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Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742.

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schen Thore, unweit von dem Eingange zur lincken Hand. Sechzehn
Magistri und Studiosi gingen neben der Leiche her, in dreyen Trauer-
Wagen folgeten derselben unser Hochverdienter Herr Ober-Hof-
Prediger, D. Marperger, drey Prediger an der Creutz-Kirche, Herr
M. Woog, Herr M. Langbein und Herr M. Jünger, wie auch der
dritte College bey der Creutz-Schule, Herr M. Köhler, nebst dem
leidtragenden Bruder und mir.

Wir dancken hierbey dem allerhöchsten GOTT für alle Gna-
den-Wohlthaten, welche er unserm Seligen so wol im Leben, als
auch im Tode erwiesen. Er erfreue nun seine Seele in dem Schooß
Abrahams und vor dem Throne des Lammes, und lasse sie der
Ruhe geniessen, bis sie dermaleins mit dem Leibe vereiniget, und
zum vollkommenen Genuß der ewigen Herrlichkeit versetzet wird.
Er tröste die hinterlassene Geschwister, Anverwandte, und sämt-
liche Gemüths-Freunde in Europa und Asien, und gebe Gnade, daß
sie seinen Willen in Geduld und Gelassenheit erkennen, und allen
Kummer bey Seite setzen.

§. 44.

Ehe ich aber schliesse, habe ich dem Leser und mir selbst noch die-
ses vorzuhalten, daß dieses die beste Religion sey, in welcher sichs
frölich und selig sterben läßt. Man schleppet sich auf der Welt mit
tausend Ceremonien herum, man schreyet sich den Hals müde, man
bringet die Zeit zu mit Einrichtung von allerhand seltsamen Din-
gen. Bald wird dieser Heilige Mode, bald wieder ein anderer,
an den man sich halten soll. Aber wenns zum Sterben kömmt, als-
denn kan alle solche Spinnewebe, Heu, Stroh und Stoppeln nicht
helfen. Da will nichts haften, da ist kein Trost zu finden. Man
hat wol Exempel, daß Sterbende der so genannten Heiligen Bilder
genommen, und solche den leidigen Tröstern vor die Füsse geworfen.
Wer nun bey so kläglichen Umständen hat eines frölichen und ru-
higen Endes sterben sollen, der hat sich auf gut Evangelisch bloß und
allein an CHristum halten, und sich dessen Verdienst zueignen
müssen. Das Exempel Hertzog Georgens von Sachsen ist mehr als
zu bekannt. Von Hertzog Anton Ulrichen zu Braunschweig ist ein

glei-

ſchen Thore, unweit von dem Eingange zur lincken Hand. Sechzehn
Magiſtri und Studioſi gingen neben der Leiche her, in dreyen Traueꝛ-
Wagen folgeten derſelben unſer Hochverdienter Herr Ober-Hof-
Prediger, D. Marperger, drey Prediger an der Creutz-Kirche, Herr
M. Woog, Herr M. Langbein und Herr M. Juͤnger, wie auch der
dritte College bey der Creutz-Schule, Herr M. Koͤhler, nebſt dem
leidtragenden Bruder und mir.

Wir dancken hierbey dem allerhoͤchſten GOTT fuͤr alle Gna-
den-Wohlthaten, welche er unſerm Seligen ſo wol im Leben, als
auch im Tode erwieſen. Er erfreue nun ſeine Seele in dem Schooß
Abrahams und vor dem Throne des Lammes, und laſſe ſie der
Ruhe genieſſen, bis ſie dermaleins mit dem Leibe vereiniget, und
zum vollkommenen Genuß der ewigen Herrlichkeit verſetzet wird.
Er troͤſte die hinterlaſſene Geſchwiſter, Anverwandte, und ſaͤmt-
liche Gemuͤths-Freunde in Europa und Aſien, und gebe Gnade, daß
ſie ſeinen Willen in Geduld und Gelaſſenheit erkennen, und allen
Kummer bey Seite ſetzen.

§. 44.

