Neuigkeiten von Teutschland.
Ohnerachtet aller Mühe, die sich eine gewisse Crone, die jeder-
mann errathen wird, gegeben, den König in Preussen zu be-
wegen, in Mähren und Oesterreich einzubrechen; so soll doch dieser
Monarch gleich beym ersten Antrag geantwortet haben: Jch habe
auf das heiligste einen Frieden mit der Königin von Ungarn
geschlossen, welcher von mir nicht gebrochen werden soll, wenn
ich nicht dazu gezwungen werde. Die Vorfälle in denen
Kriegs-Handlungen, welche ich selbst aus Liebe zu meinen
Volck mit Hindansetzung meines Lebens erfahren, sind allzu
beträchtlich, und ich darff Sie - - - solches nicht sagen. Jch
will mir aber lieber Mühe geben, durch gütliche Handlungen
die kriegenden Mächte auseinander zu setzen, als einen aber-
mahligen Feldzug anzufangen den ich doch aus keiner andern
Absicht, als um das teutsche Reich in Ruhe stellen zu helffen,
unternehmen würde ec. ec.
Wie man fast schliessen solte, so werden Jhro Königliche Groß-
Brittannische Maj. dero Armee am Rhein abermahls commandi-
ren, weil der Lord Carteret seinenannoch in Hannover zurück geblie-
benen Bedienten anbefohlen, sich noch immer daselbst aufzuhalten,
und über dero Logis noch ein Haus zu miethen. Wegen dem androh-
lichen Einfall der Frantzosen sind über die schon gemeldete Trouppen,
die Rußischen Hülfs-Völcker bereits zugesagt, und sollen aus denen
in Schweden gestandenen Regimentern bestehen. Jhro Königliche
Dähnische Majestät haben gleichfals 8000. Mann beordert, sich nach
der Elbe Marschfertig zu halten, und werden zu selbigen annoch
4000. Hessen stossen.
Besondere Briefe geben Nachricht, wie die zu Grätz sich be-
findliche Frantzösische Prisoniers hin und wieder Pulver angelegt
hätten, in der Absicht, dasigen Pulver-Thurm zu sprengen, und da-
durch die Stadt in Brandt zu stecken, welches aber noch in Zeiten
von einen Bayerischen Gefangenen entdeckt. Der Recompens vo
diese mechante Aufführung wird nicht aussen bleiben.
Die Kayserlichen Trouppen haben Donauwerth verlassen, und
ziehen sich bey Philippsburg zusammen. Der Graf von Secken-
dorf ist auch schon dahin abgegangen, um das Commando darüber
zu nehmen. Die gesamte Kayserl. Macht ist 15000. Mann starck, und
werden sich mit denen aus dem Elsaß kommenden Frantzosen multi-
pliciren. Ob es aber seine Richtigkeit hat, das schon eine Bataille
zwischen ihnen und denen Oesterreichern vorgefallen, können wir
aus Mangel tüchtiger Nachrichten noch nicht vor gewiß angeben.
Den 19. April ist aus Wien ein Expresser mit gewissen neuen in
gegenwärtige Staats-Läuften einschlagende Schriften, welche der
Ungarische Hof in Druck heraus gehen lassen, ins Reich abgefertiget.
Laut einer letztlich heraus gekommenen Rang- Tabelle besteht die zur
Zeit in Ungarischen Diensten befindliche Generalitæt in 1. General-
Lieutenant, als ersten Chef, welches Jhro Durchl. Printz Carl von
Lothringen, 22. Feld-Marschalls, 17. Generals von der Cavallerie,
und Feld-Zeugmeistern von der Jnfanterie, 66. Feld - Marschalls-
Lieutenants, 86. General-Feld-Wachtmeistern, und 153. so titular als
würckliche Obristen. Die Anzahl der regulirten Regimenter ist 102.
die zusammen über 160000. Mann ausmachen, die irregulirten
Trouppen aber belauffen sich auf etliche 40000. Mann.
Jtalien.
Nun ist auch die Neapolitanische Kriegs- Declaration unter dem ver-
steckten Nahmen eines Manifests heraus gekommen. Sie ist
wohl gefaßt, reicht aber unserer Meynung nach nicht hin, die ge-
brochene Neutralitæt zu legitimiren, und lautet also:
Die gegenwärtige Beschaffenheit der Jtalienischen Begebenheiten, ist die Ursache,
die den König beyder Sicilien nöthiget, die Welt von der genauesten Achtsamkeit zu un-
terrichten, mit welcher S. Maj. sowohl im verwichenen als jetzigen Jahre alle Ban-
de der Zärtlichkeit, Erkänntlich- und Ergebenheit, die sie an Se. Catholische Maj.
als dero Königl. Herrn Vater verknüpfen, aufgeopfert haben; um sich in sonst nichts
einzulassen, als was sie in der Neutralitæt, welche sie 1742. mit Sr. Groß Brittanni-
schen Majestät errichtet, denen Mächten, die sich über die Erbschaft Kayser Carls VI.
