Schreiben aus Paris, vom 24
Auguſt.
Jn den Sitzungen der Nationalverſammlung wird
eifrigſt an
dem erſten Capitel der Conſtitution, uͤber
die
Rechte des Menſchen, gearbeitet. Die bereits
veſt-
geſetzten Artikel wollen wir am Ende dieſes
Schreibens
liefern.
Jn der Sitzung vom 21ſten dieſes wurden 2
Aus-
ſchuͤſſe, jeder von 15 Gliedern
ernannt, welche die
Sachen in Ordnung bringen ſollen, die
ſich auf die
Guͤter der Geiſtlichkeit und auf die
gerichtlichen Aemter
beziehen. — Zu Marienburg, in Hennegau,
hatten
die Einwohner ihre Municipal-Officiers abgeſetzt,
und
andere ernannt. Der dortige Commandant, Graf
von
Eſterhazy, hatte 4 Particuliers arretiren
laſſen, die
beſonders bey der Ernennung der neuen
Bedienten be-
ſchaͤfftigt geweſen waren. Die
Nationalverſammlung
hat befohlen, daß die Gefangenen wieder in
Freyheit
geſetzt werden, und daß die Sache unterſucht
werden
ſoll. Es fehlte nicht viel, ſo waͤre der
Graf des Ver-
brechens der beleidigten Nation ſchuldig
erklaͤrt worden.
Jn der Sitzung vom 22ſten waren ſtarke
Debatten
uͤber die Artikel der Conſtitution,
welche die Freyheit
der gottesdienſtlichen Meynungen, und
die dem oͤffent-
lichen Gottesdienſt
gebuͤhrende Ehrfurcht betreffen; es
ward aber noch nichts
ausgemacht, und die weitere
Unterſuchung derſelben
ward bis zu der außerordent-
lichen Sitzung auf den Sonntag
ausgeſetzt. — Hierauf
ward ein Brief des Herrn
Necker vorgeleſen, worinn
dieſer Miniſter
die Nationalverſammlung erſuchte,
ſie
moͤchte uͤber die
Jntereſſe der zu machenden Anleihe,
wozu der Graf
Mirabeau am vorigen Mittewochen einen
Vorſchlag gethan,
noch nichts beſchlieſſen, er wolle
am
26ſten ſelbſt in der Verſammlung
erſcheinen. Ob-
gleich einige Glieder behaupteten, daß
ihre Delibera-
tionen durch das Schreiben des Miniſters
nicht auf-
gehalten werden muͤßten, ſo ward doch
zuletzt beſchloſſen,
daß man vor dem
26ſten nichts uͤber die Anleihe
ent-
ſcheiden wolle.
Jn der geſtrigen ſonntaͤglichen Sitzung ward
ein
Werk des Herrn Briſſot de Warwille, unter dem
Titel,
le Patriote François,
denoncirt. Es befindet ſich in
ſelbigem ein Brief
an den Herrn Delaunay, der in der
Baſtille gefunden
ſeyn ſoll. Der Verfaſſer dieſes
Brie-
fes kuͤndigt dem Gouverneur der Baſtille
einen Gefan-
genen an, von dem er ſich, (wie er
ſich ausdruͤckt,) in
8 Tagen los machen
ſoll; und aus der nachherigen
Frage des Gouverneurs,
unter welchem Namen er den
Gefangenen ſolle begraben
laſſen, erhellet, daß das
Verlangen des
Briefſtellers erfuͤllt worden. Die
Na-
tionalverſammlung war der Meynung, daß die
Unter-
ſuchung von dergleichen Brochuͤren ihre
Arbeit nicht
unterbrechen muͤſſe. —
Nachher ward uͤber die Theu-
rung des Korns deliberirt,
— endlich nahmen die
Deliberationen uͤber die
Rechte des Menſchen ihren
Anfang, wovon das weitere
unten.
Am Sonnabend konnte man nur mit Muͤhe Brodt
bey den Beckern haben.
Jeder Becker hatte eine Wache,
um einem Tumult zuvorzukommen.
Geſtern und heute
fruͤh dauern dieſe
Schwierigkeiten noch fort, und man
nimmt denen, die auf der Straße Brodt
tragen, das
Brodt weg. Korn haben wir genug aber wenig Mehl,
da die
Fluͤſſe, der trockenen Witterung wegen, ſo
nie-
drig ſind, daß nicht hinlaͤnglich gemahlen werden
kann.