Ehe ich aber ſchlieſſe, habe ich dem Leſer und mir ſelbſt noch die-
ſes vorzuhalten, daß dieſes die beſte Religion ſey, in welcher ſichs
froͤlich und ſelig ſterben laͤßt. Man ſchleppet ſich auf der Welt mit
tauſend Ceremonien herum, man ſchreyet ſich den Hals muͤde, man
bringet die Zeit zu mit Einrichtung von allerhand ſeltſamen Din-
gen. Bald wird dieſer Heilige Mode, bald wieder ein anderer,
an den man ſich halten ſoll. Aber wenns zum Sterben koͤmmt, als-
denn kan alle ſolche Spinnewebe, Heu, Stroh und Stoppeln nicht
helfen. Da will nichts haften, da iſt kein Troſt zu finden. Man
hat wol Exempel, daß Sterbende der ſo genannten Heiligen Bilder
genommen, und ſolche den leidigen Troͤſtern vor die Fuͤſſe geworfen.
Wer nun bey ſo klaͤglichen Umſtaͤnden hat eines froͤlichen und ru-
higen Endes ſterben ſollen, der hat ſich auf gut Evangeliſch bloß und
allein an CHriſtum halten, und ſich deſſen Verdienſt zueignen
muͤſſen. Das Exempel Hertzog Georgens von Sachſen iſt mehr als
zu bekannt. Von Hertzog Anton Ulrichen zu Braunſchweig iſt ein

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[34/0034] ſchen Thore, unweit von dem Eingange zur lincken Hand. Sechzehn Magiſtri und Studioſi gingen neben der Leiche her, in dreyen Traueꝛ- Wagen folgeten derſelben unſer Hochverdienter Herr Ober-Hof- Prediger, D. Marperger, drey Prediger an der Creutz-Kirche, Herr M. Woog, Herr M. Langbein und Herr M. Juͤnger, wie auch der dritte College bey der Creutz-Schule, Herr M. Koͤhler, nebſt dem leidtragenden Bruder und mir. Wir dancken hierbey dem allerhoͤchſten GOTT fuͤr alle Gna- den-Wohlthaten, welche er unſerm Seligen ſo wol im Leben, als auch im Tode erwieſen. Er erfreue nun ſeine Seele in dem Schooß Abrahams und vor dem Throne des Lammes, und laſſe ſie der Ruhe genieſſen, bis ſie dermaleins mit dem Leibe vereiniget, und zum vollkommenen Genuß der ewigen Herrlichkeit verſetzet wird. Er troͤſte die hinterlaſſene Geſchwiſter, Anverwandte, und ſaͤmt- liche Gemuͤths-Freunde in Europa und Aſien, und gebe Gnade, daß ſie ſeinen Willen in Geduld und Gelaſſenheit erkennen, und allen Kummer bey Seite ſetzen. §. 44. Ehe ich aber ſchlieſſe, habe ich dem Leſer und mir ſelbſt noch die- ſes vorzuhalten, daß dieſes die beſte Religion ſey, in welcher ſichs froͤlich und ſelig ſterben laͤßt. Man ſchleppet ſich auf der Welt mit tauſend Ceremonien herum, man ſchreyet ſich den Hals muͤde, man bringet die Zeit zu mit Einrichtung von allerhand ſeltſamen Din- gen. Bald wird dieſer Heilige Mode, bald wieder ein anderer, an den man ſich halten ſoll. Aber wenns zum Sterben koͤmmt, als- denn kan alle ſolche Spinnewebe, Heu, Stroh und Stoppeln nicht helfen. Da will nichts haften, da iſt kein Troſt zu finden. Man hat wol Exempel, daß Sterbende der ſo genannten Heiligen Bilder genommen, und ſolche den leidigen Troͤſtern vor die Fuͤſſe geworfen. Wer nun bey ſo klaͤglichen Umſtaͤnden hat eines froͤlichen und ru- higen Endes ſterben ſollen, der hat ſich auf gut Evangeliſch bloß und allein an CHriſtum halten, und ſich deſſen Verdienſt zueignen muͤſſen. Das Exempel Hertzog Georgens von Sachſen iſt mehr als zu bekannt. Von Hertzog Anton Ulrichen zu Braunſchweig iſt ein glei-

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Zitationshilfe: Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/386596/34>, abgerufen am 28.03.2024.