Revolution und Gesetzgebung.
Revolution ist Umsturz, Gesetzgebung ist Auf-
bau; Revolution ist thatsächlicher Zustand ohne
Rechtsbasis, Gesetzgebung ist das Ergebniß eines
Rechtslebens im Staate. Darum sollten Beide
stets als Gegensätze erscheinen. Es hat wohl
Fälle gegeben, bei denen man sagen konnte, daß
die Gesetzgebung, sei es durch Unterlassen oder
durch Handeln, die Revolution herbeiführte, aber
nie wird man mit Beifall der Vernunft und des
Rechtes sagen mögen, die Revolution sei ein
rechtliches Mittel, Veränderungen im Staate her-
beizuführen; denn das dem Staate Entgegenge-
setzte, das den Staat Aufhebende, kann unmög-
lich zu den Faktoren gezählt werden, welche den
Staat erhalten. Andern Standpunkt wählen die,
welche in der Revolution einen Rechtsfactor des
Staates erblicken. Allein es gibt zweierlei Ar-
ten der Revolution oder des Umsturzes, von de-
nen die eine für den Moment unerträglicher sich
darstellt als die andere, dies aber doch nicht ist.
Alle Revolutionen, aller Umsturz ist und bleibt
gefährlich, aber der gefährlichste, vernunftwidrigste,
unheilvollste ist der, welcher durch Gesetze ge-
schieht; denn wo das Recht den Unsinn und das
Unrecht heiligt, da ist der gründlichste Umsturz.
Von jeher waren selbst die Revolutionsmänner
bemüht, ihrem bösen Treiben die Rechtsform an-
zudichten, und solche Verfahren hat die Recht-
lichen aller Zeiten am meisten empört. Als man
den unglücklichen Ludwig XVI. unter scheinbarer
Beachtung einer gerichtlichen Form mordete, da
empörte gerade diese Art des Verfahrens doppelt.
Als der Taumel des Jahres 1848 seine Satur-
nalien feierte, da war für die das Recht ehrende
Männer am Traurigsten, daß die Demagogen
sich auf die Form des Rechtsweges zu spielen
suchten. Es war dies wahrhaft widerlich, und
die Regierungen mögen sich hüten vor Gesetzen,
welche nichts weiter bezwecken, als ein Fesseln
der Vernunft, des Rechts, der Gottesfurcht, ein
Ausroden von ehrwürdigen Grundlagen der Ge-
sellschaft; mit dem Ehrenkleide von Recht und
Gerechtigkeit angethan, sollte nach dem Willen
der Demagogie das Unrecht einhergehen und die
Lüge verewigt werden. Will man Beispiele, so
lese man einen großen Theil der Satzungen von
damals. Gott hat von solcher heillosen Verfüh-
rung Seitens der Demagogen die Staaten und
Regierungen in etwas zurückkommen lassen, allein
man würde sich sehr irren, wollte man die Ge-
fahr als beseitigt ansehen, ja, es ist diese um
so größer, je mehr den Förderern der Revolu-
tion vor der Hand kaum etwas Anderes übrig
bleibt, als die Revolution durch die Ge-
setzgebung. Wenn der tolle Pöbel lärmt und
zerstört, da ist der Gegensatz sehr bald gefunden;
wenn aber die Revolution in die Gesetzgebung
sich zu flüchten beginnt, dann arbeitet sie zwar
mit weniger augenblicklichem Erfolge, aber um
so sicherer. Sie greift zur Lüge, um ein Reich
der Lüge aufzubauen, denn nichts als eitel Lüge
und Gaukelspiel ist dieses Reich. Wir wollen
nur einige von diesen Gesetzgebungsphrasen an-
führen. Mit der Organisation der Arbeit sollte
dem Proletariat ein Punkt gegeben werden, wor-
auf dies stehen sollte, um den Führern der Em-
pörung als Hebel dienstbar zu werden. Com-
munismus war eine noch gröber ausgeprägte
Form für Diebstahl und Beraubung. Der Aus-
druck Feudallast sollte alle mögliche Rechte des
größeren Grundbesitzes -- ( die oft nicht im Ent-
ferntesten mit dem Lehn= und Herrschaftswesen
zusammenhängen ) -- zerstören. Freiheit der
Wissenschaft sollte die Zügellosigkeit auf das
Feld der Jntelligenz bringen -- ( denn die wahre
Wissenschaft war nicht gebunden und war frei. )
-- Geschwornengerichte bei politischen Ver-
brechen waren geeignet, nicht nur die Straflosig-
keit zu garantiren, sondern auch den Verbrecher
eine billige Ovation für die wenige Gefahr hof-
fen zu lassen. Breiteste demokratische
Grundlage mit monarchischer Spitze war der
Weg zur grauenvollen ochlokratischen Republik.
-- Die Pflicht der Gesetzgebung ist es, diese
Jrrpfade zu verlassen und nicht zu wähnen, als
wandle sie auf festem Boden, wenn auch der
Krater des Revolutionsvulkans augenblicklich nicht
speit, er raucht noch, und in die Nähe dieses
Rauches soll man die Gebäude der Gesetzgebung
nicht bauen; schon um deswillen nicht, weil selbst
dieser Rauch, dieser Typhos, Jdeen und Begriffe
verwirret. Man untersuche nur mit Unbefangen-
heit, wieviel von jenen sogenannten Fundamental-
begriffen gewachsen, wieviel gemacht sei; man un-
tersuche nur, was man sich unter jenem Feldge-
schrei denkt und man wird die richtige Linie fin-
den. Thut man dies nicht, so hat man, möge
man es glauben oder nicht, mit der Revolution
transigirt; der Vortheil ist auf Seiten der Letz-
tern, sie hat augenblicklich und praktisch nicht
Alles gewonnen, aber grundsätzlich ungeheuer viel;
sie hat sich festgesetzt; sie hat sich in Besitz ge-
bracht, in einen Besitz, den die Menge gläubig
verehrt. Revolution arbeitet durch ihre Gesetze
maschinenmäßig weiter; es hängt Gewicht sich an
Gewicht, der wahre Staat kann zuletzt nicht wi-
derstehen, er hat durch seine Gesetze sich selbst
den Untergang bereitet.