Der Koͤnig hat befohlen, daß alles Mehl, was
fuͤr
ihn zu Paſteten gebraucht worden, zu Brodt
ange-
wandt werden ſoll.
Man ſpricht von der Verfertigung eines National-
Papiergeldes, um das Deficit vors erſte
wieder gut
zu machen, welches die bisherige Hinderung der Ein-
nahme
der Abgaben, ꝛc. verurſacht hat.
Zu Valenciennes iſt das Volk ſehr unzufrieden, daß
der
Commandant ein fremdes Regiment an die Stelle
des Regiments von Orleans dahin kommen laſſen.
Jn-
deſſen haben die Officiers und Soldaten ſchon
an vie-
len Orten den neuen Eid der Treue der Nation,
dem
Koͤnige und dem Geſetze geſchworen.
Die Ruhe ſtellt ſich nun immer mehr wieder ein,
nachdem zur
Wiederherſtellung und Aufrechthaltung
derſelben die
beſten Anſtalten getroffen worden.
Zu Rennes hat man bey Gelegenheit der am 4ten
dieſes in der
Nationalverſammlung veſtgeſetzten
bekann-
ten Artikel große Freudensbezeugungen angeſtellt.
Jn
einigen andern Provinzen iſt man mit ſelbigen
nicht
voͤllig zufrieden.
Am vorigen Freytag wurden zu Rennes der Advocat
Jourdain und der Comoediant beym Theater der
ſoge-
nannten Varietés
amuſantes du palais Royal a Paris,
Namens Bordier, gehenkt. Dieſer Acteur
befand ſich
am 13ten und 14ten Julii zu Rouen, und
ſetzte ſich
mit dem Advocaten Jourdain an die
Spitze der Tumul-
tuanten, die er anreizte, den Jntendanten,
Herrn
Maußion, umzubringen, der aber gluͤcklich
entkam,
worauf deſſen Haus gepluͤndert
ward. Herr Bordier
war ein ſehr beliebter Acteur, und man
hat ſich viele
Muͤhe gegeben, ſeinen Pardon
zu bewirken. Der
Siegelbewahrer hatte auch einen Aufſchub
der Execu-
tion bewilligt, aber der Magiſtrat machte
Vorſtellung
dagegen, und befuͤrchtete einen
allgemeinen Aufſtand
in der Stadt, wenn der
Schauſpieler nicht gehenkt
wuͤrde, weshalb denn
der Siegelbewahrer ſeinen Auf-
ſchub wieder
einzog. Beyde wurden vorher auf die
ordentliche und
außerordentliche Tortur gebracht, um
ihre Gehuͤlfen und
Rathgeber anzugeben.
Man glaubt, daß die Nationalverſammlung heute
mit ihrer
Declaration uͤber die Rechte des Menſchen
zu Stande kommen
werde, damit ſie dem Koͤnige
morgen, als am
Ludwigsfeſte, dieſes erſte Kapitel
der
Conſtitution uͤberreichen koͤnne. Was bisher
uͤber die
Rechte des Menſchen in den oͤffentlichen
Blaͤttern ge-
leſen worden, waren nur projectirte Artikel;
die fol-
genden ſind, nach vielen Debatten, wirklich von
der
Nationalverſammlung veſtgeſetzt und als zur Conſti-
tution
gehoͤrig angenommen worden:
Erklaͤrung der Rechte des Menſchen
in
Geſellſchaft.
1) Die Menſchen werden frey und gleich an Rechten
gebohren, und
bleiben es. Die Unterſcheidungen
muͤſſen
bloß auf den gemeinſchaftlichen Nutzen gegruͤn-
det
ſeyn.
2) Der Zweck aller Geſellſchaft muß in der Erhal-
tung der
natuͤrlichen und der Verjaͤhrung nicht unter-
worfenen
Rechte des Menſchen beſtehen. Dieſe
Rechte
ſind die Freyheit, das Eigenthum, die
Sicherheit
und der Widerſtand gegen
Unterdruͤckung.
3) Der Grund aller Souverainitaͤt
reſidirt we-
ſentlich in der Nation. Kein Corps, kein Jndividuum
kann eine
Gewalt ausuͤben, die nicht ausdruͤcklich
dar-
aus herfließt.
