* Paris, 3. Juli. Guizot giebt jetzt ein Blatt zu London heraus, den „Spektateur de Londres“. Er zeichnet seine Artikel unter dem Pseudonym „Georges de Klindworth“. Wir geben hier den Schluß seines im „Spektateur“ veröffentlichten Programms:
„Die Fürsten fliehen vom Thron, ohne das Schwerdt zu ziehn, oder verstehn sich zu unmöglichen und schimpflichen Transaktionen. Die Staatsmänner haben weder die Einsicht der Zukunft, noch die Empfindung der Gegenwart, noch den Muth der Vergangenheit. Die Richter bleiben auf ihren Sitzen, nicht mit der stoischen Unempfindlichkeit des Gesetzes, sondern mit der Gleichgültigkeit des Egoismus. Der Priester beugt das Haupt unter eine komödienhafte und höhnische Sympathie, als wenn es ihm erlaubt wäre abzudanken, auch ihm. Die Revolutionäre selbst sind eben so nichtig, eben so ohnmächtig als die blaßen Gegner, die sie bekämpfen. Erbärmliche Parodisten einer andern Epoche umgeben sie mit eitlem Schaugepräng die kindisch gewordene Revolution. Die Ordnungslosigkeit ist heute stationär, zugebraust durch die entgegengesetzten Winde aller Horizonte zugleich. Es ist dies die Stagnation im Sturm.“
Von der Mittelklasse sagt Guizot: „Wenn wir die Mittelklasse betrachten, so begierig überall sich der Gewalt zu bemächtigen, aber zugleich so wenig muthig, so voreingenommen von Privatinteressen und trotz ihrer sogenannten Wissenschaft und dem Schulsystem, so gänzlich entblößt von Urtheilskraft und von politischer Erfahrung, so werden wir nicht verwundert sein, daß sie hier die Macht sich entschlüpfen läßt, daß sie dort nahe daran scheint, sie zu verlieren, und daß sie überall sich überfluthet oder im Schach gehalten fühlt durch den Radikalismus.“
Wie wenig Herr Guizot selbst seine alte Ideologie abgestreift hat, wie wenig er dahin gelangt ist, die politischen Erscheinungen in ihrem Zusammenhang mit den wirklichen Lebensverhältnissen aufzufassen, beweist z. B. folgender Passus:
„Es giebt keine einzige Thatsache, kein einziges Ereigniß, kein einziger politischer Akt, der nicht das Resultat eines Prinzips wäre, eines falschen oder eines wahren Prinzips. So hat z. B. die materialistische Philosophie des 18. Jahrhunderts, lange Zeit geliebkost von allen europäischen Fürsten, den Sturm vorbereitet, in dem die alte französische Konstitution zu Grunde ging und dessen letzte Schläge heute neue Revolutionen im größten Theil des Kontinents hervorbringen.“
Die Times hat einmal mit Recht bemerkt, daß Herr Guizot weder die Industrie, noch den Handel, noch ihre Geschichte kennt. Der ideelle Ausdruck der historischen Bedürfnisse und Bewegungen, ‒ das Prinzip, die Thorie ‒ gelten ihm daher für den Grund dieser Bewegungen und Bedürfnisse. So konnte es kommen, daß dieser Mann lange wähnte, sein System, seine Doktrin, seine Prinzipien ins Werk zu setzen, während er in Wirklichkeit die gegebenen Interessen einer kleiner Fraktion der französischen Bourgeoisie zum Prinzip erhob, und doktrinär verherrlichte.
