Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seiler, Tobias: De praefixo vitae termino. [Görlitz], 1635.

Bild:
<< vorherige Seite

werden. Nun hat GOtt vns das Ziel so weit hinaus ge-
stecket/ seine Stunde ist noch nicht kommen joh: 2. Er
weiß wol wenns am besten ist/ Er braucht an vns kein
arge list/ daß solln wir Ihme vertrawen.

Tröstlich ists in diuturno nostrorum agone, Wenn
wir mit vnsern Augen sehen/ wie die lieben vnsrigen dor-
te in Gottes gewalt liegen/ vnd weder sterben noch ge-
nesen können. Denn wie GOtt bißweilen gar Hertzfrom-
me Leute plötzlich vnd vnversehens hinweg nimpt/ wie
Jonathan im Kriege: Also lest Er auch bißweilen manch
frommes Hertze lange kreissen/ wie Rahel in Kindes nö-
then. Nun wir wissen es ist Gottes schickung also: Gott
hat jhnen Fingers ja Haares breit jhr leben abgemessen:
dem gefelt es also.

Appli-
catio.

Hie bildet Euch nun ein/ als wenn diese seelige Fraw
Bürgermeisterin zu vns sagte: O jhr meine liebe geleits
Leute: in me convertite vultus. Sehet auff mich: Psal: 90.
Eine kleine Zeit ist tausend Jahr für GOtt/ Das ist ge-
wißlich war/ wie der gestrige vergangene Tag; den nie-
mand widerbringen mag/ Vnd wie eine Nachtwache
wird bestelt/ in Besatzung oder zu Feld/ Einen führt man
ab den andern an/ der muß seine Zeit vnd Stunde stehn/
darnach die Noth offtmals vorfelt: Also gehts auch auff
dieser Welt; Ein jeder hat sein gewiß Ziel/ wer Gottes
Worten gleuben wil.

II.
Termi-
ni quali-
tas.

DIe andere Andacht/ die diese vnsere seeli-
ge Fraw Bürgermeisterin in vnsern Hertzen er-
wecken sol; ist Termini qualitas, was es denn
für ein gelegenheit vnd beschaffenheit habe mit dem
Ziel/ das GOtt der HErr dem Menschen gestecket hat.
Allerliebsten Christen/ wenn die Creaturliebenden Men-
schen Kinder hören vnd vernehmen; das jhnen GOtt
der HErr ein Ziel gestecket hat/ daß sie nicht übergehen
können; so kommen vnd gerathen sie in wunderseltzame

gedancken.

werden. Nun hat GOtt vns das Ziel ſo weit hinaus ge-
ſtecket/ ſeine Stunde iſt noch nicht kommen joh: 2. Er
weiß wol wenns am beſten iſt/ Er braucht an vns kein
arge liſt/ daß ſolln wir Ihme vertrawen.

Troͤſtlich iſts in diuturno noſtrorum agone, Wenn
wir mit vnſern Augen ſehen/ wie die lieben vnſrigen dor-
te in Gottes gewalt liegen/ vnd weder ſterben noch ge-
neſen koͤnnen. Denn wie GOtt bißweilen gar Hertzfrom-
me Leute ploͤtzlich vnd vnverſehens hinweg nimpt/ wie
Jonathan im Kriege: Alſo leſt Er auch bißweilen manch
frommes Hertze lange kreiſſen/ wie Rahel in Kindes noͤ-
then. Nun wir wiſſen es iſt Gottes ſchickung alſo: Gott
hat jhnen Fingers ja Haares breit jhr leben abgemeſſen:
dem gefelt es alſo.

Appli-
catio.

Hie bildet Euch nun ein/ als wenn dieſe ſeelige Fraw
Buͤrgermeiſterin zu vns ſagte: O jhr meine liebe geleits
Leute: in me convertite vultus. Sehet auff mich: Pſal: 90.
Eine kleine Zeit iſt tauſend Jahr fuͤr GOtt/ Das iſt ge-
wißlich war/ wie der geſtrige vergangene Tag; den nie-
mand widerbringen mag/ Vnd wie eine Nachtwache
wird beſtelt/ in Beſatzung oder zu Feld/ Einen fuͤhrt man
ab den andern an/ der muß ſeine Zeit vnd Stunde ſtehn/
darnach die Noth offtmals vorfelt: Alſo gehts auch auff
dieſer Welt; Ein jeder hat ſein gewiß Ziel/ wer Gottes
Worten gleuben wil.