glorreichen Andenckens mit einander in Krieg verwickelt, versprochen, und auf das
genaueste beobachtet haben. Keine Menschliche Boßheiten, die nur können erdacht
werden, sind im Standt, die so deutlichen Proben zu verdunckeln, welche Se. Maj.
bey allen sich eräugneten Vorfällen gegeben. Sie haben der Englischen Nation er-
laubt, in ihren Staaten mit unumschränckter Freyheit zu handeln, und sich mit alle
dem zu versehen, was sie vor ihre Flotte in der Mittelländischen See nöthig hiel-
ten. Der Wienerische Hof wuste ebenfalls, daß seine Unterthanen gleicher Freyheit
geniesen konten, sowohl in beyden Sicilien, als auf der Toscanischen Küste. Hin-
gegen erlaubte man denen Spaniern weder Waffen, noch Mannschaft, noch an-
dere Kriegs-Nothwendigkeiten zu hohlen, ohnerachtet gantz Europa weiß, in was
vor Gefahr und Unfall die Spanische Artillerie und Ammunition auf den Meer
und Jtalienischen Küsten gerieth, blos weil es ihnen nicht erlaubt war, ihre Si-
cherheit in denen. Häfen und Oertern Sr. Maj. zu suchen. Die Postirung der Fein-
de Sr. Catholischen Maj. in diesen Landen, den Frühling, Sommer und zwey Win-
ter hindurch, war, wie leicht zu glauben, eine solche empfindliche Verfassung, nicht
allein vor einen Sohn, sondern vor jede andere Person, die in einiger Verbin-
dung mit dem hohen Bourbonischen Hause steht. Dennoch konte nichts die Stand-
haftigkeit Sr. Maj. überwiegen, und wolten vielmehr eine strenge Unpartheilich-
keit beybehalten, zu einer Zeit, worinne ohne diesem Betragen die Staaten und
Macht des Hauses Oesterreich einen tödtlichen Streich von der Armee, unter dem
General Gages, würde bekommen haben, wenn sie nur eine mittelmäßige Verstär-
ckung erhalten hätte. Nach so öffentlich geschehenen Aufopferungen, nach so merck-
lich in die Augen fallenden Treu und Glauben, wovon die Exempel eben so rar
sind, als die Ausübung höchst schätzbar ist; konte gewißlich einen Hertzen, wie sei-
ne Sicilianische Maj. besitzen, nichts höher zu stehen kommen. Sie glaubten also,
die intereſſirten Mächte würden zurück gehen, einige Dancknehmigkeit bezeigen,
und der Unveränderlichkeit und Ehre des Königs, als der eintzigen Regul Sr.
Maj. Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Aber so unwandelbahr diese Tugend in
sich selbst ist, so unterschiedlich sind die Wege derselben. Sie verliert ihren Werth,
sie hört auf eine Tugend zu seyn, und wird ein würcklich Laster, wenn sie sich nicht
der Gelegenheit nach einer vernünftigen Uberlegung bedient, und ihre Maaß Re-
geln nicht eben so oft ändert, als oft die Sachen einen wiedrigen Lauff nehmen.
Aus diesen Grund hat der König beyder Sicilien nicht geglaubt, daß die neuerliche
Beschaffenheit der Affairen in Teutschland, vornehmlich aber in Jtalien ihm erlaub-
ten, es länger anstehen zu lassen, theils als ein Landes-Vater, theils als ein Mo-
narch die nöthigen Vorsichtigkeiten zu nehmen, da sich das Kriegs Feuer in denen
Grentzen, die uns GOtt zur Nachbarschaft gegeben, immer mehr und mehr ent-
zündet; und solchem noch alle nöthige Mittel anzuwenden, die Ruhe in seinen Staa-
ten zu erhalten, ohne das man nöthig hatte, bis auf den äussersten Fall ein Fried-
liebender Fürst zu bleiben, der gantz keinen Antheil an denen Anforderungen so
grosser Potentaten mache. Se. Maj. werden, ohne schmertzlich gerührt zu seyn,
nicht ansehen können, daß die Kriegs Fluth bis in ihre Länder dringe, daß sie damit
heimgesucht, und ihre Unterthanen der Diſcretion derjenigen Grausamkeiten und
Raubereyen überlassen würden, die gemeiniglich die traurigen Würckungen sind,
wenn Armeen in ein Land einrücken, und sich darinne herum schmeissen. Nein, sie
würden es nicht ansehen können, als nur wenn sie sich gegenwärtig bemühet, ihren
lieben und getreuen Unterthanen persöhnlich beyzuspringen. Diese Beyhülfe aber
würde wenig sagen wollen, wenn sie nicht mit einer abtreibenden Gewalt verknüpft;
zumahl zu einer Zeit, wo die Waffen Gesetz und Vernunft ausmachen, und die
alleinigen Ausleger der Gerechtigkeit sind. Uber diese Nothwendigkeit, welche Se.