15 Paris, 3. Juli. Die neuen Thermidorier proskribiren seit acht Tagen und werden noch lange fort proskribiren. So eben ward Grandmenil, der ehemalige Gerant von La Reforme und braver Militärarzt, seit lange in der ersten Reihe der Demokraten, verhaftet; ein reicher Finanzier aus der Rue Hauteville, der das jetzt unterdrückte Blatt „Organisation du Travail“ mit Geld unterstützte, war ihm bereits in den Kerker vorausgegangen; gegen Cabet ist gestern der Verhaftsbefehl unterzeichnet worden, doch hatte Cabet sich wohlweislich auf's Land zurückgezogen, Ribeyrolles Redakteur en chef von La Reforme, sieht täglich einem gleichen entgegen; Lachambaudie, der bekannte Dichter der Demokratie, ist verhaftet. Alle die je mit den Maigefangenen in Berührung gestanden, werden verhaftet. Tag und Nacht ist der lange „Arm der Gerechtigkeit“ in rastloser Bewegung, und er dürfte Personen in diesen Tagen erhaschen, die vor der Mordschlacht in den höchsten Aemtern sich befanden. Unleugbar ist es oft auch persönlicher Haß, der jenen Arm lenkt. ‒ Noch immer erfährt man neue Details über die Heldenthaten der Bourgeois und Mobilgarde. Augenzeugen versichern im vertrauten Gespräche (das Spioniren ist im besten Gange), daß die namenlosesten Ausschweifungen am Sonntage und Montage von den berauschten und aufgehetzten Mobilgarden verübt worden. Im Luxemburger Garten trieben sie 57 Gefangene zusammen, rissen ihnen die Blousen und Hemden in Fetzen zerschlugen ihnen mit Kolben und Fäusten die Gesichter, zerzausten ihnen Haar und Bart, und schossen endlich die Halbnackten und Bluttriefenden in einem Pelotonfeuer an der Mauer nieder; was noch überlebte, verendete unter Bajonettstößen. Wir haben diese 1793ger Exekution nicht gesehen, waren aber Ohrenzeugen des grausigen Geschreis, der dumpfen Schläge und Püffe, und zuletzt der Gewehrsalven; das Ganze mochte dreißig Minuten gedauert haben. Gesehen haben wir mit unsern Augen wie drei Mobile und ein republikanischer Gardist einen blutenden Blousenmann in der im Durchstichsbau begriffenen Straße St. Hyacinth, am Pantheon, bei Armen und Beinen packten, unter Flüchen in ein Loch am Mauerwerk schleuderten und von oben herab todtschossen; chien, va (Hund, geh) schrieen sie ihm nach. Als die kolossale Barrikade im Quartier Latin und XII. Arrondissement, Ecke der Straßen St. Jacques und Mathurins, wo nach Arago's Aussage der Insurgentenhauptmann in einer Unterredung „als Ehrenmann“ sich vorher benommen, gestürmt war, mußten wieder vierzig Ouvriers die Waffen strecken und wurden an der Mauer des gothischen Hotel Cluny erschossen.
So eben erzählt man, auf Frau George Sand werde gefahndet; die Banditenattake der zweiten Legion auf den Volksrepräsentanten Louis Blanc bleibt unbeachtet. In mehrern Hospitälern transportirt das Verwaltungskomite derselben jetzt jeden Blessirten, der des Aufruhrs auch nur verdächtig scheint, in einen besondern Saal, wo ein Wachtposten der Nationalgarde unter einem Oberlieutenant steht; an den Saalthüren paradiren Bourgeois Gewehr im Arm. Wer eine breite Wunde von einem Pflasterstein- und Granatenbruchstück trägt, ist natürlich zum Insurgenten gestempelt. Die Gestalt der Kugeln wird jetzt schriftlich und mündlich bis zum Ekel verhandelt; daß sie oft sehr absonderlich gewesen, bezeugen die Wunden und einzelne Exemplare, z. B. zackig, oder spitzig; aber es ist augenscheinlich daß dies nicht absichtlich geschehen um Todwunden zu verursachen, sondern aus Mangel an Zeit und Kugelgußapparaten. Wenigstens ist so viel klar daß die Wandnägel, die voll Metall gegossenen Fingerhüte, die zusammengerollten Messingdräthe und Ringe von Fenster- und Bettgardinen, die Glaskügelchen aus Halsbändern und die geknäulten Zinn- und Bleistreifen von Dachrinnen aus Nothbehelf verschossen wurden; zumal in den vielen Patronen, die man während des Gefechts unter den Kleidern von Damen und Arbeiterinnen entdeckte, gerade nur gewöhnliche Kugeln waren. Das Gerede endlich von Giftkugeln erweist sich als faktische Lüge; es wird schon durch die materielle Unmöglichkeit entkräftet, Arsenik oder Grünspan in tödtender Dosis auf der Kugel zu befestigen; von Blau- und Schwefelsäure u. dgl. nicht zu sprechen.