Die Ereignisse in Kurhessen.
Kassel, 27. Sept. Der bleibende landstän-
dische Ausschuß hat heute folgende Zuschrift an
Se. königl. Hoheit den Kurfürsten abgehen lassen:
„Königliche Hoheit! Der von den Ministern Ew.
königlichen Hoheit bei und nach Auflösung der letz-
ten Ständeversammlung betretene Weg hat sich
nach kurzer Zeit schon als ein verfassungswidriger
erwiesen, nur geeignet, Fürst und Land an den
Rand des Abgrunds zu führen. Das hessische
Volk hatte auch, als es dieses vorausgesehen, die
Hoffnung nicht aufgegeben, daß Ew. k. Hoheit end-
lich das Verderbliche des Raths erkennen würden,
dem Sie in jüngster Zeit gefolgt sind. Es hatte
vom Eintritt dieser Erkenntniß die Wiederkehr
einer bessern Zeit erwartet. Es hat sich getäuscht.
Die Verordnung vom 23. d. M. belehrt es, daß
es nicht eine Rückkehr auf der Bahn der Verfas-
sung zu gewärtigen hat, sondern daß auswärtige
Hülfe stattfinden soll, um die Hindernisse zu be-
seitigen, welche die Verfassung selbst ihrem Um-
sturze entgegenstellt. Aber auch jetzt wird das
hessische Volk festhalten an dem Rechte, das jede
Gewalt überdauert. Die Mitwirkung des Bun-
destags ist angerufen oder angenommen worden,
um die Landesverfassung vernichten zu helfen; des-
selben Bundestags, der in 33jähriger Wirksam-
keit sich die deutsche Nation mehr und mehr ent-
fremdet hat, der den deutschen Fürsten Hoffnungen
auf einen Schutz erweckt hat, den er in der Stunde
der Prüfung nicht zu leisten vermochte; der dann
unter Mitwirkung Eurer königlichen Hoheit wie
aller deutscher Regierungen sein Ende gefunden
hat, und nach amtlicher, von den dermaligen Vor-
ständen der kurfürstlichen Ministerien der Justiz,
des Jnnern und des Aeußern den Landständen ge-
gebenen Erklärung ohne der letzteren Zustimmung
nicht wieder soll ins Leben treten können. Dieser
Bundestag taucht wieder auf, obgleich ihn die
Nation verwirft, obgleich ihn die Mehrzahl der
deutschen Regierungen nicht anerkennt. Er macht
die alten Ansprüche und Eingriffe den verpfände-
ten Worten zum Trotz, daß er nicht zu den frü-
heren Zuständen und Formen zurückkehren, son-
dern im Gegentheil nur zu einer den Bedürfnissen
der Zeit entsprechenden Neugestaltung gelangen
wolle. Er verläßt selbst den Boden des Bundes-
rechts, der Garantien nicht achtend, die sogar die-
ses in dem im Jahre 1834 eingesetzten Schieds-
gerichte den Landständen hatte gewähren wollen.
Und dieser Bundestag wird von Kurhessens Re-
gierung anerkannt, ihren bestimmtesten Versicher-
ungen zuwider! Die aufgelöste Ständeversamm-
lung hat gegen diesen neuen Bundestag feierlich
protestirt, dem bleibenden landständischen Aus-
schuß liegt nur ob, diesen Protest gegenüber je-
dem Anrufen oder Einschreiten desselben zu er-
neuern. Das Ansehen der Regierung Ew. k.
Hoheit ist gefährdet, nicht durch die Landstände,
nicht durch die Behörden, nicht durch das Volk,
sondern durch Rathgeber, die die Verfassung ver-
kennen oder mißachten. Auswärtige Hülfe kann
nur geeignet sein, dieses Ansehen mehr und mehr
zu schmälern. Das Einschreiten des Auslandes
besteht nicht zu Recht, es wäre, wenn statthaft,
doch unnöthig. Es wird darauf zu stützen ge-
sucht, daß die Ständeversammlung die erforder-
lichen Mittel zur Führung der Regierung ver-
sagt habe. Dieses ist jedoch nicht der Fall. Es
ist den Landständen kein Budget vorgelegt wor-
den, auch nicht ein provisorisches; es ist sowenig
in dem vorgelegten Entwurfe eines Gesetzes über
Fortverwilligung der Steuern als in dessen Mo-
tiven auch nur mit einer Sylbe des Bedürfnisses
alsbaldiger Verwendung derselben gedacht wor-
den, es ist nicht entfernt versucht worden, den
Bedingungen zu genügen, welche §. 144 der
Verfassungsurkunde an eine jede Steuermehrfor-
derung klar und unzweideutig knüpft. Es ist zwar
gesagt worden, daß durch Bezugnahme auf das
letzte Budget die Erforderlichkeit der demnach zu
erhebenden Steuern und Abgaben hinreichend nach-
gewiesen worden sei. Eine derartige Bezugnahme
findet sich nicht, würde auch nicht geeignet sein,
die der Regierung obliegende Verbindlichkeit zur
Nachweisung des Staatsbedarfs zu erfüllen. Zu-
dem wäre eine solche Bezugnahme ohne alle Be-
deutung gewesen, weil die finanziellen Bedürfnisse
des Jahres 1849 so außergewöhnlicher Art waren,
daß gerade regierungsseitig bei Vorlage des da-
maligen Budgets ausführlich den Landständen ent-
wickelt wurde, es könne dasselbe für die Folge
nicht maßgebend sein. Das Verhalten der Land-
