Dieſes Verfahren hat zum Zweck, die Fixirung
oder die von ſelbſt durch die natürliche Einwirkung
des Lichtes hervorgebrachte Reproduktion der Bilder
der camera obscura, und zwar nicht mit ihren Far-
ben, ſondern mittelſt einer äußerſt feinen Abſtuſung
ihrer Tinten.
Die Bilder erzeugen ſich auf einer mit Silber
plattirten Kupferplatte. Außerdem daß das Kupfer
zunächſt dazu dient, um dem Silberplättchen die nö-
thige Unterſtützung zu geben, trägt die Verbindung
dieſer beiden Metalle weſentlich zu einem vollſtän-
digen Erfolg bei. Das Silber muß von dem mög-
lichſt feinſten ſeyn. Die Kupferplatte muß von ſolcher
Dicke ſeyn, um die Oberfläche der Silberplattirung
in einer vollkommenen Ebene zu erhalten, weil ſonſt
die Bilder entſtellt oder verzogen würden; dagegen
darf ſie auch nicht dicker ſeyn, als für den eben
genannten Zweck nothwendig iſt, damit ſie nicht zu
ſchwer wird. Die Dicke der beiden Metallplatten
braucht nicht größer, als die eines ſtarken Karten-
papiers zu ſeyn. Das Verfahren theilt ſich in fünf
Operationen:
1) die erſte beſteht in ſorgfältiger Reinigung
und Polirung der Silber-Oberfläche, um dieſelbe zur
Aufnahme der für das Licht empfindlichen Schichte
vorzubereiten;
2) die zweite in der Aufbringung dieſer Schichte;
3) bei der dritten wird die ſo zubereitete Metall-
platte in der camera obscura der Einwirkung des
Lichtes ausgeſetzt, um dadurch das natürliche Bild
zu empfangen;
4) die vierte hat zum Zweck, dieſes Bild ſicht-
bar zu machen, da daſſelbe bei dem Herausnehmen
der Platte aus der camera obscura noch nicht ſicht-
bar iſt;
5) durch die fünfte wird die empfindliche Schichte
wieder entfernt, weil dieſelbe ſonſt durch weitere
Einwirkung des Lichts in der Art verändert würde,
daß die ganze Wirkung würde zerſtört werden.
Erſte Operation.
Die hiezu nöthigen Geräthſchaften ſind:
eine kleine Flaſche mit Olivenöl;
eine hinreichende Quantität ſehr fein kardätſchter
Baumwolle;
ſehr feines Bimsſtein-Pulver in einem Säckchen
von hinreichend dünner Mouſſeline, daß das Bims-
ſtein-Pulver leicht durch dieſelbe hindurchgebeutelt
werden kann;
eine Flaſche mit verdünnter Salpeterſäure, und
zwar in der Proportion von einem Maastheil Säure
auf 16 Maastheile deſtillirten Waſſers;
ein Geſtell oder eine Rahme mit Eiſendraht,
auf welche die Platten gelegt werden, um ſie über
einer Weingeiſt-Lampe zu erwärmen;
endlich eine kleine Weingeiſt-Lampe.
Die Größe der ſilberplattirten Kupferplatte richtet
ſich nach der Größe des Apparates (der camera
obscura).
Das Poliren der Silberplatte, welches
den Anfang des ganzen Verfahrens bildet, geſchieht
auf folgende Art. Man beſtäubt die Platte mit
Bimsſtein-Pulver, ohne jedoch beim Schütteln des
Beutelchens die Platte zu berühren, reibt ſodann
dieſelbe leicht mit einem baumwollenen Bäuſtchen
oder Propfen in der Runde herum, wie Taf. I.
Fig. 2. es zeigt, nachdem man den Baumwollen-
Propfen zuvor mit etwas Olivenöl getränkt hat.
Zu dieſem Behuf legt man die Platte auf ein Blatt
Papier, das man von Zeit zu Zeit mit einem fri-
ſchen und reinen vertauſcht.
Das Bimsſtein-Pulver wird zu verſchiedenen
Malen aufgebeutelt, auch wiederholt friſche Baum-
wolle genommen. Zum Pulveriſiren des Bimsſteins
taugt weder ein eiſerner, noch kupferner oder meſ-
ſingener Mörſer, ſondern nur eine Reibſchale von
Porphyr. Nachdem der Bimsſtein in dieſer zerklei-
nert iſt, wird das Pulver auf einer mattgeſchliffenen
Spiegelglas-Platte mit einem gläſernen Reiber unter
Anwendung von reinem Waſſer vollends fein gerieben.
Erſt nach vollkommener Abtrocknung iſt das ſo zubereitete
Pulver zum Gebrauche tauglich. Es iſt leicht einzuſehen,
wie wichtig es iſt, dem Bimsſtein-Pulver einen ſolchen
Grad von Feinheit zu geben, daß es beim Poliren nicht
kratzt, weil hauptſächlich von der vollkommenen Politur
der Silperplatte die Schönheit und Vollkommenheit der
Bilder abhängt. Jſt die Platte hinreichend polirt, ſo
muß ſie vom Fett gereinigt werden. Dies geſchieht,
indem man ſie aufs Neue mit Bimsſtein-Pulver
überbeutelt und nun mit trockener Baumwolle ab-
reibt, wobei man beſtändig in der Runde herum
reibt; bei einer andern Art zu reiben, würde ein
günſtiges Reſultat unmöglich werden. Hierauf macht
macht man einen kleinen Pfropfen von Baumwolle
und tränkt denſelben mit einigen Tropfen von der
oben beſchriebenen, verdünnten Säure, indem man
den Pfropfen auf die Mündung der Flaſche leicht
andrückt und letztere wiederholt umſtürzt, ſo daß
nur die Mitte des Baumwollen-Pfropfens getränkt
wird. Man bedarf nur ſehr wenig Säure; auch
muß man ſich hüten, daß die Finger davon benetzt
werden. Mit dem ſo vorbereiteten Baumwollen-
Pfropfen wird nun die Silberplatte abgerieben, wo-
bei man Sorge trägt, die Säure über die ganze
Oberfläche der Platte gleichförmig zu verbreiten.