4) Die Freyheit beſteht darinn, daß man alles thun
kann,
was dem andern nicht ſchadet. Alſo hat
die
Ausuͤbung der natuͤrlichen Rechte eines
jeden Menſchen
keine andere Grenzen, als diejenigen,
welche den uͤbri-
gen Menſchen einen freyen
Gebrauch eben dieſer Rechte
verſichern.
Die Grenzen koͤnnen nur durch das
Geſetz
beſtimmt werden.
5) Das Geſetz muß nur diejenigen Handlungen ver-
bieten, welche
der Geſellſchaft ſchaͤdlich ſind.
Alles,
was nicht verboten iſt, kann nicht gehindert
werden;
und Niemand kann gezwungen werden, dasjenige zu
thun, was
das Geſetz nicht befiehlt.
6) Das Geſetz iſt der Ausdruck des allgemeinen
Willens.
Alle Buͤrger haben Recht, perſoͤnlich, oder
durch
ihre Repraͤſentanten, zur Formation des
Geſetzes
mitzuwirken. Es muß eben daſſelbe
fuͤr alle ſeyn, es
mag beſchuͤtzen oder
beſtrafen. Da alle Buͤrger in den
Augen
deſſelben gleich ſind, ſo
muͤſſen ſie auch zu allen
Wuͤrden,
Plaͤtzen und oͤffentlichen Aemtern, nach
ihrer
Faͤhigkeit, zugelaſſen werden, ohne andere
Unter-
ſcheidung, als diejenigen ſind, welche ihre
Tugenden
und ihre Talente an die Hand geben.
7) Kein Menſch kann angeklagt, gefangen geſetzt,
noch
gefangen behalten werden, als in dem Falle, der
durch das Geſetz
beſtimmt iſt, und nach den Formen,
die es
vorgeſchrieben hat. Diejenigen, welche will-
kuͤrliche
Befehle erbitten, ausfertigen, in Ausfuͤhrung
bringen, oder
ſie ausfuͤhren laſſen,
muͤſſen beſtraft
werden. Ein jeder
Buͤrger, der kraft des Geſetzes
apellirt oder ergriffen
wird, muß dem Augenblicke folg-
ſam ſeyn. Er wuͤrde
ſich durch Widerſetzung ſtrafbar
machen.
8) Das Geſetz muß nur Strafen veſtſetzen,
die
durchaus und offenbar nothwendig ſind; und Niemand
kann
geſtraft werden, als kraft eines veſtgeſetzten
und
noch vor dem Verbrechen bekannt gemachten und ge-
hoͤrig
angewandten Geſetzes.
9) Da man einen jeden Menſchen ſo lange fuͤr
un-
ſchuldig haͤlt, bis er verurtheilt worden, ſo
muß alle
Strenge, die zur Verſicherung ſeiner
Perſon, wenn er
durchaus arretirt werden muß, nicht nothwendig
iſt,
durch das Geſetz aufs ſchaͤrfſte
zuruͤckgehalten werden.
Jn der geſtrigen ſonntaͤglichen
außerordentlichen
Sitzung der Nationalverſammlung ward
uͤber die
folgenden Artikel debattirt:
1) Da das Geſetz die heimlichen Verbrechen nicht
treffen kann,
ſo muß die Religion und die Moral an
deſſen Stelle
treten. Es iſt alſo fuͤr die gute Ordnung
der
Geſellſchaft nothwendig, daß beyde in Ehrfurcht
gehalten
werden.
2) Die Aufrechthaltung der Religion erfordert einen
oͤffentlichen
Gottesdienſt. Die Ehrfurcht fuͤr den
oͤffentlichen
Gottesdienſt iſt alſo nothwendig.
3) Jeder Buͤrger, der den etablirten Gottesdienſt
nicht
ſtoͤhret, muß nicht beunruhigt werden.
Als man uͤber die beyden erſten Artikel genug debat-
tirt,
aber nichts entſchieden hatte, gieng man zu dem
dritten, der
folgendermaßen veraͤndert, und ſo veraͤn-
dert, als
ein Artikel der Conſtitution von der Natio-
nalverſammlung
decretirt ward:
“Kein Menſch muß in ſeinen
Meynungen, ſelbſt
auch in den
gottesdienſtlichen (religieuſes) beunruhigt
werden, wenn ihre oͤffentliche
Aeußerung (manifeſta-
tion) die oͤffentliche, durch das Geſetz
veſtgeſetzte Ord-
nung nicht
ſtoͤhrt.” Dieſer letzte Artikel fand
viele
Schwierigkeiten, und iſt auch jetzt noch vielen
Critiken
unterworfen. Es waren am Sonntage nur wenige
Glieder von dem Adel und von den Gemeinen gegen-
waͤrtig,
deſto mehr aber von der Geiſtlichkeit, und
dieſe
letztere wollte den Artikel ſo abgefaßt haben.