stände hat nicht darauf hingezielt, der Regierung
die Mittel zur Bestreitung der erforderlichen Aus-
gaben zu entziehen, vielmehr hat, wenn es wirk-
lich an diesen Mitteln fehlt, die Regierung selbst
sich ihrer beraubt. Denn sie hat im Monat Juni
d. J. die vorletzte Ständeversammlung aufgelöst,
ohne ihr nur die geschäftsordnungsmäßige Zeit
zur Berathung der Steuervorlage zu gönnen. Sie
hat die letzte Ständeversammlung, die erst am
26. vorigen Monats berufen wurde, gedrängt,
bis spätestens zum 31. über die Steueranfor-
derung zu beschließen, und sie somit hinsichtlich der
Zeit der Erwägung eben so sehr beschränkt, wie
sie dieselbe hinsichtlich des materiellen Bedürfnisses
der erhobenen Anforderung jeden verfassungsmä-
ßigen Anhalts baar gelassen hat. Wenn dennoch
in einem Falle der landständische Ausschuß, im
andern die Ständeversammlung es über sich ge-
nommen haben, die Forterhebung der indirekten
Steuern vor deren näherer Begründung zu ge-
nehmigen, so haben sie damit fast mehr gethan,
als zulässig sein mochte. Die letzte Ständever-
sammlung blieb, als sie der Verwendung der in-
direkten und der Erhebung der direkten Steuern
Anstand gab, der näheren Nachweisung des Be-
darfs derselben gewärtig. Es war dieses eine
gerechte Erwartung, der innerhalb weniger Tage
zu genügen gewesen wäre. An Ew. Königlichen
Hoheit Ministern war es, die deshalb nöthigen
Vorlagen noch zu machen, es hatten dieselben da-
zu Zeit, denn es standen ihnen, wie die Erfahrung
bewiesen hat, nicht nur noch Mittel zu Gebot,
um für den Monat September die nothwendigen
laufenden Ausgaben zu bestreiten, sondern sogar
um eine außerordentliche Truppenaufstellung zu er-
möglichen. Die Minister haben es vorgezogen,
in Ew. Königlichen Hoheit den Glauben zu er-
wecken, es habe eine Steuerverweigerung statt ge-
funden. Dieselben haben auf diese grundlose Be-
hauptung hin jene Auflösung der Ständeversamm-
lung beantragt, deren Folgen schwer auf dem Lande
lasten. Mögen Ew. k. Hoheit das Vorgestellte
genau würdigen und die Ueberzeugung wird nicht
ausbleiben, daß in den unzeitigen zweimaligen Auf-
lösungen der Ständeversammlung die Ursachen der
Verlegenheiten zu finden sind, die Ew. k. Hoheit
mit dem ganzen Lande zu beklagen haben. Und
doch sind diese Verlegenheiten noch immer nicht
der Art, um nicht bei redlichem Willen leicht über-
wunden werden zu können. Dem kurhessischen
Staate stehen reichliche Quellen der Einnahme
neben den Steuern zu Gebote, sie fließen in jetzi-
ger Jahreszeit am ergiebigsten. Sie werden hin-
reichen, um die nothwendigen Ausgaben der Re-
gierung so lange zu bestreiten, bis eine neue
Ständeversammlung zusammentreten kann. Sollten
Ew. k. Hoheit dieses bezweifeln, so geruhen Sie,
die pflichtmäßigen Berichte der betreffenden Be-
hörden darüber einzuziehen, die es wenigstens für
den Fall werden bestätigen können, daß die Mini-
sterien sich der bereits anempfohlenen Sparsamkeit
befleißigen. Ew. k. Hoheit haben schon die Wahl
einer neuen Ständeversammlung verordnet, in we-
nigen Wochen kann dieselbe zusammentreten. Un-
ter deren Mitwirkung kann der ordnungsmäßige
Gang des Staats erhalten bleiben ohne jede Aus-
nahmsmaßregel. Wir haben nicht unterlassen wol-
len, dieses Ew. k. Hoh. noch vorzustellen, um zu
zeigen, daß es nur verfassungstreuer Rathgeber
bedarf, um die Regierung ohne Schwierigkeiten
auf den Boden der Verfassung und der Gesetze
zurückzuführen. K. Hoh. beherzigen Sie Dieses!
noch ist es Zeit zu erwägen, ob in Kurhessen
fremde Gewalt treten soll an die Stelle von Recht
und Gesetz! Ehrerbietigst verharret Ew. k. Hoheit
der bleibende landständische Ausschuß. Namens
desselben dessen Vorstand: Schwarzenberg. Kassel,
am 26. September 1850.
Kassel, 27. Sept. Staatsrath Scheffer soll
sich geweigert haben, bei der Bildung eines neuen
Ministeriums sich zu betheiligen. Derselbe hat
Wilhelmsbad wieder verlassen. Obersinanzraht
Zuschlag hat der Aufforderung, nach Wilhelms-
bad zu kommen, bis jetzt noch keine Folge gege-
ben; man sagt, er werde seine Entlassung ein-
reichen. Heute Morgen hatte das Oberappella-
tionsgericht eine erst gestern Abend spät ange-
sagte Sitzung, zu welchem Zwecke ist unbekannt.
Auch der landständische Ausschuß hielt heute eine
Berathung.
Kassel, 27. Sept. Polizeikommissär Müller
ist seiner Haft entlassen, das Jnstruktionsverfah-
ren gegen ihn wird indeß fortgesetzt. Die Ent-
lassung ist die Folge einer durch das Justizmini-
sterium veranlaßten Beschwerde der Staatspro-
curatur.