Man erneuert die Baumwolle wiederholt und reibt
immer in der Runde herum, um die Schichte ver-
dünnter Säure gehörig zu verbreiten, welche jedoch
die Oberfläche der Platte blos benetzen (effleurer),
keineswegs aber bedecken darf. Es kann geſchehen,
daß die Säure auf der ölichten Oberfläche ſich in Kü-
gelchen theilt, was man nur durch häufige Erneuerung
der Baumwolle und dadurch beſeitigen kann, daß
man auf eine Art reibt, wodurch eine möglichſt gleiche
Vertheilung der Säure erzielt wird, denn diejenigen
Stellen, auf welchen die Säure nicht gehörig an-
greift, geben Flecken. Man überzeugt ſich von der
gleichen Vertheilung der Säure, wenn die Ober-
fläche der Platte auf ihrer ganzen Ausdehnung gleich-
förmig wie mit einem leichten Hauch bedeckt erſcheint.
Hierauf beſtäubt man dieſelbe aufs Neue mit Bims-
ſtein-Pulver und reibt ſie mit trockener, noch nicht
gebrauchter Baumwolle ab.
Nach dieſem muß die Platte einer ſtarken Hitze
ausgeſetzt werden. Zu dieſem Zwecke legt man ſie
auf das Geſtell von Eiſendraht (Taf. I. Fig. 1.
u. 1 b), das Silber nach oben gerichtet, und be-
wegt die Weingeiſt-Lampe unter derſelben hin und
her, ſo daß ſich die Flamme an derſelben bricht.
Nachdem man zum wenigſten 5 Minuten lang alle
Partien der Platte mit der Lampe beſtrichen hat,
bildet ſich auf der Oberfläche des Silbers eine leichte,
weißlichte Schichte; ſobald dieſe ſich zeigt, muß man
mit der Einwirkung des Feuers aufhören. Statt
der Weingeiſt-Lampe kann man auch ein Kohlenfeuer
anwenden, welches ſelbſt noch vorzuziehen iſt, weil
die Operation dadurch beſchleunigt wird. Jn dieſem
Fall iſt das Geſtell aus Eiſendraht nicht anzuwen-
den, ſondern man faßt die Platte mit Zangen an,
und bewegt dieſelbe, das Silber nach oben, über
dem Kohlenfeuer hin und her, ſo daß ſie gleich-
förmig erhitzt wird, und bis das Silber ſich mit dem
eben erwähnten leichten, weißlichten Ueberzug be-
ſchlägt. Hierauf läßt man die Platte ſchnell erkalten,
indem man ſie auf einen kalten Körper, wie z. B.
auf eine Marmortafel legt. Nach ihrem Erkalten
muß ſie aufs Neue polirt werden, was ſich ziemlich
ſchnell bewerkſtelligen läßt, da es ſich blos darum
handelt, den weißlichten Beſchlag auf der Oberfläche
des Silbers zu entfernen. Zu dieſem Zweck beutelt
man die Platte mit Bimsſtein-Pulver ein und reibt
ſie nun trocken mit einem Baumwollen-Pfropfen;
das Bimsſtein-Pulver wird dabei mehrmals aufge-
tragen und auch die Baumwolle mehrmals erneuert.
Jſt das Silber hinreichend geglättet, ſo reibt man
es auf die oben angegebene Weiſe mit verdünnter
Säure ab, beutelt etwas Bimsſtein-Pulver auf und
reibt ſie ſehr leicht mit einem Baumwollen-Pfropfen.
Die Säure muß zu drei verſchiedenen Malen auf-
gebracht, auch jedesmal Bimsſtein-Pulver aufge-
beutelt und die Platte ſehr leicht mit trockener Baum-
wolle abgerieben, dabei aber ſorgfältig vermieden
werden, daß die mit den Fingern berührten Stellen
des Baumwollen-Pfropfens beim Reiben auf die
Platte kommen, weil der Schweiß Flecken erzeugt;
auch muß man ſich ſehr hüten, auf die Platte zu
hauchen oder zu ſpuken.
Will man nicht ſogleich weiter operiren, ſo trägt
man die Säure nach Erhitzung der Platte nur zwei-
mal auf, wodurch dieſelbe für das weitere Verfahren
ſchon hinreichend vorbereitet iſt, dagegen muß man
jedenfalls, und dies iſt unerläßlich, in dem Augen-
blick, wo man ein Bild erzeugen will, die Säure
wenigſtens noch einmal aufbringen und auf die an-
gegebene Weiſe mit Bimsſtein-Pulver leicht ab-
reiben. Endlich entfernt man allen auf der Ober-
fläche und an den Rändern der Platte hängen ge-
bliebenen Bimsſtein-Staub mit vollkommen reiner
Baumwolle.
Zweite Operation.
Hiezu braucht man
das auf Taf. I. Fig. 7. u. 8. abgebildete Käſtchen;
das auf Taf. I. Fig. 3. abgebildete Brettchen;
vier kleine Metallſtreifen von derſelben Art, wie
die Platte;
einen kleinen Schraubenzieher Fig. 3. und eine
Büchſe mit kleinen Schrauben;
eine Flaſche mit Jod.
Die Platte wird auf dem Brettchen mittelſt der
Metallſtreifen und der kleinen Schrauben, welche man
mit dem hiezu beſtimmten Schraubenzieher eintreibt, be-
feſtigt, wie dies auf Taf. I. Fig. 3. angegeben iſt.
Hierauf wird etwas Jod in die auf dem Boden des
Käſtchens befindliche Schale gebracht; dieſes muß in
der letzteren gehörig vertheilt werden, um die Fläche,
von welcher die Joddämpfe ſich entwickeln, ſo groß
als möglich zu machen; andernfalls würden ſich in
der Mitte der Platten Wolken bilden und es könnte
kein gleichförmiger Ueberzug von Jod entſtehen.
