Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Montag
Nr. 41.
10 Februar 1840
Südamerika.
(Times) Nach Privatbriefen aus Rio-Janeiro, dd. 7 Dec., war der im Süden der argentinischen Republik ausgebrochene Aufstand gegen Rosas gehemmt worden durch die Niederlage des Vortrabs der Insurgenten. Der neue französische Admiral (Dupotet) soll an obigem Tage in Rio eingetroffen seyn, und man vermuthete, daß die Franzosen nunmehr angriffsweise gegen Buenos-Ayres zu Werke gehen würden.
Spanien.
Madrid, 28 Jan. Der Ausgang der Wahlen neigt sich entschieden auf die Seite der Regierung; die Minister verkündigten bereits vorgestern ihren Freunden, daß der Sieg ihnen gesichert sey. Den bis gestern Abend eingegangenen Nachrichten zufolge haben die Progressisten in Saragossa und in der Stadt Sevilla den Sieg davon getragen. Zweifelhaft war noch der Ausgang in den Provinzen Malaga, Granada, Huesca und Logrosio. Dagegen siegten die Moderirten auf das vollständigste in Cadiz, Segovia, Soria, Navarra, Santander, Guipuzcoa, Jaen, Cordova, Ciudad Real, Guadalarara, Avila, Burgos, Huelva. Heute werden Nachrichten aus Galicien, Palencia, Zamora, Salamanca, Asturien, Estremadura, Valencia, Murcia und Albacete eingehen. – Das Glück ist den Truppen der Königin auf eine ganz besondere Weise günstig gewesen. Die Ingenieurs veranstalteten in dem Flecken Romanos, vier Leguas von Daroca, Nachgrabungen, um eine Befestigung anzulegen, und fanden dabei eine große Tonne vor, welche 15,000 Unzen in Gold (240,000 Piaster) enthielt. Der Herzog de la Victoria verwandte dieses Geld sogleich zur Bezahlung der Truppen. Am 22 begab sich der bekannte Caba≈ero von Mas de las Matas nach la Ca≈ada, begleitet von einer starken Escorte, um den gefangenen Bruder des Carlistenchefs Bosque gegen einen Officier auszuwechseln. Bosque selbst stellte sich ebenfalls ein, und hatte eine lange Unterredung mit Caba≈ero. Der Chef der Legion von Oporto, Durando, ließ 26 Carlistische Gefangene nach Vibel bringen, um sie als Repressalie für 26 Gefangene seiner Legion, die auf Llangostera's Befehl erschossen worden waren, erschießen zu lassen. Als sie schon zum Tode vorbereitet waren, hatte Durando die Menschlichkeit, ihnen das Leben zu schenken. – Der Courier der englischen Gesandtschaft, der in der Nacht vom 25 von hier nach Paris und London abging, wurde drei Meilen von hier, bei Alcobendas, von acht Räubern angefallen. Zwei Lanciers, die ihn escortirten, gaben Feuer und ergriffen dann die Flucht. Die Räuber erwiederten das Feuer, ohne jedoch Jemanden zu verletzen, und nahmen dem Courier 200 Piaster ab, die er bei sich hatte. Der Postmeister von Alcobendas versah ihn mit einigem Geld, um die Reise fortzusetzen, allein ehe er noch die nächste Station erreichte, wurde er abermals angefallen, und da die Räuber nur wenig Geld bei ihm fanden, so ließen sie ihren Zorn in thätlichen Mißhandlungen an ihm aus.
Großbritannien.
London, 3 Febr.
Das vom Cerimonienmeister Sir William Woods entworfene Programm über die Trauungsfeierlichkeit wird in diesen Tagen erscheinen, und die Trauung selbst am 10 Febr. Mittags 12 Uhr durch den Erzbischof von Canterbury, unter Assistenz des Bischofs von London, in der St. James-Capelle vollzogen werden. Ein Sonntagsblatt gibt eine ausführliche Beschreibung von der Ausschmückung der ursprünglich ziemlich einfachen königlichen Capelle. Sie ist ganz mit carmosinrothem, goldverbrämtem Tuch in reichen Draperien behangen. In großem Style sind die im Buckinghampalast vorgenommenen Verschönerungen. Die ganze königliche Familie, mit Ausnahme des Königs von Hannover, wird der Trauungsfeier beiwohnen. Als Schleppträgerinnen Ihrer Maj. werden dieselben schönen jungen Damen der hohen Aristokratie genannt, die diese Function bei der Krönungsfeier zu verrichten hatten. – Die öffentlichen Blätter enthalten eine umständliche Beschreibung des Brautkleides der Königin. Es besteht aus sogenannten Honiton-Spitzen, ist aber eigentlich im Dorfe Beer, an der Seeküste, gearbeitet worden. Mehr als 200 arme Frauen arbeiteten schon seit März daran, unter Leitung einer aus dem Dorfe gebürtigen Miß Bidney, welche die Königin dahin gesandt hat. Die Garnitur ist 4 Yards lang und 3/4 Yards breit. Das Muster übertrifft an Geschmack Alles, was je in Brüssel ausgeführt worden. Gleich nach Beendigung der Arbeit sind sämmtliche Zeichnungen und Muster vernichtet worden, damit der Anzug der Königin als einzig dastehe. Auch an einem Spitzenschleier ist mehr als sechs Wochen gearbeitet worden.
Nach der amtlichen Gazette ist Generalmajor Sir Willoughby Cotton, zweiter Befehlshaber der Indus-Armee, zum Großkreuz des Bath-Ordens, Dr. Pepys zum Bischof von Man und Sodor ernannt
** Oberhaussitzung vom 3 Febr. Lord Melbourne erklärt, in Anbetracht der Dringlichkeit der Sache und in Rücksicht auf die von dem edlen Herzog gegenüber (Wellington) gemachten Bemerkungen habe die Regierung sich entschlossen, die Naturalisationsbill für Prinz Albert auf ihren einfachsten Ausdruck zu bringen, d. h. sie fürs erste auf dessen bloße Naturalisation als brittischer Unterthan zu beschränken, die Frage wegen seines Rangs und Vortritts aber für eine spätere Parlamentsentscheidung auszusetzen. Das Haus geht in Committee über die Bill, deren bezügliche Clausel sofort gestrichen wurde. Beim Abgang der Post hatte Lord Brougham das Wort genommen, um eine Petition zu unterstützen, worin das Haus gebeten ward, sich bei Ihrer Maj. um Gewährung einer völligen Amnestie für die Verurtheilten in Monmouth zu verwenden. – Eine ähnliche Petition übergab Hr. Leader im Beginn der Unterhaussitzung am nämlichen Tag.
Der Kent Guardian versichert, Hr. Grote, der bekannte Bankier und liberales Parlamentsmitglied für die Londoner City, besonders eifriger Schutzredner der Ballotage, werde nächstens seinen Austritt aus dem Hause der Gemeinen anzeigen.
Nach Berichten aus verschiedenen Gegenden im Innern des Landes hat sich an den meisten Orten die Zahl der zu befördernden Briefe seit Einführung des Penny-Porto um das Drei- und Vierfache vermehrt. Die Bestimmung des Porto nach dem Gewicht wird vielfach zur Beförderung voluminöser Pakete mißbraucht.
Frankreich.
Paris, 5 Febr.
In der Sitzung der Akademie der Wissenschaften in Paris am 3. Febr. gab Hr.
Arago aus einem Schreiben des Hrn. v. Humboldt einige Details über die letzten Augenblicke des berühmten Blumenbach, eines der acht auswärtigen Associés der Akademie, der ohne besondere Leiden, und ohne den Tod zu fürchten, dessen Nähe er gesehen habe, im Alter von 88 Jahren entschlafen sey. „Ich weiß, habe er kurz zuvor gesagt, daß der Tod an meine Thüre geklopft hat, ich habe ihm aber noch nicht „Herein“ gerufen.“
* Die Deputirtenkammer votirte am 5 Febr. den Entwurf zu einem Credit von 45,000 Fr. auf das Rechnungsjahr 1840für die Einsetzungskosten des Hrn. v. Latour d'Auvergne Laraguaix in das Cardinalat mit 219 weißen gegen 78 schwarze Kugeln. Eine Forderung von einem Credit von 300,000 Fr. für Wohlthätigkeitsanstalten ward mit 258 weißen gegen 28 schwarze Kugeln angenommen.
(Commerce.) Bei der Conferenz, welche zwischen dem Conseilpräsidenten, den Ministern des Innern und der Finanzen und der mit Prüfung der Dotation des Herzogs von Nemours beschäftigten Commission stattfand, theilten die Mitglieder des Cabinets der Commission einen bloßen Etat des Einkommens der Privatdomäne mit. Es war kein Actenstück zum Belege dieses Etats dabei. In Sachen der Gesetzgebung dürfen sich nun aber nicht auf officiöse Nachweisungen, sondern nur auf authentische Urkunden die Vorschläge der Commission und das definitive Votum der Kammer gründen. Ueberdieß ist zu bemerken, daß es in der betreffenden Sache nicht von Wichtigkeit war, das Einkommen zu declariren. Ein Familienvater versorgt und stattet seine Kinder nicht mit seinen Einkünften, sondern mit seinen Capitalien aus. Es ist sonach in dem wirklichen Werthe der Privatdomäne ein Capital zu constatiren. Diese ganz natürliche Bemerkung ward bereits von den Mitgliedern der Commission, die zu der Opposition gehören, gemacht. Es scheint unmöglich, daß sie nicht neue Erläuterungen hervorruft; diese Erläuterungen sind um so nothwendiger, als, wie wir nach sichern und allen Glauben verdienenden Angaben sagen können, die Privatdomäne bei weitem beträchtlicher ist, als man gewöhnlich glaubt, und als wir es selbst angegeben hatten.
(Le Droit.) Diesen Morgen unterhielt man sich in der Straße Bourg L'Abbé viel von einer Zusammenrottung von etwa hundert Individuen, die in der letzten Nacht, um Mitternacht, aus der Straße St. Martin mit aufrührerischem Geschrei und unter dem Gesang der Marseillaise hergezogen wären. Nach einem Stillstand von mehr als einer Stunde, und nachdem sie die Laternen an den Fiakern, denen sie begegneten, ausgelöscht und die Fiaker umzuwerfen Miene gemacht, hätten, sich diese Leute, deren Absichten man sich nicht erklären kann, unter Schreien und Drohungen wieder entfernt.
Sir R. Peels parlamentarische Erklärung zu Gunsten der englisch-französischen Allianz (s. gestern unter „Großbritannien“) hat bei der Pariser Presse große Sensation erregt. Dieß ist besonders der Fall bei denjenigen Journalen, welche, vergessend, daß die brittische Anerkennung der durch die Juliusrevolution herbeigeführten neuen Ordnung der Dinge in Frankreich unter einem Toryministerium erfolgte, bisher das Wort Tory in allen seinen Schattirungen als synonym mit Franzosenfeind betrachtet hatten. Und doch ist Peels Erklärung keine neue, sondern nur eine Wiederholung dessen, was der Baronet auch bei jedem früheren Anlaß geäußert. Der National, der in der ebengedachten Ansicht der französischen Presse über die Tories immer voranstand, bemerkt jetzt: „Lord Palmerston hatte vermuthlich darauf gerechnet, für diese Unterhausdebatten den Abschluß eines Vertrags mit Rußland in der orientalischen Frage benützen zu können, um seinen Gegnern Schweigen aufzulegen und sie alle die Fehler vergessen zu machen, die ihm von seinen politischen Freunden und Feinden vorgeworfen werden. Aber seine Bemühungen in dieser Hinsicht waren ein neuer Fehler, denn alle Parteien jenseits des Canals sind jetzt darüber einig, daß England, ohne seine Macht und seine Interessen zu gefährden, nicht an einen Bruch mit Frankreich denken könne.“ Der National citirt die Worte Peels, und fährt fort: „Und sämmtliche Whigjournale sehen in der Ernennung Hrn. Guizots das Vorzeichen eines sich gestaltenden innigeren Verhältnisses zwischen den beiden Nationen, als es in den Blüthentagen der Quadrupelallianz gewesen. Ihre Sprache hat sich plötzlich und auffallend verändert. Noch vor wenigen Tagen war es, diesen Journalen zufolge, England, das ein Aufgeben des französischen Bündnisses wünschte. Jetzt sagen sie, Frankreich allein wolle einen Bruch, Frankreich sey es, das, trotz aller Bemühungen und alles Entgegenkommens der Engländer, jede Gemeinschaft der Interessen und Grundsätze zurückweise. Man fleht uns an, uns zu bedenken, man beschwört uns, nicht eine Trennung zu vollenden, die für beide Nationen verderblich seyn würde. Diese Sprache ist verschieden von den früheren Drohungen mit dem Brunnow'schen Vertrag.“ Uebrigens ermangelt der National nicht, sein eigenes politisches Glaubensbekenntniß beizufügen, nämlich daß ihm das ohne Zweifel wiederauflebende gute Vernehmen zwischen Frankreich und England nichts weniger als Vergnügen mache, indem die Allianz zwischen den beiden Staaten, wie sie in England verstanden und von den Tuilerien acceptirt werde, zu theuer erkauft seyn dürfte. – Der Courrier français bemerkt:
„Sir R. Peel sprach als Staatsmann und fast in denselben Worten wie Hr. Thiers von den großen Interessen, die es für Frankreich und England zur Pflicht machen, verbündet zu bleiben. Er hat das englische Ministerium gewissermaßen verantwortlich gemacht für die Symptome der Unzufriedenheit, die deren Politik in Frankreich hervorgerufen. Eine bessere Kritik der zwischen Lord Palmerston und Hrn. v. Brunnow gespielten Intrigue ließ sich nicht geben, als in diesen leise andeutenden Worten liegt. Aber wird man auf Sir R. Peel hören, und dürfen wir glauben, daß es unter den Tories hellsehendere und dem französischen Bündniß treuere Männer gibt, als die Whigs?“ Hinsichtlich der Ernennung Guizots bemerkt dieses Blatt: „Obgleich die politischen Meinungsverschiedenheiten, die uns von Hrn. Guizot trennen, so stark sind wie immer, so sollen Parteirücksichten uns doch nicht hindern, einer Mission aufrichtig Glück zu wünschen, die in dem Interesse des englisch-französischen Bündnisses liegt.“ – Der Constitutionnel äußert, Peel habe von Frankreich in sehr schicklichen Worten gesprochen, die einen erfreulichen Gegensatz bilden, nicht nur zu dem Tone der Torypresse, sondern auch zu den Handlungen Lord Palmerstons und der leidenschaftlichen Polemik der Whigorgane. – Das Débats sagt: „Solchen Gesinnungen, in solchen Worten ausgedrückt, stimmen wir mit Freuden bei. Möge die englische Presse den Geist derselben aufnehmen und jener Bitterkeit entsagen, die eine Störung der früheren Verhältnisse zwischen den beiden Ländern zu bezwecken schien. Zugleich können wir nicht umhin, die Hoffnung auszudrücken, Lord Palmerston werde durch seine übergroße Befangenheit (préoccupation excessive) sich nicht haben verhindern lassen, von Bemerkungen Nutzen zu ziehen, welche die ernsteste Beachtung verdienen.“ Der Temps spricht sich in ähnlichem Sinne aus.