Der Graf von
Mirabeau widerſetzte ſich aus allen
Kraͤften, aber
es half nichts. Herr von Clermont
Tonnere vergoß ſelbſt
Thraͤnen uͤber die Delicateſſe
ſeines
Amts bey dieſer Gelegenheit, und bat um
ſeinen
Abſchied. Man haͤtte den Artikel gerne
ſo gehabt, als
ihn Herr Caſtellanne vorſchlug, nach
welchem er alſo
lautete: “Kein
Menſch muß wegen ſeiner gottes-
dienſtlichen
Meynungen beunruhigt, noch in der
Ausuͤbung ſeiner
Religion geſtoͤhrt werden.” Aber
er ward
in dieſer Form verworfen.
Luͤttich, den 24 Auguſt.
Die gute Ordnung dauert hier noch fort. Der Ma-
giſtrat hat die
Truppen entwaffnen laſſen, welche die
Citadelle bewachten;
er will einen Theil derſelben in
Sold nehmen, und
Buͤrgermiliz daraus machen. Vor-
geſtern begab ſich
eine Deputation des Magiſtrats zum
Fuͤrſt
Biſchof nach Serain. Das Conſeil hat durch
eine Ordonanz
bekannt gemacht, daß, nach ſeinem
erſten Grundſatz,
das Eigenthum eines Jeden geſichert
ſeyn ſoll, und
alſo diejenigen Perſonen, deren Aemter
etwa aufgehoben
werden ſollten, dasjenige dafuͤr wie-
der erhalten
ſollen, was ſie gekoſtet haben, ꝛc.
Wien, den 22
Auguſt.
Von dem Befinden Sr. Kayſerl. Majeſtaͤt giebt
die
heutige Hofzeitung folgende Nachricht: “Se.
Maje-
ſtaͤt, der Kayſer, befinden ſich
nach den Umſtaͤnden ſo
gut, als moͤglich
iſt, ſind ohne Fieber, aber noch
bett-
laͤgerig.”
Jn dem Treffen vom 3ten beym Boczaner Paſſe
ſind
396 Tuͤrken auf dem Wahlplatze begraben wor-
den, worunter
ſich auch der Seraekier, Suͤlejmann,
Paſcha von
2 Roßſchweifen, befand. Die Beute un-
ſerer
Mannſchaft iſt ſehr betraͤchtlich
geweſen. Unter
andern ſind uns 200 Pferde zu Theil
worden. Unſer
Verluſt beſteht in 74 Todten und
16 Verwundeten.
Der Rittmeiſter Jmgarten iſt
gefangen.
Nach Berichten aus Fokſan ſteht der nunmehrige
General
Karaiczay mit den Vorpoſten in Rimnick,
und die Patrouillen gehen bis
Buzeo. Die Tuͤrken
ſind groͤßtentheils
uͤber die Donau gefloͤhen. Man
ſchaͤtzt
die Beute der Unſrigen auf 1 Million Gulden.
Unter den 96
Gefangenen, die nach Herrmannſtadt
gebracht worden, befindet
ſich auch ein Aga. Der
Hoſpodar der Wallachey,
Mavrojeni, hat ſich, auf er-
haltene Nachricht von dem
verlohrnen Treffen, ſchleu-
nig nach Bukareſt
begeben.
Jn Syrmien iſt noch alles ruhig. Der
Feldmarſchall
Laudon iſt bereits in Weißkirchen
eingetroffen. Der
Commandant von Belgrad hat eine Depeſche an
un-
ſern Hof, nach Wien, geſchickt.
Der Kayſer hat den ſaͤmmtlichen Officiers in
den
Niederlanden, bey den jetzigen Umſtaͤnden, eine
Gratis-
gage bewilligt.
Jn Gallizien ſind wieder 8000 Rekruten ausgehoben.
Schreiben aus Wien, vom 22
Auguſt.