Hierauf legt man das Brettchen, mit der Silber-
platte nach unten gerichtet, auf die in den vier Ecken
des Käſtchens angebrachten kleinen Träger und ſchließt
nun den Deckel zu. Jn dieſer Lage läßt man die
Platte ſo lange, bis ſich die Oberfläche des Silbers
mit einer ſchönen, goldgelben Jodſchichte überzogen
hat. Würde man die Platte allzu lange in dem
Käſtchen laſſen, ſo würde dieſer goldgelbe Ueberzug
ins Violette übergehen, was vermieden werden muß,
2
weil er alsdann allzu unempfindlich für das Licht wird.
Fiele dagegen dieſer Ueberzug allzu blaß aus, ſo
würde derſelbe allzu empfindlich und die Erzeugung
des Lichtbildes auf demſelben ſehr ſchwierig werden.
Die Jodſchichte auf dem Silber hat demnach ihre
ganz genau beſtimmte und zu Erzielung einer guten
Wirkung allein geeignete Schattirung. Die für dieſe
Operation erforderliche Zeit läßt ſich nicht genau
angeben, da ſie von mehreren Umſtänden abhängt;
zuerſt von der Temperatur des Zimmers, in wel-
chem man ſich befindet, denn dieſe Operation muß
ſich ſtets ſelbſt überlaſſen bleiben, d. h. man darf
keine andere künſtliche Wärme anwenden, als die-
jenige, welche man dem Zimmer durch Einheizen
ertheilen kann, falls es in demſelben zu kalt wäre.
Von großer Wichtigkeit iſt übrigens bei dieſer Ope-
ration, daß die Temperatur im Jnnern des Käſt-
chens der äußern umgebenden Temperatur vollkom-
men gleich ſey, denn im entgegengeſetzten Fall, wenn
z. B. die Platte aus der Kälte in die Wärme käme,
würde ſie ſich mit einer Schichte Feuchtigkeit bedecken,
was der Wirkung großen Nachtheil brächte. Ein
zweiter Umſtand iſt der, daß man, je öfter man mit
dem Käſtchen operirt, deſto weniger Zeit braucht,
weil die in das Holz des Käſtchens auf ſeiner in-
nern Fläche eingedrungenen Joddämpfe ein fortwäh-
rendes Beſtreben haben, ſich von allen Theilen der
innern Fläche des Käſtchens zu entwickeln, und da-
durch der Joddampf ſich weit gleichförmiger und
ſchneller über die ganze Oberfläche der Platte ver-
breiten wird, was von großer Wichtigkeit iſt. Aus
dieſem Grunde iſt es gut, wenn man beſtändig etwas
Jod in der Schale auf dem Boden des Käſtchens
läßt, das letztere jedoch ſehr ſorgfältig vor Feuch-
tigkeit bewahrt. Ein Käſtchen, welches ſchon eine
Zeit lang gedient hat, iſt daher einem neuen vor-
zuziehen, weil die Operation mittelſt des erſteren
ſchleuniger vor ſich geht. (Bemerkung: Unſtreitig
wird man daher einem neuen Käſtchen dadurch die
Eigenſchaften eines ſchon mehrmals gebrauchten er-
theilen können, wenn man das Jod einige Zeit lang
vor der erſten Anwendung des Käſtchens in die
Kapſel bringt und das Käſtchen bis zum Gebrauch
verſchloſſen an einem trockenen Ort aufbewahrt.)
Da es aus den bereits erwähnten Urſachen nicht
möglich iſt, die Zeit genau zu beſtimmen, welche zu
der Bildung des goldgelben Ueberzugs der Silber-
platte erforderlich iſt (dieſe Zeit kann von 5 bis zu
30 Minuten wechſeln, ſelten darüber, auſſer wenn
die Witterung oder die Zimmer-Temperatur zu kalt
wäre), ſo muß von Zeit zu Zeit nachgeſehen werden,
ob die Platte den beſtimmten Grad von goldgelber
Färbung erreicht habe, wobei man jedoch ſorgfältig
darauf zu achten hat, daß das Tageslicht nicht un-
mittelbar auf die Platte falle.
Es kann der Fall vorkommen, daß die Platte
nach einer Seite hin ſich ſtärker färbt als nach der
andern; hier wird alsdann die Färbung dadurch
ausgeglichen, daß man das Brettchen mit der Platte
herausnimmt und ſodann umgekehrt, d. h. von der
Rechten zur Linken, nicht die obere Fläche nach unten,
wieder in das Käſtchen einſetzt.
Das Zimmer, in welchem man operirt, muß
verdunkelt ſeyn, ſo daß das Tageslicht nur ſehr
2 *
ſchwach, etwa durch den Spalt der nur ein wenig
geöffneten Thüre, einfällt; will man die Platte be-
trachten, ſo entfernt man den Deckel des Käſtchens,
hebt das Brettchen mit der Platte an ſeinen Enden
mit beiden Händen auf und legt es ſogleich wieder
in das Käſtchen zurück; um ſich zu überzeugen, ob
die gelbe Färbung des Silberplättchens dunkel genug
ſey, genügt es, daß die Platte nur von dem Wider-
ſchein eines ſehr wenig beleuchteten und möglichſt
weit entfernten Gegenſtandes getroffen werde. Wäre
die Färbung noch nicht dunkel genug, ſo muß die
Platte möglichſt ſchnell wieder aufgeſetzt werden, iſt
hingegen die Farbe ſchon zu dunkel geworden, ſo
kann dieſe Platte nicht weiter gebraucht werden nnd
man muß mit ihr die erſte Operation wieder von
vorne beginnen.
Dieſe (zweite) Operation erſcheint nur in der
Beſchreibung ſchwierig, bei einiger Uebung kommt
man leicht ſo weit, um die Zeit zu beurtheilen,
welche zu Erzielung des erforderlichen Grades der
gelben Färbung nothwendig iſt, ſo wie um die Platte
mit ſolcher Geſchwindigkeit von dem Käſtchen abzu-
heben und zu betrachten, daß das Licht keine Zeit
hat, auf die Platte einzuwirken.
