Paris, 19 Jan. (Sonntag.)
Das Journal de Francfort schreibt aus Paris vom 17 Jan.: „Sie werden sich wundern, nichts mehr von den Verhören des Hrn. Karl Durand zu hören. Diese dem Gebrauche der französischen Tribunale so wenig entsprechende Langsamkeit der Procedur ward mir von einer Person, der ich vertrauen kann, auf folgende Art erklärt. Sie erinnern sich ohne Zweifel, daß eine Pariser Correspondenz der Allgemeinen Zeitung gemeldet hat, Hr. Durand habe sich in seinen Verhören als vertrauten Agenten der russischen Regierung erklärt. Eine solche Angabe Durands, so unwahrscheinlich sie auch war, compromittirte das Petersburger Cabinet doch sehr ernstlich. Auch ließ die französische Regierung sogleich die Procedur suspendiren, um der russischen Regierung alles Geschehene mitzutheilen. Beruhigt durch die bestimmtesten und befriedigendsten Antworten soll sie der russischen Regierung angeboten haben, die Untersuchung ganz niederzuschlagen. Das Petersburger Cabinet aber, um einen Beweis seiner großen Loyalität zu geben, und zu zeigen, wie sehr es den ihm zugeschriebenen Umtrieben fremd ist, hat im Gegentheil verlangt, daß die Untersuchung neuerdings mit der größten Oeffentlichkeit wieder vorgenommen werde, in der sichern Ueberzeugung, daß nichts daraus hervorgehen werde, was den geringsten Schatten auf die seiner Politik als Regel dienende Redlichkeit werfen könnte. Sie dürfen also erwarten, daß die Untersuchung bald wieder mit der Thätigkeit beginnen werde, welche diese wichtige Sache erfordert, und überzeugt seyn, daß die Lösung nicht lange auf sich warten lassen wird.“
Das Commerce, unter dem Einflusse des mit Thiers immer rivalisirenden Mauguin erscheinend, sagt über des erstern Rede: „Die Allianz der englischen Regierung hat allerdings ihren Werth und ihre Vortheile; man darf aber nicht die Thatsachen entstellen und die Ehre seines Landes zu Gunsten eines fremden opfern. Hr. Thiers hat sich in seiner Rede vielfach auf solche Weise vergangen. Hr. Thiers hat dem gerechten Schrecken, von welchem die englische Aristokratie durch die Ausschweifungen der Revolution und des Kaiserreichs betroffen worden, den hartnäckigen, ungerechten, civilisationswidrigen Krieg zugeschrieben, welchen jene Aristokratie 25 Jahre lang gegen uns geführt hat. Hr. Thiers, der Verfasser der Revolutionsgeschichte, hat sonach das, was er uns selbst gelehrt, vergessen, daß nämlich der englische Krieg und das englische Gold es waren, welche den Wahnsinn des Schreckens hervorgerufen und genährt
haben. Er hat sonach vergessen, daß in dem Kampfe, worin Napoleon unterlegen ist, die Ungerechtigkeit, die Unredlichkeit, die Verbrechen aller Art, selbst der bezahlte Mord, zu den gewohnten Mitteln Englands gehörten, und daß jener denkwürdige Kampf der Kampf der Rechtlichkeit und des Genie's gegen die Perfidie und das Geld gewesen ist. Daß man diese Erinnerungen nicht aufweckt, begreifen wir; daß aber in einer französischen Kammer ein französischer Redner auftritt, der Geschichte widerspricht, Frankreich das Unrecht eines Angriffs aufbürdet, wo wir Alles, nur nicht die Gerechtigkeit, gegen uns hatten, dieß begreifen wir nicht. Dabei ist aber Hr. Thiers nicht stehen geblieben. Nachdem er die Vergangenheit entstellt, will er uns Illusionen für die Gegenwart geben. Seiner Ansicht nach wäre England über die Tractate von 1815 enttäuscht; es wäre bereit, sie aus Freundschaft für uns wieder umzuarbeiten; es würde zugeben, daß sich die Continentalmacht Frankreichs vergrößerte. An welchen Symptomen hat Hr. Thiers diese Geneigtheit erkannt? Etwa an der uneigennützigen Politik, worin England unsere Regierung in den letzten zehn Jahren fest gehalten hat? Etwa an seinen Intriguen, um sich ausschließlich des Handelsmonopols in Spanien zu bemächtigen? Etwa an den beständigen Protestationen seiner halbamtlichen Journale gegen den Ehrgeiz Frankreichs? Etwa in der von ihm beständig an den Tag gelegten Opposition gegen jede Vereinigung Belgiens