Die Geschäfte gehen wieder scheinbar ihren Gang; man sieht weniger Nationalgardenwachen auf der Straße stehen, und das langgedehnte Feldgeschrei: Sentinelle prenez garde à vous, das bisher von Ecke zu Ecke alle 10 Minuten Nachts ertönte, nimmt ab. Unvergeßlich wird aber jedem der Anblick der Stadt in den drei letzten Bluttagen bleiben: kein Wagen, kein Civilreiter, kein Hund, kein Kind auf den Gassen, alle Fenster und Thüren zu, kein Boot auf der Seine, kein Handwerksgeräusch, kein laufendes Brunnenwasser, fast kein Schornsteindampfen. (Die meisten Einwohner mußten wegen Kommunikationsmangel fasten). ‒ So eben kommt die Nachricht, 560 „Räuber“ seien von den Bauern gefangen und hundert auf dem Fleck füsilirt worden; der Rest kommt in die Forts.
8 Paris, 3. Juli. Den Kämpfen der Slawenrace in Böhmen, Ungarn und Polen, folgt man hier trotz unserer innern Gährungen mit sehr aufmerksamem Auge. In Bezug auf die Slawen-Propaganda, versicherte man uns gestern, sei George Sand in den Besitz von Papieren gelangt, welche den von hier verbannten Rus-
sen, M. Bakunin, stark kompromittirten, indem sie ihn als ein Werkzeug oder in jüngster Zeit gewonnenen Agenten Rußlands darstellen, den der größte Theil der Schuld der neuerdings verhafteten unglücklichen polnischen Patrioten treffe. George Sand hat diese Papiere einigen ihrer Vertrauten gezeigt. Wir haben hier nichts gegen ein Slawenreich, aber durch den Verrath der polnischen Patrioten wird es nimmermehr zu Stande kommen.
‒ Flocon, der Exminister, zog bekanntlich am 23. in der Nationalversammlung gegen die Intrigue zu Felde, die im Auslande gegen die Republik gesponnen wurde. Er nannte zwar kein Land, bezeichnete es aber mit den Worten: „á l'étranger“, was lange Zeit mit England gleichlautend hieß. Lord Normanby hat in Folge dessen dem Minister Bastide im Namen Palmerstons eine energische Protestation zugehen lassen, worauf ihm heute unser armer Bastide demüthigst Folgendes antwortet: „Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten an S. Excellenz den Hr. Gesandten von England. Milord. Meine Meinung und diejenige meiner Regierung ist, daß die Regierung J. M. der Königin zu loyal ist, um irgend einen Theil an der Aufwiegelung zu den schrecklichen Ereignissen von Paris genommen zu haben. Ich sehe durchaus nichts Anstössiges darin, daß Sie dieser Erklärung sowohl als Ihrer Note diejenige Veröffentlichung geben, die Sie für passend finden. Ich würde dieß selbst mit um so größerem Vergnügen sehen, als dieß eine neue Probe der gegenseitigen Freundschaftsgefühle wäre, die unsere beiden Regierungen beleben. Ich habe die Ehre zu sein, Milord, Ihr ganz ergebenster
(gez.) Jules Bastide.
‒ Die Theater von Paris haben die Erlaubniß erhalten, ihre Vorstellungen wieder zu beginnen, aber mit der Bedingung, daß der Vorhang um 10 Uhr fällt.
‒ Herr Gornet, der nach der „Gazette des Tribunaur“ fusillirt worden ist, (siehe d. gestr. Ztg.) protestirt heute im „Journal des Dèbats“ gegen diese Verläumdung.
‒ Die „Reforme“ bringt einen Artikel unter der Ueberschrift: „Die Conspiration der Verläumdung.“ Sie zeigt in diesem Artikel vor allem ihre Ohnmacht zu begreifen, wie trotz des allgemeinen Wahlrechts so tragische Konflikte statt haben konnten. Die altrepublikanische Partei ist durch die jüngsten Ereignisse wie vor den Kopf geschlagen; ihre alten Phrasen haben den Sinn verloren; ihre politischen Dogmen zerschellen an den Thatsachen. Wir entfernen aus diesem Artikel alle Stellen, welche nichts als irre Ausdrücke einer über sich selbst erschrockenen Rathlosigkeit sind. Die Reforme beginnt ihren Artikel mit der Auseinansetzung der Gründe, die sie bestimmt haben, seit 10 Tagen schweigend „den Bürgerkrieg mit allen seinen Diktaturen“ an sich vorüberziehen zu lassen. Die freie Sprache war nicht erlaubt; die Polemik konnte überdem die blutende Wunde nur noch weiter aufreißen u. s. w.