Hat die Platte den nöthigen Grad von gelber
Färbung erhalten, ſo wird das dieſelbe enthaltende
Brettchen in die auf Taf. I. Fig. 10. d. abgebildete
Lade eingefügt, welche genau in die camera obscura
paſſen muß. Um hiebei zu vermeiden, daß das
Tageslicht die Platte erreicht, kann man Kerzen-
licht anwenden, welches eine weit geringere Wirkung
auf den Jodüberzug hat; doch darf auch dieſes
nicht allzulange auf die Platte ſcheinen, weil ſelbſt
durch das Kerzenlicht Spuren auf der Platte ent-
ſtehen könnten.
Hierauf ſchreitet man zu der dritten Operation,
mit der camera ohscura. Es iſt dabei nothwendig,
ſo bald als möglich von der zweiten zu der dritten
Operation überzugehen, wenigſtens dürfte man in
keinem Fall mehr als eine Stunde darüber ver-
ſtreichen laſſen; über dieſe Zeit verliert die Verbin-
dung des Jods mit dem Silber ſchon von ihrer
Empfindlichkeit.
Bemerkungen.
Ehe man ſich des Jod-Käſtchens bedient, muß
es im Jnnern ſorgfältig ausgewiſcht und umgeſtürzt
werden, um die Jodkörnchen, welche etwa aus der
Kapſel herausgefallen ſeyn könnten, zu entfernen,
dabei aber ſich in Acht nehmen, das Jod mit den
Fingern zu berühren, weil dieſe dadurch braun ge-
färbt werden.
Die Kapſel wird mit einem dünnen, über einen
Ring geſpannten Flor bedeckt. Dieſer Flor hat
zweierlei Zwecke: erſtlich den Joddampf, welcher
aus der Kapſel ſteigt, gehörig zu vertheilen, zwei-
tens, zu verhindern, daß beim Verſchließen des
Käſtchens mit ſeinem Deckel durch den hiebei ent-
ſtehenden Luftzug keine Jodkörnchen aus der Kapſel
heraus und auf die Metallplatte geſchleudert werden,
welche dadurch ſtarke Flecken bekommen würde.
Aus eben dieſem Grunde muß man das Käſtchen
immer nur ſehr behutſam verſchließen, um auch keinen
Staub in das Jnnere des Käſtchens hineinzutreiben,
weil ſich auch an dieſen Joddampf abſetzen könnte
(und derſelbe alsdann, wenn er die Platte berührte,
gleichfalls Flecken oder Ungleichförmigkeiten zur
Folge haben könnte).
Dritte Operation.
Der hiezu nothwendige Apparat iſt blos die
camera obscura (Taf. II. Fig. 1. 2.); die Ope-
ration ſelbſt iſt diejenige, welche die Natur in der
camera obscura hervorbringt.
Die Gegenſtände, welche man abbilden will,
müſſen ſo viel möglich vom Sonnenlichte beleuchtet
ſeyn, weil die Operation dadurch beſchleunigt wird,
indem leicht einzuſehen iſt, daß, da hier das Licht
allein das wirkende Prinzip iſt, die Wirkung deſto
ſchneller eintritt, je ſtärker die Gegenſtände beleuchtet
und je weniger gefärbt, d. h. je weißer ſie von
Natur ſind.
Wenn die camera obscura den Gegenſtänden,
deren Bild man fixiren will, gegenüber aufgeſtellt
iſt, muß der Focus genau gerichtet werden, ſo daß
die Gegenſtände ſich vollkommen deutlich und rein
auf der Glastafel der camera obscura abbilden.
Dies wird dadurch bewerkſtelligt, daß man den
Rahmen oder das Geſtell mit dem matt ge-
ſchliffenen Glas, welches das von der camera
obscura erzeugte Bild auffängt, ſo lange vor oder
rückwärts richtet, bis das Bild auf demſelben ſeine
größte Deutlichkeit erhält. Jſt dies geſchehen, ſo
befeſtigt man dieſen beweglichen Theil der camera
obscura mittelſt der hiezu beſtimmten, mit einem
Knopf verſehenen, Schraube, nimmt den Rahmen
mit dem Glas weg, jedoch ohne die camera
obscura zu verrücken, und erſetzt denſelben durch
die Lade, welche die Metallplatte enthält und
genau an die Stelle des Glasrahmens paßt. Jſt
dieſe Lade vermittelſt der kleinern meſſingenen
Klammern genau angepaßt und befeſtigt, ſo ſchließt
man den Deckel der camera obscura und öffnet
mittelſt der beiden halbkreisförmigen Ringe die
Blenden oder Flügel der, die Platte enthaltenden
Lade im Jnnern der camera obscura. Nunmehr
kann die Platte die Einwirkung der Gegenſtände
oder der Landſchaft, welche man gewählt hat, auf-
nehmen, man hat nur die Blendung der camera
obscura zu öffnen und von jetzt an die Minuten
an einer genauen Uhr zu zählen.
Dies iſt nun der mißlichſte Theil des ganzen
Verfahrens, weil dabei nichts ſichtbar und es völlig
unmöglich iſt, die zu Hervorbringung des Bildes
erforderliche Zeit zu beſtimmen; dieſe hängt gänzlich
von der Lichtſtärke, oder dem Grad der Beleuchtung
der Gegenſtände ab, welche abgebildet werden ſollen,
ſie kann für Paris (oder einen andern Ort, deſſen
geographiſche Breite nicht viel von der von Paris
verſchieden iſt) von 3 bis höchſtens 30 Minuten
wechſeln.
Auch iſt zu bemerken, daß die Jahreszeiten, ſo
wie die Tagesſtunden von großem Einfluß auf die
Schnelligkeit der Wirkung ſind.