und des Rheinufers mit unsern Gränzen? Etwa in der im vorigen Jahre zu Stande gebrachten Zerstückelung des Königreichs Leopolds, in dem Deutschland gegen uns gegebenen Luxemburg? Endlich etwa in der von Hrn. Thiers selbst der englischen Diplomatie zugeschriebenen Aeußerung: es liegt wenig daran, ob die Belgier geopfert werden? Nein, England wünscht keine Revision der Tractate von 1815, und unsre Allianz mit ihm auf solche Hoffnungen stützen, heißt das Land durch Chimären irre führen. Während Hr. Thiers Frankreich in dem Kriege von 1792 Unrecht gibt, schiebt er auch dem Manne, welcher das französische Interesse im Orient repräsentirt, dem Pascha von Aegypten, alles Unrecht der gegenwärtigen Lage zu. Nach Hrn. Thiers ist England gegen Mehemed Ali aufgebracht, weil er den Weltfrieden gestört habe. Hier hat wiederum Hr. Thiers allgemein bekannte Thatsachen vergessen. Nicht der Pascha, sondern die Intriguen Englands sind es, welche diesen Frieden gestört haben. England ist es, das die Leidenschaften Mahmuds angeblasen, ihm die Officiere für seine Heere, die Lehrer und die Matrosen zur Organisirung seiner Flotte geliefert. England ist es, das den Oberbefehlshaber des Sultans auf das Schlachtfeld von Nisib hingedrängt hat. England ist es, das nach der Niederlage den Muth Mahmuds wieder aufzurichten suchte, das ihm neuerdings Waffen und Officiere anbot und ihm vorstellte, daß sich eine verlorne Schlacht ja wieder gutmachen lasse. Diese historischen Wahrheiten sind in der Frage von Bedeutung, denn man wird ohne Zweifel nicht annehmen, daß Lord Ponsonby einen solchen Brand angefacht habe, um den Russen Anlaß zu geben, ihre Fahnen wieder an den Gestaden des Bosporus wehen zu lassen. Nur ein großes Interesse konnte es zu dem Entschlusse bringen, eine solche Gefahr zu laufen, und dieses große Interesse war die Zerstörung der Macht Mehemeds, um durch Aegypten in den Besitz der neuen Straße nach Ostindien zu kommen. Wie konnte hiernach Hr. Thiers sagen, England sey nicht der Feind Mehemed Ali's, und strebe nicht nach der Eroberung Aegyptens? Wenn er es glaubt, so hüte man sich wohl, ihm das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten zu geben, denn dann ist er der unschuldigste der Dupes, die jemals Lord Palmerston gemacht hat. Wenn er es nicht glaubt ... doch wir nehmen an, daß er es glaubt. Inzwischen gehört die Frage zu den allerbedeutsamsten, und die öffentliche Meinung darf sich nicht leichtsinnig der Aufrichtigkeit des Hrn. Thiers überlassen. Die Frage berührt den reichsten Verkehr der Welt, und es handelt sich davon, wem er zufallen soll, Frankreich oder England. Die bewundernswürdige Rede des Hrn. Mauguin hat uns gezeigt, wie in Folge der Bemühungen und der Fortschritte der Russen der Handel Asiens eine andere Richtung nehmen, und über das schwarze Meer und die Donau gehen müßte, wenn man nicht eine kürzere Straße, als die um das Cap der guten Hoffnung schaffen würde. Diese Straße ist gefunden, es ist die über den Isthmus von Suez, der wohlfeilste und der geradeste Weg zwischen Europa und Indien. Aegypten ist zum Entrepot dieses unermeßlichen Handels bestimmt. Dieß ist schon ein hinreichender Grund, daß sich England um jeden Preis Alexandria's und Kairo's bemächtigen will. Dieser Grund ist aber nicht der einzige. Auf der andern Seite des ägyptischen Gestades erhebt sich eine Nation, blüht ein Hafen, die von Natur durch ihre geographische Lage bestimmt sind, als Vermittler der Berührungen Europa's mit dem unabhängigen Aegypten zu dienen. Diese Nation ist Frankreich, dieser Hafen ist Marseille. Versteht man nun, warum Aegypten englisch seyn soll? Man muß den indischen Handel aus der logischen Bahn, die ihn uns zudrängt, heraustreiben, und ihm Einhalt thun; Aegypten muß englisch und das Entrepot für Indien werden, wie Malta es für Aegypten ist, denn London ist die Metropole Malta's. Wenn wir sonach die englische Allianz nur um den Preis erhalten könnten, den Hr. Thiers darauf