Man will jetzt wiſſen, daß die Belagerung von Bel-
grad
gegen den 10ten kuͤnftigen Monats eroͤffnet
werde. Noch
iſt man von allen Seiten
außerordentlich
beſchaͤfftigt, ſchweres
Geſchuͤtz und Munition nach Sem-
lin zu bringen. Nach dem
entworfenen Plan wird
Laudon die zur Belagerung beſtimmten
Truppen auf
2 Seiten nach Servien uͤberfuͤhren; die
Croatiſchen
und einige bisher bey Semlin geſtandene
Regimenter
gehen bey Schabaz uͤber die Sau, und ruͤcken
gegen
die Veſtung vor; die Hauptarmee wird bey
Panczowa
uͤber die Donau gefuͤhrt, in 2 Corps getheilt,
eines
iſt zur Belagerung Belgrads mitbeſtimmt, die
andern
lagern ſich zwiſchen Semendria und Belgrad, um
den
Entſatz zu verhindern, wenn der Großvezier dem
be-
lagerten Platze zu Huͤlfe kommen wollte. Unter
dem
Commando des Feldzeugmeiſters Clairfait bleiben
36000
Mann im Bannat, welche dem Vordringen
der Tuͤrken
hinlaͤnglich Einhalt thun koͤnnen, um ſo
mehr, da
ſich das Coburgiſche Corps d’Armee immer
weiter in
die Wallachey gegen die Donau herabſenkt.
Die Tuͤrken in
Belgrad ſcheinen ſich ihrer Seits zum
Widerſtand
ernſtlich vorzubereiten. Man rechnet, daß
die Garniſon
ſeit Anfangs bis Mitte dieſes Monats
mit 3000 Mann
vermehrt worden ſey, welche zugleich
einen anſehnlichen
Vorrath von Lebensmitteln mit ſich
gebracht haben. Der
Feldmarſchall-Lieutenant, Fuͤrſt
von
Anhalt-Coͤthen, iſt heute zur Armee
abgegangen;
ſein Gefolge iſt nicht nur zahlreich,
ſondern auch praͤch-
tig. Außer den Wagenpferden
ſind 70 Reitpferde zum
Gebrauch des Fuͤrſten
abgeſchickt worden.
Man erhaͤlt aus dem Bannat ſowol, als aus Syr-
mien, die
traurige Nachricht, daß ſich nun wieder die
gewoͤhnlichen
Krankheiten unter den Truppen zu zeigen
anfangen. Der
Feldmarſchall Laudon hat daher die
Spitaͤler naͤher
herbringen laſſen.
Aus dem Hauptquartier der
Rußiſch-Kayſerl.
Armee zu Oliopol, vom 9
Auguſt.
Unſere Armee, welche bisher bey Oliopol, jenſeits
des Bugs,
campirt hat, iſt geſtern aufgebrochen, und
der
Fuͤrſt Potemkin wird ſelbiger heute oder
morgen
folgen.
Schreiben aus Warſchau, vom 22
Auguſt.
Von der Ukrainiſchen Grenze wird unter dem 11ten
dieſes
gemeldet, daß der Feldmarſchall, Fuͤrſt Potem-
kin,
dieſelbe Nacht nach der Krimm gegangen, und
daß er uͤber
Oczakow ins Quartier bey Jaſſy zuruͤck
kehren
werde. Bey Bender iſt ſonſt nichts
beſonders
vorgefallen, als kleine Scharmuͤtzel. Das
Proviant
wird der Rußiſchen Armee bey Bender ſtark
nachge-
ſchickt, ſo wie auch die ſchwere
Artillerie.
Eine anſehnliche Tuͤrkiſche Flotte iſt nach der
Krimm
geſegelt.
Die unter Rußland ſtehenden Krimmer Tartarn haben
ſich zum
Dienſt gegen die Schweden angeboten.
Die Penſion von 40000 Gulden, welche laut der
Conſtitution
von 1775 und 1776 dem Fuͤrſten Sapieha,
General der
Litthauiſchen Artillerie, und jetzigem Lit-
thauiſchen
Confoͤderations-Marſchall, auf einige in
Litthauen
befindliche Guͤter verſichert worden, iſt
mit einer
neuen Conſtitution bekraͤftiget. Die kuͤnfti-
gen
Generals der Litthauiſchen Artillerie werden aber
nach dem
Abſterben oder Avancement des jetzigen nur
30000 Gulden,
ſo wie die Generals der Kron-Artillerie,
aus dem
Litthauiſchen Schatze erhalten.
