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Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701].

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Das unschuldig vergossene Blut.
das Land mit Blut-Schulden beflecket ward/ Psal. 106, 38. In
diesem Psalm will König David den Kindern Israel/ GOtt zu Ehren/
nicht allein die Göttlichen Wohlthaten/ sondern auch ihre Ubelthaten
und Undanckbarkeit zu Gemüthe führen. Unter denen vornehmsten
Sünden und Missethaten/ so sie begangen/ stehet auch das Blutver-
giessen ihrer Kinder/
dadurch eben das Land mit Blut-Schulden
beflecket wurde: Sie vergossen
(sagt König David) unschuldig
Blut/ das Blut ihrer Söhne und ihrer Töchter.
Dieses lernten
die Kinder Israel von den benachbarten abgöttischen Heyden/ welche sich
durch den Teuffel bereden liessen/ sie würden GOtt ein grosses Werck
thun/ wenn sie ihre Kinder demselben opfferten/ wie denn Eusebius
meldet Orat. in Const. Caesaris laudem, daß die Phaenicier jähr-
lich ihre liebsten und einigen Kinder geopffert/ welchen auch die Car-
thaginenser
gefolget; wie denn Paulus Orosius von ihnen schreibet/
daß sie die jungen Kinder geopffert/ welches auch die Feinde zum Mit-
leiden bewogen habe. Der Minutius Felix in Octavio spricht: In
etlichen Theilen Africae wurden die Kinder von den Eltern geopffert/
mit schmeichlenden Worten und viel Küssen/ damit sie nicht weinen
solten/ und also ein kläglich Opffer geopffert würde. So berichtet auch
Tertullianus in Apologetico c. 9. daß die Eltern den Kindern die
besten Worte gegeben/ wenn sie sie opffern wollen. (vide M. Johann
Samuel Adami Cornu Copiae, Part. 1. p. m. 1280. 1281. seqq.
)
Und weiln sich die Kinder Israel unter die Heyden gemenget/ und
derselben Wercke gelernet/
v. 35. siehe/ so lernten sie auch der Hey-
den Weise in diesem Stücke/ daß sie ihre Kinder den Götzen Canaan
opfferten/ und unschuldig Kinder-Blut vergossen. Sie fragten wohl
eher/ ob GOtt zuversöhnen sey durch die Auffopfferung ihrer Leibes-
Früchte und erstgebohrnen Kindern; Soll ich meinen erstgebohr-
nen Sohn für meine Ubertretung geben? oder meines Leibes
Frucht für die Sünde meiner Seele?
beym Propheten Micha/
c. 6, 7. Es hatte der Teufel es dazumahl (schreibet der vormahls ge-
lehrte und sehr beliebte Prediger in Leipzig/ Herr Lic. Dan. Grieb-
ner/
in Betrachtung des andern und ewigen Todes/ und zwar im An-

hang

Das unſchuldig vergoſſene Blut.
das Land mit Blut-Schulden beflecket ward/ Pſal. 106, 38. In
dieſem Pſalm will Koͤnig David den Kindern Iſrael/ GOtt zu Ehren/
nicht allein die Goͤttlichen Wohlthaten/ ſondern auch ihre Ubelthaten
und Undanckbarkeit zu Gemuͤthe fuͤhren. Unter denen vornehmſten
Suͤnden und Miſſethaten/ ſo ſie begangen/ ſtehet auch das Blutver-
gieſſen ihrer Kinder/
dadurch eben das Land mit Blut-Schulden
beflecket wurde: Sie vergoſſen
(ſagt Koͤnig David) unſchuldig
Blut/ das Blut ihrer Soͤhne und ihrer Toͤchter.
Dieſes lernten
die Kinder Iſrael von den benachbarten abgoͤttiſchen Heyden/ welche ſich
durch den Teuffel bereden lieſſen/ ſie wuͤrden GOtt ein groſſes Werck
thun/ wenn ſie ihre Kinder demſelben opfferten/ wie denn Euſebius
meldet Orat. in Conſt. Cæſaris laudem, daß die Phænicier jaͤhr-
lich ihre liebſten und einigen Kinder geopffert/ welchen auch die Car-
thaginenſer
gefolget; wie denn Paulus Oroſius von ihnen ſchreibet/
daß ſie die jungen Kinder geopffert/ welches auch die Feinde zum Mit-
leiden bewogen habe. Der Minutius Felix in Octavio ſpricht: In
etlichen Theilen Africæ wurden die Kinder von den Eltern geopffert/
mit ſchmeichlenden Worten und viel Kuͤſſen/ damit ſie nicht weinen
ſolten/ und alſo ein klaͤglich Opffer geopffert wuͤrde. So berichtet auch
Tertullianus in Apologetico c. 9. daß die Eltern den Kindern die
beſten Worte gegeben/ wenn ſie ſie opffern wollen. (vide M. Johann
Samuel Adami Cornu Copiæ, Part. 1. p. m. 1280. 1281. ſeqq.
)
Und weiln ſich die Kinder Iſrael unter die Heyden gemenget/ und
derſelben Wercke gelernet/
v. 35. ſiehe/ ſo lernten ſie auch der Hey-
den Weiſe in dieſem Stuͤcke/ daß ſie ihre Kinder den Goͤtzen Canaan
opfferten/ und unſchuldig Kinder-Blut vergoſſen. Sie fragten wohl
eher/ ob GOtt zuverſoͤhnen ſey durch die Auffopfferung ihrer Leibes-
Fruͤchte und erſtgebohrnen Kindern; Soll ich meinen erſtgebohr-
nen Sohn fuͤr meine Ubertretung geben? oder meines Leibes
Frucht fuͤr die Suͤnde meiner Seele?
beym Propheten Micha/
c. 6, 7. Es hatte der Teufel es dazumahl (ſchreibet der vormahls ge-
lehrte und ſehr beliebte Prediger in Leipzig/ Herr Lic. Dan. Grieb-
ner/
in Betrachtung des andern und ewigen Todes/ und zwar im An-

