiſche Kraft
an der Nadel des Compaſſes auf eine doppelte Art äußert,
einmal indem ſie ſich nach dem magnetiſchen Meridian
richtet, das anderemahl, indem ſie einen Winkel mit dem
Horizonte macht.
Die Stellung der inclinirenden Nadel, wenn ſie
im magnetiſchen Meridiane ruht, wird die magneti-
ſche Linie genannt.
Man hat verſchiedene Arten von runden Magneten,
unter dem Namen der Terrellen (terrellae) gemacht, um
die Phänomene der Variation und Neigung der Nadel
durch Beobachtungen der Stellungen des Compaſſes an
verſchiedenen Punkten der Terrellen, und Vergleichung
derſelben mit den beobachteten Stellungen der Magnet-
nadel an verſchiedenen Orten der Erde, zu erklären. Zwar
hat man hierinn wegen unvollkommner Einrichtung dieſer
Kugeln noch wenig glücklichen Fortgang gemacht; inzwi-
ſchen hat doch Herr Magellan eine angegeben, von
welcher ſich hoffen läßt, daß man ſie wirklich zu Ent-
deckung der Geſetze, nach welchen ſich dieſe räthſelhaften
Erſcheinungen richten, werde gebrauchen können. Man
wird finden, daß die meiſten Phänomene der Richtung der
Magnetnadel mit den Erſcheinungen einer auf die Terrelle
geſtellten Nadel übereinſtimmen.
Um das Jahr 1722 und 1723 machte Georg
Graham eine Menge Beobachtungen über die tägliche
Variation der Magnetnadel. Im Jahr 1750 fand
Herr Wargentin eine reguläre tägliche Veränderung
der Declination, ingleichen eine Störung derſelben bey
Verſuch Nordlichtern. Um das Ende des Jahrs 1756 fieng
Herr Canton ſeine Beobachtungen über die Variation
an, und 1759 theilte er der königlichen Societät folgende
wichtige Versuche mit.
Er hatte ſeine Beobachtungen 603 Tage lang fort-
geſetzt, und an 574 Tagen die tägliche Veränderung re-
gelmäßig befunden. Die damalige weſtliche Ab-
weichung der Nadel nahm von 8 oder 9 Uhr
des Morgens bis etwa 1 oder 2 Uhr des Nach-
mittags zu; alsdann ſtand die Nadel eine Zeitlang
ſtill, endlich gieng ſie wieder zurück, bis ſie in der Nacht,
oder am nächſten Morgen wieder an ihre vorige Stelle
kam.
Dieſe tägliche Veränderung iſt irregulär, wenn ſich
die Nadel im erſten Theile des Vormittags oſtwärts, oder
im letzten Theile des Nachmittags weſtwärts beweget;
auch wenn ſie ſich in der Nacht ſtark oder plötzlich und in
kurzer Zeit nach beyderley Seiten beweget.
Dergleichen Unregelmäſſigkeiten kommen ſelten öfter,
als monatlich ein bis zweymal vor, und ſind jederzeit mit
einem Nordlichte begleitet.
Die anziehende Kraft eines Magnets nimmt ab,
indem er erwärmt wird, und wächſt, indem er abkühlet;
je ſtärker ein Magnet iſt, deſto mehr verliert er in eben
demſelben Grade der Wärme.
Erſter Verſuch.
Herr Canton ſtellte an die Gegend Oſt-Nord-Oſt
eines Compaſſes, der etwas über 3 Zoll im Durchmeſſer
hatte, einen kleinen 2 Zoll langen, ½ Zoll breiten und
\nicefrac {3}{20} Zoll dicken Magnet parallel mit dem magnetiſchen
Meridian, und ſo weit ab, daß die Kraft ſeines ſüdli-
chen Endes gerade im Stande war, den Nordpol der
Nadel auf Nord-Oſt, oder auf 45° zu halten.