Die Chargen der General-Jnſpecteurs in Litthauen
werden, nachdem
ſie vacant geworden, ſo wie die in
der Krone,
aufhoͤren.
Zweyen General-Lieutenauts iſt jedem 18000 Gulden,
und 4
General-Majors iſt jedem 12000 Gulden
jaͤhrlich
veſtgeſetzt.
Nach eingegangenen Berichten von der Rußiſchen
Armee hat
ſich der General Suwarow, der erhaltenen
Ordre zufolge, nach
dem Vorfall bey Fockſan, wieder
von dem Coburgſchen
Corps getrennt, und ſich zur
Armee des Prinzen von Repnin
gefuͤgt, gegen den der
Großvezier mit ſtarken
Schritten avancirt, da es denn,
allem Anſehen nach, bald zu
einer Bataille kommen
duͤrfte.
Ehegeſtern ſoll Nachricht eingegangen ſeyn, daß
ein
Corps Ruſſen dem Koͤnige von Schweden in den
Ruͤcken
gekommen waͤre, wovon nun die Folgen zu
erwarten
ſind.
Der Fuͤrſt Primas wird zur Herſtellung ſeiner
Ge-
ſundheit in die Baͤder gehen, man ſagt auch
nach Rom.
Die innerlichen Unruhen in Pohlen ſind jetzt voll-
kommen wieder
geſtillt. Die große Thaͤtigkeit des
Herrn General-Majors
von Bielhak und des Herrn
Majors von Liszewski haben mit ihren
Cavallerie-De-
taſchements nicht wenig dazu beygetragen.
Neu-Fahrwaſſer, den 18
Auguſt.
Der nach Stockholm beſtimmte Pohlniſche
Geſandte,
Herr von Potocki, hat ſich ein eigenes Schiff
fuͤr
200 Ducaten gemiethet, um mit ſelbigem nach
Stock-
holm abzugehen.
Straßburg, den 22 Auguſt.
Hier iſt nun die Ruhe wieder hergeſtellt. Das Re-
giment
Heſſen-Darmſtadt, welches wegen einiger mit
den
uͤbrigen Regimentern der hieſigen Garniſon
gehab-
ten Streitigkeiten, aus der Stadt gezogen war, iſt
am
17ten dieſes mit aller Ehre und Pracht wieder
einge-
zogen, und am 20ſten hat die ganze Garniſon der
Na-
tion, dem Koͤnige und den Geſetzen einen neuen
Eid
der Treue geſchworen.
Herr von Axter iſt hier angekommen. Er floh vor
3000 Bauern, die
gegen Offenburg anmarſchirten, um
Papiere zu holen, die
ſie intereßiren. Die Thore von
Offenburg ſind
geſchloſſen.
Frankfurt, den 25 Auguſt.
Jn Muͤmpelgardt, wo die Wuͤrtembergiſchen
Unter-
thanen auch unruhig waren, iſt durch die weiſe
Ver-
anſtaltung des Herzogs die Ruhe wieder
hergeſtellt.
Die Buͤrgerſchaft zu Landau zwang den
dortigen
Magiſtrat, ihr die Schluͤſſel zur
Kanzeley zu uͤberliefern,
und nun werden die darinn befindlichen
Documente
von einigen faͤhigen Buͤrgern unterſucht.
Die Raths-
herren ſind aller Nebenaͤmter, als
Baumeiſter, Ein-
nehmer, ꝛc. entſetzt.
Jn Genf ſoll ſich der Geiſt des Aufruhrs
abermals
zeigen.
Die ſaͤmmtlichen Staatsſchulden Frankreichs haben
im
Jahr 1788. 5220 Millionen Livres betragen; mit
der letzten Anleihe von
420 Millionen fuͤr die Jahre
1788 bis 1791 betragen
ſelbige 5640 Millionen. Die
Engliſchen
Staatsſchulden betragen nicht voͤllig 5000
Millionen
Livres.
Am 19ten ſind der Prinz von Conde, die Herzoͤge von
Bourbon
und Enghien, ꝛc. mit ihrem Gefolge von
Stuttgardt, wo ſie
der Herzog von Wuͤrtemberg 2 Tage
bewirthet hatte, nach
Schafhauſen abgegangen.