„Aber,“ fährt sie fort, „wir wollen nicht, wir dürfen nicht länger die Sache der Gerechtigkeit desertiren, die Rechte des Unglücks und die Pflichten der Presse gegen die Besiegten. Diese schmählichen Saturnalien, die sich vor unsern Augen aufrollen, dieses öffentliche Ausschreien verdächtiger Namen, diese infamen Denunciationen, diese wilden Verläumdungen, die von allen Seiten her zischen, diese wüsten Ausschweifungen der Parteien, die sich zu Lieferanten der Kerker machen, alles das ist traurig und verdient Züchtigung, denn es entehrt, es erniedrigt ein Land: es ist dies die Gemeinheit und die Gewaltsamkeit zusammengekuppelt. Glaubt man der Sache der Civilisation zu dienen, indem man Barrikaden von Verläumdungen aufwirft gegen die Barrikaden der Empörung, indem man ganze Stadtviertel als ein Bagno denuncirt, als ein Lager von Verpesteten, indem man vergiftete Chroniken erfindet, so scheußliche Chroniken, daß sie die Annalen eines Volkes von Menschenfressern besudeln würden? ‒ Wir sind und waren gegen die Junirevolution, ‒ Aber in diesem Hauptpunkt einverstanden, daß es keine legitime Insurrektion gibt, wenn das Recht existirt (das allgemeine Wahlrecht) und sich bethätigen kann, haben wir nur Entrüstung und Verachtung für die Verkäufer der gräulichen Verläumdungen, die da Handel treiben mit abgeschnittenen Köpfen, Wahlsprüchen des Verbrecherargots, brennendem Vitriol, schauerlichen Verstümmlungen, vergifteten Waaren und vor allem mit ewigen Denunciationen gegen die Feinde, welche sie geniren und die sie verderben wollen, indem sie sie dem Henker als Beute hinwerfen. Die Journale der Reaktion, welche Boutique halten mit diesen Schlächtereien und so ihre alten Rachepläne ausführen, haben sie die Thatsachen verificirt durch eine ernsthafte Untersuchung, ehe sie dieselben als Futter hinwarfen dem Haß, der Furcht! Haben sie so viel Ehrgefühl besessen zu kontrolliren, ehe sie denuncirten, ehe sie die öffentliche Meinung, die Justiz, die Leidenschaften des Augenblicks provocirten? Nein, tausend Mal nein! Nicht ein einziges dieser Blätter kann Zeugen beibringen, Beweise liefern und die Regierung selbst hat die Mehrzahl dieser ekelhaften Geschichten Lügen gestraft, welche die Presse der Reaktion erfindet und verbreitet zum Vortheil ihrer Ideen und ihrer Staatsmänner, die unter den Barrikaden des Februars vergraben lagen. Was dem Volk fehlt, ist nicht das Gewissen, es ist das Vertrauen auf die Institutionen, es ist die Ueberzeugung, daß seine Eroberungen ihm nicht gestohlen werden. So oft hat man es betrogen! Die Könige und die Aristokraten haben es so lange beherrscht durch die Gewalt und durch die List, man hat es so oft verdammt, wie Samson, die Säulen des Tempels zu erschüttern, daß in seinen Augen die Gewalt das nothwendige Instrument ist, das fatale Instrument aller socialen und politischen Entwicklungen.“
‒ Pagnerre, Generalsekretär des Vollziehungsausschusses und der provisorischen Regierung, hat sein unbezahltes Amt als Direktor der Nationalwechselbank niedergelegt.
‒ Huber's Verwundung und Arrestation, die wir gestern meldeten, bestätigt sich nicht. Derselbe hat trotz allen emsigen Nachforschungen der Polizei bis heute noch nicht aufgefunden werden können.
