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Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701].

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Das unschuldig vergossene Blut.
ein Wittber/ wiewohl allbereit mit einesBauren Tochter verlobet und
versprochen/ in dieser seiner Einsamkeit mag er mit innerlichen Gedan-
cken seyn auff böse Dinge umgangen/ Satan wird darbey nicht ge-
feyert/ und ihn in seinem bösen Vorsatz gestärcket baben/ daher er an
GOttes gnädiger Vorsorge und Erhaltung seiner und seines Kindes
verzagt/ sich selbsten hengen wollen/ iedoch endlich sein Scheer-M[e]sser
ergriffen/ (das war das Instrument, wormit er unschuldig Blut
vergossen/) und sein armes in der Wiegen liegende schlaffendes Kind
jämmerlich ermordet. Redete Cain mit seinem Bruder freundlich/
ebe er ihn todtschlug/ siehe/ so stellte sich auch dieser Mörder gegen sein
Söhngen freundlich/ indem er mir erzehlet/ daß er dasselbige zweymahl
vor Liebe geküsset/ ehe er es ermordet; Er machte es in diesem Fall/ wie
dorten der Meuchel-Mörder Joab/ welcher den Amasa nicht alleine
auffs freundlichste grüste/ sondern auch gar küste/ ehe er aber sichs ver-
sahe/ stach er ihm das Schwerdt in den Wanst/ daß sein Eingeweide
sich auff die Erde schüttete/ und er seinen Geist auffgabe/
2.
Sam. 20, 9. 10. Er machte es wie Herodes/ welcher anch seine Söh-
ne umbrachte/ daß daher der Römische Käyser Augustus hat von ihm
pflegen zu sagen: Se malle esse porcum ejus, qvam filium,
er wolle lieber seineSaue/ die er/ als ein Jude/ nicht geschlachtet/
als sein Sohn seyn.
Stehet von Cain im Texte/ daß er seinen
Bruder todt geschlagen/ oder/ wie es nach der Grund-Sprache lau-
tet/ geschlachtet; So waren ja eben dieses die erschrecklichen Worte
unsers Mörder/ allermassen er alsobald/ nach vollbrachter Mordthat/
ein Weib geruffen/ und zu mir geschickt/ sie solte mir sagen/ er hätte sein
Kind geschlachtet. O der grausamen Mordthat! O der erschreck-
lichen Mord-Geschicht.

Last uns/ andächtige und mitleidende Christen-Hertzen/ in unserer be-
trübten Andacht fortgehen/ und bey dem unschuldig-vergossenen
Blut auch ansehen

II. Das gerechte Blut-Gericht.II. Das ge-
rechte Blut-
Gericht.

Darbey haben wir zu erwegen +/-) die Inqvisition oder scharffe

Ver-
C 3

Das unſchuldig vergoſſene Blut.
ein Wittber/ wiewohl allbereit mit einesBauren Tochter verlobet und
verſprochen/ in dieſer ſeiner Einſamkeit mag er mit innerlichen Gedan-
cken ſeyn auff boͤſe Dinge umgangen/ Satan wird darbey nicht ge-
feyert/ und ihn in ſeinem boͤſen Vorſatz geſtaͤrcket baben/ daher er an
GOttes gnaͤdiger Vorſorge und Erhaltung ſeiner und ſeines Kindes
verzagt/ ſich ſelbſten hengen wollen/ iedoch endlich ſein Scheer-M[e]ſſer
ergriffen/ (das war das Inſtrument, wormit er unſchuldig Blut
vergoſſen/) und ſein armes in der Wiegen liegende ſchlaffendes Kind
jaͤmmerlich ermordet. Redete Cain mit ſeinem Bruder freundlich/
ebe er ihn todtſchlug/ ſiehe/ ſo ſtellte ſich auch dieſer Moͤrder gegen ſein
Soͤhngen freundlich/ indem er mir erzehlet/ daß er daſſelbige zweymahl
vor Liebe gekuͤſſet/ ehe er es ermordet; Er machte es in dieſem Fall/ wie
dorten der Meuchel-Moͤrder Joab/ welcher den Amaſa nicht alleine
auffs freundlichſte gruͤſte/ ſondern auch gar kuͤſte/ ehe er aber ſichs ver-
ſahe/ ſtach er ihm das Schwerdt in den Wanſt/ daß ſein Eingeweide
ſich auff die Erde ſchuͤttete/ und er ſeinen Geiſt auffgabe/
2.
Sam. 20, 9. 10. Er machte es wie Herodes/ welcher anch ſeine Soͤh-
ne umbrachte/ daß daher der Roͤmiſche Kaͤyſer Auguſtus hat von ihm
pflegen zu ſagen: Se malle eſſe porcum ejus, qvam filium,
er wolle lieber ſeineSaue/ die er/ als ein Jude/ nicht geſchlachtet/
als ſein Sohn ſeyn.
Stehet von Cain im Texte/ daß er ſeinen
Bruder todt geſchlagen/ oder/ wie es nach der Grund-Sprache lau-
tet/ geſchlachtet; So waren ja eben dieſes die erſchrecklichen Worte
unſers Moͤrder/ allermaſſen er alſobald/ nach vollbrachter Mordthat/
ein Weib geruffen/ und zu mir geſchickt/ ſie ſolte mir ſagen/ er haͤtte ſein
Kind geſchlachtet. O der grauſamen Mordthat! O der erſchreck-
lichen Mord-Geſchicht.