über den Magnetiſmus.Nachdem er den Magnet mit einem meſſingenen
Gewichte von 16 Unzen beſchweret hatte, goß er ohnge-
fähr 2 Unzen ſiedendes Waſſer darauf, wodurch der
Magnet etwa 7 – 8 Minuten lang nach und nach erhitzt
ward, während dieſer Zeit bewegte ſich die Nadel etwa
¾; Grad weſtwärts, und ſtand bey 44¼° ſtill; binnen 9
Minuten kam ſie um ¼ Grad, oder bis 44½° zurück,
brauchte aber einige Stunden Zeit, ehe ſie ihre vorige
Stellung auf 45° wieder erhielt.
Zweyter Verſuch.
Er ſtellte an jeder Seite des Compaſſes parallel mit
dem magnetiſchen Meridian, einen ſtarken Magnet von
der obenerwähnten Größe ſo, daß die ſüdlichen Enden
beyder Magnete gleich ſtark auf den Nordpol der Nadel
wirkten, und dieſelbe in dem magnetiſchen Meridiane
erhielten; ward aber einer von den Magneten weggenom-
men, ſo zog der andere die Nadel ſo an, daß ſie auf 45°
ſtand. Jeder Magnet ward nunmehr mit einem Ge-
wichte von 16 Unzen beſchwert. Auf den ötlichen
Magnet wurden zwo Unzen ſiedendes Waſſer gegoſſen,
und die Nadel bewegte fich in einer Minute um einen
halben Grad, und fuhr 7 Minuten lang fort, ſich
weſtwärts zu bewegen, wodurch ſie bis 2¾;° kam. Hier
ſtand ſie eine Zeit lang ſtill, kam aber in 24 Minuten
vom erſten Anfange gerechnet, auf 2½, und in 50 Mi-
nuten auf 2¼° zurück. Er füllte nunmehr das weſtliche
Gewicht mit ſiedendem Waſſer, wobey die Nadel in
einer Minute auf 1¼° zurückkam, in 6 Minuten dar-
auf ſtand ſie ½° öſtlich; und etwa 40 Minuten dar-
nach kehrte ſie zu dem magnetiſchen Nordpunkte, d. i.
in ihre anfängliche Stellung zurück.
Es iſt klar, daß die magnetiſchen Theile der Erde
auf der Oſtſeite des magnetiſchen Meridians den Nord-
Verſuch pol der Nadel eben ſo ſtark anziehen, als die magneti-
ſchen Theile auf der Weſtſeite deſſelben. Werden nun
die öſtlichen Theile Vormittags eher von der Sonne er-
wärmt, als die weſtlichen, ſo wird ſich die Nadel
weſtwärts bewegen, und ihre weſtliche Variation wird
größer werden; wenn die Wärme der anziehenden
Theile der Erde auf jeder Seite des magnetiſchen Me-
ridians gleich ſtark zunimmt, ſo wird die Nadel ſtill
ſtehen, und die Variation wird alsdann am größten
ſeyn; wenn aber die weſtlichen magnetiſchen Theile ent-
weder ſchneller erwärmt werden, oder langſamer abküh-
len, als die öſtlichen, ſo wird ſich die Nadel oſtwärts
bewegen, oder die weſtliche Abweichung wird abnehmen,
und wenn die üſtlichen und weſtlichen Theile gleich ge-
ſchwind abkühlen, ſo wird die Nadel wieder ſtill ſtehen, und
ihre weſtliche Abweichung am kleinſten ſeyn. Man kann
dies noch mehr erläutern, wenn man den Compaß mit
den beyden Magneten, wie im letzten Verſuche, an einem
Sommertage hinter einen Sonnenſchirm ſtellt; denn
wenn der Schirm ſo geſtellt wird, daß die Sonne nur
den öſtlichen Magnet beſcheinen kann, ſo wird die Nadel
ihre Richtung merklich ändern, und ſich weſtwärts be-
wegen; ſteht aber der öſtliche Magnet im Schatten, in-
dem die Sonne auf den weſtlichen ſcheint, ſo geht die
Nadel nach der andern Seite. Nach dieſer Theorie muß
die tägliche Variation im Sommer größer, als im Win-
ter ſeyn; die Beobachtungen ſtimmen hiemit äberein,
und ſie wird im Junius und Julius faſt doppelt ſo groß,
als im December und Januar, geſunden.