‒ Goudchaux, der neue Finanzminister hat heute seine großen Rettungspläne der Nationalversammlung vorgelegt. Sie zertrümmern mit weniger Ausnahme Alles, was die Februar-Revolution geschaffen. (Siehe die Sitzung der Nationalversammlung vom 3. Juli.
‒ Molé will an Thiers Stelle im Departement der Gironde als Kandidat der Nationalversammlung auftreten. Die Mobilgarden werden Paris verlassen und an die französischen Gränzen versetzt werden. 300 neue Arrestationen haben seit zwei Tagen statt gefunden.
Die „Demokratie Pacifique“ ruft dem „Constitutionel“ zu: Schacherer in Feuilletons, wenn der Socialismus so verbrecherisch ist, wie Ihr sagt, schlagt euch selbst am meisten die Brust, denn Ihr habt die erregendsten socialistischen Romane von Eugen Sue veröffentlicht; wenn das Gemälde des Elends das Volk vergiftet, habt Ihr es vergiftet bis auf das Mark der Knochen und dieß ohne Glauben, ohne Ueberzeugung, aus blosem Merkantilismus. Zeigt also mehr Reue oder mehr Klugheit.
Die Thierspartei hat bei der Bildung der Bureaus der Nationalversammlung einen glänzenden Sieg davon getragen. Der Club der Straße von Poitiers, die Reunion des Herrn Baragnay-d'Hillier hat unter den 15 Präsidenten der Bureaus 9 der Ihrigen untergebracht. Von der alten Executivkommission ist nur Arago ernannt worden. Herr Marrast konnte in dem Bureau, dem er angehörte, nicht zur Präsidentschaft gelangen. Er erlag seinem Konkurrenten Vivien, einem Freunde von Thiers. Wir geben nachstehend die Liste der Präsidenten und Sekretäre der Bureaus, es ist dieß eine Statistik der Macht der verschiedenen Parteien in der Nationalversammlung.
Es sind genannt für das erste Büreau Girard und Chauffour, für das zweite Dufaure und Buffet, für das dritte Thiers und Louvet, für das vierte Pagès (de l'Ariége), für das fünfte Billault und Pèrignon, für das 6. G. de Beaumont und Chavoir, für das 7. F. Arago und B. Lafranc, für das 8. Baze und Pigeon, für das 9. Baroche und Aug. Avond, für das 10. Cormenin und Oscar Lafayette, für das 11. Dupin und Barailler, für das 12. Vivien und Guichard, für das 13. de Tracy und Freslon, für das 14. Byrand und Maissiat, für das 15. Berryer und St. Beuve.
‒ Die Nachricht, daß der verhaftete Grandmènil, Hauptredakteur und Gerant der Réforme ist, beruht auf einer von den Herrn des „Constitutionnel“ und des „Droit“ absichtlich ausgestreuten Lüge.
Nationalversammlung. Sitzung vom 3. Juli. Präsident Marie eröffnete dieselbe um 2 1/4 Uhr. Das Gerücht, die Pariser Bürgerwehr unterzeichne eine Petition, welche die Arretirung mehrerer Deputirten und selbst des kürzlich noch so gefeierten Lamartine beantrage und daß derselbe bei Gelegenheit der geheime Kreditdiskussionen das Wort ergreifen werde, hatte die Neugierde doppelt gehoben und die Tribünen frühzeitig gefüllt. Nach Verlesung des Protokolls und Ertheilung mehrerer Urlaube bestieg der Konseilpräsident Cavaignac den Redestuhl. Ich bin, begann er, vorigen Freitag die Verpflichtung Ihnen gegenüber eingegangen, Ihnen die Lage der Nationalwerkstätten am 23. Juni zu schildern. Wohlan, ich erkläre Ihnen, daß ich dieselben genau geprüft habe: die Beschaffenheit dieser Werkstätten im Augenblick des Ausbruchs der Insurrektion war eine furchtbare. Der Gedanke, der diese Anstalten ins Leben rief, mag ein guter, menschenfreundlicher gewesen sein, aber er wurde im Laufe der Zeit gänzlich entartet, indem sich diese Anstalten zu einer der drohendsten Gefahren umwandelten, welche je über der Freiheit schwebten. Wir Alle, die wir uns