* Paris, 4 Febr. Die Lage des Ministeriums in der Kammer ist nicht glänzend, und von den Gesetzen, an denen es am meisten hängt, werden nur wenige durchgehen. Als Hr. Bresson vorgestern die Erhöhung des Zolls auf Linnengarn vorschlug, ging Dufaure in den Bänken der Deputirten herum, zu erklären, daß das Cabinet seine Entlassung nehme, wenn der Vorschlag in Berathung genommen werde, und dieser Sturm wurde auch für den Augenblick gelegt, aber nur um sich in einigen Wochen wieder zu erheben. Das Gesetz über den Zuckertarif ist so gut als verworfen; es ist auch einer Nation viel zugemuthet, 40 Millionen Entschädigung zu bezahlen, um sich einer Industrie zu berauben und dafür ihren Zucker theurer zu bezahlen. Man hat die Verwirrung der Interessen in dieser Frage so weit kommen lassen, daß sich kein gutes Gesetz darüber machen läßt, aber ein unhaltbareres als das vorgeschlagene war nicht leicht zu erfinden. Dagegen scheint Hr. Passy in der Reduction der Renten einen größeren Erfolg zu haben, als er wünscht, denn wahrscheinlich wird die Kammer sie ihm nicht nur erlauben, wie er vorschlägt, sondern vorschreiben. In diesem Fall wird freilich die Pairskammer das Gesetz wahrscheinlich verwerfen, und bei der Sophisterei, welche die Börsenspieler in die ganze Rententheorie eingeführt haben, und die gegenwärtig ungemäßigter ist als je, wird sie sehr wohl daran thun. Die Lieblingstheorie des Tages darüber ist die Abschaffung des Amortissements und Herabsetzung des Zinses mit Erhöhung des nominalen Capitals, d. h. die Verewigung und unbeschränkte Vergrößerung der Schuld, bis der unvermeidliche Staatsbankerott nach einem Kriege ihr ein Ende machen würde. – Der Abbé Genoude, Eigenthümer der Gazette de France, ist aus Rom zurückgekommen, wohin er gegangen war, um vom Papst eine Bulle zu erhalten, welche ihm erlaubte, den Orden der Oratorier wieder zu errichten. Er hat keine Bulle erhalten, aber der Papst sagte ihm, daß der Orden bestehe, und ihm keine Wiedereinführung in Frankreich angenehm seyn würde. Genoude hat schon vor einiger Zeit ein Schloß gekauft, aus dem er den Sitz seines Klosters machen will. Die Oratorier sind ein weltlicher Orden, die Mitglieder nehmen die Gelübde nicht, und können wieder austreten und heirathen. Der gegenwärtige neukatholische Eifer hat schon mehrere Plane dieser Art hervorgerufen. So ist vor einigen Jahren im Süden ein Benedictinerkloster gestiftet worden, das nach der Sitte der Weltkinder Frankreich mit Prospectus überschwemmte, aber seitdem hat man nichts mehr von ihnen gehört. Ich zweifle, ob die Oratorier besser gedeihen werden, denn hier, wo die Feder regiert, und Gelehrte Minister und Gesandte werden, braucht die Gelehrsamkeit den Schutz der Klöster nicht mehr. – Es scheint, man hat in Sachsen die französischen Maaße und Gewichte eingeführt, aber man hätte wohl besser daran gethan, zuerst abzuwarten wie es hier damit geht. Wenn man die unglaubliche Unbequemlichkeit derselben im gemeinen Leben beobachtet hätte, so würde man ein rationelleres System vorgezogen haben. Die Combination hier ist so verkehrt, und die Störung, welche das Gesetz ins tägliche Leben bringt, der Art, daß es nothwendig eine Modification erleiden muß. Jedenfalls haben die übrigen deutschen Staaten sehr wohl daran gethan sich zu weigern, das französische System anzunehmen. – Die honneten Absichten von Hrn. Teste in der Regulirung des Stellenverkaufs der Notare etc., werden wahrscheinlich zu nichts führen, ihn eher nöthigen seine Entlassung zu geben. Der Grund ist, daß die Notare in den Provinzen einen größern Einfluß auf die Wahlen haben als irgend eine andere Classe, daher die Schwierigkeit, sie anzutasten. Das Uebel ist sehr groß, aber der Minister scheint die Reform nicht auf der rechten Seite angefangen zu haben: er will die Verkaufspreise durch die Gerichte bestimmen lassen, damit nicht unmäßige Preise, welche die Notare für ihre Stellen bezahlt hätten, sie zu Erpressungen gegen ihre Clienten trieben. Es wäre vielleicht am sichersten gewesen, die Tarife zu reduciren, und die Aufsicht der Gerichte auf die Notariatskosten von Acten und Processen zu schärfen.
♃ Paris, 5 Febr. Diesen Abend ist großes Festmahl bei Hof; 350 Personen sind geladen, die sich später zum Ball verfügen, wozu 4000 Einladungskarten ausgeschickt wurden. Auber wird beim Banket die Musik dirigiren. Bei dieser Gelegenheit wird wahrscheinlich schon heute Abend die Ernennung Guizots zum Grafen dem Publicum insinuirt werden. Herzog Descazes, als Großreferendär, hat sich dieser Angelegenheit halber schon gestern mit Guizot zum König verfügt; diese Standeserhöhung soll den neuen Gesandten mit Bresson und Pontois auf gleiche Stufe setzen. Die Doctrinäre jubeln und Thiers lächelt. Als Bouquet melde ich Ihnen heute das Gerücht, daß Schneider aus dem Ministerium treten, Soult Kriegsminister werden, übrigens die Präsidentur behalten soll. Der Herzog v. Broglie soll das Ministerium der äußern Angelegenheiten übernehmen; man erwartet denselben schon Montag in Paris.
* Lyon, 4 Febr. Das hiesige Haus Etienne Gautier, welches früher schon die Geschäfte des Pascha's von Aegypten in Frankreich leitete, ihm Schiffe bauen, die jungen hierselbst studirenden Araber bilden ließ, hat aus Aegypten Nachrichten erhalten, nach welchen der Pascha durchaus nicht nachzugeben gesonnen wäre. Vielmehr herrschte in Kairo die größte Thätigkeit, eine Art Nationalgarde oder Landwehr ist gebildet, und wird ununterbrochen in den Waffen geübt. Die Anführer sind größtentheils fanatische Muselmänner, denen man den ausbrechenden
Krieg als einen heiligen geschildert. Man glaubt, daß alle diese Maaßregeln durch Franzosen geleitet werden. Von einer türkischen Flotte ist keine Rede mehr; dieselbe ist durch Verpflanzung von Aegyptiern zu einer ägyptischen umgebildet worden. – Unsere Fabriken arbeiten noch immer sehr wenig. Zum mindesten zwei Drittel der Webstühle ruhen. Die Suspensionen eines Hamburger Hauses, das einen Einkäufer hieselbst unterhielt, haben, wiewohl wenig, doch immer sichtbar genug, in den kleinern Häusern das bestehende Mißbehagen vermehrt.
Belgien.
✝Brüssel, 31 Jan. Die Verhandlungen der Repräsentanten über das Budget des Ministerium des Innern sind noch nicht beendigt. Bei keinem Budget hatte die Centralsection so viele Reductionen vorgeschlagen, als bei diesem, die Debatten aber stellen das Unhaltbare der Gründe, worauf sie sich dabei in den meisten Fällen gestützt, heraus, und die ursprünglichen Anträge des Ministers werden durchgehends mit großer Stimmenmehrheit bewilligt. Einen interessanten Abschnitt in diesen Debatten bildete die Rubrik: „Industrie, Handel und Ackerbau,“ zu deren Beförderung eine Summe von 400,000 Fr. beantragt worden, welche die Centralsection auf 220,000 Fr. reducirt wissen wollte. Belgiens Stellung zu den Nachbarstaaten kam dabei ganz besonders zur Sprache, namentlich auch war von einem Handelsvertrage mit Deutschland die Rede. Ein Deputirter wünschte einen solchen, ähnlich demjenigen, den Holland mit dem deutschen Zollverein geschlossen, worauf der Minister erwiederte, ein Vertrag, wie der holländisch-deutsche, würde für Belgien sehr nachtheilig seyn, überdieß kämen viele von den Vortheilen, die derselbe Holland zusichere, auch den andern Nationen zu gut, einige derselben könne dagegen Belgien nicht benutzen; so müsse namentlich die belgische Legislation über die Ausfuhr des Zuckers modificirt werden, ehe man einen Vortheil aus einem Vertrag dieser Art ziehen könne. Wie weit übrigens die Unterhandlungen mit Deutschland wegen vertragsmäßiger Handelsverbindungen gediehen, hielt der Minister nicht für rathsam zu sagen, auch glauben wir, daß dieser Gegenstand noch nicht so weit vorgerückt ist, als die Ungeduld einzelner Gewerbszweige es wünscht. Andere Gewerbszweige dagegen würden in einer engeren Verbindung mit Deutschland ein großes Unglück sehen, weil sie die Concurrenz Deutschlands zu fürchten haben, dagegen in Frankreich ihren größten Absatz finden. Hier stehen die flandrischen Provinzen mit ihrer Linnenindustrie oben an. So oft in den Kammern ein Wunsch nach einem näheren Anschlusse an Deutschland laut wird, erhebt sich von dieser Seite die entschiedenste Opposition. Ich hatte schon mehrmals Gelegenheit, ein Wort über die bedeutende Ausfuhr Belgiens nach Frankreich zu sagen. Sie wird von denjenigen wenig berücksichtigt, die immer mit einer gewissen Bitterkeit von Frankreich reden, als opfere es Belgien seinen Interessen, und als habe dieses sich von ihm nichts zu versprechen. Da im Allgemeinen wenig Vorliebe für unsre westlichen Nachbarn in Belgien herrscht, so werden solche Aeußerungen um so bereitwilliger aufgenommen, und ohne nähere Prüfung durch immerwährendes Wiederholen in Credit gebracht. Die Thatsachen lauten aber anders. Unter der vorigen Regierung waren als Repressalie gegen Frankreich einzelne Zollsätze bedeutend erhöht, gegen andere Artikel ein gänzliches Verbot eingeführt worden. Im Jahr 1836 nahm Belgien diese Maaßregel zurück, wogegen auch Frankreich seinerseits einige Ermäßigungen eintreten ließ. Dieß ist eine der Beschwerden der Opposition. Nun hat sich aber gerade seitdem Belgiens Ausfuhr nach Frankreich noch bedeutender vermehrt, als es früher seit 1831 der Fall gewesen. Folgendes geht aus den amtlichen Tabellen der Regierung hervor: die Ausfuhr nach Frankreich betrug im Jahre 1831 36 Millionen, 1832 44, 1833 53, 1834 54, 1835 60, 1836 (nach der erwähnten Ermäßigung) 76, 1837 85 und 1838 96 Millionen. Vor der Revolution führte dagegen das gesammte damalige Königreich der Niederlande nur für 59 Millionen in guten Jahren nach Frankreich aus. Frankreichs Einfuhr in Belgien ist dagegen im Abnehmen, und überhaupt geringer als Belgiens Ausfuhr dorthin. Sie betrug z. B. im Jahr 1837 kaum 40 Millionen, nachdem sie im Jahre 1833 mehr als 48 und im Jahr 1830 mehr als 56 Mill. betragen hatte. Offenbar ist also hier der Vortheil auf der Seite Belgiens, daher auch der Director der Abtheilung des Handels im Ministerium des Innern jene Ziffern anführte, um damit das System derjenigen zu bekämpfen, die zur Belebung des innern Marktes für inländische Erzeugnisse kein anderes Mittel als Erhöhung der Zollsätze kennen. „Wenn nun, sagte er, die andern Nationen gegen uns ein Gleiches thäten, was würde auch dann der Markt im Innern viel nützen?“ Der Grundsatz möglichster Niedrighaltung der Zollsätze wird daher nicht aufgegeben werden, selbst nicht zu Gunsten der so vielbesprochenen Baumwollenindustrie, für welche die Genter Ruhestörer vor einigen Monaten absolute Einfuhrverbote forderten. Auch erklärte ein Genter Deputirter, sonst ein leidenschaftlicher Oppositionsmann und specielles Organ der Genter Industrie, daß er sich mit bloßer Schärfung der Gränzaufsicht zur Verhinderung des Schleichhandels und strenger Vollziehung der bestehenden Zollgesetze zufrieden gebe. Die Verhältnisse zu Frankreich drohen übrigens gestört zu werden durch die in der französischen Deputirtenkammer von einigen Gliedern in Antrag gebrachte Erhöhung der Einfuhrzölle auf ausländisches Leinengarn und Linnen überhaupt. Belgien würde hierdurch empfindlich getroffen, denn es führt jährlich für wenigstens 30 Millionen Garn und Leinwand nach Frankreich aus. Früher ist in Frankreich schon von einer ähnlichen Maaßregel die Rede gewesen, durch Verwendung des Königs Leopold aber kam es in Paris zu der Versicherung, daß man nur die Einfuhr englischer Fabricate zu erschweren beabsichtige, weil diese, durch Anwendung der Maschinen auf Spinnen und Weben, zu viel wohlfeilern Preisen geliefert werden. Gegenwärtig ist dennoch wieder eine allgemeine Maaßregel beabsichtigt. Als Gegendemonstration brachten nun gestern vierzehn Repräsentanten einen Antrag auf eventuelle Repressalien gegen Frankreich in die Kammer. Die Centralsection, welcher er zur Prüfung zugeschickt worden, wird zu entscheiden haben, ob er in öffentlicher Sitzung vorgelesen werden soll. Nach den Grundsätzen, welche die diesseitige Regierung beleben, unterliegt es keinem Zweifel, daß sie nur höchst ungern sich zu einer solchen Maaßregel entschließen würde, vielmehr Alles aufbieten wird, um einem Angriffe von Seite Frankreichs auf die bedeutendste Industrie des volkreichen Flanderns vorzubeugen.
Deutschland.
München, 8 Febr. Briefen aus Regensburg zufolge ist daselbst am 5 d. M. der fürstl. Thurn- und Taxis'sche Geheimerath und Leibarzt, Ritter des Civil-Verdienstordens der bayer. Krone, Dr. E. Th. v. Heßling, 96 Jahre alt, gestorben; er war vielleicht Deutschlands ältester Arzt, und lebte bis wenige Tage vor seinem Tode ungeschwächt und rüstig an Geist und Körper seinem Berufe. (Münch. Bl.)
✝* Frankfurt a. M., 6 Febr. Das Gerücht, daß I. M. die Kaiserin von Rußland in diesem Sommer die Cur im Bade Ems gebrauchen werde, soll sich, neuern Nachrichten zufolge, bestätigen, die Abreise des Großfürsten-Thronfolgers von Rußland kais. Hoh. nach Deutschland aber dadurch verschoben worden
seyn. – Die Fürstin von Warschau ist auf der Reise nach Paris gestern hier angekommen; sie soll den Weg über Ems nehmen.