hang
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[12[10]/0010] Das unſchuldig vergoſſene Blut. das Land mit Blut-Schulden beflecket ward/ Pſal. 106, 38. In dieſem Pſalm will Koͤnig David den Kindern Iſrael/ GOtt zu Ehren/ nicht allein die Goͤttlichen Wohlthaten/ ſondern auch ihre Ubelthaten und Undanckbarkeit zu Gemuͤthe fuͤhren. Unter denen vornehmſten Suͤnden und Miſſethaten/ ſo ſie begangen/ ſtehet auch das Blutver- gieſſen ihrer Kinder/ dadurch eben das Land mit Blut-Schulden beflecket wurde: Sie vergoſſen (ſagt Koͤnig David) unſchuldig Blut/ das Blut ihrer Soͤhne und ihrer Toͤchter. Dieſes lernten die Kinder Iſrael von den benachbarten abgoͤttiſchen Heyden/ welche ſich durch den Teuffel bereden lieſſen/ ſie wuͤrden GOtt ein groſſes Werck thun/ wenn ſie ihre Kinder demſelben opfferten/ wie denn Euſebius meldet Orat. in Conſt. Cæſaris laudem, daß die Phænicier jaͤhr- lich ihre liebſten und einigen Kinder geopffert/ welchen auch die Car- thaginenſer gefolget; wie denn Paulus Oroſius von ihnen ſchreibet/ daß ſie die jungen Kinder geopffert/ welches auch die Feinde zum Mit- leiden bewogen habe. Der Minutius Felix in Octavio ſpricht: In etlichen Theilen Africæ wurden die Kinder von den Eltern geopffert/ mit ſchmeichlenden Worten und viel Kuͤſſen/ damit ſie nicht weinen ſolten/ und alſo ein klaͤglich Opffer geopffert wuͤrde. So berichtet auch Tertullianus in Apologetico c. 9. daß die Eltern den Kindern die beſten Worte gegeben/ wenn ſie ſie opffern wollen. (vide M. Johann Samuel Adami Cornu Copiæ, Part. 1. p. m. 1280. 1281. ſeqq.) Und weiln ſich die Kinder Iſrael unter die Heyden gemenget/ und derſelben Wercke gelernet/ v. 35. ſiehe/ ſo lernten ſie auch der Hey- den Weiſe in dieſem Stuͤcke/ daß ſie ihre Kinder den Goͤtzen Canaan opfferten/ und unſchuldig Kinder-Blut vergoſſen. Sie fragten wohl eher/ ob GOtt zuverſoͤhnen ſey durch die Auffopfferung ihrer Leibes- Fruͤchte und erſtgebohrnen Kindern; Soll ich meinen erſtgebohr- nen Sohn fuͤr meine Ubertretung geben? oder meines Leibes Frucht fuͤr die Suͤnde meiner Seele? beym Propheten Micha/ c. 6, 7. Es hatte der Teufel es dazumahl (ſchreibet der vormahls ge- lehrte und ſehr beliebte Prediger in Leipzig/ Herr Lic. Dan. Grieb- ner/ in Betrachtung des andern und ewigen Todes/ und zwar im An- hang

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Zitationshilfe: Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701], S. 12[10]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/421583/10>, abgerufen am 29.03.2024.