Kassel, 28. Sept. Soeben erfahre ich aus
zuverlässiger Quelle, daß der Finanzminister
Hassenpflug an die Hauptstaatskasse den Befehl
hat ergehen lassen, 44,000 Thlr. an das Kriegs-
ministerium abzuliefern. Zugleich ist der Direk-
tion der Main=Weserbahn die Weisung zugegan-
gen, bis Sonntag einen Extrazug nach Gießen
zur Aufnahme und Beförderung eines Bataillons
abgehen zu lassen. -- Jn Folge eines am 26.
d. M. gefaßten Stadtrathsbeschlusses ist heute
auf Einladung des Hrn. Oberbürgermeister Hart-
wig ein Comite hierselbst zusammengetreten, um
über die geeigneten Mittel und Wege zu bera-
then, die Staatsdienergehalte, deren Auszahlung
unter den obwaltenden Umständen beanstandet
werden möchte, gegen Cession der betreffenden
Ansprüche vorzuschießen. Das Comite besteht
aus den Herren Oberbürgermeister Hartwig,
Bürgermeister Henkel, Geheimrath Koch, Ban-
quier Pfeiffer, Obergerichtsanwalt Alsberg, Ober-
gerichtsanwalt Dr. Harnier, Obergerichtsanwalt
v. Schlemmer, Kaufmann Knappe, Fabrikant Eg-
gena, Oberpostmeister Nebelthau, Obergerichts-
anwalt Fr. Oetker, und wird alsbald einen Auf-
ruf erlassen.
( N. H. Z. )
Wilhelmsbad, 28. Sept. Die „Kasseler Zei-
tung “ enthält die nachfolgende Erklärung: „Die
gestrige „Frankfurter Oberpostamtszeitung“ ( wie
das „Frankfurter Journal“ und die „Deutsche
Zeitung“ ) bringt eine telegraphische Depesche, wo-
nach eine an den kgl. Geschäftsträger am kurfürst-
lichen Hofe, Hrn. v. Thiele, gerichtete preußische
Note, vom 23. Sept. 1850, den Widerstand des
kurhessischen Volks als einen legalen und das Un-
ternehmen des kurfürstlichen Ministeriums als Ver-
fassungsbruch bezeichne; dies sei als Ansicht des
preußischen Gouvernements mitzutheilen und schließe
sich daran die Mahnung zur Rückkehr auf den
verfassungsmäßigen Weg. -- Die Unwahrschein-
lichkeit dieser Angaben leuchtet bei nur einigem
Nachdenken von selbst ein, und nur für die mehr
befangenen Gemüther können wir die bestimmte
Versicherung für nöthig halten und hiermit abge-
ben, daß die kurfürstliche Regierung eine preu-
ßische Note obigen oder dem ähnlichen Jnhalts
nicht erhalten hat.“
Wilhelmsbad, 28. Sept. Heute geht siche-
rem Vernehmen nach die Denkschrift der Staats-
regierung über die kurhessischen Wirren an die
sämmtlichen resp. Höfe ab; die Denkschrift wurde
sehr beeilt, da man auswärts den Verlauf der
Wirren nur nach den Berichten der hessischen Op-
positionspresse zu beurtheilen scheint. Die Denk-
schrift macht mit Beilagen etwa 17 Druckbogen
aus.
( Kass. Z. )
Fulda, 27. Sept. Gestern Abend durchzo-
gen starke Patrouillen die Stadt; die Weisung
des kommandirenden Unteroffiziers lautete: „in
allen Gast= und Wirthshäusern sich nach fremden
Soldaten zu erkundigen.“ Was dieses Manöver
bedeuten soll, weiß hier niemand.
( Han. Z. ) Deutschland.
Aus Frankfurt, 25. Sept., wird der „N. M.
Z.“ geschrieben: Es scheint, daß die in den Ber-
liner Blättern schon laut gewordenen preußischen
Prätensionen in der kurhessischen Angelegenheit
wirklich sich geltend machen wollen. Wie mir
aus gut unterrichteter Quelle versichert wird, ist
vorgestern dem kurfürstlichen Ministerium zu Wil-
helmsbad eine Note des preußischen Kabinets,
Berlin, vom 21. datirt, zugekommen, in welcher
es im Wesentlichen heißt: Man habe zu Berlin
in Erfahrung gebracht, daß die kurfürstliche Re-
gierung sich nach Frankfurt an die Bundesversamm-
lung um Hilfe und Jntervention in ihrem Con-
flicte mit den Ständen und Behörden des Lan-
des gewendet habe. Es wird nun wiederholt die
Nichtanerkennung der Bundesversammlung als sol-
cher, so wie aller und jeder Beschlüsse u. Schritte
derselben, namentlich auch in der kurhessischen An-
gelegenheit ausgesprochen, und erklärt, das Berli-
ner Kabinet müsse sich, in Rücksicht auf die poli-
tische Stellung sowohl, als die geographische Lage
Kurhessens Preußen gegenüber, seine Entschlüsse
im eigenen Jnteresse, wie im Jnteresse Deutsch-
lands vorbehalten. So wird der Jnhalt der preu-
ßischen Note angegeben, die aber ihren erläutern-
den Kommentar erst durch eine mündliche Erklä-
rung des preußischen Geschäftsträgers am kurhes-
sischen Hofe erhielt, dahin lautend, daß Preußen
ein etwaiges Einrücken von Bundestruppen in
Kurhessen, um dort nöthigenfalls den Beschlüssen
der Bundesversammlung Kraft zu geben und Voll-
zug zu verschaffen, nicht dulden werde. Es ließ
sich erwarten, daß die kurfürstliche Regierung eine
solche Prätension nicht stillschweigend hinnehmen
würde. Es waren von Preußen zwei gleich unzu-
lässige Eventualitäten in Aussicht gestellt. Ein-
mal will es die bnndesgetreuen Regierungen an
der Geltendmachung eines unbestreitbaren Rechts
und an der Erfüllung einer unabweislichen Pflicht,
nemlich der gegenseitigen Hilfeleistung, wenn die-
selbe noth thut und verlangt wird, und des Voll-
zugs der Befehle der obersten Bundesautorität
hindern; auf der andern Seite stellt Preußen eine
unverlangte, daher unberufene und unbefugte Ein-
mischung seinerseits durch Einrücken preußischer
Truppen auf kurhessisches Gebiet in Aussicht. Bei-
des ist, wie gesagt, in jeder Beziehung unzulässig.