* Dresden, 5 Febr. Unsere Kammersitzungen nahmen dieser Tage die besondere Theilnahme des Publicums und zunächst der elegantern Welt in Anspruch, weil die Angelegenheit des neuen Dresdener Schauspielhauses nach mehrmaligem Aufschub an die Tagesordnung kam. Die geforderten Summen wurden ehegestern bewilligt. – Ein Anderes ist es mit dem zweiten Antrage der Regierung in Betreff der Errichtung eines Nationalmuseums. Derselbe war einer Deputation zur Begutachtung überwiesen, dürfte aber nach dem Erfolg schwerlich schon im Laufe dieses Landtags zur Berathung oder Annahme gelangen, da man überdieß mit dem Bauplane selbst noch nicht im Reinen ist, und die dießfällige Frage mannichfache Bedenken erregt hat. – Wir hatten in voriger Woche mehrmals das Vergnügen, den Violinisten Ernst aus Brünn zu hören, der zur Zeit in Paris bei Manchen für den ersten Virtuosen auf seinem Instrumente gilt. Die vollkommene Herrschaft, die er über dasselbe ausübt, fand auch hier die gerechteste Bewunderung. Die Reinheit und Abrundung seines Tons, die sichere Keckheit seines Spiels ist wohl unübertroffen, und die letztere bewährt sich in dem burlesken Genre sogar als unvergleichlich. Dessen ungeachtet begreift man nicht, wie das Spiel dieses Virtuosen dem unendlich phantasiereichern und ergreifenderen eines Paganini zur Seite gestellt werden darf. Die eigenen Compositionen Ernsts, die er fast ausschließlich vorträgt, sind gar geringfügig. Auch dieser Künstler ist, wie so viele neuere Virtuosen, jüdischer Abkunft.
Preußen.
✝Aachen, 4 Febr. Heute Morgen ist hier der Befehl von Berlin eingegangen, den Bischof, Hrn. Laurent, von hier auszuweisen. Hr. Laurent befand sich seit ungefähr drei Wochen in unsern Mauern, und zwar, wie sein Paß besagte, als bloßer Particulier. Bis jetzt hatte er sich nirgends als Bischof gerirt, sondern nur gewöhnliche stille Messen gelesen. Was obigen Befehl veranlaßt hat, ob das Gerücht, daß Hr. Laurent ein feierliches Hochamt zu halten beabsichtige, ob die Menschenmenge, welche sich häufig zusammendrängte, um den Segen des Prälaten zu empfangen, oder ob andere Rücksichten vorwalteten, ist, so viel wir wissen, Hrn. Laurent nicht insinuirt worden. Von seinem Charakter war nicht anders zu erwarten, als daß er der Ordonnanz willfährigen Gehorsam zu leisten verspräche. Seine Bitte, daß man ihm einige Stunden zur Vorbereitung und zum Abschied von seinen Verwandten und Freunden lasse, wurde ihm gewährt, und so wird er erst heute Abend nach Belgien zurückkehren, um dort abzuwarten, was weiter über die ihm bestimmte Stellung beschlossen werden wird.
Dänemark.
*Kopenhagen, 28 Jan. In unserer politischen Welt ist es plötzlich so still geworden wie im Grabe. Die täglich und stündlich erwarteten Verfügungen, Reductionen im Militär- und Civiletat betreffend, denen Einige mit Aengstlichkeit, Andere mit Hoffnung, Alle mit gespannter Erwartung entgegensahen, sind nicht erschienen. Selbst die Gerüchte schweigen und das „Fädreland“ füllt seine Spalten mit Kritiken über belletristische Neuigkeiten, die unter aller Kritik sind. – Am 17 d. M. haben die schleswig-holsteinischen Prälaten und Ritter im Vereine mit den recipirten Besitzern adeliger Güter in Kiel eine Versammlung gehalten, und die wichtige Frage wegen Abtretung ihrer Zollfreiheit der endlichen Entscheidung um ein Bedeutendes genähert. Das Comité, welches der Versammlung seinen Bericht abstattete, ging von dem Gesichtspunkt aus, daß es der Ritterschaft nicht gezieme ihre Privilegien zu verkaufen, daß daher nicht von einer Kürzung in den Abgaben, noch weniger von einer Vertheilung der Aversionalsumme unter die jetzt lebenden Mitglieder die Rede seyn könne; es beantragte, daß die Ritterschaft, um ihren Mitbürgern zu zeigen, wie gern sie, vom Gemeingeist beseelt, jedes dem ganzen Staat nachtheilige Vorrecht aufgebe, freiwillig auf ihre Zollfreiheit verzichte, und die vom Staat dafür zu erlegende Aversionalsumme (circa 500,000 Rbthlr.) zu gemeinnützigen Zwecken, z. B. zur Anlage einer Chaussee durch das östliche Holstein verwende. Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen, und zur weiteren Leitung dieser Angelegenheit eine Deputation, bestehend aus dem Klosterpropsten zu Prentz, Grafen v. Reventlow, dem Hrn. v.Neer gaard und dem Grafen v. Baudissin zu Borstel, erwählt, welche zugleich den Auftrag erhielt, hieselbst eine Herabsetzung einzelner Zollsätze und eine Vergütung für die Kirchen und Kirchenbedienten zu bewirken. Da die großherzoglich holstein-oldenburgischen und Lübeck'schen Districte durch Conventionen bereits in die Zoll-Linie gezogen sind, und die Regierung sich hoffentlich mit der Ritterschaft verständigen wird, beruht die endliche Ordnung der bisher sehr verwickelten holsteinischen Zollverhältnisse bloß auf der Beistimmung der ebenfalls zollfreien Ditmarschen. Die dänischen Blätter ergießen sich in Lobpreisungen dieses Beschlusses der Ritterschaft, und rühmen selbst auf Kosten des dänischen Adels ihre Tüchtigkeit, Bildung und Vaterlandsliebe. – Se. k. Hoh. der Kronprinz ist zum Generallieutenant und zum Präses der königlichen Maler- und Bildhauerakademie ernannt worden. – Thorwaldsen hat von Sr. Maj. dem König den Auftrag erhalten eine Statue Christian IV zu modelliren, welche in Bronce gegossen und in Christian IV Capelle in der Roeskilder Domkirche aufgestellt werden soll. So wird denn endlich dieser tüchtigste aller dänischen Könige, der Held und Liebling des Volks, auch ein Monument haben, welches er sich nicht selbst gesetzt hat. – Die hiesigen Typographen haben in einer Generalversammlung den Beschluß gefaßt nach dem Muster Deutschlands am 24 Jun. d. J. das Jubiläum der Erfindung der Buchdruckerkunst zu feiern.
Schweden.
*Stockholm, 28 Jan. Am 25 versammelten sich die Reichsstände, auf Einladung des Königs, in der St. Nicolaikirche, wo der jüngst ernannte Bischof, Nibelius, die gewöhnliche Reichstagspredigt hielt. Darauf begaben sich die Reichsstände in feierlichem Zuge nach dem großen Reichssaal im k. Schloß, wo der König, vom Kronprinzen und seinem ganzen Hofe begleitet, gleichfalls in feierlicher Procession bald darauf ankam, sich auf den Thron setzte, und den Reichstag durch eine Rede eröffnete, welche vom Kronprinzen abgelesen wurde und große Sensation machte. Der Hofkanzler las darauf den Bericht über den Zustand und die Verwaltung des Reichs seit dem letzten Reichstag, und überlieferte sodann den Sprechern der Reichsstände die Propositionen des Königs wegen der Bedürfnisse der Staatscasse, d. h. das Budget der Ausgaben. – Gestern und heute sind die Electoren gewählt worden, welche die Mitglieder der sämmtlichen Ausschüsse der Reichsstände ernennen werden. Nach der Behauptung der Oppositionsblätter sind diese Wahlen in allen Ständen, auch im Adelstande, zum Vortheil der Opposition ausgefallen.
Es ist uns für heute unmöglich, die ganze Thronrede mitzutheilen, welche in dem uns zugekommenen gedruckten französischen Original nicht weniger als sechs große Quartseiten einnimmt. Wir lassen daher heute nur die zweite, interessantere
Hälfte folgen: „Bevor Ich in das Grab sinke, wohin Mich mehr als drei Vierteljahrhunderte führen werden, die Ich hienieden zugebracht, nachdem Ich so viele Schwierigkeiten und Hindernisse überwunden, muß Ich Ihnen nochmals sagen: „„Begreifen Sie Ihre Regierung““, und Ihnen wiederholen, was Ich am 5 Nov. 1810 sagte, als Ich den Mir vorgelegten Gesetzen den Eid leistete, bevor Ich noch die Eidschwüre des Reichstags empfangen: „„Der Friede ist das einzige ruhmwürdige Ziel einer aufgeklärten Regierung; nicht der Umfang eines Staats macht dessen Kraft und Unabhängigkeit aus, sondern seine Gesetze, sein Handel, sein Gewerbfleiß und mehr denn Alles, sein Nationalgeist.““ Diese Worte, wie Ich Mich wohl erinnere, fanden allgemeinen Beifall. Der berühmte Mann der Zeit lastete damals auf Schweden mit dem ganzen Gewicht seiner Größe und seiner Macht. Ein Abgesandter des Friedens suchte seine Gewalt festzusetzen, indem er dem Einen schmeichelte und dem Andern drohte. Er legte uns die Verpflichtung auf, Großbritannien den Krieg zu erklären. Die Lage Schwedens betrübte Mich tief, ohne Mich jedoch zu schrecken. Mein Geist schwang sich auf die Höhe der Gefahren, die uns bedrohten. Trotz Meiner Vorliebe für die Zurückgezogenheit, ging Ich in dem Augenblick der Volkswahl die Verpflichtung ein, Euch aus Eurer drückenden Lage zu ziehen, und diese Verpflichtung wurde in Meinen Gedanken mit einem innern Rufe besiegelt, der Mir vom Himmel eingegeben schien. Es ist Mir gelungen, Euch zu dienen, ohne Mich darauf zu legen, nichts als Eure Zunge zu reden. Die Sprache der Humanität, welche selbst dem Privatmann die Pflicht auferlegt, seinen Nebenmenschen zu nützen, wurde der neue Inbegriff Meiner Pflichten. Ich habe ihn mit Flammenschrift Meinem ganzen Wesen eingegraben. Meine Kenntniß Eurer Sprache, Eurer Sitten, Eurer Nationaltugenden und Fehler ist die Eurer Geschichte. Sie äußert sich in den Erfolgen und in den Denkmalen, die Ich bei Meinem Tode hinterlassen werde. Darin besteht Mein höchster Ruhm. Diese Denkmale, es sind die Freiheiten, deren Ihr genießt und um deren Erhaltung Ich zum Himmel flehe. Diese Denkmale sind die Hülfsquellen, die Ihr bei Meiner Ankunft nicht besaßet, die Tilgung Eurer auswärtigen und des bei weitem größten Theils der einheimischen Staatsschuld, ein Ueberschuß der jährlichen Bankeinnahme, die von 248,000 Bankthalern auf fast 700,000 gestiegen, und auf wirklichen Forderungen beruht; die Grabung von Canälen, die Schiffbarmachung von Flüssen und Strömen, die Anlegung neuer Landstraßen, die Errichtung von Festungen, Häfen und Dämmen, der Zustand der Magazine und Zeughäuser; ein Heer von mehr als 100,000 Mann, nicht aus Greisen und Kindern, sondern aus Veteranen und Erwachsenen bestehend, eine Küstenflotte von beinahe 250 Kanonenschaluppen und Jollen, eine Vermehrung der großen Flotte mit Fregatten und Linienschiffen, ein von Jahr zu Jahr fortschreitender Landbau, eine Manufacturindustrie, die sich in mehreren wesentlichen Zweigen mehr als verdoppelt hat, eine fast verdreifachte Zolleinnahme bei Herabsetzung der Ein- und Ausgangszölle, eine Bevölkerung, fast so stark, wie die von Schweden und Finnland vor dem Verlust des letzteren, d. h. über ein Viertheil stärker, als Ich sie bei Meiner Ankunft vorgefunden. Das Erstaunlichste von Allem will Ich übergehen, nämlich die Vereinigung mit einem Volke, welches seit den Uranfängen der Geschichte fast immer als Euer Gegner aufgetreten. – Gott, der Mich hört, Gott, den Ich um die Fortdauer Eures jetzigen Wohlergehens anflehe, kennt Meinen innigen Wunsch, Euch glücklich zu machen. Ist es Mir, bei der Unbeständigkeit alles Menschlichen, nicht gänzlich gelungen, so habe Ich doch unter Seiner göttlichen Obhut Euch wenigstens dem Unglück entreißen können, in welches Ihr versunken waret, Leiden und Bedrängnisse zu vermindern vermocht. Gezwungen, unverschuldeten Angriffen entgegenzutreten, hat Mir der Allmächtige gestattet, den größten Theil der Soldaten, welche mit Mir die Ostsee überschritten, unter ihre Mitbürger heimzuführen, nachdem sie zur Befreiung Deutschlands und zur Feststellung der Unabhängigkeit ihres Vaterlandes beigetragen. Diese Unabhängigkeit, meine Herren, wird von Bestand seyn, denn Sie werden es mit Ihrem Könige wollen. Ueberschreitet niemals die Schranken, welche die Natur und mehr noch ihre materiellen Revolutionen Euch gesetzt. Werdet Ihr jemals gezwungen, über Eure Gränzen hinauszugehen, so kehrt innerhalb derselben zurück, nachdem Ihr den Nachtheil auf die Angreifer zurückgewälzt. Inselbewohner auf neun Zehntheilen des Gebiets der beiden Königreiche, hängen wir mit dem europäischen Continent nur durch eine unfruchtbare Gegend zusammen. Unsre Lage schreibt unsre Politik vor. Alle Gewässer mit unsern Schiffen zu durchkreuzen und den Frieden der Welt zu wünschen, das ist unser Beruf. Die fremden Mächte geben uns fortwährend Beweise ihres Vertrauens und ihrer guten Gesinnungen. Bewahrt diese Vortheile, die Eure Regierung beiden Königreichen verschafft hat. Die innere Wohlfahrt und die Unabhängigkeit nach außen können nur durch Liebe zur Eintracht und Gerechtigkeit, durch den Gehorsam gegen die Gesetze consolidirt werden. Ich flehe zur Vorsehung, Euch in diesen wohlthuenden Gesinnungen zu erhalten. Bald durch den Lauf der Natur zu einem andern Leben berufen, werde Ich noch den Segen des Schöpfers für zwei Völker erflehen, die sich durch so viele Tugenden auszeichnen, wenn sie sich selbst überlassen bleiben, und die Mir so rührende Beweise ihrer Zuneigung und Dankbarkeit gegeben haben. Ich erneuere Ihnen, meine Herren, die ganze Versicherung Meines königlichen Wohlwollens.“
Ionische Inseln.