Die günſtigſte Tageszeit iſt die zwiſchen 7 Uhr
Morgens und 3 Uhr Mittags; und dieſelbe Wirkung,
welche man zu Paris während der Monate Juni
und Juli in 3 bis 4 Minuten erhält, erfordert in
den Monaten Mai und Auguſt 5 bis 6, im April
und September 7 bis 8 Minuten, und ſo in dem-
ſelben Verhältniß mehr Zeit, je mehr man in der
Jahreszeit fortrückt. Dies iſt übrigens nur eine
allgemeine Regel und gilt nur für ſehr beleuchtete Ge-
genſtände, denn es iſt nicht ſelten der Fall, daß
ſelbſt in den günſtigſten Monaten 20 Minuten er-
forderlich ſind, wenn die Färbung und Beleuchtung
der Gegenſtände ſich vollſtändig in den Mitteltinten hält.
Aus dem Geſagten iſt nun erſichtlich, warum
es unmöglich iſt, die zu den Verſuchen erforderliche
Zeit mit Genauigkeit zu beſtimmen; indeſſen kann
man mit einiger Uebung bald dahin kommen, die-
ſelbe wenigſtens richtig zu ſchätzen. Jm ſüdlichen
Frankreich, überhaupt in allen Ländern, in welchen
das Sonnenlicht eine ſtärkere Wirkung hat, wie
z. B. in Spanien, Jtalien ꝛc. werden die Verſuche
ſchneller vor ſich gehen.
Es iſt übrigens auch von großer Wichtigkeit,
die zur Erzeugung der Bilder nöthige Zeit nicht zu
überſchreiten, weil alsdann die Lichter in denſelben
nicht mehr weiß, ſondern durch die allzulange fort-
geſetzte Wirkung des Lichts geſchwärzt erſcheinen
würden. Wenn im Gegentheil die Zeit zu kurz
war, ſo entſteht auch eine ſehr unbeſtimmte und
undeutliche Wirkung, und die kleineren Parthien des
Bildes werden gar nicht ausgedrückt.
Jſt zu vermuthen, daß man bei einem erſtmals
angeſtellten Verſuche gefehlt habe, ſey es, daß man
die Platte zu bald oder zu ſpät herausgenommen
hat, ſo fängt man ſogleich einen zweiten Verſuch
an, weil man alsdann deſto ſicherer iſt, es recht zu
machen; auch iſt es zu Erlangung der gehörigen
Uebung von Vortheil, ſtets mehrere Verſuche nach-
einander anzuſtellen.
Bei dieſer Operation iſt es der nämliche Fall,
wie bei der zweiten, oder bei der Bereitung des
Jodüberzuges; nämlich daß man ſich beeilen muß,
zur nächſtfolgenden, vierten Operation, überzugehen,
ſobald die Platte aus der camera obscura genommen
iſt; auch darf man damit nicht über eine Stunde
lang zögern, vielmehr iſt man des Erfolgs weit
ſicherer, wenn man unmittelbar zur vierten Operation
ſchreitet.
Vierte Operation.
Hiezu iſt nothwendig:
eine Flaſche mit Queckſilber, welche wenigſtens
1 Kilogramm (2 Pfund) hält;
eine Weingeiſt-Lampe;
der auf Taf. II. Fig. 3. 4. 5. abgebildete
Apparat;
ein Glastrichter mit langem Hals.
Mittelſt des Trichters gießt man ſo viel Queck-
ſilber in das auf dem Boden des Apparats befind-
liche Gefäß, als nöthig iſt, daß die Kugel des
Thermometers davon bedeckt werde. Dazu braucht
man ungefähr 1 Kilogramm (2 Pfund).
Von dieſem Augenblick an darf die Beleuchtung
nur durch Kerzenlicht geſchehen.
Man nimmt das Brettchen mit der Metall-
Platte aus der Lade Taf. I. Fig. 10 d., welche
die erſtere gegen den Zutritt des Lichts ſchützte,
heraus und ſchiebt das Brettchen in die Fälze der
ſchwarzen Platte Taf. II. Fig. 3. B. ein; dieſe wird
ſofort in den ihr zugehörigen Apparat auf die Leiſten
deſſelben, welche ſie unter 45° geneigt erhalten, ſo
eingeſetzt, daß die Metallplatte abwärts gekehrt iſt
und man letztere durch das Glas G ſehen kann; end-
lich ſchließt man den Deckel A des Apparats ſehr
behutſam, damit durch den entweichenden Luftſtrom
keine Theilchen vom Queckſilber aufgerührt werden.
Jſt alles auf dieſe Art angeordnet, ſo zündet
man die Weingeiſt-Lampe an, ſtellt dieſelbe unter
das Gefäß mit Queckſilber und läßt dieſelbe ſolange
dort, bis das Thermometer, deſſen Kugel in dem
Queckſilber-Gefäß ſteckt, und deſſen Röhre über
den Kaſten herausragt, eine Hitze von 60° nach der
hunderttheiligen Scale zeigt. Sobald dieſer Wärme-
grad eintritt, eilt man, die Lampe herauszunehmen;
war das Thermometer ſchnell geſtiegen, ſo wird es
auch nachher, nachdem die Lampe herausgenommen
iſt, noch etwas ſteigen, doch iſt darauf zu ſehen,
daß es nicht über 75° zu ſtehen komme.
Der Abdruck des natürlichen Lichtbildes iſt nun
zwar auf der Platte vorhanden, jedoch unſichtbar,
und erſt nach einigen Minuten fängt daſſelbe an
hervorzutreten, wovon man ſich überzeugen kann,
wenn man durch die Glastafel ſieht; hiebei leuchtet
man ſich mit der Kerze, hat jedoch darauf zu ſehen,
daß das Licht der Kerze nicht allzulange auf die
Platte einwirke, weil dadurch Flecken entſtehen wür-
den. Jn dieſem Zuſtande läßt man die Platte, bis
das Thermometer auf 45° gefallen iſt; hierauf
nimmt man ſie heraus und dieſe Operation iſt nun
beendigt.