Wenn Preußen sich der Erfüllung seiner Verpflich-
tung gegen den Bund entziehen, wenn es dem ge-
setzlichen Organ, der höchsten Behörde desselben
die Anerkennung versagen will, so kann ihm dar-
aus doch unter keinerlei Umständen ein Recht er-
wachsen, die bundesgetreuen Regierungen daran
zu hindern, ihrerseits die ihnen unbestreitbar zu-
stehenden Rechte zu üben, ihre Pflichten zu erfül-
len; noch viel weniger aber kann es sich ein Recht
anmaßen, eine Hilfeleistung aufzudringen, wo solche
nicht verlangt wird, Truppen auf das Gebiet ei-
nes andern deutschen Staates einrücken zu lassen,
ohne daß die Regierung dieses Staates solches
verlangt oder genehmigt. Wenn solches zugelas-
sen würde, so wäre damit faktisch die Unabhängig-
keit der betreffenden Regierung, hier der kurhessi-
schen, in ihren Entschlüssen und Handlungen, die
Souveränetät des Landesherrn mit den daraus
fließenden Rechten und Gewalten desselben, vernich-
tet. Die Zulassung einer solchen Anmaßung, eines
solchen Uebergriffes von Seite Preußens wäre ein
gefährliches Präzedens, es wäre der erste Schritt
zur förmlichen Mediatisirung und Aufspeisung der
sämmtlichen mittleren und kleineren deutschen
Staaten durch Preußen, und die einfachste Weise
die Verwirklichung jener bekannten Jdee eines
Großpreußens, das man zu Berlin so gerne an
die Stelle eines großen mächtigen Deutschlands
setzen möchte. Als im Mai vorigen Jahres preu-
ßische Truppen in Sachsen einrückten, um dort
zur Erdrückung des Aufstandes mitzuwirken, ge-
schah es mit der Zustimmung des Landesherrn
und seiner Regierung, welchen die durch die Bun-
despflichten gebotene Hilfe geleistet wurde. Ebenso
in Baden. Darum fiel es auch weder Oesterreich
noch irgend einer anderen deutschen Regierung ein,
Einsprache dagegen zu erheben. Anders aber ist
es im gegenwärtigen Falle mit Kurhessen, wo es
dem Kurfürsten wie jedem anderen Gliede des
deutschen Bundes freistehen muß, Hilfe da zu
verlangen, wo es ihm angemessen dünkt. --
Der obersten Bundesbehörde allein, welche die
Pflicht hat über Ruhe und Aufrechthaltung der
gesetzlichen Ordnung im Jnnern wie über die
äußere Sicherheit Deuschlands zu wachen, stünde,
selbst wenn ihr Dazwischentreten nicht angerufen
würde, nicht nur das Recht, sondern selbst die
Pflicht zu, dasselbe eintreten zu lassen, sobald
das Jnteresse, die Sicherheit des ganzen Bundes
es erforderte. Nimmermehr aber kann ein ein-
zelner Staat eine solche Befugniß für sich in An-
spruch nehmen oder gar üben wollen. Es wäre
dies die schreiendste Rechtsverletzung, die maßlo-
seste Willkür. Wenn demnach die kurhessische Re-
gierung, wie ich höre, durch eine Note vom 23.
sich von vornherein gegen jede unverlangte, daher
ihr aufgedrungene preußische Hilfeleistung verwahrt
hat, so hat sie dadurch nicht blos das eigene Recht
und Jnteresse, sondern zugleich das aller anderen
deutschen Bundesglieder gewahrt, indem sie einem
Prinzip entgegengetreten ist, dessen Zulassung die
gefährlichsten, heillosesten Folgen für ganz Deutsch-
land, dessen Untergang zur Folge haben müßte.
△ Freiburg, 27. Sept. Heute sind eine An-
zahl Hohenzollern'scher Soldaten hier eingetroffen,
um unter die im Großherzogthum liegenden kgl.
preußischen Truppen eingereiht zu werden. Ei-
nige, welche dem hier liegenden Regimente zuge-
theilt worden sind, werden hier verbleiben, die an-
dern morgen ihre Reise an ihre resp. Bestimmungs-
orte fortsetzen.
Darmstadt, 27. Sept. Die heute erschienene
Nr. 45 des großherzogl. Regierungsbattes enthällt
nachstehendes großherzogl. Edict, die Auflösung
der Ständekammern und die Anordnung neuer
Wahlen betreffend. Ludwig III., von Gottes Gna-
den Großherzog ec. Wir haben auf den Grund
der Artikel 63, 64 und 65 der Verfassungsur-
kunde des Großherzogthums verordnet und ver-
ordnen wie folgt: Art. 1. Die dermalige Ver-
sammlung der Stände des Großherzogthums ist
aufgelöst und die Wirksamkeit jeder der beiden
Kammern der Landstände hört mit der Verkündig-
ung dieses Edicts in denselben auf. Art. 2. Alle
Rechte der in Beziehung auf den dreizehnten Land-
tag stattgefundenen Wahlen sind erloschen. Art.
3. Es sollen sobald als thunlich neue Wahlen an-
geordnet werden. Art. 4. Unser Ministerium des
Jnnern ist mit der Vollziehung dieses Edicts be-
auftragt. Urkundlich ec. Darmstadt, den 27. Sept.