Corfu, 11 Jan. Hier ist in Bezug auf die in Griechenland entdeckten politischen Umtriebe nachstehende (gestern erwähnte) Proclamation erschienen: „Von Seite Sr. Exc. des Präsidenten und der hohen Senatoren der vereinigten Staaten der ionischen Inseln. Aus amtlichen Mittheilungen, welche die vollziehende Gewalt dieser Staaten von Sr. Exc. dem Lord Obercommissär erhalten hat, geht hervor, daß sich im benachbarten Königreiche Griechenland eine Verschwörung zum Umsturz der bestehenden Ordnung gebildet hat, und daß die vornehmsten Agenten dieser verbrecherischen Machination, zu denen auch ein ionischer Unterthan von edler Familie gehört, in Folge der schleunigen und wirksamen Maaßregeln der griechischen Regierung ergriffen worden. Es geht daraus ferner hervor, daß einige diesseitige Unterthanen unmittelbaren Antheil an den Revolutionsplanen jenes Landes genommen haben – wahrscheinlich in der Absicht, die Unordnung auch hier zu verbreiten und die Ruhe zu stören, deren sich diese Staaten erfreuen. Die vollziehende Regierung hielt es daher für nothwendig, die Einwohner aufzufordern, unter so schwierigen Umständen diejenige ruhige und lobenswerthe Haltung zu bewahren, welche die Landesbevölkerung immer ausgezeichnet hat, da hierdurch dem Lande und denjenigen besonders, die sich compromittirt haben, die Folgen äußerster Strenge erspart werden, welche Unordnungen dieser Art zu begleiten pflegen. Gegenwärtiges soll in drei Sprachen, griechisch, englisch und italienisch, gedruckt und zu allgemeiner Kenntniß gebracht werden. Gegeben im Palast St. Michael und St. Georg. Corfu, den 11 Jan. 1840 Auf Befehl des Senats: T. J. Gisborne, Secretär.“
Türkei.
*Von der türkischen Gränze, 20 Jan. Die letzten Briefe aus Konstantinopel sind voll Lob über die neuesten Beschlüsse des Conseils: den Charadsch (die von allen Rajas zu entrichtende Kopfsteuer) in seiner bisherigen so unendlich lästigen Form abzuschaffen, und die Verkäuflichkeit der Aemter zu verbieten. Es sind dieß insbesondere Werke Reschid Pascha's. Die Versetzung Said Pascha's, der als Gegner der Reform bekannt ist, auf einen Posten (zum Großadmiral), der auf die innere Verwaltung ohne Einfluß ist, und die Ernennung Ahmed Fethi Pascha's, eines eifrigen Reformers und treuen Freundes und Unterstützers Reschid Pascha's, der täglich mehr an Einfluß gewinnt, zum Handelsminister, sind der Sache des Fortschritts höchst günstige Erscheinungen. In dem die eben erwähnten Veränderungen anordnenden Ferman finden sich einige bemerkenswerthe Stellen. So wird z. B. dem abgesetzten Kapudan Pascha bloß sein längeres Ausbleiben zur Schuld gerechnet, und hinsichtlich der Flotte wird eine Wendung gebraucht, als ob sich diese noch mit Zustimmung des Sultans in Alexandrien aufhielte, was um so mehr Aufsehen macht, als die Pforte wegen der fortwährend verweigerten Rückgabe der Flotte und ihrer von Mehemed Ali begonnenen Verschmelzung mit der ägyptischen Escadre sich erst neulich wieder an die fünf Repräsentanten der Großmächte gewendet hat. – In Albanien dauern die Unruhen fort, jedoch ohne allarmirenden Charakter.
* Triest, 4 Febr. Die durch das heute eingetroffene Dampfboot „Erzherzog Johann“ erhaltenen Briefe aus Athen vom 27 v. M. lauten alle sehr beruhigend. Die Berichte aus Konstantinopel melden nichts Neues von Belang; ein russisches Kriegsdampfboot kam am 21 v. M. daselbst mit Depeschen aus Odessa an, und eine englische Corvette wurde erwartet. – In Alexandrien ist leider ein Pestfall vorgekommen; außerdem lebt man daselbst in politischer Beziehung in der bangsten Erwartung. Der Vicekönig hat definitiv erklärt, von keinen neuen Bedingungen hören zu wollen, wofern ihm nicht seine Forderungen bewilligt würden, und in der That zeigt er, daß es ihm jetzt ernst ist, es aufs Aeußerste kommen zu lassen. Alexandrien wird in Vertheidigungsstand gesetzt, und erhält 25,000 Mann Besatzung; bei Mehalid Kebir wird ein Lager für 60,000 Mann aufgeschlagen; sämmtliche Städte längs der Küste werden stark besetzt und befestigt, und außerdem sollen 20 Regimenter Miliz, jedes zu 3200 Mann, gebildet werden, über welche Seid Achmet El Garbi den Oberbefehl erhält. Alles, was waffenfähig ist, wird unter das Militär gesteckt, und in den Straßen Alexandriens sieht man fortwährend die Soldaten exerciren. Ibrahim Pascha soll Befehl vorzurücken erhalten haben. (??)
* Toulon, 3 Febr. Das Dampfboot aus der Levante ist eingetroffen. Es bringt keine wichtige Neuigkeit. Aus Vurla vom 19 Jan. schreibt man uns, daß der Admiral Stopford an demselben Tag mit den Linienschiffen Prinzessin Charlotte und Bembow nach Malta abgesegelt ist; vier andere Linienschiffe sind schon vor ihm nach Malta abgegangen. Zu Vurla blieben nur noch 6 brittische Linienschiffe und 3 Corvetten zurück. Sobald jene Hälfte der Flotte sich in Malta verproviantirt hat, löst sie die andere Hälfte ab, welche dieselbe Bewegung machen wird. Die französische Escadre liegt theils vor Smyrna, theils vor Vurla; ihre sieben kleinen Fahrzeuge sind zum Theil vor Athen, Candia und an den Küsten von Syrien. In diesem Augenblick muß die französische Escadre auf vier Linienschiffe reducirt seyn in Folge der Rückkehr des Montebello und des Jupiter nach Frankreich; letztere Schiffe sollten Ende Januars von Vurla absegeln. Ein Boot der englischen Escadre ist in der Bay von Vurla untergegangen und sämmtliche Matrosen, die sich darauf befanden, ertranken sammt dem Officier. Admiral Lalande verletzte sich am Bein, während er auf der Corvette Brillante die Mannschaft im Feuer exerciren ließ. Seine Wunde ist aber leicht und man hofft, sie werde keine schlimmen Folgen haben. Die französische Escadre sollte sich am 15 Jan. zu Smyrna versammeln.
China.
Den gestern gegebenen Nachrichten aus englischen Journalen fügen wir noch Folgendes bei. In einem Brief d. d. 23 Sept. wird der Angriff der Chinesen auf das brittische Schiff Volage, Capitän Smith, also beschrieben: „Capitän Smith steuerte mit seiner Pinasse nach der Cowloon-Bai herum, und war eben im Begriff in diese einzulaufen, als er 3 bis 400 Soldaten mit zwei Kanonen auf der Höhe eines Hügels bemerkte. Sobald die Chinesen die englische Flagge ansichtig wurden, eröffneten sie ein Feuer auf das Schiff. Einige Kugeln schlugen neben ihm ein, Capitän Smith hielt es aber nicht für rathsam, das Feuer zu erwiedern, sondern kehrte auf die brittische Schiffsstation zurück.“ – Die Chinesen haben längs einer Küstenstrecke von einigen englischen Meilen innerhalb der Bocca Tigris Forts errichtet, und Ketten quer über den Fluß gezogen, um die Forcirung einer Durchfahrt zu verhindern. – Admiral Maitland lag nach den letzten Nachrichten mit seinem der Reparatur bedürftigen Flaggenschiff in Trinconomale (Ceylon), ward aber bis Mitte Octobers in den chinesischen Gewässern erwartet.
Berichtigung.
In der gestrigen Beilage S. 314 Sp. 1 Z. 18 v. o. soll es wohl Ameisenlöwe heißen, statt Ameisenbär.
Zug durch die Wüste nach Schendi, und Aufenthalt daselbst.
(Beschluß.)
Bei Gelegenheit des Gegenbesuches, den ich am 20 Mai dem Kascheff abstattete, hatten wir Mu ßeMetemma im Detail zu betrachten, das ziemlich so groß als Dongola, und gleich ihm nur aus getrockneten Erdziegeln aufgebaut ist, aber im Ganzen ein noch viel elenderes Ansehen hat. Das Wüthen des Defterdar-Bey's, der hier an 6000 Menschen, Schuldige wie Unschuldige, spießen und niedersäbeln, oder in die Flammen der brennenden Häuser werfen ließ, und dadurch Metemma wie Schendi fast entvölkerte, zeigt leider noch seine traurigen Folgen. Allen Weibern und Mädchen, die verschont wurden, ließ er das Sklavenzeichen aufbrennen, und sandte sie nach Kairo. Doch befahl Mehemed Ali, bei der ersten davon erhaltenen Nachricht, sie frei zurückkehren zu lassen und verwies dem Defterdar seine Grausamkeit so streng, als es ihm damals möglich war. Der hiesige Kascheff konnte uns die beste Auskunft über diese Begebenheiten ertheilen, da er als junger Mann mit dem Defterdar hieher kam, und seit der Zeit seinen jetzigen Posten weit länger bekleidet hat, als es sonst unter dem ägyptischen Gouvernement üblich ist. Er schien uns ein ehrlicher, und folglich auch ein armer Mann, der wenig Bequemlichkeiten des Lebens kannte, und uns in seiner kümmerlichen Behausung nur mit Zuckerwasser zu regaliren im Stande war. Er suchte den Defterdar, dessen Grausamkeit er nicht läugnen konnte, doch dadurch zu entschuldigen, daß er auch auf das heftigste von den Einwohnern dazu gereizt worden sey. Denn nachdem er Schendi, eine damals sehr blühende und viel Handel treibende Stadt, als Racheopfer für Ismael Pascha's Tod verwüstet hatte, verkündete er dem übrigen Lande eine allgemeine Amnestie, und begab sich zu dem Schech von Metemma als Gast. Nach einem großen Versöhnungsmahle, welches dort stattgefunden, näherte sich ihm einer der Eingebornen, mit dem Anschein als wenn er ihn um etwas bitten wolle. Kaum hatte sich aber der Defterdar freundlich zu ihm gewandt, als der resolute Neger, einem nebenstehenden Soldaten des Schechs die Lanze aus der Hand reißend, den Defterdar damit so heftig unter der Schulter durchstieß, daß der Schaft abbrach, und der Getroffene noch mit dem Eisen in der Wunde auf die Bodenmatte niederstürzte, wo er mehrere Minuten besinnungslos liegen blieb. Der Thäter ward nicht gespießt und gemartert, wie gewöhnlich erzählt wird, sondern sogleich vom Gefolge des Defterdars in Stücken gehauen. Das folgende Trauerspiel aber war eben so gräßlich als unsinnig, da es um eines Schuldigen willen alle Einwohner der Stadt vertilgte. Auch der Schech und alle in seinem Hause anwesenden Gäste wurden niedergemacht. Es ist wahrlich zu verwundern, daß nach allen diesen Gräueln die Gegend sich während der fünfzehn Jahre, die seitdem vergangen, noch in soweit wieder hat aufraffen und von neuem bevölkern können, als es wirklich der Fall ist, so daß man jetzt schon wieder viele Tausend Einwohner hier zählt, welche mancherlei Gewerbe treiben. Unter Anderm verfertigt man in dieser Stadt ein schön hochroth gefärbtes Baumwollenzeug, eine grobe Art grauer Leinwand, und sehr zierliche Matten und andere Gegenstände aus Palmblättern. Straußenfedern wurden uns in großer Menge zu einem Spottgeld angeboten, und ich habe später sehr bedauert, aus Nachlässigkeit nicht mehr davon eingekauft zu haben. *)Das Pfund zu einem Franken, welches schon in Kairo 50 und mehr kostet.
Abends brachen wir unsere Zelte ab und fuhren mit dem Kascheff den Nil nördlich hinab, nach dem zwei Stunden entfernten, auf dem entgegengesetzten Ufer liegenden Schendi, das auf Hrn. Rüppells, wie andern Karten unrichtig als Metemma gerade gegenüber, und noch südlicher als dieses liegend, verzeichnet ist. Korschud Pascha, der Generalgouverneur vom ganzen Sudan, welcher in der Regenzeit hier einige Monate zuzubringen pflegt, hat sich zu diesem Behufe, eine Viertelstunde von der Stadt und dicht am Fluß, einen weitläufigen Palast aus Lehm erbauen lassen, der mir jetzt zur Wohnung angewiesen wurde. Weder die äußern Mauern des Gebäudes noch das Innere der Gemächer waren geweißt, alle Fußböden rohe Erde, welche man fünf- bis sechsmal des Tages begießt die Divans selbst nur aus Lehm errichtet, worauf Matten und Teppiche gelegt werden, die Zimmerdecken rohe Holzsparren, und darüber ein dickes Geflecht aus Palmrinde gelegt, auf welches der Estrich der obern Dachterrasse gepappt ist, die Fenster bloße Holzgitter mit Läden aus ungehobelten, lose an einander gehefteten Brettstücken, die zwischen sich immer breite Spalten durchblicken lassen. Doch waren die Zimmer sämmtlich von stattlichen Dimensionen, sehr hoch, luftig, und daher verhältnißmäßig kühl. Dieß ist durchgängig des Landes Sitte, jeder wohnt so, und nur der Umfang und die Größe der Räume zeigt die Reichern und Vornehmern an. Die Nacht schläft man gewöhnlich außerhalb des Hauses im Freien auf einem Teppich, was wir nachahmten und sehr angenehm fanden. Das Geschrei der Pelikane und großer Frösche ertönte dabei die ganze Nacht hindurch wie aus einer Judenschule. Der Fluß ist überhaupt hier mit vielem Geflügel belebt, und namentlich sieht man wilde Gänse und Enten in großer Quantität.
Als ich früh, noch vor Sonnenaufgang, mich badete, während mehrere Weiber daneben ihre Wäsche klopften, machte man mir Zeichen, daß sich ein Krokodil nahe. Wirklich sah ich das Thier, ungefähr in der Entfernung von zwanzig Schritten, einigemal den Kopf aus dem Wasser heben. Es war aber nur ein kleines Exemplar, dem ich zu weichen nicht für nöthig fand. Mein Dragoman holte einige Araber herbei, die sich im Kreise um mich herstellten und fortwährend mit Stöcken in das Wasser schlugen, was mir Zeit gab, mein Bad ruhig zu beenden, ohne daß sich das Krokodil wieder blicken ließ. Der Kascheff tadelte dennoch meine Sorglosigkeit, und führte zur Bekräftigung die folgende fast unglaubliche Anekdote an. Einige der Anwesenden von seinem Gefolge wollten zwar die Wahrheit derselben verbürgen, indeß, wahr oder unwahr, ist sie doch von der Art, daß sie in einer neuen Ausgabe von Münchhausens Werken sehr wohl mit aufgenommen werden könnte. „Es ist noch nicht lange her,“ begann der Kascheff, „daß ein Mann aus Berber sich hier niederließ, den wir Alle gekannt haben. Eines Morgens führte er ein Pferd zum Tränken an den Nil, band den Strick, an dem er es hielt, um seinen Arm, und kniete, während das Thier seinen Durst löschte, zum Gebete nieder. In dem Augenblick wie er mit dem Gesicht auf dem Boden liegt, fegt ihn ein Krokodil, nach der gewöhnlichen Art seines Angriffs, mit seinem Schweif in das Wasser und
verschlingt ihn. Das Pferd, entsetzt, wendet alle Kräfte an, um zu entfliehen, und da der im Bauch des Krokodils befindliche Arm seines todten Herrn, an welchem der Strick festgeknüpft war, diesen nicht loslassen konnte, und der Strick auch nicht zerriß, so zog das entsetzte Pferd an demselben das Krokodil selbst nicht nur aus dem Flusse heraus, sondern schleppte es auch über den Sand bis an die Thüre seines eigenen Stalles fort, wo es dann bald von der herbeikommenden Familie getödtet, und der entseelte Körper des Verunglückten noch in seinem Innern ganz intact gefunden wurde.“
Gegen Mittag kamen 100 Negerrecruten, als Ergänzungsmannschaften für den Krieg im Hedschas bestimmt, zu Schiffe hier an. Sie waren alle in weiße Leinwandhemden gekleidet, und wurden bis zum andern Morgen, um ihr Desertiren zu verhindern, in den Hof des Schlosses eingesperrt, wo sie bivouakirten. Ich besuchte sie des Nachts mit dem Doctor kurz nach ihrer Mahlzeit. Alle lagen in tiefem Schlaf, aber zugleich in so grotesken, wunderlichen Stellungen, wie ich sie nie von Europäern gesehen, wozu sie sämmtlich ihre Leinwandhemden über den Kopf gezogen hatten; denn nur diesen Theil ihres Körpers bedecken die Einwohner immer sorgfältig während des Schlafes. Die Sterblichkeit unter diesen, so robust und stark aussehenden, Leuten soll furchtbar seyn, und viele Tausende von ihnen haben schon im Hedschas ihr Grab gefunden, wo sie meistentheils, nicht durch die Waffen der Feinde, noch selbst am Klima, das obgleich ungesund doch von dem ihrigen nicht sehr verschieden ist, sondern – am Heimweh sterben.
