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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827.

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XI.

Als ich einst auf Nordlands Küsten, meine
Stiefel gehemmt, Flechten und Algen sammelte,
trat mir unversehens um die Ecke eines Felsens
ein Eisbär entgegen. Ich wollte, nach weggewor-
fenen Pantoffeln, auf eine gegen über liegende
Insel treten, zu der mir ein dazwischen aus den
Wellen hervorragender nackter Felsen den Ueber-
gang bahnte. Ich trat mit dem einen Fuß auf den
Felsen fest auf, und stürzte auf der andern Seite
in das Meer, weil mir unbemerkt der Pantoffel
am anderen Fuß haften geblieben war.

Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit
Mühe mein Leben aus dieser Gefahr; sobald ich
Land hielt, lief ich, so schnell ich konnte, nach der
Lybischen Wüste, um mich da an der Sonne zu
trocknen. Wie ich ihr aber ausgesetzt war, brannte
sie mir so heiß auf den Kopf, daß ich sehr krank
wieder nach Norden taumelte. Ich suchte durch



XI.

Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine
Stiefel gehemmt, Flechten und Algen ſammelte,
trat mir unverſehens um die Ecke eines Felſens
ein Eisbär entgegen. Ich wollte, nach weggewor-
fenen Pantoffeln, auf eine gegen über liegende
Inſel treten, zu der mir ein dazwiſchen aus den
Wellen hervorragender nackter Felſen den Ueber-
gang bahnte. Ich trat mit dem einen Fuß auf den
Felſen feſt auf, und ſtürzte auf der andern Seite
in das Meer, weil mir unbemerkt der Pantoffel
am anderen Fuß haften geblieben war.

Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit
Mühe mein Leben aus dieſer Gefahr; ſobald ich
Land hielt, lief ich, ſo ſchnell ich konnte, nach der
Lybiſchen Wüſte, um mich da an der Sonne zu
trocknen. Wie ich ihr aber ausgeſetzt war, brannte
ſie mir ſo heiß auf den Kopf, daß ich ſehr krank
wieder nach Norden taumelte. Ich ſuchte durch

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[[118]/0150] XI. Als ich einſt auf Nordlands Küſten, meine Stiefel gehemmt, Flechten und Algen ſammelte, trat mir unverſehens um die Ecke eines Felſens ein Eisbär entgegen. Ich wollte, nach weggewor- fenen Pantoffeln, auf eine gegen über liegende Inſel treten, zu der mir ein dazwiſchen aus den Wellen hervorragender nackter Felſen den Ueber- gang bahnte. Ich trat mit dem einen Fuß auf den Felſen feſt auf, und ſtürzte auf der andern Seite in das Meer, weil mir unbemerkt der Pantoffel am anderen Fuß haften geblieben war. Die große Kälte ergriff mich, ich rettete mit Mühe mein Leben aus dieſer Gefahr; ſobald ich Land hielt, lief ich, ſo ſchnell ich konnte, nach der Lybiſchen Wüſte, um mich da an der Sonne zu trocknen. Wie ich ihr aber ausgeſetzt war, brannte ſie mir ſo heiß auf den Kopf, daß ich ſehr krank wieder nach Norden taumelte. Ich ſuchte durch

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. [118]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/150>, abgerufen am 28.03.2024.