Livorno, den 15 Auguſt.
Die hier vor Anker gelegene Spaniſche Flotte iſt den
12ten
wieder abgeſegelt, und hat, wie man vermuthet,
ihren Lauf nach
Mallaga genommen.
Aus Rom meldet man, die Dreyzehn vereinigten
Staaten von America
haͤtten an den Pabſt geſchrieben,
und ihn
erſucht, daß er fuͤr die in den 13
Provinzen
taͤglich zahlreicher werdende Katholiken einen
Biſchof
ernennen moͤge, wobey ſie dem
Paͤbſtlichen Stuhl das
Ernennungsrecht auf ewige Zeiten
uͤbertragen haͤtten.
Der Pabſt ſoll
dieſes Anerbieten mit vieler Freude an-
genommen, aber
fuͤr dieſesmal das Ernennungsrecht
der
Americaniſchen Geiſtlichkeit uͤberlaſſen
haben.
Breslau, den 26 Auguſt.
Geſtern trafen des Koͤnigs Majeſtaͤt mit Sr.
Koͤnigl.
Hoheit, dem Kronprinzen, uͤber Brieg und
Neiſſe hier
ein. Heute fruͤh hielt der Monarch
uͤber das von
Tauenzienſche und von
Wendeſſenſche Jnfanterie-Re-
giment, wie auch
uͤber das Cuͤraßier-Regiment von
Dolfs, die
Special-Revuͤe.
Der Graf von Luccheſini, Koͤnigl. Geſandte in
War-
ſchau, iſt hier eingetroffen, von da her auch die
beyden
Fuͤrſten von Radziwill, der General Lieutenant
von
Judyky, der General Lieutenant, Graf v. Morewski,
ꝛc.
nebſt einer großen Suite, angekommen ſind.
Auch
befinden ſich der Fuͤrſt Carl Biron aus
Wartenberg,
der Erbprinz von Schoͤnaich Carolath aus
Kuttlau,
der Fuͤrſt von Coͤthen aus Pleß, und eine
große Anzahl
noch anderer vornehmer Cavaliere hier.
Zu Glogau ſind am 22ſten 4 Haͤuſer, das
Domini-
kanerkloſter, die Kirche, das Hoſpital,
nebſt dem
Salon des Koͤnigl. Schloſſes,
abgebrannt.
Berlin, den 29 Auguſt.
Der Courier, Herr Chinetti, iſt aus Venedig hier
eingetroffen.
Der Erbprinz von Oranien hat der Schuͤtzengilde zu
Potsdam, bey
deren diesjaͤhrigen Koͤnigs-Scheiben-
ſchießen
fuͤr Selbigen der naͤchſte Schuß in
die
Stechſcheibe gemacht worden, ein Geſchenk von
20
Friedrichsd’or gemacht, worauf die Schuͤtzengilde
das am
24ſten dieſes eingefallene Geburtsfeſt des
Prin-
zen feyerlichft begangen hat.
Der Schwediſche Courier, Herr Muͤller, iſt
von
Hamburg hier eingetroffen. (Er iſt heute ſchon
wieder
durch Hamburg zuruͤckpaßirt.)
Bey dem neulich erwaͤhnten Gewitter hat der Blitz
auch die
hieſige Sophienkirche getroffen, aber
gluͤcklicher
Weiſe nicht gezuͤndet.
Zu Potsdam iſt der Kriegsrath und Poſtmeiſter,
Herr
Schlinke, im 82ſten Jahre ſeines ruhmvollen
Alters
geſtorben.
Der hier eingebrachte Chriſtian Lenz, welcher ſich
des vor
einiger Zeit zugetragenen Poſtmordes verdaͤchtig
gemacht,
ſitzt auf der Hausvoigtey.
Daß unſer Herr Profeſſor Ramler
jetzt ſeine Mytho-
logie, an der er bereits ſeit vielen
Jahren gearbeitet
hat, herausgiebt, muß der gelehrten Welt gewiß
eine
ſehr erfreuliche Nachricht ſeyn. Sie wird im
Verlage
des hieſigen Buchhaͤndlers Maurer gedruckt, und An-
fangs kommenden Jahrs, mit Kupfern
verſehen, im
Publicum erſcheinen.
(Hierbey folgt eine Beylage.)