Die alle Jahr regelmäßig vorgenommenen Sklavenjagden auf die wilden Neger im Innern, liefern diese Unglücklichen dem Gouvernement, eine Grausamkeit, die nicht zu entschuldigen, leider aber bei allen Völkern im Innern Afrika's so allgemein ist, und allen Gouverneuren dieser Provinzen, die zugleich ihren Privathandel mit den eingefangenen Sklaven treiben, sowie ihren eigenen Bedarf damit versorgen, soviel Vortheil bringt, daß es Mehemed Ali sehr schwer werden würde, sie abzuschaffen. *) Den Zeitungen nach hat er sie jetzt verboten, ich zweifle aber an der Ausführung des Befehls durch die Untergebnen, und selbst an der Aufrichtigkeit desselben. – Je weiter man von hier aus vordringt, je mehr bemerkt man, wie nach und nach des Vicekönigs persönliche Autorität zu schwinden anfängt, und diese dagegen fast ganz auf seine Stellvertreter übergeht, die allein gefürchtet werden, und von denen auch allein etwas gehofft wird. In Karthum und im Kordofan sind des Vicekönigs Gouverneure mächtiger als er, und er muß, so lange sie diese Posten bekleiden, sehr behutsam mit ihnen umgehen, um sich vor ihrem Abfall zu sichern. Höchst bedauernswerth bleibt es daher auch in dieser Hinsicht, daß die furchtsame und unentschlossene Politik der europäischen Mächte nicht längst Mehemed Ali's Verhältnisse so geregelt hat, daß er von dort her nichts mehr zu befürchten brauchte, und von seiner Seite eben so wenig mehr zu befürchten stände. Könnte und müßte er dann seine ganze Kraft, die er jetzt, nur nach Europa blickend, versplittern muß, auf das Innere der zahlreichen Länder die ihm gehorchen, verwenden, so würde nicht nur der Sklavenhandel weit menschlicher modificirt, wo nicht gänzlich aufgehoben werden können, sondern auch die reichen Gegenden zwischen dem blauen und weißen Nil bald Aegypten an Fruchtbarkeit gleichkommen, wozu die Localität Alles darbietet, ja selbst der größte Theil der Wüste in blühende Fluren umgewandelt werden können, wie er es in ältesten Zeiten ohne Zweifel schon einmal war. So ziehen sich Ursach' und Wirkung heute wie eine Kette sichtlich über den ganzen Erdboden hin, und der arme Neger in den tropischen Einöden erfährt, so gut als wir, die nachtheiligen Einflüsse der Schwäche, welche in dem alternden Europa herrscht.
Mein Dragoman ward am Abend bedeutend krank an einem entzündlichen Fieber, was mich nöthigte, einige Tage hier zu verweilen, doch stellte ihn seine gute Constitution, unterstützt von einigen Aderlässen und Senfpflastern, bald wieder her. Während dieser Zeit langte ein Boot unter englischer Flagge hier an, auf dem sich Hr. Doctor Holroy befand, ein junger Mann, der seit einem Jahre diese Gegenden bereist, und jetzt aus Kordofan zurückkehrte. Er besuchte mich, und mit ihm verging mir die Zeit angenehmer, als ich hoffen durfte, in lehrreicher Unterhaltung. Obgleich ich mich nun selbst fast eben so unwohl fühlte als mein Dragoman, besonders aber an einer höchst peinigenden Abgespanntheit des ganzen Nervensystems litt, so benutzte ich doch meine Muße noch anderweitig, namentlich um Schendi einigemal zu besuchen. Es ist ein trauriger Anblick, den diese Stadt, welche einstens 50,000 Einwohner zählte, in ihrem jetzigen Zustande gewährt. Noch dehnen sich ihre zerstörten und längst verlassenen Häuser auf allen Seiten gegen die umliegenden Felder aus, welche ebenfalls größtentheils zur Wüste geworden sind. Nur hie und a sieht man noch ein spitzes Strohdach sich erheben, das in der großen Todtenstadt ein einzelnes bewohntes Haus verkündet, alle übrigen sind dachlos und leer, gleich dem fast in der Mitte des Ganzen stehenden kleinen Lehmpalast, in welchem Ismael Pascha sein tragisches Ende fand, und wo die verrätherische Fackel, welche die darum hergehäuften Strohbündel aus Rachsucht anzündete, bestimmt war in grauser Folge eine ganze reiche Provinz mit mehr als der Hälfte ihrer Einwohner zu vernichten. Eine eigene Schickung ist es, daß der Schech, welcher die Verschwörung anzettelte und ausführte, mit seinem Sohne aller Strafe und Rache gänzlich entging. Er lebt noch unter den Arabern der Wüste, und Mehemed Ali hat nie etwas gethan um seiner habhaft zu werden, ja man versicherte mich, daß sein Sohn schon längst wieder zurückgekehrt sey und seit Jahren auf einer Insel nicht fern von Meroe lebe, wo ihn alle seine noch übrigen Anverwandten häufig besuchen, ohne daß die Regierung die mindeste Notiz davon genommen habe. Mehemed Ali, der ein besserer Politiker ist als der Defterdar war, mißbilligte überhaupt dessen Verfahren im höchsten Grade, und hat seitdem Alles gethan, was in seinen Kräften stand, um es vergessen zu machen. Der größte Theil der Schechs in dieser Gegend, von denen mehrere zu mir kamen, erhält Jahrgehalte von ihm ausgezahlt, und der Schech Bischir bezieht monatlich 500 Piaster vom Gouvernement, hier eine bedeutende Summe. Daß ich über Ismael Pascha's Katastrophe nichts weiter erwähne, wird mir hoffentlich Niemand verdenken, da die genauesten Details darüber von jedem seitdem hier Reisenden schon bis zum Ueberdruß wiederholt worden sind.
Fr. v. Raumer über Italien.
Berlin, 31 Jan. Die gestrige öffentliche Sitzung der Berliner Akademie der Wissenschaften zur Säcularfeier der Thronbesteigung Friedrichs des Großen, welche die insonders Berlin in diesem Jahr bevorstehenden Festlichkeiten eröffnet hat, füllte zum größten Theil ein beredter Vortrag Hrn. v. Raumers aus, betreffend dessen vorjährige italienische Reise. Hr. v. Raumer entwarf ein gedrängtes, lebendiges Bild von den öffentlichen Zuständen, von den einzelnen Staaten, von
den Hoffnungen auf die Zukunft Italiens, und suchte zwischen den zu eifrigen Lobrednern und eben so eifrigen Tadlern dieses schönen Landes in seinem Urtheil die Mitte einzuhalten. Der gelehrte Berichterstatter sprach über Italien in eben demselben liberalen Geiste, mit welchem er die französischen und englischen Zustände bei Gelegenheit früherer Reisen, wie zur Genüge bekannt, beurtheilt hat. Er zeichnete lebendig, genau, in festen Umrissen, doch mehr äußerlich, so wie sich die Gestalten an der Oberfläche darstellen, als in die Tiefe eindringend, ihren Kern, ihren Gehalt, ihre Bedeutung erfassend; er gab ein Gemälde voll Licht und Schatten, voller Effecte, auf dem jedoch die dunkle Farbe des Tadels reichlicher hinfloß als die helle des Lobes. Besonders scharf wurde ein sittliches Gebrechen hervorgehoben, welches sich im häuslichen Leben der Italiener bekanntlich hier und da vorfindet, so wie die Einseitigkeit und Hohlheit des Adels und ganz besonders der gänzliche Verfall der erhabenen, altitalienischen Musik. Gleichwohl erkennt Hr. v. Raumer an, daß Italien, Alles in Allem gerechnet, im Vergleich mit dem siebenzehnten Jahrhundert, bemerkenswerthe und beträchtliche Fortschritte gemacht habe. Wir gestehen, daß uns diese Anerkennung um so mehr erfreut hat, als es seit einiger Zeit – selbst mit Unterstützung sehr gewichtvoller Stimmen – allgemeiner Ton zu werden scheint, die südlichen Länder Europa's sammt und sonders als in „argem Verfall“ und der höhern Aufmerksamkeit unwerth darzustellen.
Zu den einzelnen italienischen Staaten übergehend, gedenkt Hr. v. Raumer Neapels und Siciliens gar nicht besonders, aus Gründen, welche uns nicht einleuchten wollen; nur beiläufig wird eines beklagenswerthen, traurigen Versuchs erwähnt, in diesem südlichen Königreich das französische Centralisationswesen einzurichten. Dem Kirchenstaat werden ungünstige Aussichten gestellt, die sogar sein Bestehen als zweifelhaft erscheinen lassen; obwohl ausgezeichnete, um das Wohl ihrer Unterthanen eifrigst bemühte Päpste in neuerer Zeit das Staatsruder geführt hätten, so genüge doch der bloße gute Wille nicht, um auch eine gute und glückliche Regierung herzustellen; im Kirchenstaat das Regiment ausschließlich durch Geistliche führen zu lassen, sey eben so fehlerhaft als in sogenannten Militärstaaten alle höhern Stellen und Aemter durch Officiere zu besetzen. Das bürgerfreundlich regierte Toscana zehre noch am alten Ruhm und Glanz, der erloschen sey. Piemont wird ein junger, frischer, aufstrebender Staat genannt, der nicht bloß in der Vergangenheit lebe und sich um sie abhärme, sondern auch in der Gegenwart fortschreite, wirke und schaffe, und einer größern Zukunft entgegengehe. Das lombardisch-venetianische Königreich erfreue sich reger, allseitiger Fortschritte, und diese segensreichen Wirkungen der österreichischen Verwaltung fänden auch im ganzen Lande, bei Volk und Adel, immer größere Anerkennung. Ueberhaupt werde die öffentliche Stimmung in Italien mehr und mehr Oesterreich geneigt. Hr. v. Raumer hat zu vier verschiedenenmalen im lombardisch-venetianischen Königreich verweilt, und jedesmal nicht bloß neue Verbesserungen in fast allen Zuständen, sondern auch einen der Regierung günstigerern Geist im Volk angetroffen. Besonders in der neuesten Zeit sey in dieser Hinsicht die glücklichste Wendung zu erkennen. Oesterreich befördere die national-italienische Entwicklung aus allen Kräften, und derselben stehe in Wirklichkeit fast kein Hinderniß entgegen, das aus der Fremde stamme. Oder solle man etwa als solches das deutsche Kaiserhaus betrachten, welches das italienische Königreich regiere? Mit nichten; auch in Neapel regiere kein neapolitanisches, in Spanien kein spanisches, in England kein englisches, in Preußen kein preußisches, in Rußland kein russisches, in Schweden, Belgien,
Griechenland kein eingebornes Herrschergeschlecht; fast scheine ein Naturgesetz obzuwalten, welches fremde Häuser auf die Throne berufe. Hr. v. Raumer ließ es an wohlwollenden Seitenblicken auf Preußen und andere Staaten nicht fehlen; der Journalismus aber erfuhr – wie mich dünkt mit Unrecht, denn er ist an vielem Uebel, das ihm vorgeworfen wird, nicht Schuld – von ihm wiederholt eine unfreundliche Begegnung. Gewiß kann man Hrn. v. Raumers Ansicht nur beipflichten, daß für Italien in französisch-revolutionärem Geiste keine Wiedergeburt zu erwarten stehe, und daß es zu beklagen seyn würde, wenn das Zustandekommen der äußern Einheit Italiens auf Kosten der Mannichfaltigkeit, des Reichthums und der Gediegenheit der innern Entwicklung und des ganzen italienischen Lebens geschähe. Jeder Italiener solle vielmehr die Wiedergeburt seines Vaterlandes an sich selber beginnen. Doch hätten die französisch-revolutionären Einflüsse bereits außerordentlich, zumal im Kern und in der Elite der Nation, nachgelassen, obschon sie noch immerfort durch französische Litteratur und Journalistik genährt würden. Die Zukunft gestalte sich auch in dieser Hinsicht hoffnungsreicher; die Zeit sey nicht mehr, wo der Italiener etwa nach dem ersten besten österreichischen Lieutenant oder Beamten alle Deutschen jenseits der Alpen beurtheilte, er habe längst aufgehört uns für Barbaren zu halten (geschah das nicht schon zu den Zeiten Macchiavelli's?) und widme unserer Litteratur und ganzen Entwicklung immer größere Aufmerksamkeit; es stehe zu erwarten, daß der Einfluß der deutschen und englischen Litteratur der französischen die Wagschale halten werde.