Maj. mit allen Souverainen gemein haben, wenn sie das Kriegs Feuer ihren Staa-
ten sich nähern sehen; kan man noch eine andere Bewegungs Ursache anführen. Die
Ministers des Wienerischen Hofs haben sich in Jtalien deutlich genug mercken las-
sen, was sie vor Absichten wider die Staaten von beyden Sicilien führen. Sie ha-
ben sich so wenig Mühe gegeben, ihr Deſſein zu bemänteln, so, das gantz Europa
gar leicht die gemeine Sage mit ihren Vorhaben zusammen räumen kan, ohner-
achtet es gar sehr der Versicherung dieses Hofs zuwider laufft, indem er verspricht,
eine genaue Neutralitæt zu halten. Man kan leicht aus diesen allen schliessen, was
den König vor ein Mistrauen bewogen, die Waffen zu ergreiffen. Dieser Ent-
schluß Sr. Maj. ist die Würckung der wohlgegründeten Betrachtungen über dasje-
nige, was von einer Seite die Regeln und Gewohnheiten der Neutralitæt, die man
versprochen, erfordern, und was andern theils die Schuldigkeiten auferlegen, wel-
che Göttliche und Menschliche Rechte zu Beschützung dero Unterthanen haben wol-
len. Sie hegen keinen andern Endzweck, als vor die Sicherheit und den Ruhe-
stand ihrer Lande zu sorgen, und ihre eigene Geflissenheit wird seyn ohnverfälscht
und ohne Unterschied die Freundschaft derjenigen Mächte zu unterhalten, welche
die Grentzen der Billigkeit beobachten, und sich verbunden zu seyn glauben, solche
mit eben der Achtung vor Jhro. Maj. zu brauchen, als solche Se. Maj. vor diese
Mächte heget.
Da nun also die Conjunction der Neapolitaner mit denen
Spaniern würcklich zu Anfang des Aprils geschehen, so haben sie
eine Linie längst dem Tronto-Fluß gezogen bis nach Avignano. Die
Spanier vom Hertzog von Modena, und General Gages com-
mandirt erstrecken sich von Pescara bis Chieti, der König mit der
Helfte seiner Trouppen von Chieti bis Lorenzo, und der Frantzösi-
sche General-Lieuten. Viefville von Lorenzo bis Sora. Der Kö-
nig hat anbey die Vorsicht gebraucht, daß die gantze Nobleſſe, wel-
che Güther in Abruzzo besitzet, ihme gefolgt ist.
Jhro Päbstliche Heiligkeit haben eine feyerliche Protestation
wider die Besitznehmung des Königs von Sardinien, von dem
Hertzogthum Piacenza, und wider alles was in dem Wormser-
Tractat ſtipulirt worden, herausgegeben. Ob dieses nicht Oel ins
Feuer gegossen heißt, überlassen wir andern zur Beurtheilung.
So wollen auch gantz neue Nachrichten wissen, daß gleich
nach der Abreise des Königs beyder Sicilien, eine scharffe Execu-
tion vorgenommen worden, wodurch die Gemüther in höchsten
Grad erbittert.
Eine Parthey Husaren und Panduren haben dem Cardinal
Aquaviva auf seinem Land-Guthe zu Ascoli die Mahlzeit gesegnet,
eine grosse Menge Spanischer Gäste gefangen genommen, und den
Pallast gäntzlich ruinirt.
Man trägt sich hiernechst mit einer Mißgeburth von einen
Friedens-Plan zwischen der Königin von Ungarn und dem Kö-
nig beyder Sicilien, nach welchen Don Carlos Neapolis und Si-
cilien abtreten wolle, hingegen müste die Königin von Ungarn,
nebst ihren Aliirten, ihme das Königreich Arragonien garantiren,
dem Don Philippo aber Parma und Piacenza einräumen. Es
ist gewiß von einen Oesterreicher entworffen, narraverunt; ſed cre-
dat Judæus non ego.
Niederlande.
Wegen der Abreise der Madame de Fenelon hat es einige Schwü-
rigkeiten gesetzt, wegen der nöthigen Paſſports, weil ihr Ge-
mahl, die von einen Ambaſſadeur erforderlichen Formalitæten mit
Abschied nehmen, weder bey seinen Weggehen, noch nachher schrifft-
lich in Acht genommen. Es dörfte aber nun nichts zu bedeuten
haben, da er selbst wieder in den Haag angekommen, und mit 4.
sechsspennigen Kutschen 36. mit 4. Pferden und 32. mit 2. Pfer-
den versehenen Kutschen zur Audientz geführt worden. Darinn
er in einer langen Rede England aufgebürdet, es habe allein die
Königin von Ungarn verhindert, daß sie die Friedens - Propoſitio-
nes nicht angenommen.
Wegen ein und anderer erlangten Nachricht, die Unterneh-
mungen der Frantzosen betreffend, hat der Commandant von
Charleroy die Schleussen eröffnet, und dadurch das platte Land 2.
Meilen rund umher unter Wasser gesetzt, wodurch diese Vestung
sattsam vor einem Uberfall gesichert.
Die Inaugurations - Ceremonie der Königin von Ungarn,
als Hertzogin von Brabant, ist den 20. April, 8. Tage drauf aber
die, als Gräfin von Flandern, mit ungemeinem Pracht vollzogen
worden.