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Gosky, Esaias: Ehren-Trost und Lebens-Baum. Oels, 1659.

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Ehren-Trost- und Lebens-Baum.
I. ANIMAE COMPELLATIO.I.
Animae
Compel-
latio.

Meine Seele irre nicht/
Siehe/ was hier beygericht.

Der Mensch bestehet von zweyen stücken/ als von Leib
und Seele. So viel edler aber die Seel/ als der Leib/
so viel edler sind auch die Wolthaten. Ob nun wol zum
anfange könten unterschiedene schöne Discurse, und die
auch unter einem grünen Baum anzuhören/ so unange-
nehm nicht würden fallen/ vorgebracht werden; Als/ ob
mehr als eine Menschliche Seele sey? Was des Men-
schen Seele eigentlich sey? Woher die vernünfftige See-
le
anfänglich jhren Ursprung habe? Wo die Seele sey/
und im Leib jhren Sitz habe? Woher die Seele jhren
Nahmen habe? Und viel andere mehr/ von welchen Fra-
gen allen Matthaeus Hed'er/ Pfarr zu Langefeld/ in sei-
nem also genennten Büchlein der Unschetzbahre See-
lenschatz
schreibet: So stele es nicht allein zu lang/ son-
dern ich befürchte mich auch/ das ich bey einem und dem
andern ein Taedium erwecken möchte/ der mir in seinem
Gemütte opponirte und gedächte: Was helt er sich so
gar zulange bey dem wörtlein Seele auff/ man weis ja
gar wol/ das die Seele des Menschen ein vernünfftigerDesinitio
Theologi-
cae aenimae.

Geist sey/ mit jhrem Leib vereiniget/ dehn Sie annimmet
und regieret selbststendig und unsterblich/ wenn Sie gleich
von jhme abgesondert ist.

Diese Beschreibung lässet sich sonsten von andern
Thieren nicht reden. Denn/ was etwan an etlichen Thie-
ren verspühret wird/ ist mit nichten Ratio, die kluge Ver-
nunfft/ sondern nur Sagacitas, wie es Cicero nennet/

Eine
B iij
Ehren-Troſt- und Lebens-Baum.
I. ANIMÆ COMPELLATIO.I.
Animæ
Compel-
latio.

Meine Seele irre nicht/
Siehe/ was hier beygericht.

Der Menſch beſtehet von zweyen ſtuͤcken/ als von Leib
und Seele. So viel edler aber die Seel/ als der Leib/
ſo viel edler ſind auch die Wolthaten. Ob nun wol zum
anfange koͤnten unterſchiedene ſchoͤne Diſcurſe, und die
auch unter einem gruͤnen Baum anzuhoͤren/ ſo unange-
nehm nicht wuͤrden fallen/ vorgebracht werden; Als/ ob
mehr als eine Menſchliche Seele ſey? Was des Men-
ſchen Seele eigentlich ſey? Woher die vernuͤnfftige See-
le
anfaͤnglich jhren Urſprung habe? Wo die Seele ſey/
und im Leib jhren Sitz habe? Woher die Seele jhren
Nahmen habe? Und viel andere mehr/ von welchen Fra-
gen allen Matthæus Hed’er/ Pfarr zu Langefeld/ in ſei-
nem alſo genennten Buͤchlein der Unſchetzbahre See-
lenſchatz
ſchreibet: So ſtele es nicht allein zu lang/ ſon-
dern ich befuͤrchte mich auch/ das ich bey einem und dem
andern ein Tædium erwecken moͤchte/ der mir in ſeinem
Gemuͤtte opponirte und gedaͤchte: Was helt er ſich ſo
gar zulange bey dem woͤrtlein Seele auff/ man weis ja
gar wol/ das die Seele des Menſchen ein vernuͤnfftigerDeſinitio
Theologi-
cæ ænimæ.

Geiſt ſey/ mit jhrem Leib vereiniget/ dehn Sie annimmet
und regieret ſelbſtſtendig und unſterblich/ wenn Sie gleich
von jhme abgeſondert iſt.

Dieſe Beſchreibung laͤſſet ſich ſonſten von andern
Thieren nicht reden. Denn/ was etwan an etlichen Thie-
ren verſpuͤhret wird/ iſt mit nichten Ratio, die kluge Ver-
nunfft/ ſondern nur Sagacitas, wie es Cicero nennet/

Eine
B iij
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[0013] Ehren-Troſt- und Lebens-Baum. I. ANIMÆ COMPELLATIO. Meine Seele irre nicht/ Siehe/ was hier beygericht. Der Menſch beſtehet von zweyen ſtuͤcken/ als von Leib und Seele. So viel edler aber die Seel/ als der Leib/ ſo viel edler ſind auch die Wolthaten. Ob nun wol zum anfange koͤnten unterſchiedene ſchoͤne Diſcurſe, und die auch unter einem gruͤnen Baum anzuhoͤren/ ſo unange- nehm nicht wuͤrden fallen/ vorgebracht werden; Als/ ob mehr als eine Menſchliche Seele ſey? Was des Men- ſchen Seele eigentlich ſey? Woher die vernuͤnfftige See- le anfaͤnglich jhren Urſprung habe? Wo die Seele ſey/ und im Leib jhren Sitz habe? Woher die Seele jhren Nahmen habe? Und viel andere mehr/ von welchen Fra- gen allen Matthæus Hed’er/ Pfarr zu Langefeld/ in ſei- nem alſo genennten Buͤchlein der Unſchetzbahre See- lenſchatz ſchreibet: So ſtele es nicht allein zu lang/ ſon- dern ich befuͤrchte mich auch/ das ich bey einem und dem andern ein Tædium erwecken moͤchte/ der mir in ſeinem Gemuͤtte opponirte und gedaͤchte: Was helt er ſich ſo gar zulange bey dem woͤrtlein Seele auff/ man weis ja gar wol/ das die Seele des Menſchen ein vernuͤnfftiger Geiſt ſey/ mit jhrem Leib vereiniget/ dehn Sie annimmet und regieret ſelbſtſtendig und unſterblich/ wenn Sie gleich von jhme abgeſondert iſt. Deſinitio Theologi- cæ ænimæ. Dieſe Beſchreibung laͤſſet ſich ſonſten von andern Thieren nicht reden. Denn/ was etwan an etlichen Thie- ren verſpuͤhret wird/ iſt mit nichten Ratio, die kluge Ver- nunfft/ ſondern nur Sagacitas, wie es Cicero nennet/ Eine B iij

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Zitationshilfe: Gosky, Esaias: Ehren-Trost und Lebens-Baum. Oels, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354515/13>, abgerufen am 28.03.2024.