Schließlich gedenken wir noch einer Saite des italienischen Volkslebens, welche Hr. v. Raumer in einer Weise berührt und anschlägt, in die wir unmöglich mit einstimmen können. Wir meinen die großen historischen Erinnerungen der Italiener, mit welchen sie sich wappnen gegen die Anmaßungen, den Hochmuth, den Spott, die Geringschätzung, das Mitleid aller Fremden und alles Fremden. Jener geheimnißvolle, wunderbare Zug im Charakter nicht vom Glück begünstigter Völker, jene Allen bis zu den Niedrigsten in ihnen gemeinsame, instinctartige Eigenthümlichkeit ist dem gelehrten Geschichtsforscher entgangen. Hr. v. Raumer, anerkennend, daß die Italiener vor allen neuern europäischen Völkern bis zum sechzehnten Jahrhundert die reichste, großartigste Geschichte hatten – im Innern blühten ja zugleich politisches Leben, Kunst und Wissenschaft, nach außen hin gründeten einzelne Städte Italiens große Reiche, und noch heute ist in der Levante ein freilich corrumpirtes Italienisch die Sprache in Handel und Verkehr – rügt an ihnen, daß sie immerfort auf diese ihre Geschichte und alte Zeiten zurückwiesen, sich daran labten und ergötzten; an diesem eiteln Thun offenbare sich das Unbedeutende und Nichtige im heutigen Italien, denn frische, lebenskräftige Völker und Staaten hätten zu viel mit der Entwicklung in der Gegenwart und mit ihrer Zukunft zu thun, um der Vergangenheit eine so große Aufmerksamkeit und Liebe zuwenden zu können; – ihm habe sich, erzählt Hr. v. Raumer, in Italien oftmals der Gedanke aufgedrungen, es sey vorzuziehen, ein Volk habe gar keine Geschichte als eine große Vergangenheit. Aber wenn die italienischen Zustände im Allgemeinen ungünstig und schlimm zu nennen sind, kann an wirksame Verbesserungen gedacht werden, ehe das Bewußtseyn davon wach und lebendig geworden ist? Kann Jemand ein Uebel verbessern und abwenden, ehe er von demselben Kenntniß und Einsicht erlangt hat? Und nun beweist gerade das auflebende, heiße, liebende Umfassen größerer Tage in einem Volke, daß dieses das Bewußtseyn von der kleinern, zurückstehenden Gegenwart gewonnen hat; es zeigt sich in demselben also zugleich das erwachende Bedürfniß nach Reformen
und Wiederaufschwung; es liegt in demselben jener Unwillen, jener Schmerz über die Gegenwart, aus dem die Kraft und Energie des Geistes zur Besserung und zur Wiedergeburt hervorkeimen. Oder an was sollen die Italiener ihre Fortentwicklung denn wieder anknüpfen, wenn nicht an die Fülle ihrer Geschichte? Doch nicht an den französischen Liberalismus oder an andern fremden Geist; und in die Luft hinein baut kein Volk Großes, das Stürme überdauert; denn das Fundament aller gesunden Entwicklung ist die Geschichte. Wenn die Italiener ihrer Geschichte vergessen hätten, wenn sie sich nicht mehr stets und lebendig die großen Bilder ihrer Vergangenheit vor das Gedächtniß zurückriefen, gleichgültig in den Tag hinlebten, würde das nicht vielmehr der sicherste Beweis davon seyn, daß sie geistig abgestumpft, unempfänglich für Vaterland und Ehre geworden, moralisch versunken wären? Wem wird es einfallen, daraus, daß Preußen den Antritt Friedrich des Großen zu seiner glorreichen Regierung oder andere Jahrestage feiert, den Schluß zu ziehen, daß die Völker Preußens geistig versunken seyen? Fürwahr, eine große Geschichte ist keine Last, kein Unglück für die Völker, vielmehr eine der großen, naturgewaltigen Mächte, welche Nationen aus Schlummer und Erniedrigung wieder aufwecken, ihren Sturz auf Jahrhunderte hin verzögern und ihnen die Kräfte zur Verjüngung und Wiedergeburt verleihen können. Hr. v. Raumer beklagt den tiefen Verfall der Musik in Italien; nun, jene Liebe, jenes Umfassen ihrer Vergangenheit beweist, daß die vaterländische Musik im innersten Herzen der Italiener nicht verklungen und erloschen ist: aus der vollen, reichen, nie erschöpften Tiefe ihrer historischen Erinnerungen heraus schöpfen sie Muth, Geduld, Nationalehre und Stolz, Hoffnung, Poesie, Seelenschwung!
Galizien.
Lemberg. In der Beilage der Allgem. Ztg. vom 14 Jan. befindet sich ein die Verhältnisse von deutsch- und russisch Polen berührender Aufsatz, der von einem schlecht berichteten Correspondenten kommen muß, und einer Berichtigung bedarf. – Ich stimme herzlich in das von jenem Correspondenten der österreichischen Regierung gespendete Lob ein, aber das Verhältniß zwischen dem galizischen Bauer und dem Edelmann ist ganz irrig dargestellt. Der Correspondent sagt: „der galizische Edelmann wird selbst Bauer!“ Diese Behauptung ist so falsch, daß sie jedem, der nur ein Jahr in Galizien gewesen, lächerlich erscheinen muß. – Zwischen dem Edelmann und dem Bauern in Galizien waltet fast überall eine wachsende Feindseligkeit ob. Die österreichische Regierung hat dem Bauer in Galizien viele wichtige Rechte verliehen, welche die früheren Rechtsansprüche der Edelleute sehr beschränken. Manche Edelleute suchen nun nach Möglichkeit die alten Gewohnheiten aufrecht zu erhalten; andrerseits verstehen viele Bauern die ihnen verliehenen Rechte irrig und machen unmäßige Forderungen; so ist fast in jedem Dorfe ein Streit zwischen dem Edelmann und dem Bauer. Die k. k. Kreisämter sind fast immerwährend beschäftigt dergleichen Streitsachen zu entscheiden, und Tausende von Winkelschreibern leben nur von Abfassung von Klagen, zu denen sie den Bauer nach Möglichkeit bereden. – Diese Feindseligkeit bleibt nicht immer auf schriftliche Klagen beschränkt; in mehreren Dörfern haben die Bauern thätlich ihre Schuldigkeit zu leisten verweigert, und die Beamten und Diener des Edelmanns mißhandelt, so daß die Regierung durch bewaffnete Einschreitung des Militärs die Rechte des Edelmanns beschützen mußte. Bei solchem Verhältniß kann von einer Fraternisirung des Edelmanns mit dem Bauern in Galizien wenigstens in dem 19 Jahrhundert keine Rede seyn. – Es gibt sicher in Galizien keinen Edelmann, der die galizische Bauerntracht tragen möchte. Nur die modernisirte ehemalige polnische Nationaltracht tragen einige wenige junge Leute, doch die ist der galizischen Bauerntracht in keiner Hinsicht ähnlich.
Großbritannien.
London, 1 Febr. Wie schon kurz erwähnt, wurden vor einigen Tagen im Hause der Lords lange Debatten gepflogen über Robert Owen und den Socialismus in England. Der Bischof von Exeter übergab, seiner Ankündigung zufolge, eine Petition von 4000 Kaufleuten und Fabricanten in Birmingham gegen die Fortschritte der Secte der Socialisten oder, wie sie sich selbst lieber nennen, der „Gesellschaft religiöser Rationalisten.“ Dieser Name bedeutet jedoch in diesem Falle, dem praktischen Sinn der Engländer gemäß, um ein Beträchtliches mehr, als die mitunter etwas consequenzscheuen Theorien unserer deutschen Denkgläubigen über Gott und göttliche Dinge. Die Doctrin der Socialisten, insofern sie Religionsfragen betrifft, ist ein nüchterner Materialismus, der aber – denn auch die Nüchternheit hat ihre Schwärmer – den Fanatismus nicht ausschließt, um so weniger, als diese Lehre in ihrer social-politischen Anwendung auf dieses Erdenleben, das ihr als das einzige gilt, folgerecht in die abenteuerlichsten Perfectibilitätsplane gerathen muß. Hier trifft dieselbe mit den nachgerade verschollenen Tendenzen des Saint-Simonismus, des „jungen Deutschlands“ und ähnlicher Ausgeburten einer ihrem Schwerpunct entrückten, gährenden Zeit zusammen. Für England ist der Socialismus jedenfalls eine interessante Erscheinung, zumal in seinem Zusammentreffen mit dem Chartismus; die nähern Berührungen beider können, bei ihrer innern Verwandtschaft, nicht wohl ausbleiben, wofür auch der Umstand spricht, daß die beiden Bewegungen an der Stadt Birmingham einen gemeinschaftlichen Hauptherd gewonnen haben. Die Einflüsse eines Cromwellischen Puritanismus, wie sie das Chartisten-Epos Ernst zeichnet, wären damit auf der andern Seite nicht ausgeschlossen, denn der gleiche politische Zweck könnte die entgegengesetzten Factoren in ihrer Wirksamkeit vereinigen. Zugleich stellt der Socialismus ein Extrem des hausbackenen geistlichen Verstandes dar, das der buchstabendürren, polizeimäßig gehandhabten Orthodoxie der Staatskirche gegenüber endlich hervortreten mußte. – Dr. Phillpots übergab also obenerwähnte Petition, in der auch getadelt wurde, daß der Urheber dieser Lehre, Robert Owen, vor einigen Monaten von Lord Melbourne der Königin bei einem Lever vorgestellt worden. Der Bischof hielt eine lange Rede, um zu beweisen, daß der Socialismus gesetzwidrig sey, da dessen Mitglieder mit Gesellschaften in Frankreich in Verbindung ständen, in England selbst einen Congreß mit legislativen Befugnissen hielten, und da Abgeordnete desselben mit besondern Gewalten im ganzen Land umhergeschickt würden. Das Centralbureau habe seinen Sitz in Birmingham, das Land sey in 14 Socialisten-Bezirke eingetheilt, und 350 Städte würden von den Emissären der Gesellschaft, die aus der durch ganz kleine, aber zahlreiche Beiträge geschaffenen Vereinscasse je 30 Schilling wochentlich empfingen, regelmäßig besucht. Von diesen Aussendlingen gehörten zwar nur wenige den höhern Gesellschaftsclassen an, aber sie seyen fast durchgängig talentvolle, rührige, beredte und selbst gebildete Leute, wiewohl ihre Bildung diese verkehrte und unheilvolle Richtung genommen. Aus allem diesem gehe hervor, daß die Gesellschaft zu denen gehöre, welche durch die Acte 37 Georgs III für gesetzwidrig
erklärt seyen. Aber, erörterte der Prälat weiter, diese Gesellschaft verstoße nicht nur gegen die Staats- sondern auch gegen die Moral-Gesetze und sey dem Bestand der bürgerlichen Gesellschaft gefährlich, indem ihre thätige Tractätchen-Committee – sie verbreitet in Manchester allein wochentlich gegen 1000 Exemplare irgend eines neuen Pamphlets – jetzt unter Anderm eine Wochenschrift unter dem Titel „die neue sittliche Welt“ erscheinen lasse, in welcher eine neue Gestaltung der menschlichen Gesellschaft, ohne religiöse Institute und ohne Ehe, gepredigt werde. Der Redner führte als Belege dieses Satzes eine große Anzahl von Stellen aus Schriften Owens und seiner Schüler an, unter welchen letztern sich ein Sohn Owens, Hr. R. D. Owen, durch besondern Eifer hervorthut. Robert Owen selbst ist jetzt ein Mann von ungefähr 70 Jahren, und der Welt durch seine Meinungen schon seit etwa fünfzig Jahren bekannt; aber das Alter scheint ihn nicht mürbe gemacht zu haben, vielmehr klagte der Bischof, daß derselbe, der früher wenigstens sich immer für friedliche Mittel zu seinem Zweck ausgesprochen, in neuerer Zeit schriftlich und mündlich, z. B. in einer öffentlichen Disputation mit dem hochwürdigen J. H. Roebuck, wie ein chartistischer physical force-man sich geäußert habe. Als socialistische Hauptschriften nannte Dr. Phillpots: „Gemeinschaft (d. h. Verbrüderung zur gegenseitigen Unterstützung, ungefähr wie die der französischen Mutuellisten), die einzige Erlösung des Menschen;“ „The holy scriptures analysed, showing ist contradictions, absurdities and immoralities, by R. Cooper;“ dann, von Robert Owen selbst: „Das Buch der neuen sittlichen Welt.“ Als Hauptsätze desselben bezeichnete der Bischof: Läugnung aller moralischen Zurechnungsfähigkeit für den Menschen, weil auch der sittliche Mensch nur das Product der ihn umgebenden Sinnenwelt sey.“ (Als ein praktisches Corollar dieses erbaulichen Philosophems ward angeführt, daß, als unlängst in Liverpool ein Mörder hingerichtet ward, ein Socialistenprediger öffentlich docirte, der Staat habe kein Recht gehabt, den Menschen zu strafen, da derselbe seiner Natur gemäß nicht anders habe handeln können!); ferner: Verwerfung der Ehe, des Eigenthums- und Erbrechtes, welche Institute nebst einem oder zwei andern fast alles Unheil über die Welt gebracht hätten; Verwerfung alles Offenbarungsglaubens und aller positiven Religionen, wie sie auch heißen mögen; und Läugnung der persönlichen Fortdauer nach dem Tod. In letzter Hinsicht schreibt Owen der jüngere: „Ich lebe für diese Welt, weil ich von keiner andern weiß, und ich wünsche, daß alle Anstrengungen der Menschen bloß darauf gerichtet seyen, ihren und ihrer Mitmenschen Zustand auf dieser Erde zu verbessern, daß alle ihre Gedanken sich auf das Sichtbare und Wißbare beschränken; denn ich bin überzeugt, daß wir dann zufriedener, werkthätig wohlwollender und dauerhaft glücklicher seyn werden, als krankhafte Träumereien von einer jenseitigen Zukunft uns machen können.“ Solche Sätze, die der Engländer in ihrer traurigen und widerlichen Nacktheit hinstellt, würde neudeutscher Geschmack weit geistreicher mit einem poetisch-philosophischen Mäntelchen herauszuputzen gewußt haben; aber:
„Ergib dich willig drein,
Du kannst nur einmal seyn,
Es endet die Identitas,
Der Tod das ist kein leerer Spaß.“ –