Wenn die Gegenſtände ſtark beleuchtet waren
und man das Licht ein wenig zu lange auf die Platte
in der camera obscura einwirken ließ, ſo kann dieſe
Operation ſogar früher beendigt ſeyn, bevor das
Thermometer auf 55° ſinkt; man überzeugt ſich
hievon mittelſt Beobachtung der Platte durch die
Glastafel.
Nach jeder Operation iſt es nothwendig, das
Jnnere des Apparats ſorgfältig abzukehren, um die
kleine Queckſilberſchichte zu entfernen, welche ſich
dort gemeiniglich anſetzt. Ebenſo muß man die
ſchwarze Platte ſorgfältig reinigen, damit auch keine
Spur von Queckſilber auf derſelben zurückbleibt. Jſt
man genöthigt, den Apparat einzupacken, um ihn
weiter zu transportiren, ſo muß man das in dem
Gefäß befindliche Queckſilber wieder in die Flaſche
zurückbringen; dies geſchieht, indem man den Kaſten
neigt, um das Queckſilber durch die zu dieſem
Zweck angebrachte kleine Röhre mit Hahnen aus-
fließen zu laſſen.
Um ſich zu überzeugen, ob die Probe gut ge-
lungen ſey, kann man die Platte bei ſchwachem
Tageslicht betrachten. Um ſie von dem Brettchen
hinwegzunehmen, entfernt man die vier kleinen Metall-
ſtreifen, welche man bei jedem Verſuch ſorgfältig
mit Bimsſteinpulver, das mit etwas Waſſer ange-
feuchtet wird, abreiben muß. Dieſes Abreiben iſt
deßwegen nothwendig, weil dieſe kleinen Metall-
ſtreifen nicht nur mit einer Jodſchichte bedeckt ſind,
ſondern auch einen Theil des Lichtbildes empfangen
haben. Die Platte ſelbſt bringt man ſofort in das
mit Fälzen verſehene Käſtchen Taf. I. Fig. 9., bis
man ſie der fünften und letzten Operation unter-
wirft.
Dieſe braucht man nicht unmittelbar eintreten
zu laſſen, denn die Platte läßt ſich in ihrem nun-
mehrigen Zuſtande mehrere Monate lang aufbe-
wahren, nur daß man ſie nicht oft bei hellem Ta-
geslicht betrachten darf.
Fünfte Operation.
Jhr Zweck iſt, das Jod von der Metallplatte
zu entfernen, welches ſonſt, wenn man die Platte
allzu lange Zeit dem Lichte ausſetzen würde, ſich noch
weiter zerſetzen und dadurch das Bild zerſtören
würde.
Zu dieſer Operation bedarf man:
eine geſättigte Auflöſung von Kochſalz oder
eine ſchwache Auflöſung von reiner, unterſchwef-
lichtſaurer Soda (Glauberſalz);
ferner den auf Tafel II. Fig. 9. und 9 b. ab-
gebildeten Apparat;
zwei Becken von verzinntem Kupfer, Taf. II.
Fig 7. und 7 b.;
ein Siedegefäß mit deſtillirtem Waſſer, Taf. II.
Fig. 10.
Die Entfernung der Jodſchichte geſchieht mittelſt
des Kochſalzes. Mit dieſem füllt man eine Flaſche
mit weitem Hals bis zum vierten Theil ihrer Höhe
an und gießt ſodann dieſelbe mit reinem Waſſer voll.
Um die Auflöſung des Kochſalzes zu beſchleu-
nigen, ſchüttelt man die Flaſche von Zeit zu Zeit.
Wenn das Waſſer vollkommen geſättigt iſt, d. h.
wenn ſich kein Salz mehr auflöst, filtrirt man
daſſelbe durch Löſchpapier, um jede Unreinigkeit zu
entfernen und die Salzauflöſung vollkommen hell
zu machen. Dieſe geſättigte Salzauflöſung kann
man ſich im Vorrath machen, um nicht bei jedem
neuen Verſuch damit aufgehalten zu ſeyn; man be-
wahrt ſie in gut verſtöpſelten Flaſchen auf.
Dieſe Salzlöſung gießt man in eines der Becken
bis zu etwa 3 Centimeter (1 Zoll) ſeiner Höhe
und füllt es vollends mit reinem, ſüßem Waſſer auf.
Dieſes Gemiſch wird ſodann erwärmt, ohne es je-
doch zum Kochen zu bringen.
Statt der Kochfalz-Auflöſung kann man auch
eine Auflöſung von reiner unterſchweflichtſaurer
Soda (Glauberſalz) nehmen; letztere iſt ſogar noch
vorzuziehen, weil ſie die Jodſchichte vollſtändiger
hinwegnimmt, was bei der Kochſalz-Auflöſung nicht
immer der Fall iſt, beſonders wenn die vierte Operation
ſchon ſeit längerer Zeit gemacht iſt. Jm Uebrigen
iſt das weitere Verfahren bei beiden Salzlöſungen
das nämliche, nur daß die Auflöſung der ſchwefel-
ſauren Soda nicht erwärmt zu werden braucht; auch
braucht man eine kleinere Quantität derſelben, weil
es hinreicht, wenn die auf den Boden des Beckens
gelegte Metallplatte nur kaum von der Flüſſigkeit
bedeckt iſt.
Zuerſt taucht man jedoch die Platte in reines
ſüßes Waſſer, welches in dem andern der beiden
Becken enthalten iſt. Man braucht die Platte blos
einzutauchen ohne ſie loszulaſſen, und zieht ſie ſo-
gleich wieder zurück; der Zweck iſt blos der, die
Oberfläche der Platte mit Waſſer zu benetzen. Hier-
auf legt man dieſelbe ſogleich, ohne ſie trocken wer-
den zu laſſen, in die Salzauflöſung. Das vorherige
Benetzen der Platte mit ſüßem Waſſer iſt deswegen
nothwendig, weil die Salzlöſungen, wenn die
Platte unmittelbar in eine derſelben getaucht würde,
unauslöſchliche Flecken hervorbringen würden.