1850. Ludwig. v. Dalwigk.
Aus Nassau, 26. Sept. Das „Frankfurter
Journal“ wird durch seinen Correspondenten über
die Bornhofer Angelegenheit so rasch bedient, daß
man in Versuchung kommt, denselben auf dem
herzogl. Kreisamte Nassau zu suchen. Am 16.
d. M. dekretirt das herzogl. Kreisamt Nassau auf
das Gesuch der Redemptoristen um Gestattung
des temporären Aufenthaltes, daß diesem Gesuche
nicht zu willfahren sei, „weil die Bittsteller kirch-
liche Handlungen vornehmen wollten, dies aber
von auswärtigen im Herzogthum nicht geprüften
und von der zuständigen Staatsbehörde nicht an-
gestellten Geistlichen nach der bestehenden Gesetz-
gebung unzulässig sei,“ und droht gewaltsame
Ausweisung, welche der Bürgermeister zu Camp,
ein sehr gelehriger Jünger der „Freien Zeitung“
und williger Handlanger des Kreisbeamten bei
den Maßnahmen gegen die Redemptoristen, un-
term 21. auf den 25. ankündigt. Diese Expedi-
tionsverspätung nicht erwartend, sondern die als-
baldige Ausführung des Hattischerifs mit voller
Sicherheit annehmend, meldet der Correspondent
des „Frankfurter Journals“ triumphirend: „Die
Redemptoristen haben sich am 17. d. vor den nas-
sauischen Landjägern nach Preußen geflüchtet.“
So schnell ist es nun freilich nicht gegangen; auch
haben die Redemptoristen alsbald gegen die kreis-
amtliche Decretur den Recurs an das Ministe-
rium angezeigt, welchen der Herr Bischof ausfüh-
ren wird. Ob sich der Kreisamtmann dadurch
abhalten lassen wird, seinen Proscriptionsbefehl in
Kraft zu setzen, wäre es auch nur, um eine zweite
rettende That im Herzogthum Nassau vollbracht
zu haben, wage ich allerdings nicht zu behaupten,
nachdem derselbe die ihm durch § 28 der Amts-
verwaltungsordnung auferlegte Pflicht darüber
zu wachen, „daß allen Religionsgesellschaften
die freie und ungestörte Ausübung ihres Be-
kenntnisses gesichert und gegen ungesetzliche Be-
hinderungen der erforderliche Schutz gewährt werde“
so verstehen zu dürfen scheint, daß er die Prie-
ster der katholischen Kirche nur dann Messe le-
sen, die Sakramente ausspenden und das Evan-
gelium predigen läßt, wenn sie sich gegen ihr
Bekenntniß die Vollmacht dazu nicht vom katho-
lischen Bischofe, sondern von ihm, dem Kreisbe-
amten, auswirken. Für den Fall, daß des ein-
gelegten Recursus ungeachtet die Redemptoristen
von Bornhofen ausgewiesen würden, werden die-
selben sich in einen der benachbarten Flecken,
welche ihnen das Gemeindebürgerrecht geschenkt
haben, zurückziehen und dort die Verleihung des
nassauischen Staatsbürgerrechts resp. die Ministe-
rial=Entschließung auf den ergriffenen Recurs ab-
warten. Der Wallfahrtsgottesdienst wird für
diese Zwischenzeit unterbrochen sein, da das bi-
schöfliche Ordinariat verfügt hat, daß vom Au-
genblicke eines der angerufenen Ministerial=Ent-
scheidung vorgreifenden gewaltthätigen Einschreitens
gegen die Wallfahrtspriester durch das Kreisamt oder
den radicalen Bürgermeister zu Camp in der
Wallfahrtskirche zu Bornhofen aller und jeder
nicht von jenen verrichtete Gottesdienst unter Stra-
fe von selbst eintretender Suspension des dagegen
handelnden Priesters zu unterbleiben habe. Diese
Verfügung ist es wohl, welche das „Frankfurter
Journal“ in eine Excommunicationssentenz umge-
wandelt, mit überraschender Schnelligkeit in seinem
letzten Tagesberichte über Bornhofen angezeigt hat.
-- Natürlich sehen die Katholiken des ganzen Lan-
des der Ministerial=Entschlinßung mit größter Span-
nung entgegen. Bis jetzt haben schon vierzehn
Gemeinden die Redemptoristen als Bürger aufge-
nommen, und bereits von drei Decanaten hat die
Geistlichkeit dem Herrn Bischif für die Berufung
derselben in einer Adresse gedankt. Gewiß wird
das Ministerium hierauf mehr Rücksicht nehmen,
als das Kreisamt Nassau, für welches eine an-
dere Gesetzgebung zu bestehen scheint, als die im
Nassauischen Verordnungsblatte publicirte, welche
nach einer früheren Mittheilung in diesen Blättern
nichts von einer Staatskirche, also consequent auch
nichts von einer Anstellung der Diener irgend ei-
ner Kirche, am Wenigsten derer der katholischen,
durch die Staatsbehörde etwas weiß. ( M. Z. )
Dresden, 25. Sept. Jn Zittau sind von 6
Handwerksgesellen, die sich am vorjährigen Mai-
aufstande betheiligt hatten, 5 zur Todesstrafe und
einer zu 20jährigem Zuchthaus verurtheilt wor-
den. -- Die wegen Theilnahme an der Maiin-
surrektion vorigen Jahres in Haft befindlichen
Bürgermeister Tzschukke und Lehrer Thürmer in
Meißen sind in erster Jnstanz Ersterer zu5 3 / 4 -
jähriger, Letzterer zu lebenslänglicher Zuchthaus-
strafe ersten Grades verurtheilt worden.