und ähnliche Genialitäten der neuesten Schule laufen mit obigem einfachen Dictum am Ende auf Eins hinaus. Dr. Phillpots, der mit der deutschen Philosophie nicht fortgeschritten zu seyn scheint, war so unhöflich beizufügen: „Hätte ich in einer Jury über Owen und sein Buch abzuurtheilen, ich würde vermuthlich „nicht schuldig“ stimmen, weil ein Mensch, der dergleichen sagt oder schreibt, nicht bei gesunden Sinnen seyn kann.“ Als ein Beispiel, wohin solche Lehren führen können, erwähnte der Bischof einer traurigen Thatsache, die sich unlängst in Wolverhampton zutrug. Der sechzehnjährige Lehrling eines angesehenen Handelshauses, ein Knabe von guter Erziehung und trefflichen Anlagen, bekam Owens Schriften in die Hände. Bald darauf fand man ihn Morgens todt in seinem Zimmer liegen; er hatte sich vergiftet, weil, wie ein neben ihm liegender Brief besagte, diese „neue Erkenntniß“ alle die sittlichen und religiösen Stützen, auf denen sein Leben geruht, unter ihm weggebrochen hatte. Der Oheim des Unglücklichen erklärte öffentlich vor der Coronersjury: wenn er vor der Königin stünde, so würde er Owen laut als den Mörder seines Neffen anklagen. Und diesen Mann, setzte der Bischof hinzu, habe Lord Melbourne sich nicht gescheut, der jungen Königin von England vorzustellen! Noch führte der Redner an, in Manchester habe die Gesellschaft zum Zweck ihrer Vorträge eine sogenannte „Wissenschaftshalle“ erbaut, wozu vier reiche Anhänger der Lehre 5000 Pf. St. beigesteuert. Zugleich bemerkte derselbe, der Socialismus finde seine Aufmunterung besonders bei den von der Regierung ernannten liberalen Gemeinderäthen seit dem Durchgehen der Municipalreformbill; ja, in Coventry sey das Stadthaus einem Socialisten-Emissär zum Gebrauch eingeräumt worden. Für solche Unterschleife sey zunächst der Staatssecretär des Innern verantwortlich. Die Debatte zog sich bis gegen 8 Uhr Abends hin. Lord Brougham vertheidigte den persönlichen Charakter Robert Owens, mit Berufung auf die Urtheile von Männern wie Wilberforce und Canning, welche, gleich andern Parlamentsmännern, vormals in vielfältige gesellschaftliche Berührung mit Owen gekommen. Zugleich übergab der gelehrte Lord mehrere Petitionen von den Socialisten in Birmingham und Huddersfield, worin sie sich gegen die ihnen gemachten Vorwürfe des Atheismus und der Unsittlichkeit verwahren, und auf eine strenge parlamentarische Prüfung ihrer Lehre dringen. Brougham (bekanntlich selbst Verfasser eines Büchleins über natürliche Theologie) bemerkte, er sey vielfach, nicht nur mit Owen, sondern auch mit manchen Anhängern seines Systems in Berührung gekommen, habe aber nie solche ausschweifende und thörichte Meinungen, wie die angeführten, von ihnen gehört; einige Schüler möchten wohl, wie das zu geschehen pflege, die mißverstandenen Lehren des Meisters ins Absurde getrieben haben. „Owen selbst,“ sagte er, hat mich nie zu überreden gesucht, daß die Religion ein Uebel, die Ehe ein Fluch, das Eigenthumsrecht ein Mißbrauch sey. Sollte indeß ein Mensch solche Lehren, wie die von dem hochw. Prälaten gerügten, im Ernste hegen, so sind sie harmlose Hirngespinnste. Wenn ich anders den praktischen gesunden Menschenverstand meiner brittischen Landsleute nicht überschätze, so darf ich sagen, solche Meinungen werden bei uns keine Fortschritte machen, vorausgesetzt, was ich wohl zu bemerken bitte, wenn man sie sich selbst überläßt. (Hört!) Verfolgung hingegen könnte, wie die Welt und die Menschen nun einmal sind, die Wirkung haben, selbst baren Wahnsinn in dem Licht eines bewundernswerthen und nachahmungswürdigen Martyrthums erscheinen zu lassen.“ (Hört!) Lord Normanby, der Minister des Innern, an den die Rede des Bischofs zunächst gerichtet war, meinte, man lege unvorsichtigerweise den Lehren Owens dadurch, daß man sie zum Gegenstand einer Parlamentsdebatte mache, zu großes Gewicht bei. Auf einige Anspielungen des Prälaten entgegnete der Minister nicht ohne Empfindlichkeit, er kenne Owen persönlich gar nicht, und habe noch weniger mit seiner Lehre etwas zu schaffen, welche selbst in Amerika, wo doch religiöse Secten von allen Gattungen und Namen wie Pilze aus der
Erde wachsen, keinen Anklang gefunden habe, und also noch viel weniger bei dem besonnenen brittischen Volke finden werde; übrigens habe er immer sagen hören, daß Owen ein ehrenhafter, und namentlich ein so bis zum Uebermaaß wohlthätiger Mann sey, daß in letzterer Hinsicht mancher vornehme Geistliche der Staatskirche sich an ihm spiegeln könnte. (Hört!) Den Vorwurf, daß das Ministerium des Innern gegen den Socialismus nicht einschreite, wies Normanby mit Berufung auf die Autonomie der englischen Stadtgemeinden zurück. Das Ministerium werde erst einschreiten können, wenn die Magistrate es dazu aufforderten, was bis jetzt nicht geschehen. Mehr aber, als alle weltliche Gewalt, vermöge gegen solche Verirrungen eine Geistlichkeit, die sich um das Wohl der untern Volksclassen und namentlich um das Volksschulwesen fleißiger annehme, als um politische Parteihändel. (Hört!) Der gelehrte Bischof von London, Dr. Blomfield, unterstützte seinen Collegen von Exeter. Die Regierung eines christlichen Staats sey allerdings gehalten, auch ohne besondere Aufforderung mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln die Herzen des Volks vor dem Gift solcher Irrlehren zu bewahren. Die Macht göttlicher Wahrheit werde sie allerdings zuletzt durch sich selbst besiegen, aber mittlerweile könnten sie großes Unheil stiften; nicht für die Verständigeren und Gebildeteren sey von solchen Absurditäten Gefahr zu befürchten, wohl aber für die große Masse, welche mehr auf die Stimme der Sinnlichkeit und der Leidenschaft, als auf die der Vernunft und Erfahrung zu hören gewohnt sey. Der Prälat klagte, daß unlängst die beiden Unterhausmitglieder für die Stadt Coventry zur dortigen Socialisten-Vereinscasse beigesteuert. Lord Melbourne vertheidigte sein Verfahren sehr ausführlich. Er habe Hrn. Owen lange als achtbaren Mann gekannt und ihn daher der Königin vorstellen zu dürfen geglaubt; indeß habe er nie gewußt, daß derselbe so excentrische Ansichten hege, wie man ihm jetzt Schuld gebe, von denen es jedoch nicht zu verwundern sey, daß sie in Zeiten, wie die jetzigen, Aufnahme und Verbreitung fänden, denn das Volk greife in seiner Noth, die unläugbar groß sey, zu allem, was ihm Hülfe zu versprechen scheine, gehe also auch leicht auf Chimären von agrarischen Gesetzen und Veränderungen der Landesinstitutionen ein. Lord Wharncliffe und der Herzog von Wellington, dem die böse Welt nachsagt, er habe in jüngern Jahren alles Kirchliche in praxi ziemlich feldmarschallmäßig behandelt – jetzt ist er aber die Siebenzig passirt – traten gegen die Minister auf die Seite der Bischöfe, wiewohl der Herzog zugab, es sey schwer anzugeben, wie die Regierung hier einschreiten solle; etwas aber müsse geschehen.
[404]
Obernzell. Se. Majestät unser allergnädigster König und Herr haben in landesväterlicher Huld und Gnade geruht, zu Unterstützung der jüngst durch Brand verunglückten hiesigen Einwohner aus allerhöchst Ihrer Cabinetscasse die Summe von zweitausend Gulden dem Landgerichte Wegscheid mit der allergnädigsten Weisung zustellen zu lassen, daß es allerhöchst Ihr Wille ist, daß diese Unterstützung – als nur für die Bedürftigsten bestimmt – auch nach dem Maaßstabe der Bedürftigkeit und nicht nach der Zahl der Köpfe vertheilt, und hierüber in einer Commission berathen und beschlossen werde, welche unter dem Vorsitze des Landrichters aus dem Ortspfarrer und dem Bürgermeister oder einem andern Abgeordneten des Magistrats zusammen gesetzt sey.
Diese hochherzige Großmuth, die der bescheidenen allerunterthänigsten Bitte eine so schnelle und reichliche Unterstützung zufließen läßt, hat allgemein die innigste Rührung veranlaßt, und schnell die Thränen des Jammers in Thränen der dankbarsten Wonne verwandelt.
Es ist höchst ergreifend, obdachlose Arme auf den Ruinen ihrer ehemaligen Habe mit freudiger Miene ausrufen zu hören: Gott und unser guter König verlassen uns nicht, wir sind nicht unglücklich!
[417]
☞ Für Zeitungsleser! Bloß zur Beantwortung so vielseitiger Anfragen diene zur Nachricht, daß die Augsburger Abendzeitung durch alle resp. Postämter Deutschlands von dem königl. Oberpostamt Augsburg bezogen werden kann. Dieselbe wird fortfahren, die Bayerischen Landtags-Verhandlungen in der bisher begonnenen, mit so allgemeinem Interesse aufgenommenen Weise, zu liefern, und es sind nunmehr wieder vollständige Exemplare des heurigen Jahrgangs zu haben. Die Zeitung erscheint alle Tage, kostet in Augsburg halbjährlich nur 2 fl. 50 kr. oder 1 Thlr. 10 gr. sächs., hat eine Auflage von 5000 und eignet sich somit vorzüglich zu Inseraten aller Art; Insertionsgebühren für die dreispaltige Petitzeile 3 kr.
Der Verleger: J. C. Wirth.
[396-97]
Bekanntmachung.
Diejenigen Schauspieldirectionen, welche Lust haben, in dem hiesigen durchaus neu restaurirten Schauspielhause theatralische Vorstellungen zu geben, mögen ihre mit den nöthigen Zeugnissen belegten Gesuche frankirt einsenden an das unterfertigte Comité, welches auch über die speciellen Bedingungen Auskunft geben wird.
Fürth (Mittelfranken), den 4 Februar 1840
Das Comité des Theatervereines.
[419-23]
Reinzucht-Institut.
Original spanischer Stammschafe aus den Cavagnen St. Panlar, Guadaloupe und Negretti; von höchster
Reinheit des Bluts, alljährlich zu verkaufen.
Aus obigen berühmtesten drei original spanischen Stammracen, wovon selbst in Spanien zur Veredlung und Auffrischung des Bluts die Widder für viele Cavagnen mit besonderem Vorzug verwendet werden, und ich i. J. 1803 mit Sachkenntniß die Voreltern persönlich selbst in Spanien in der Absicht einkaufte, jede dieser drei Racen bei strenger Festhaltung ihrer Homogeneität und Constanz planmäßig, inzüchtlich, mittelst Handsprung, in der höchsten Reinheit des Bluts fortzupflanzen – sind zur Begründung für Pepiniére-Heerden, oder Veredlung und Auffrischung des Bluts – wie alljährlich, auch dieses Jahr wieder circa 350 Stück 4 1/2 - 6 Grad Dollond feine, höchst reichwollige Stammwidder (deren Aechtheit in Bezug auf Reinheit des Bluts schon seit sechsunddreißig Jahren allgemein rühmlich bekannt ist), à 50, 100 und 200 Gulden, und eben so viele homogene Stammmutterthiere, à 40 und 50 Gulden Conv. Münze per Stück, alljährlich in kleinen und größern Partien zu verkaufen. Kauflustige werden hiemit eingeladen, sich alljährlich an mich zu wenden. – Theresienfeld bei W. Neustadt in Niederösterreich.
Bernhard Petri, Oekonomierath.
[401-3]
Edictal-Ladung.
Johann Bonifaz Schmitt von Brückenau, Sohn des Bernard und der Dorothea Schmitt, welcher im Jahre 1813 mit den großh. Frankfurtischen Truppen nach Frankreich zog, hat seit dieser Zeit keine Nachricht mehr von sich gegeben.
Es ergeht daher an diesen Johann Bonifaz Schmitt oder dessen Leibeserben die Aufforderung,
binnen sechs Monaten
vom Tage der Veröffentlichung dieses an sich bei dem unterfertigten Gericht um so gewisser persönlich oder durch gehörig Bevollmächtigte zu melden, als sonst dessen Vermögen, bestehend in 200 fl., ohne alle Cautionsleistung den nächsten anwesenden Erben erb- und eigenthümlich zuerkannt und ausgeantwortet werden wird.
Brückenau, den 23 Januar 1840
Königliches Landgericht.
Fr. Chr. Hundt.
Nies.
[408]
Edictal-Ladung.
Franz Joseph Strübel, geb. den 21 November 1769 zu Ried, Pfarrei Lindenberg, oder dessen Nachkommenschaft, wird anmit öffentlich aufgefordert, sich
binnen sechs Monaten a dato
dahier zu melden, widrigenfalls derselbe für todt erklärt, und sein Vermögen von 299 fl. seinen nächsten Verwandten ohne Caution verabfolgt wird.
Weiler, am 1 Februar 1840
Königlich bayer. Landgericht.
Carl.
Rechtspr. Mösler.
[388-90]
Aufforderung.
Die k. würtemb. Hofbank in Stuttgart reichte am 23 Nov. v. J. gegen Joh. Isaak Wolber jun. von Thiengen bei der diesseitigen Stelle eine Klage ein, deren thatsächlicher Grund auf folgende Behauptungen gebaut ist.
Unterm 2 October 1838 ist der Klägerin von der Holzhandlungsgesellschaft Isaak Wolber, Vater und Sohn in Schiltach ein Solawechsel von 10,000 fl., zahlbar auf den 30 November 1838, ausgestellt worden, in welchem sich die Aussteller dem k. würtemb. Wechselrecht unterwarfen.
Die erwähnte Holzhandlungsgesellschaft hat zu Mitgliedern den Engelwirth Isaak Wolber zu Schiltach und dessen Sohn Joh. Isaak Wolber zu Thiengen – nunmehrigen Beklagten.
Nachdem der Wechsel zur Verfallzeit nicht bezahlt worden, hat die k. Hofbank unterm 12 December 1838 bei dem großh. Bezirksamt in Hornberg gegen den Engelwirth I. Wolber in Schiltach eine Klage auf Bezahlung gedachten Wechsels angestellt, und es ist der beklagte I. Wolber durch das unterm 8 Junius 1839 erlassene Urtheil verfällt worden, die eingeklagte Summe innerhalb 3 Tagen bei Vermeidung der Hülfsvollstreckung an die Klägerin zu bezahlen.
Dieses Erkenntnisses ungeachtet ist aber von Engelwirth Isaak Wolber keine Zahlung geleistet worden, und dessen Vermögensstand von der Art, daß von ihm keine Zahlung erwartet werden kann.
Die k. Hofbank sieht sich deßhalb genöthigt, zu Wahrung ihrer Rechte hiermit den Wechsel auch gegen den sammtverbindlichen Gesellschafter des Engelwirths Is. Wolber, nämlich dessen Sohn Joh. Is. Wolber in Thiengen, einzuklagen.
Das Begehren der Klägerin eht nun dahin: „gegen den beklagten Isaak Wolber jun. in Thiengen den Wechselproceß zu erkennen, nach Maaßgabe der k. würtemb. Wechselordnung Cap. 6 §. 2 - 6 gegen denselben zu verfahren und in der Hauptsache ihn unter Verfällung in sämmtliche Kosten zu verurtheilen, die Klägerin bei Vermeidung der Hülfsvollstreckung binnen 3 Tagen für ihre Wechselforderung von 10,000 fl. nebst Zinsen zu 5 Proc., und zwar nach Inhalt des Wechsels aus 4000 fl. vom 13 März und aus 6000 fl. vom 12 Junius 1838 an zu befriedigen.“
Da der Beklagte seit einiger Zeit seinen Wohnort Thiengen verlassen und bis jetzt aller Nachforschungen ungeachtet sein jetziger Aufenthaltsort nicht ausgemittelt werden konnte, nachdem der Anwalt der Klägerin den Antrag stellte, gegen den Beklagten eine öffentliche Vorladung ergehen zu lassen, und dieser Antrag als begründet erscheint, so wird der beklagte Joh. Isaak Wolber jun. von Thiengen andurch aufgefordert, bei der auf
Montag den 2 März,
früh 8 Uhr,
zur mündlichen Verhandlung anberaumten Tagsfahrt um so gewisser dahier zu erscheinen und seine Vernehmlassung auf die Klage abzugeben, widrigens derselbe auf Anrufen damit ausgeschlossen, der thatsächliche Klagvortrag für zugestanden, jede Schutzrede für versäumt erklärt und gegen den Beklagten nach Wechselrecht würde erkannt werden.
Waldshut, den 31 Januar 1840
Großh. bad. Bezirksamt.