zu setzen scheint, so würden wir seine erklärten Gegner werden. Müßten wir uns zu Werkzeugen der Politik Englands machen, bestände unsre Rolle nur darin, die Bemühung des ganzen Continents aufzuhalten, während England an der Spitze seiner Kriegsschiffe ohne Hinderniß siegen, und sich des Meers bemächtigen würde, verzichtete man auf allen Ehrgeiz, eine furchtbare, imposante Seemacht zu besitzen, müßte man unsrer besten Freundin allen Gewinn und alle Gedanken an entfernte Niederlassungen, an gedeihende Colonien überlassen, so würden wir Frankreich nicht mehr als die verbündete Macht, sondern als die Vasallin Englands ansehen.“ – Das Charivari enthält spottende Artikel gegen Hrn. Thiers, unter andern in Form eines Schreibens Lord Granville's an Lord Thiers, worin ihm jener zu seiner herrlicher englischen Rede Glück wünscht, und sich als berechtigt erklärt, ihn als Landsmann, als einen wahren Sohn Albions zu begrüßen. In seinem Carillon sagt dieses Journal: „Wenn die Rede des Hrn. Thiers in England ankommt, braucht sie nicht übersetzt zu werden. Sie ist reines Englisch.“
Obiger Artikel des Commerce bedarf keines Commentars, wenn es auch einige Verwunderung erregt, die Anklagen gegen Thiers von denselben Seiten ausgehen zu sehen, die ihn noch kürzlich als den würdigsten Geschichtschreiber des Kaiserreichs bezeichnet hatten. Im Uebrigen verweisen wir auf Thiers' Geschichte der Revolution, in welcher er einen zu hohen Standpunkt einnahm, als daß er die Verblendung begehen könnte, in dem Kampf, der Frankreich und die Welt theilte, auf der einen Seite nur Perfidie und Gemeinheit, auf der andern nur Redlichkeit und Genie zu erblicken. Was Deutschland in diesem Streit der Tribune und der Presse näher berührt, ist die, um mit der Sprache des National zu reden, cynische Offenheit, mit der über Belgien und Deutschland das Loos geworfen wird. Die Brüsseler Blätter äußern sich indignirt über diese uneigennützige Freundschaft, und in den deutschen Journalen würde dieselbe Gesinnung vom Rhein bis zur Ostsee widerhallen,
wenn nicht das ängstliche Maaß, das an alle gelegt worden, wir möchten sagen, die Gewohnheit, nur fremde Gedanken auszudrücken, in den meisten die Fähigkeit oder die Lust jeder selbstständigen Aeußerung unterdrückt hätte. Doch nicht alle haben geschwiegen. Als der Herzog v. Noailles in der Paiskammer ausrief: „Frankreich müsse, mit Rußland alliirt, seine Vortheile am Rhein suchen, um dort einen Zuwachs zu gewinnen, der seine Armee um 100,000 Mann und seine Staatseinnahmen um 100 Millionen vermehre,“ da mahnten badische Blätter, welch frevelnde Beschimpfung unserer Nationalehre in der Thatsache liege, daß in den Verhandlungen eines gesetzgebenden Körpers in Frankreich die Verstümmelung der deutschen Nation für nothwendige Politik der französischen Regierung erklärt werde. – Kurz nach jenen Worten in der Pairskammer erhob Hr. v. Lamartine in der Deputirtenkammer dieselbe Stimme. „Frankreich hat (so sprach er in der Sitzung vom 11 Jan.) neben seinem Interesse der Erhaltung auch ein Interesse der Ausbreitung (un interèt de développement). Sie Alle kennen letzteres. Es liegt in der Natur, in dem Recht Frankreichs, es liegt mehr noch in seinen ruhmvollen Erinnerungen, es ist eben so legitim, als sein Recht zu existiren; denn eine Nation, welche weder ihren ganzen Raum, noch all' ihre Gränzen, noch all' ihre Einflüsse hat, existirt nicht so vollständig, als ihre Natur, ihre Bestimmung es verlangt. Es ist wohl überflüssig, daß ich bei diesem Gegenstand noch länger verweile; es ist mehr als ein System, es ist eine Volksleidenschaft, ein Vorurtheil der Größe damit verbunden. Sprecht von dem Rhein und den Alpen, und ihr werdet verstanden, bevor ihr ausgesprochen. Der Ruhm war dort, sein Geist ist noch dort, seine Fahne wird wieder dort sich entfalten“ – Das Journal des Débats glaubt dazu bemerken zu müssen: „Das System der Entschädigung in Europa wäre auf Frankreich nur dann anwendbar, wenn