II.
Termi-
ni quali-
tas.

DIe andere Andacht/ die dieſe vnſere ſeeli-
ge Fraw Buͤrgermeiſterin in vnſern Hertzen er-
wecken ſol; iſt Termini qualitas, was es denn
fuͤr ein gelegenheit vnd beſchaffenheit habe mit dem
Ziel/ das GOtt der HErr dem Menſchen geſtecket hat.
Allerliebſten Chriſten/ wenn die Creaturliebenden Men-
ſchen Kinder hoͤren vnd vernehmen; das jhnen GOtt
der HErr ein Ziel geſtecket hat/ daß ſie nicht uͤbergehen
koͤnnen; ſo kommen vnd gerathen ſie in wunderſeltzame

gedancken.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0016"/>
werden. Nun hat GOtt vns das Ziel &#x017F;o weit hinaus ge-<lb/>
&#x017F;tecket/ &#x017F;eine Stunde i&#x017F;t noch nicht kommen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">j</hi>oh</hi>: 2. Er<lb/>
weiß wol wenns am be&#x017F;ten i&#x017F;t/ Er braucht an vns kein<lb/>
arge li&#x017F;t/ daß &#x017F;olln wir Ihme vertrawen.</p><lb/>
              <p>Tro&#x0364;&#x017F;tlich i&#x017F;ts <hi rendition="#aq">in diuturno no&#x017F;trorum agone,</hi> Wenn<lb/>
wir mit vn&#x017F;ern Augen &#x017F;ehen/ wie die lieben vn&#x017F;rigen dor-<lb/>
te in Gottes gewalt liegen/ vnd weder &#x017F;terben noch ge-<lb/>
ne&#x017F;en ko&#x0364;nnen. Denn wie GOtt bißweilen gar Hertzfrom-<lb/>
me Leute plo&#x0364;tzlich vnd vnver&#x017F;ehens hinweg nimpt/ wie<lb/>
Jonathan im Kriege: Al&#x017F;o le&#x017F;t Er auch bißweilen manch<lb/>
frommes Hertze lange krei&#x017F;&#x017F;en/ wie Rahel in Kindes no&#x0364;-<lb/>
then. Nun wir wi&#x017F;&#x017F;en es i&#x017F;t Gottes &#x017F;chickung al&#x017F;o: Gott<lb/>
hat jhnen Fingers ja Haares breit jhr leben abgeme&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
dem gefelt es al&#x017F;o.</p><lb/>
              <note place="left"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#k">Appli-<lb/>
catio.</hi> </hi> </hi> </note>
              <p>Hie bildet Euch nun ein/ als wenn die&#x017F;e &#x017F;eelige Fraw<lb/>
Bu&#x0364;rgermei&#x017F;terin zu vns &#x017F;agte: O jhr meine liebe geleits<lb/>
Leute: <hi rendition="#aq">in me convertite vultus</hi>. Sehet auff mich: <hi rendition="#aq">P&#x017F;al</hi>: 90.<lb/>
Eine kleine Zeit i&#x017F;t tau&#x017F;end Jahr fu&#x0364;r GOtt/ Das i&#x017F;t ge-<lb/>
wißlich war/ wie der ge&#x017F;trige vergangene Tag; den nie-<lb/>
mand widerbringen mag/ Vnd wie eine Nachtwache<lb/>
wird be&#x017F;telt/ in Be&#x017F;atzung oder zu Feld/ Einen fu&#x0364;hrt man<lb/>
ab den andern an/ der muß &#x017F;eine Zeit vnd Stunde &#x017F;tehn/<lb/>
darnach die Noth offtmals vorfelt: Al&#x017F;o gehts auch auff<lb/>
die&#x017F;er Welt; Ein jeder hat &#x017F;ein gewiß Ziel/ wer Gottes<lb/>
Worten gleuben wil.</p>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <note place="left"> <hi rendition="#aq">II.<lb/>
Termi-<lb/>
ni quali-<lb/>
tas.</hi> </note>