Um die Wirkung der Salzauflöſung, welche ſich
des Jods bemächtigt, zu befördern, bewegt man
die Platte, ohne dieſelbe aus der Flüſſigkeit heraus-
zuheben, mittelſt des kleinen, überzinnten, kupfernen
Hakens, Taf. II. Fig. 8., mit welchem man die
Platte von unten faßt, mehrmals auf und nieder.
Jſt hierauf die gelbe Farbe vollſtändig verſchwunden,
ſo nimmt man die Platte heraus, wobei man ſie
an beiden Enden ſo anfaßt, daß die Finger blos
die Kanten berühren, und legt dieſelbe ſogleich in
das andere Becken mit reinem Waſſer ein.
Hierauf nimmt man den Apparat Taf. II. Fig.
9. und 9 b. und das Gefäß Taf. II. Fig. 10. zur
Hand, welch letzteres vollkommen rein ſeyn muß.
Jn dieſem hat man mittlerweile deſtillirtes Waſſer
zum Kochen gebracht. Nachdem man die Platte aus
dem Waſſerbecken mit ſüßem Waſſer genommen und
auf die ſchiefe Fläche Taf. II. Fig. 9. gelegt hat,
gießt man über ihre Oberfläche, ohne ihr Zeit zum
Trocknen zu laſſen, und von oberhalb der Platte
her, nicht auf dieſe ſelbſt, das deſtillirte Waſſer ſo
heiß, als es iſt, jedoch ohne daß es ſiedet, herun-
ter, ſo daß es über die ganze Oberfläche derſelben
einen gleichförmigen, ungetrennten Waſſerguß bildet.
Auf dieſe Art wird jeder Ueberreſt der Salzauflö-
ſung, welche ſchon durch das Eintauchen in das
erſte Becken mit ſüßem Waſſer hinreichend geſchwächt
war, vollends hinweggenommen. Jm Fall man
ſchwefelſaure Sodaauflöſung angewendet hat, muß
das deſtillirte Waſſer beim Uebergießen weniger heiß
als bei dem Kochſalz ſeyn.
Für eine Platte von der angegebenen Größe
(man ſehe die Erklärung der Abbildung Taf. I. Fig. 2.)
braucht man nicht weniger als ein Litre (halbes
Maaß) deſtillirtes Waſſer. Gewöhnlich bleiben nach
dem Uebergießen der Platte mit dem heißen deſtil-
lirten Waſſer einige Tropfen auf der Platte zurück.
Jn dieſem Fall muß man ſie eilig hinwegzubringen
ſuchen, ehe ſie Zeit haben zu trocknen, weil ſie
immer noch einige Theilchen Kochſalz oder ſelbſt Jod
enthalten könnten. Man kann ſie durch ſtarkes
Blaſen mit dem Munde (jedoch ohne daß man
Mundfeuchtigkeit darauf ſpritzt) von der Platte ent-
fernen.
Es iſt leicht einzuſehen, daß eine vollkommene
Reinheit des Waſſers, welches man zu dieſer Wa-
ſchung braucht, von der größten Wichtigkeit iſt, denn
wenn daſſelbe irgend eine Materie aufgelöst ent-
hielte, würden, ungeachtet der Schnelligkeit, mit
welcher daſſelbe über die Platte herabgegoſſen wird,
durch das Trocknen deſſelben auf der Oberfläche eine
Menge unauslöſchlicher Flecken entſtehen.
Um ſich zu verſichern, ob das Waſſer zu dieſer
Waſchung gehörig rein iſt, bringt man einen Tropfen
deſſelben auf eine polirte Metallplatte; wenn der-
ſelbe nach ſeiner Verdampfung mittelſt künſtlicher
Wärme keine Spur zurückläßt, ſo kann das Waſſer
ohne Anſtand gebraucht werden; reines deſtillirtes
Waſſer läßt keine Spur zurück.
Nach dieſer Abwaſchung iſt das Ganze been-
digt; man hat blos die Platte vor Staub oder vor
Dämpfen zu bewahren, welche die Silberoberfläche
trüben könnten. Das Queckſilber, welches eigent-
lich die Zeichnung bildet, iſt theilweiſe zerſetzt, es
hängt dem Silber an und widerſteht zwar dem
Waſſerſtrom, der über die Platte gegoſſen wird,
kann jedoch durchaus keine Reibung aushalten.
Um die Bilder aufzubewahren, muß man ſie unter
Glas bringen und mit demſelben (durch Papierſtreifen
an den Kanten) zuſammenleimen oder verkitten (col-
ler); alsdann ſind ſie unveränderlich, ſelbſt im
Sonnenlicht.
Da man ſich auf Reiſen mit Einrahmung die-
ſer Bilder nicht befaſſen kann, ſo laſſen ſie ſich eben
ſo gut erhalten, wenn man ſie in ein Käſtchen, wie
das auf Taf. I. Fig. 9. einſchließt. Zu größerer
Sicherheit kann man kleine Papierſtreifen auf die
Fugen ſeines Deckels aufleimen.
Noch iſt beizufügen nöthig, daß die ſilberplat-
tirten Kupferplatten mehrmals gebraucht werden
können, ſo lange das Kupfer nicht blos gelegt wird.
Dabei iſt jedoch nothwendig, jedesmal das Queck-
ſilber hinwegzubringen, indem man die Platte, wie
Anfangs beſchrieben wurde, mit Bimsſteinpulver und
in Oel getauchter Baumwolle, welche man öfters
erneuert, abreibt, ſonſt verbindet ſich endlich das
Queckſilber mit dem Silber zu einem Amalgam und
die Proben, welche man mit dem letztern erhält,
ſind immer unvollkommen, weil ſie der nöthigen
Lebhaftigkeit und Reinheit ermangeln.