Schwerin, 24. Septt Von den Mitgliedern
der ehemaligen Linken wird heute Abend folgende
Erklärung durch die „Schweriner Zeitung“ ver-
öffentlicht: Am 10. Oktober 1849 ward die zwi-
schen dem Großherzog und der Abgeordnetenver-
sammlung vereinbarte Verfassung als das giltige
Staatsgrundgesetz veröffentlicht. Der Großherzog
hatte bereits am 23: August v. J. gelobt, das-
selbe treu und unverbrüchlich zu halten. Nicht
minder leisteten die Mitglieder der ersten nach
diesem Grundgesetz berufenen Abgeordnetenkammer
das in demselben vorgeschriebene Gelöbniß, die
Verfassung treu zu beobachten und zu bewahren.
Einem Zweifel an der Giltigkeit dieser Verfas-
sung war auf keiner Seite Raum gelassen, und
dieselbe stand unlängst in anerkannter Wirksam-
keit, als ein von dem Großherzog eingeholter
Schiedsspruch und eine auf diesen Schiedsspruch
gegründete Verordnung des Gesammtministeriums
vom 14. d. M. das Staatsgrundgesetz vom 10.
Oktober 1849 für aufgehoben erklärte. Durch
unser Gelöbniß an die Verfassung des Landes
gebunden und zur treuen Beobachtung und Be-
wahrung derselben verpflichtet, konnten wir jener
Ministerialverordnung eine rechtliche Wirkung nicht
beilegen. Wir erschienen daher nach der uns bin-
denden Vorschrift des §. 99 des Staatsgrund-
gesetzes ohne Einberufung in Schwerin, um zu
der verfassungsmäßigen Versammlung der Abge-
ordneten am heutigen Tage zusammenzutreten. Die-
ses Zusammentreten ward jedoch durch die von
dem Ministerium über uns verhängten landkundi-
gen Gewaltmaßregeln der Polizei zu einer that-
sächlichen Unmöglichkeit. Der Gewalt hatten wir
nichts entgegenzusetzen als unser Recht. Wir
scheiden von Schwerin mit dem Bewußtsein, nichts
unterlassen zu haben, um unserm Worte und un-
serer Pflicht zu genügen. Verwahrende Erklärun-
gen an das Ministerium hielten wir für unnütz.
Die Thatsachen bekunden auch ohne Worte, daß
wir das Staatsgrundgesetz vom 10. Okt. 1849
für rechtlich aufgehoben nicht erkennen. Ostorf
bei Schwerin, den 24. Sept. 1850. Chr. Wil-
brandt. Napp. Raber. Mecklenburg. Genzke. F.
Wendt. Wenzlaff. Reinhard. R. Josephy. Möller.
E. Türk. S. Schnelle. J. Reding. Modes. Heussi.
J. Ritter. J. C. W. Beutler. M. Wiggers. Ju-
lius Wigners. H. Zesch. J. H. Nevermann. M.
B. Aarons. H. F. Deiters.
Linz, 26. Sept. Die kathol. Versammlnng
fährt fort, ihre öffentlichen und geschlossenen Sitz-
ungen zu halten. Die Redner in der ersten Abend-
versammlung, Professor Michaelis aus Paderborn,
Licentiat Wick aus Breslau, Michaelis aus Lu-
xemburg, Moufang aus Mainz dürfen wohl selbst
zu den ersten Kanzelrednern Deutschlands gezählt
werden. Es schien uns, als sei ihnen auch be-
gegnet, was der Prophet des alten Bundes spricht:
der Engel habe ihre Lippen mit glühender Kohle
gereinigt, so strömte das Feuer der Beredsamkeit
von ihren Lippen. Wick sprach über die großen Lügen
der Zeit, Michaelis schilderte mit Rührung u. Be-
wegung die Schicksale des verbannten Bischofes Lau-
rent, der der freimaurerischen Partei in Luxem-
burg das Feld räumen mußte, und wie ihn das
ganze Volke jetzt reklamire. Jch brauche Jhnen
nicht weiter zu sagen, daß dieß derselbe Michaels
ist, der die Verbannung und Gefangenschaft des
großen Clemens August getheilt hat. Moufang
verbreitete sich über die bereits im Leben ersicht-
lichen wohlthätigen Folgen des katholischen Ver-
einslebens. Dr. Maierhofer, Arzt aus Krems-
münster, hielt einen höchst interessanten Vortag
über den Lebensmagnetismus, Dr. Sepp über die
Großthat einer katholischen Politik, nämlich die
Freilassung der Kirche in Oesterreich, und über
die Nothwendigkeit eines näheren Aneinander-
schlusses zunächst der Bayern und Oester-
reicher, solle das deutsche Vaterland aus den
Stürmen der jüngsten Jahre glücklich hervorgehen,
und nicht die Beute norddeutscher Anmaßung wer-
den; Graf Stolberg erklärte sich über die hohe
Bedeutung der Bonifacius=Vereine, deren Vor-
stand er selbst ist, Legationsrath Lieber aus Nassau
zog eine interessante Parallele zwischen dem Wir-
ken der politischen Vereine und obendrein der
Frankfurter Nationalversammlung und den katho-
lischen Vereinen, Buß eiferte für die Nothwendig-
keit der katholischen Associationen, als das einzige
Mittel, die Gesellschaft zu retten. Heinrich aus
Koblenz, selber noch im angehenden Jünglingsal-
ter, über die Nothwendigkeit, die Jugend auf bes-
sern Weg zu bringen, was um so ergreifender
war, als sich im Redner eine wahrhaft reine
katholische Jünglingsseele aussprach. Maler Stolz
aus Jnspruck sprach über die Nothwendigkeit,
die Kunst in dem Bereich der Kirche zu erhalten.