Die unregelmäßige tägliche Variation muß von
einer andern Urſache, als von der Sonnenwärme, ent-
ſtehen; und hier müſſen wir unſere Zuflucht zu der unter-
irdiſchen Wärme nehmen, welche keine regelmäßige Be-
ziehung auf die Zeit hat, und dennoch, wenn ſie ſich in den
nordiſchen Gegenden vergrößert, die anziehende Kraft
über den Magnetiſmus. ber magnetiſchen Erdtheile gegen den Nordpol der Nadel
verſtärkt. D. Hales hat im Anhange des zweyten Ban-
des ſeiner Statiſchen Verſuche eine gute Beobachtung
über dieſe Wärme. “Daß die Wärme der Erde, ſagt
er, in einiger Tiefe unter der Oberfläche, Einfluß auf
die Beförderung des Thauens und auf den Uebergang
vom Froſte zum Thauwetter habe, iſt aus folgender
Beobachtung klar. Am 27ſten November 1731 war
der wenige Schnee, der die Nacht über gefallen war,
den Vormittag darauf um eilf Uhr, mehrentheils ge-
ſchmolzen, einige Stellen im Park ausgenommen, wo
es Waſſerbehältniſſe gab, die mit Erde bedeckt waren,
auf welchen der Schnee liegen blieb, die Behältniſſe
mochten mit Waſſer angefüllt, oder leer ſeyn; ſo wie
auch an denjenigen Stellen, wo Röhren unter der Erde
lagen. Ein Beweis, daß dieſe Behältniſſe die Wär-
me der Erde aufhielten, und aus der Tiefe hervorzu-
dringen hinderten; denn der Schnee blieb auch an Or-
ten liegen, wo die Behältniſſe mit mehr als 4 Schuh
hoch Erde bedeckt waren. So blieb er auch auf dem
Strohe, den Ziegeln, und den obern Flächen der Mau-
ern liegen.”
Daß die Luft zunächſt an der Erde durch die Wär-
me der Erde erwärmt werde, fällt in die Augen; der
D. Miles hat zu Tooting in Surren darüber häufige
Beobachtungen mit Thermomet?rn angeſtellt, die er früh
vor Tage in verſchiedenen Höhen über der Erde aufſtellete,
wie er im 48ſten Bande der Transactionen umſtändlich
erzählet.
Man kann die Nordlichter, welche zu der Zeit er-
ſcheinen, wenn die Richtung der Nadel durch die Wärme
der Erde verändert wird, für Elektricität der erwärmten
Luft über der Erde annehmen. Sie erſcheinen haupt-
ſächlich in den nordiſchen Gegenden, weil daſelbſt die
Verſuch über den Magnetiſmus. Veränderungen der Wärme am größten ſind. Dieſe
Hypotheſe wird wahrſcheinlich, wenn man bedenkt, daß
die Elektricität die Urſache des Donners und Blitzes iſt,
und daß man ſie zur Zeit des Nordlichts aus den Wolken
ziehen kann; daß die Bewohner der Nordländer vorzüg-
lich ſtarke Nordlichter bemerken, wenn nach ſtrenger Kälte
plötzliches Thauwetter einfällt, daß man auch nunmehr
eine Subſtanz kennet, welche ohne Reiben, bloß durch
Zunehmen oder Abnehmen ihrer Wärme, elektriſch wird.
Dieſes iſt der Turmalin. Legt man denſelben auf eine
erwärmte Glas, oder Metallplatte, ſo daß beyde gegen
die Fläche der heißen Platte ſenkrecht geſtellte Seiten
gleich ſtark erwärmt werden, ſo wird während der Er-
wärmung die eine Seite eine poſitive, die andere eine
negative Elektricität zeigen; eben dies wird geſchehen,
wenn man ihn aus ſiedendem Waſſer nimmt, und abküh-
len läßt, nur daß diejenige Seite, welche beym Erwär-
men poſitiv war, beym Abkühlen negativ, und die vor-
her negative Seite jetzt poſitiv wird.