England, Rußland und Oesterreich, denen nach der Meinung des Hrn. v. Lamartine das ottomanische Reich zufiele, an Frankreich gränzten. Dieß ist aber nicht der Fall. England ist gewiß nicht geneigt, uns die Insel Jersey für den Isthmus von Suez abzutreten. Wem könnten wir denn etwas nehmen? Den Mächten, welche bei der Theilung des Orients nichts erhalten haben? Wahrhaftig eine seltsame Ausgleichung! Wir sollen also zu Piemont sagen: Oesterreich hat Bosnien und Albanien erhalten, tritt uns dafür Savoyen ab. Wir sollen zu Preußen sagen: Rußland hat Konstantinopel und Bulgarien erhalten, gib uns dafür die Provinz Niederrhein; zu Bayern und Belgien: England hat Aegypten und Cypern bekommen, gebt uns dafür Landau und Speyer, und ihr Belgier tretet uns euer ganzes Königreich ab, dessen Erhaltung Europa eben erst feierlich garantirt hat. Dergleichen Tauschhandel läßt sich nicht wohl vorschlagen. Ueberdieß ist zu bemerken, daß wir Rußland, England und Oesterreich Besitzungen abtreten würden, welche so zu sagen vacant und leicht zu occupiren sind, während man uns dagegen Besitzungen überließe, die wir erst erobern müßten. Bei dieser Theilung also würde Rußland den Bosporus, Oesterreich das türkische Küstenland am adriatischen Meere, England Aegypten erhalten – und was hätten wir? Einen Krieg mit unsern Nachbarn, um ihnen ihre Provinzen zu entreißen.“ (Eine weitere Antwort auf Lamartine's „Vorurtheil der Größe“ findet sich in unserer heutigen Beilage.)
Am naivsten drückt sich über die Rheingränze die Gazette de France aus; sie meint, man brauchte bloß Hrn. v. Chateaubriand zu berufen: „Bekanntlich hat der Herzog von Noailles in seiner merkwürdigen Rede das Zeugniß des Vicomte v. Chateaubriand angerufen, ein Zeugniß, das in seinem „Congreß von Verona“ aufgezeichnet ist, um daran zu erinnern, daß sich die Restauration damit beschäftigte, die Revision der Tractate von 1815, und dadurch die Rheingränze zu erhalten. Man erzählt, ein Deputirter der Linken, der jener Sitzung auf einer Galerie beiwohnte, hätte sich umgedreht und zu einem seiner Nachbarn gesagt: „Hätten wir dieß gewußt, so hätte es keine Revolution gegeben.“ Wir für unsern Theil müssen nun sagen, daß wenn man die Rheingränze will, es noch Zeit dazu ist, sie zu erhalten. Hr. v. Chateaubriand ist noch immer da, und hat sein System in Betreff der auswärtigen Politik ebenso wenig, wie seine Grundsätze geändert.“ – Mit insolenterer Drohung ließ sich das Capitol schon seit Wochen fast Tag für Tag vernehmen. Hr. Charles Durand, der in Frankfurt bekanntlich sehr cajolirt worden war, und der in dem Journal de Francfort die Franzosen täglich wegen ihrer Ansprüche nach außen lächerlich gemacht hatte, rief ihnen, so wie er nach Paris zurückgekehrt war, zu: „Frankreich hat sich die Verträge von 1815 aufbürden lassen; es mußte sich wohl dazu hergeben, denn es war besiegt und die stärkere Macht gebot. Die Verträge von 1815 haben Frankreich, Europa gegenüber, in eine Lage versetzt, von der es sich selbst keinen rechten Begriff macht. Ja, Franzosen aller Meinungen, ihr kennt nicht das Ausland, wie wir es kennen, die wir es gesehen und gehört haben, die wir euch unsere Beobachtungen als eine patriotische Huldigung zum Besten geben. Unsere Regierung macht den Höfling der fremden Cabinette; ihre unterwürfige Folgsamkeit scheint ihre Schwäche zu verrathen. So sehr läßt sie sich beherrschen von dem Streben, nicht zu provociren, daß man dahin gekommen ist, sie für unmächtig zu halten. Frankreichs Mannheit (virilité) hat Europa erschreckt; um Europa zu beruhigen, hat man Frankreich entmannt. Wir sagen es laut: der Tag ist gekommen, an welchem uns Recht werden muß; das letzte unserer schmachvollen Jahre läuft zu Ende; der Augenblick ist günstig, den Mächten zu erklären, daß Frankreich, wieder so reich, so stark, so kraftvoll geworden, als es jemals war, auch seinen Rang unter den Nationen von neuem einnehmen will. Es ist sonnenklar, daß es nur wollen darf.“ ...