Dr. Merz aus München redete über die Noth-
wendigkeit, mit dem Schwert der Wissenschaft
die Gegner aus dem Felde zu schlagen, und über
die Pflicht, den Schulen aufzuhelfen. Endlich
schloß Herr Jörg aus München mit einem Vor-
trag über das geistige Proletariat in unserer Zeit,
welches sich in Salons und Caffeehäusern herum-
treibe, aus verkommenen Schreibern, Studenten,
Praktikanten und Adspiranten, angehenden Beam-
ten und Aerzten recrutire, und die ständige Re-
volutionsarmee bilde. Die meisten Vorträge
schlossen mit gewaltigem Applaus des zahlreichen
Auditoriums. Gestern war auch eine allgemeine
Versammlung im hiesigen Volksgarten, der ein
Ausflug in die Umgegend folgte. Eben begin-
nen heute wieder die Sitzungen. Gott gebe, daß
der Eindruck ein nachhaltiger bleibe, und segne
und mehre die Wirksamkeit der katholischen Vereine.
( A. P. )
Berlin, 27. Sept. Wie die „N. Pr. Ztg.“
hört, wird der neue Minister der auswärtigen
Angelegenheiten, Hr. v. Radowitz, die von ihm
für die Zukunft einzuhaltende Politik baldigst in
einer Circulardepesche an die sämmtlichen Gesandt-
schaften darlegen. -- Die Gerüchte von einer
weiteren Veränderung im Ministerium entbehren,
wie dasselbe Blatt behauptet, vorläufig jeder Be-
gründung.
Frankreich.
Paris, 26. Sept. Die Geschichte der Reise
L. Napoleon's in den Osten und Westen von
Frankreich ist jetzt erschienen. Der Verfasser, Bar-
rail, gibt als Zweck seines Buches an, daß das-
selb diese Zusammenkunft und den Händedruck,
den das französische Volk und Napoleon gewech-
selt, heiligen solle. -- Die französische Akademie
hat in ihrer heutigen Sitzung ihr Bureau erneu-
ert. Guizot ist zum Direktor und Pouqueville
zum Kanzler ernannt worden. -- Ein Sohn des
Ministers Baroche, bisher im Ministerium des
Auswärtigen angestellt, geht jetzt als Gesandt-
schaftssekretär nach Madrid. -- Ueber die Unter-
drückung des „Peuple de 1850“ ist nachzutragen,
daß das Zuchtpolizeigericht zu dieser Maßregel
durch eine vom öffentlichen Ankläger gegen die
drei verantwortlichen Herausgeber des Journals
erhobene Anschuldigung veranlaßt ward. Diese
lautete dahin, daß die Herausgeber bezüglich des
Cautionsgeldes eine falsche Erklärung abgegeben
hätten, indem sie nemlich angaben, daß dasselbe ihr
eigenes persönliches Eigenthum sei, während doch der
größere Theil dem von den Actionären aufgebrachten
Kapital entnommen war. Das Gericht entschied, daß
eine falsche Erklärung abgegeben worden sei, verurtheilte
jeden der drei Angeklagten zu 3000 Frs. Geldstrafe
und verfügte, daß das Journal nicht mehr er-
scheinen dürfe. -- Die zu Lyon wegen Errichtung
einer geheimen Gesellschaft unter dem Namen
„Mutuellisten“ angeklagten Personen sind vom
Kriegsgerichte freigesprochen worden. Sie erklärten,
daß sie Freunde der Ordnung seien und nicht ent-
fernt eine gesetzwidrige Handlung beabsichtigt hät-
ten. -- Die halbamtlichen Blätter melden ganz
kurz, daß Persigny, den man beschuldigt, daß er
der Anstifter des Artikels „Was der Präsident
will“ sei, mit einer Mission beauftragt, Paris ver-
lassen hat. Worin diese Mission besteht, wird nicht
gesagt. L. Napoleon ergreift von Zeit zu Zeit
diesen Ausweg, um sich dem, seinen Ministern
gegenüber stets compromittirenden, Einflusse seines
vertrauten Rathgebers Persigny zu entziehen. Der
Präsident scheint es nicht über sich gewinnen zu
können, mit einer durch frühere Gemeinschaft der
Unternehmungen und Geschicke ihm aufgebürdeten
Umgebung zu brechen; aber er strebt, so oft er
Gelegenheit dazu findet, seine Unabhängigkeit
wieder zu erlangen und die halb gerissenen Be-
ziehungen zu seiner Regierung und den Füh-
rern der National=Versammlung herzustellen.
Uebrigens ist man von allen Seiten be-
müht, vor dem Wieder=Zusammentritte der National-
Versammlung -- an eine frühere Einberufung
durch die Permanenz=Commission glaubt man schon
nicht mehr -- jeden augenfälligen Bruch zwischen
den verschiedenen Parteien zu vermeiden. Auch
ist die Stimmung dahier bereits wieder eine ganz
ruhige, da die Desavouirungen dem sogenannten
napolonischen Manifest fast seine ganze gegenwär-
tige Bedeutung genommen haben, was fast nicht
minder von dem Rundschreiben Barthelmy's be-
hauptet werden kann. Den Oppositionsblättern,
namentlich der „Union“, gibt heute der Umstand,
daß zu Versailles nach der Revue die Truppen
bewirthet wurden, willkommenen Stoff zu der Be-
hauptung, daß der Präsident durch solche Mittel
die Armee für sich zu gewinnen suche, womit zu-
gleich die angebliche Absicht seiner Anhänger, eine
neue Vermehrung seiner Dotation zu beantragen
in Verbindung gesetzt wird. -- Ein Journal in
Dijon wird wegen einer Rechtfertigung des lon-
doner Attentats auf Haynau gerichtlich verfolgt.
-- Einem Gerüchte zufolge soll in nächster Kam-
mer=Session ein neues Ministerium sofort die Prä-
sidenschafts=Verlängerung beantragen.