              <p><hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">D</hi>Ie andere Andacht/ die die&#x017F;e vn&#x017F;ere &#x017F;eeli-</hi><lb/>
ge Fraw Bu&#x0364;rgermei&#x017F;terin in vn&#x017F;ern Hertzen er-<lb/>
wecken &#x017F;ol; i&#x017F;t <hi rendition="#aq">Termini qualitas,</hi> was es denn<lb/>
fu&#x0364;r ein gelegenheit vnd be&#x017F;chaffenheit habe mit dem<lb/>
Ziel/ das GOtt der HErr dem Men&#x017F;chen ge&#x017F;tecket hat.<lb/>
Allerlieb&#x017F;ten Chri&#x017F;ten/ wenn die Creaturliebenden Men-<lb/>
&#x017F;chen Kinder ho&#x0364;ren vnd vernehmen; das jhnen GOtt<lb/>
der HErr ein Ziel ge&#x017F;tecket hat/ daß &#x017F;ie nicht u&#x0364;bergehen<lb/>
ko&#x0364;nnen; &#x017F;o kommen vnd gerathen &#x017F;ie in wunder&#x017F;eltzame<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">gedancken.</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0016] werden. Nun hat GOtt vns das Ziel ſo weit hinaus ge- ſtecket/ ſeine Stunde iſt noch nicht kommen joh: 2. Er weiß wol wenns am beſten iſt/ Er braucht an vns kein arge liſt/ daß ſolln wir Ihme vertrawen. Troͤſtlich iſts in diuturno noſtrorum agone, Wenn wir mit vnſern Augen ſehen/ wie die lieben vnſrigen dor- te in Gottes gewalt liegen/ vnd weder ſterben noch ge- neſen koͤnnen. Denn wie GOtt bißweilen gar Hertzfrom- me Leute ploͤtzlich vnd vnverſehens hinweg nimpt/ wie Jonathan im Kriege: Alſo leſt Er auch bißweilen manch frommes Hertze lange kreiſſen/ wie Rahel in Kindes noͤ- then. Nun wir wiſſen es iſt Gottes ſchickung alſo: Gott hat jhnen Fingers ja Haares breit jhr leben abgemeſſen: dem gefelt es alſo. Hie bildet Euch nun ein/ als wenn dieſe ſeelige Fraw Buͤrgermeiſterin zu vns ſagte: O jhr meine liebe geleits Leute: in me convertite vultus. Sehet auff mich: Pſal: 90. Eine kleine Zeit iſt tauſend Jahr fuͤr GOtt/ Das iſt ge- wißlich war/ wie der geſtrige vergangene Tag; den nie- mand widerbringen mag/ Vnd wie eine Nachtwache wird beſtelt/ in Beſatzung oder zu Feld/ Einen fuͤhrt man ab den andern an/ der muß ſeine Zeit vnd Stunde ſtehn/ darnach die Noth offtmals vorfelt: Alſo gehts auch auff dieſer Welt; Ein jeder hat ſein gewiß Ziel/ wer Gottes Worten gleuben wil. DIe andere Andacht/ die dieſe vnſere ſeeli- ge Fraw Buͤrgermeiſterin in vnſern Hertzen er- wecken ſol; iſt Termini qualitas, was es denn fuͤr ein gelegenheit vnd beſchaffenheit habe mit dem Ziel/ das GOtt der HErr dem Menſchen geſtecket hat. Allerliebſten Chriſten/ wenn die Creaturliebenden Men- ſchen Kinder hoͤren vnd vernehmen; das jhnen GOtt der HErr ein Ziel geſtecket hat/ daß ſie nicht uͤbergehen koͤnnen; ſo kommen vnd gerathen ſie in wunderſeltzame gedancken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/386414
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/386414/16
Zitationshilfe: Seiler, Tobias: De praefixo vitae termino. [Görlitz], 1635, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/386414/16>, abgerufen am 28.03.2024.