Die Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung antwortete schon neulich darauf: „Das Capitol scheint nicht zu wissen, daß man 1815 in Deutschland weit mehr von Frankreich verlangte, als die Verträge stipulirt haben, welche es für so ungerecht hart und darum für zerrissen zu werden vorbestimmt erklärt. Nach der Methode des Capitols könnte der deutsche Bund zürnend recriminiren: wir haben euch 1815 weniger abgenommen, als wir wohl gesollt hätten; ihr sprecht von der Rheingränze; mit weit mehr Fug und Recht dürften wir uns nach Elsaß und Lothringen umsehen; nehmt euch ein Beispiel an unserer Mäßigung; sie wird uns noch heute von mehr als einer Seite her vorgeworfen; wir aber glauben, daß die Nationen jetzt Besseres zu thun haben, als Haß zu nähren und veraltete Fehden anzufrischen. – Am 20 Sept. 1815, genau zwei Monate vor dem Abschluß des zweiten Pariser Friedens, beleuchtete Görres den Stand der Verhandlungen. „Es hat den Anschein genommen, als ob der Ausgang nicht so ausfallen werde, wie ihn das deutsche Volk erwarten durfte; Deutschland steht nicht, wie es im Krieg gestanden, recht in der Mitte der Macht, die gegen Frankreich sich erhoben. ... In der That, wie will bei einem so übermüthigen Volke, wie die Franzosen sind, ein Friede bestehen, läßt man abermal (wie 1814) sie in ihrer ganzen Macht ungekränkt und unverkleinert bei einander stehen? 28 Millionen Einwohner (jetzt wohl 32 Mill.) zwischen Alpen und Pyrenäen in stätigem Zusammenhange eingedrängt, von einem und demselben Geist beseelt, von unruhiger (capitolinischer)
Beweglichkeit getrieben, müssen schon von Natur einen Trieb besitzen, aus ihren Gränzen auszufallen und andere Völker mit Waffenmacht zu überziehen... Hätte man Frankreich auch alles das genommen, was die öffentliche Meinung, das einstimmige Verlangen der Verständigen im Volke, im weiten Sinne von ihm geheischt: Franche-Comté mit vier Departements, die zwei des Elsaß, die vier von Lothringen, die zwei von Burgund, endlich das Norddepartement, dann würden etwa 4 1/2 Millionen Einwohner von der Masse des Ganzen abgerissen, und es blieben 23 1/2 Millionen, mit welchen Frankreich für das getheilte Deutschland noch immer eine furchtbare Macht seyn würde.“ (Wie Gentz auf diese Mahnungen des Schutzwächters am Rhein sich ausgelassen, findet sich in der neusten Sammlung seiner Schriften.)
Der Moniteur enthält nun umständliche Details über die Emeute in Foix, die aber im Wesen mit den bereits erhaltenen Mittheilungen übereinstimmen. Zum Schlusse sagt er: „Der Präfect und alle Beamten, die zur Herstellung der Ordnung bei diesem traurigen Vorfall beigetragen haben, verdienen die größten Lobsprüche. Der commandirende Major der Truppen im Ariège, der Bataillonschef des 13ten Linienregiments haben ihre Mission würdig verstanden. Die Gendarmerie und die Linie haben sich inmitten der harten Prüfungen, denen ihr Muth und ihre Geduld ausgesetzt waren, trefflich betragen. Mehr oder minder schwer verwundet wurden: der Präfect (dem durch einen Steinwurf die Oberlippe gespalten ward), der Maire von Foix, der Polizeicommissär, der Major des 13ten Linienregiments, ein Bataillonschef des 13ten Regiments, ein Unterlieutenant des 16ten leichten, 12 Unterofficiere, Corporale oder Soldaten der Linie, der Capitän der Gendarmerie, der Lieutenant, ein Wachtmeister, zwei Brigadiers, sechs Gendarmen, im ganzen 29 Personen. Von Seite der Angreifenden gab es 9 Todte und 18 Verwundete.“
(Gazette.) Ein Schreiben aus Algier meldet, daß einer der Söhne des Marschalls Lannes, der unter den Spahis von Oran als Officier diente, in dem Treffen von Mostaganem umgekommen sey.