Anm. Der Verfaſſer hatte Verſuche angeſtellt, die
Bilder mittelſt verſchiedener Firniße von Bernſtein, Copal,
Cautſchuk. Wachs und allerlei Harzen zu ſchützen, jedoch
die Erfahrung gemacht, daß durch die Anwendung irgend
eines Firnißes die Lichter auſ den Bildern bedeutend ge-
ſchwächt und zu gleicher Zeit die Lebhaſtigkeit und Stärke
der Bilder beeinträchtigt wurden. Zu dieſem Uebelſtand
kam noch eine Veränderung des Queckſilbers durch ſeine
Verbindung mit dem Firniß hinzu, eine Wirkung, welche
erſt nach zwei oder drei Monaten eintraf und mit gänz-
licher Zerſtörung des Bildes endete. Jm Uebrigen hätte
für die gänzliche Verwerfung irgend eines Firnißes die
Schwächung der Lichter vollkommen hingereicht, ſofern die
wünſchenswertheſte Vervollkommnung des ganzen Verfah-
rens in einem Mittel beſtünde, die Stärke der Lichter im
Gegentheil zu vermehren. A. d. O.
Bemerkung.
Nach neuern Berichten iſt es indeſſen Dumas
gelungen, die Bilder mit einer Auflöſung von Dex-
trin ſo zu überfirnißen, daß ſie auch bei der Be-
rührung mit den Fingern nicht mehr verdorben
werden. Arago gab hievon in der Sitzung der
Akademie vom 27. Auguſt Nachricht. Der Firniß
beſteht aus 6 Gewichtstheilen Waſſer und 1 Theil
Dextrin und wird kochend über die völlig vollendete
Metallplatte gegoſſen. Nach ihrem Erkalten und
Trocknen bleibt ein ſo leichter und durchſichtiger
Ueberzug auf der Platte zurück, daß die Zartheit
und Deutlichkeit der Zeichnung vollkommen unver-
ändert bleibt. Es wurde dabei von dem Bericht-
Erſtatter noch in Ausſicht geſtellt, daß man mittelſt
dieſes Firnißes noch dahin kommen dürfte, die Bilder
abzudrucken. Dieſer Dextrinfirniß war ſchon ſeit
einigen Jahren zum Schutz für Zeichnungen auf
Papier in Frankreich angewendet worden.
3
Zur Erklärung des Daguerre’ſchen
Verfahrens bemerkte Arago in derſelben Sitzung
vom 27. Auguſt Folgendes. Es ſcheine, daß die
goldgelbe Jodſchichte überall, wo ſie von der Ein-
wirkung des Lichtes getroffen wird, verdampft werde,
ſo daß an dieſen Stellen das Metall bloß gelegt
wird und ſodann der Queckſilberdampf auf daſſelbe
einwirken könne. Auf dieſe Art würde demnach an
allen dieſen vom Licht getroffenen Stellen die Ober-
fläche des Silbers mit einem mattweißen Amalgam
überzogen, während die übrigen Stellen, auf wel-
chen die Jodſchichte liegen bleibt, vom Queckſilber
nicht angegriffen werden, ſondern nach Hinwegnahme
der Jodſchichte durch die Waſchung mit der Salz-
Auflöſung ſich wieder, wie zuvor, als glatte ſpie-
gelnde Metallflächen herausſtellen. Dadurch aber
ſcheint die Entſtehung der vielfachen Halbſchatten
oder Mitteltinten in den Zeichnungen noch nicht er-
klärt. Nun hat man aber gefunden, daß die Metall-
platte, nachdem ſie mit der Jodſchichte verſehen iſt,
nicht merklich an Gewicht zunimmt, wohl aber, daß
eine ſehr merkliche Gewichtszunahme nach der Be-
handlung mit den Queckſilberdämpfen eintritt. Da-
gegen iſt wieder eine auffallende Gewichtsabnahme
nach der Waſchung der Platte mit der Salzlöſung
bemerklich, ſo daß die vollkommen fertige Platte
merklich weniger wiegt, als vor dem Beginnen der
Operation, obgleich auf den beleuchteten Stellen im
Bilde noch etwas Queckſilber in Form von Amalgam
haftet. Die chemiſche Unterſuchung der Waſchflüſſig-
keit hat auch gezeigt, daß dieſelbe einen Antheil von
Silber hinweggenommen habe.
Es ſcheint alſo zur Erklärung der Wirkungen
des Lichts, welche die Zeichnungen Daguerre’s
darbieten, dennoch die Annahme hinreichend zu ſeyn,
daß ſich die Silberſchichte während der Einwirkung
des Queckſilberdampſes mit Amalgamkügelchen be-
deckt; daß dieſe bei den grellen Lichtern ſehr nahe
beiſammen ſtehen, in den Mitteltinten dagegen all-
mählich an Zahl abnehmen, bis zum Schwarzen,
wo alsdann kein ſolches Kügelchen mehr vorhanden
iſt. Dieſe Erklärungsart Arago’s hat ſich ſodann
auch völlig bewährt. Dumas hat mittelſt mikro-
ſcopiſcher Unterſuchung der Daguerre’ſchen Bilder
gefunden, daß die hellen und die halbſchattigen Par-
tien wirklich mit kleinen Metallkügelchen beſetzt ſind,
deren Durchmeſſer Dumas, ſo wie Adolph Brogniart,
ſehr gleich fanden und zu einem Achthundertſtel eines
Millimeters ſchätzten.
Ein wichtiger neuer Fortſchritt in der Daguerreo-
typie beſteht aber noch weiter darin, daß bereits
mehrere Verſuche in Frankreich gemacht worden ſind,
den Metallplatten Papier zu ſubſtituiren. Arago
ſelbſt hatte verſilberte ſtatt der plattirten Kupfer-
plättchen vorgeſchlagen. Ein Herr Coulier hat mit
Erfolg die Anwendung von Silberpapier verſucht,
und ein Herr Bayard hat auf Papier Zeichnungen
erzielt, die noch vollſtändigere Erfolge hoffen laſſen.