in Folge Ihres Vertrauens am Staatsruder befinden, waren von dieser Wahrheit durchdrungen. Jeder von uns kennt die Anstrengungen, welche die Versammlung machte, um diese Werkstätten der Staatsgefahr aufzuheben; ich brauche daher wohl nicht in die Einzelnheiten einzutreten, um ihnen das Furchtbare ihrer Organisation zu wiederholen. Das Gute, das sie schufen, wurde bei Weitem von dem Schlechten, das sie bargen, überwogen. Als sie sahen, daß sich die Bürgerwehr zu jedem Preise dieser Gefahr entledigen wollte, brach der Kampf los. Es ist erwiesen, daß die Nationalwerkstätten den thätigsten Theil am Kampfe nahmen. Die Zahl der Theilnehmer erreicht an 40,000. Der Effektivbestand der Werkstätten betrug am 23. Juni 105 bis 106,000 Mann. Die kräftigsten, geschicktesten, tüchtigsten Arbeiter derselben fielen im Kampfe oder wurden gefangen. Diese Thatsache hat die Untersuchungsbehörde amtlich ermittelt. Der Effektivbestand ist bedeutend geschmolzen, die ganze innere Organisation der Werkstätten, die, auf militärischer Grundlage gebaut, eine fortdauernde Staatsgefahr bildeten, ist radikal vernichtet (dissous) und ich kann der Versammlung die Versicherung geben, daß jede Gefahr vorüber ist.
Aber es bleibt uns noch eine gewisse Zahl honetter Arbeiter übrig, die sich keineswegs weigern, in die Privatwerkstätten zurückzukehren! Sie sind ohne Beschäftigung; der Finanzminister wird Ihnen die betreffenden Gesetzentwürfe vorlegen.
Goudhaux folgt dem Redner auf der Tribüne und legt seinen neuen Finanzplan vor. Derselbe besteht: 1) Im Rückzug des Eisenbahn-Expropriationsgesetzes. (Bravos.) 2) Rückzahlung der Sparkassenbeträge, theilweise in Geld, theilweise in Renten. 3) Rückzug der Expropriation der Assekuranzgesellschaft. 4) Beibehaltung des Hypothekar-Gesetzes, aber nur pro 1848. 5) Progressivsteuer auf Erbschaften und Schenkungen u. s. w.
Cavaignac nahm wiederholt das Wort, um die Eile oder Dringlichkeit dieser fünf Gesetzentwürfe zu bevorworten.
Sie wurde angenommen:
Lasteyrie brachte die Todtenfeier in Erwähnung. Sie wurde auf den 6. Juli mit großem Pomp festgesetzt. (4 Uhr.)
(Nach 4 Uhr.) Nach Anhörung des Lasteyrie'schen Antrages rücksichtlich der großen Leichenfeier schritt die Versammlung zu ihrer eigentlichen Tagesordnung zurück, indem sie die am Sonnabend abgebrochene Diskussion der Wahlordnung für die Gemeinde-, Arrondissements- und General- (oder Departements-) Räthe wieder aufnahm. Das neue Gesetz besteht aus 14 Paragraphen, denen unzählige Amendements angehängt wurden und die schon am Sonnabend den größten Theil der Sitzung in Anspruch nahmen. Clement stellte am Schluß der heutigen Debatte noch einen Additional-Paragraphen, welcher also lautet: „Die Sitzungen der Gemeinde-, Arrondissements- und Departementsräthe sind öffentlich, es müßte denn die Mehrheit der Glieder verlangen, daß sich die Versammlung als geheimen Ausschuß konstituire.“
Senard, Minister des Innern bekämpft diesen Additional-Paragraphen. Die Versammlung entschied jedoch die Oeffentlichkeit für die Sitzungen der General- oder Departements-Räthe. Nach dieser kleinen Schlappe für das neue Ministerium, zu der auch dieses Mal Marrast beitrug, indem er sich gegen die ministerielle Bekämpfung erhob, nahm die Versammlung das Gesammtgesetz mit unbedeutendem Mehr an und ging um 6 Uhr auseinander.
‒ Das Wichtigste der heutigen Sitzung sind die Goudchauxschen Finanzdekrets-Entwürfe, deren Text wir uns indeß bisher noch nicht verschaffen konnten. Wir müssen daher auf den Moniteur verweisen.