Neumann.
vdt. Hoßner.
[405-7]
Gant-Erkenntniß.
Gegen Joh. Bapt. Teufel, Handelsmann zu Meßkirch, wurde Gant erkannt, und Tagfahrt zum Richtigstellungs- und Vorzugs-Verfahren auf
Dienstag den 10 März l. J.,
früh 8 Uhr,
angeordnet. Es werden daher alle diejenigen, welche aus was immer für einem Grunde Ansprüche an die Masse machen wollen, aufgefordert, solche in dieser Tagfahrt, bei Vermeidung des Ausschlusses von der Gant, persönlich oder durch gehörig Bevollmächtigte schriftlich oder mündlich anzumelden, und zugleich die etwaigen Vorzugs- und Unterpfandsrechte unter gleichzeitiger Vorlage der Beweisurkunden oder Antretung des Beweises mit andern Beweismitteln zu bezeichnen.
Auch werden in der Tagfahrt ein Massepfleger und ein Gläubiger-Ausschuß ernannt, Borg- und Nachlaß-Vergleiche versucht, und es sollen hinsichtlich dieser Ernennung und eines etwaigen Vergleiches die Nichterscheinenden als der Mehrheit der Erschienenen beitretend angesehen werden.
Meßkirch, am 30 Januar 1840
Großh. bad. Bezirksamt.
Meßmer.
[395]
Präclusivbescheid.
Die Gant des Buchhändlers August Oßwald in Heidelberg betreffend,
werden hiermit alle Gläubiger, welche bis jetzt ihre Forderungen nicht liquidirt haben, von der Gantmasse ausgeschlossen.
V. R. W.
Verfügt: Heidelberg, den 25 Januar 1840
Großherzogl. bad. Oberamt
Schmidt.
[139]
Im Verlage von G. J. Manz in Regensburg ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Im katholischen Glauben stirbt man getrost! Eine Ermahnungsrede an alle Christen. Nachtrag zu der Ermahnungsrede über den christlichen Ehestand, besonders in gemischten Ehen. Von dem Verfasser des Gebetbuchs: Schritte zur vollkommenen Liebe Gottes etc. 8. geh. 12 kr. oder 3 gr.
Relk, Th., 60 Gleichnisse in Erzählungen vorgetragen, zur Unterhaltung für schöne Seelen, die nach Weisheit und Tugend streben. 4te verb. Original-Aufl. Mit 1 Titelkupfer. 12. 15 kr. oder 4 gr.
Ried, J., die alte Eiche mit dem goldnen Stamme. Oder: Gott spendet frommen Armen seinen Segen. Der reifern Jugend erzählt. Mit 1 Titelkupfer. 8. 30 kr. oder 8 gr.
Riederer, F. S., ist die katholische Kirche die alleinseligmachende Kirche? Mit einer Zugabe über die nämliche Frage von Fr. Geiger, gr. 8. geh. 24 kr. oder 6 gr.
Staudenraus, A., das heilige Land. Oder: Beschreibung der merkwürdigsten Orte des heiligen Landes und der Stadt Jerusalem; nebst der Passionsgeschichte unsers Herrn nach den vier Evangelisten, und der Schilderung von Jerusalems Zerstörung. Eine lehrreiche Darstellung zur Belehrung und Erbauung sowohl für die Jugend als auch Erwachsene. 2te, verm. und verb. Aufl. Mit 1 Titelkupfer. gr. 12. 18 kr. oder 5 gr.
Veilch (oder Relk) J. M., der Hunger nach dem Brode der Engel. Oder: Die geistliche Communion in Beispielen von Heiligen und Frommen. Gottseligen gewidmet. Mit 1 schönen Stahlstiche. 12. 12 kr. oder 3 gr
[360]
In der Bran'schen Buchhandlung in Jena ist erschienen und in allen soliden Buchhandlungen zu haben:
Minerva, ein Journal histor. u. polit. Inhalts von Dr. Fr. Bran. 1840lb/>Januar.
Inhalt: Das päpstl. Breve vom 25 März 1830, die gemischten Ehen betr., als Grundlage eines demnächstigen Vergleichs zwischen der römischen Curie und der preußischen Regierung. (1. Artikel.) – Die Besteuerung in ihrer Wirkung
auf die Handarbeiter der Gewerbe und Landwirthschaft treibenden Classen. – An den deutschen Adel über die Zeitung für den deutschen Adel. – Umrisse über Staatsmänner des vergangenen und dieses Jahrhunderts (Canning). – Karl XIV Johann, König von Schweden und Norwegen. – Litterarische Curiositäten und Mystificationen aus den letzten Jahren.
[362]
In der Creutz'schen Buchhandlung in Magdeburg ist nun der 2te Band erschienen von
China, oder Beschreibung der Sitten und Gebräuche der Regierungsform, Gesetze, Religion, Wissenschaften, Litteratur, Naturerzeugnisse, Künste, Fabriken und des Handels der Chinesen von J. F. Davis, deutsch von F. Wesenfeld.
Nach einer Recension in Gersdorfs Repertorium XX B., Seite 552 etc. wird dieß Werk über ein gleichsam verschlossenes, unbekanntes Reich Niemand ohne reiche Belehrung aus der Hand legen; auch die Uebersetzung ist gut.
Beide Theile, illustrirt mit 55 Holzschnitten, sind auf feste Bestellung noch zum Subscriptions-Preise von 5 Rthlrn. durch alle Buchhandlungen zu bekommen.
[400]
Bücher-Versteigerung
in Frankfurt a. M.
Am 9 März d. J.
und folgende Tage wird zu Frankfurt a. M. eine aus fast neuntausend Werken bestehende Sammlung von Büchern durch die geschworenen HH. Ausrufer öffentlich versteigert.
Der äußerst interessante und reichhaltige Katalog enthält, außer verschiedenen andern werthvollen Bücherabtheilungen, die von den verstorbenen HH. Dr. Wangner in Hanau und Dr. jur. Spiro hier hinterlassenen Bibliotheken. – Man findet in demselben die besten und ausgezeichnetsten älteren und neueren Werke aus fast jedem Fache der Litteratur; namentlich aber bietet er an schönen und seltenen theologischen und historischen, an juristischen und philologischen, an belletristischen, an Pracht-, Kunst- u. Kupferwerken, so wie auch an sehr seltenen Ausgaben von Werken über Sprachkunde (arabisch, spanisch, portugisisch, altfranzösisch, altenglisch, altdeutsch u. s. w.) eine reiche Auswahl dar
Zu haben ist dieser Katalog in Frankfurt a. M. bei Hrn. Ausrufer Belschner und bei Hrn. G. F. Kettembeil; in Leipzig bei Hrn. J. A. Barth; in Wien bei Hrn. Schaumburg und Comp. und bei Hrn. Ign. Klang; in den übrigen Städten bei den bekannten HH. Commissionären.
[424-29]
Guts-Verkauf.
Eines der schönsten Güter von circa 800 bayer. Morgen Feld, Wald und Wiesen, ganz arrondirt, in Oberbayern gelegen, ist um 150,000 fl. zu verkaufen.
Die Gründe stehen in höchster Cultur, Schloß- und Oekonomiegebäude etc. lassen nichts zu wünschen übrig. Die Lage ist die anmuthigste, und eignet sich das Ganze vorzüglich zu einer Fideicommiß-Besitzung und zum angenehmen Aufenthalt zu jeder Jahreszeit.
Kaufsliebhaber bittet man, sich ohne Unterhändler in frankirten Briefen an Hrn. Raimund Veit, königl. Professor an der Kreis-Landwirthschafts- und Gewerbsschule in Augsburg zu wenden, der nähere Auskunft geben wird.
[392-94]
Offerte.
Ein Reisender sucht neben seinem Geschäfte sich für alle in die Buchbinderei einschlägigen Artikel zu verwenden; als: Leder, gefärbt oder gepreßt, deßgleichen Papier, Firniß, Fileten, Stempel, Pergament, Capitalbänder u. s. w. Da derselbe die meisten Abnehmer persönlich kennt, so kann er solide und gute Geschäfte versprechen. Anfragen unter der Adresse M. D. frankirt besorgt die Expedition der Allg. Zeitung.
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In der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart ist erschienen:
Das Ausland,
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker.
Monat Januar 1840
Größere Aufsätze
Der Kampf um Syrien. (Mit einer Karte.) – Bemerkungen über Sardinien. (Nach dem Werke des Grafen v. Marmora.) – Die königliche Druckerei in Paris. – Reise durch Norrland. (Nach Marmier.) – Der Nawab von Kurnul. – Chosrew Pascha. – Die Engländer auf Reisen: 1) in Italien; 2) in Frankreich. – Die deutsche Litteratur in Frankreich. – Die Naxten oder Hundeschlitten. – Ueber die Finnen und ihre Bearbeitung der Metalle. – Die Riesencypresse zu Santa Maria del Tule. – Die Holzschläger von Florida. – Die Engländer in Dschodpur. – Die Luftspiegelung im Saonethal. – Die Eroberungen der Holländer auf Sumatra. – Eine Reise durch die Krim. – Theebau und Theebereitung in Assam. – Die Bewohner von Dschidda. – Diebsclassen in Paris. – Zubereitung des Thees: 1) Sammlung der Blätter; 2) das Trocknen der Blätter; 3) Bereitung des schwarzen Thees; 4) Umwandlung des schwarzen Thees in grünen. – Die Landenge von Suez. – Reise von Bayonne nach Pamplona. Einleitung; 1) Bayonne und das biscayische Meer; 2) Zug durch die niedern Pyrenäen nach Valcarlos; die französischen Basken. – Die Bajonettwaffe. – Ein Besuch bei den Kalmüken zu Tjumenewka. – Wallisische Musik. – Die Torossy im Eismeer: 1) Torosse neuen, 2) Torosse alten Bruchs. – Die Landankäufe der Missionsgesellschaft in Neuseeland. – Nordamerikanische Zustände. – Die protestantische Mission in China. – Die Jagden in Sind. – Kirchen und Klöster in Rußland. Einleitung.
Chronik der Reisen.
Allens Nigerfahrt mit Lander. Erster Artikel; zweiter Artikel. – Brants Reise in Kurdistan. – Reise des Naturforschers Botta in den Gebirgen von Yemen.
Kleinere Mittheilungen.
Neue Entwicklung von Daguerre's Erfindung. – Vulcanischer Ausbruch auf Ternate. – Ein Tiger in Sibirien. – Vorbraminische Mythologie. – Findelkinder in Paris. – Ausfuhr von Paris. – Häuserbau in Paris. – Sprung in den Krater des Vesuvs. – Der Themsetunnel. – Russische Expedition nach Nowaja Semija. – Englische Expedition von Neusüdwales nach der Shoalbay. – Rechtfertigung von Nostradamus. – Ueber den Zusammenhang einiger Erdbeben. – Mittel gegen das Eindringen des Wassers in Schiffe. – Zeitschriften in serbischer Sprache. – Die jetzigen Botaniker Schwedens. – Seide aus Indien. – Schwedische Geschichtschreiber. – Fortdauernder Opiumhandel mit China. – Verbot des Opiumhandels in Siam. – Opiumbau in Indien. – Fortschaffende Kraft ohne Dampf und Brennmaterial. – Postverbindung zwischen Indien und Afghanistan. – Das Tournier zu Tiflis. – Unglücksfälle durch Fahren in Paris. – Dr. Richardsons Reise. – Dampfboote auf dem Ganges. – Zuckerbau in Transkaukasien. – Sonderbares Geschenk an eine Mätresse. – Filzmaschine. – Erdbeben in Westindien. – Maispapier. – Shakspeare's Name. – Errichtung zahlreicher magnetischer Observatorien. – Schneller Tod durch Kälte in Petersburg. – Abnahme der Fleischconsumtion in Paris. – Die Eisenbahn von Saint Germain. – Kurze Fahrt von Lima nach Liverpool. – Ein schwimmendes Moor. – Reise der HH. Didron und E. Durand in Griechenland. – Riesenhafte Vegetabilien. – Neue Rettungsbojen. – Witterung im westlichen Frankreich. – Heizung des Bibliothekgebäudes in Paris. – Byzantinische Kunst. – Wachsthum der christlichen Bevölkerung in Konstantinopel. – Chemin de fer suspendu. – Römische Alterthümer in Corsika. – Die altägyptische Sprache. – Verkauf der Bibliothek des Bibliophilen Jakob. – Zahl der Zwillingsgeburten. – Chemin de fer automoteur. – Neue Uhrenverbesserung. – Der artesische Brunnen von Grenelle. – Preisaufgabe über die Vertilgung der Charlatanerie in der Vieharzneikunst. – Fossile Affenknochen. – Bevölkerung von Paris.
Inhalt des Litteraturblatts.
Ode an Gott. Nach dem Russischen des Dershawin. Von Fr. Notter. – Babel. – Gedichte von A. Barbier. Bedlam. Der Gin. – Die neue poetische, philosophische und politische Aera des Monthly Magazine. – Der Westen. Von Lamartine. – Thomas Moore. Erster Artikel. – Gedichte nach Sam. Coleridge. Liebe. Heimweh. – Eine polnische Familie. Dänischer Roman von Hauch. – Die Frauen von England. Von Mrs. Ellis. – An die Phantasie. Von Victor Hugo.
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Für Landgüterbesitzer und praktische Landwirthe.
R. Veit (Professor der Landwirthschaft und Pächter der Landwirthschaft des Frhrn. v. Lotzbeck'schen Rittergutes Hardt).
Handbuch der Landgüter-Verwaltung,
oder
der Einrichtungs- und Betriebskunde des landwirthschaftlichen Gewerbes.
3 Bde. gr. 8. broschirt 6 fl. oder 4 Rthlr.
Ueber den Nutzen dieses Werkes für den praktischen Landwirth haben sich alle landwirthschaftlichen Zeitschriften sowohl in Süd- als Norddeutschland bereits im vorigen Jahre bei seinem Erscheinen aufs allervortheilhafteste ausgesprochen; wir beschränken uns darauf hier nur in Kürze auf dessen Anzeige in den „Oekonomischen Neuigkeiten von Hofrath André in Prag, Nr. 120 von 1838“ aufmerksam zu machen; derselbe sagt darüber wörtlich:
„Schon in Nr. 45 wurde dieses Werk zwar nur kurz, aber auf eine Art erwähnt, die demselben, oder vielmehr dem Hr. Verfasser alle Ehre machte und zur besten Empfehlung diente. „Wir tragen jetzt eine ausführliche Anzeige nach, um obiges Urtheil zu begründen und die Leser in den Stand zu setzen, den Werth des Buches selbst zu erkennen.“ – Diese Recension bespricht darauf in einem ganzen Bogen den weitern Inhalt, auch die gemachten praktischen Erfahrungen des Verfassers, und sagt am Schlusse derselben: „wir gestehen, nicht bald ein Werk mit größerm Vergnügen und solchem Interesse gelesen zu haben, und wissen zur Empfehlung dieses Buches gar nichts mehr beizusetzen, als daß wir es in der Hand eines jeden Landwirths wünschen, und sind gewiß, daß uns jeder dafür danken wird, ihn mit demselben bekannt gemacht zu haben.“
Verlag der Matth. Rieger'schen Buchhandlung in Augsburg.