Laſt uns/ andaͤchtige und mitleidende Chriſten-Hertzen/ in unſerer be-
truͤbten Andacht fortgehen/ und bey dem unſchuldig-vergoſſenen
Blut auch anſehen

II. Das gerechte Blut-Gericht.II. Das ge-
rechte Blut-
Gericht.

Darbey haben wir zu erwegen ±) die Inqviſition oder ſcharffe

Ver-
C 3
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[21[19]/0019] Das unſchuldig vergoſſene Blut. ein Wittber/ wiewohl allbereit mit einesBauren Tochter verlobet und verſprochen/ in dieſer ſeiner Einſamkeit mag er mit innerlichen Gedan- cken ſeyn auff boͤſe Dinge umgangen/ Satan wird darbey nicht ge- feyert/ und ihn in ſeinem boͤſen Vorſatz geſtaͤrcket baben/ daher er an GOttes gnaͤdiger Vorſorge und Erhaltung ſeiner und ſeines Kindes verzagt/ ſich ſelbſten hengen wollen/ iedoch endlich ſein Scheer-Meſſer ergriffen/ (das war das Inſtrument, wormit er unſchuldig Blut vergoſſen/) und ſein armes in der Wiegen liegende ſchlaffendes Kind jaͤmmerlich ermordet. Redete Cain mit ſeinem Bruder freundlich/ ebe er ihn todtſchlug/ ſiehe/ ſo ſtellte ſich auch dieſer Moͤrder gegen ſein Soͤhngen freundlich/ indem er mir erzehlet/ daß er daſſelbige zweymahl vor Liebe gekuͤſſet/ ehe er es ermordet; Er machte es in dieſem Fall/ wie dorten der Meuchel-Moͤrder Joab/ welcher den Amaſa nicht alleine auffs freundlichſte gruͤſte/ ſondern auch gar kuͤſte/ ehe er aber ſichs ver- ſahe/ ſtach er ihm das Schwerdt in den Wanſt/ daß ſein Eingeweide ſich auff die Erde ſchuͤttete/ und er ſeinen Geiſt auffgabe/ 2. Sam. 20, 9. 10. Er machte es wie Herodes/ welcher anch ſeine Soͤh- ne umbrachte/ daß daher der Roͤmiſche Kaͤyſer Auguſtus hat von ihm pflegen zu ſagen: Se malle eſſe porcum ejus, qvam filium, er wolle lieber ſeineSaue/ die er/ als ein Jude/ nicht geſchlachtet/ als ſein Sohn ſeyn. Stehet von Cain im Texte/ daß er ſeinen Bruder todt geſchlagen/ oder/ wie es nach der Grund-Sprache lau- tet/ geſchlachtet; So waren ja eben dieſes die erſchrecklichen Worte unſers Moͤrder/ allermaſſen er alſobald/ nach vollbrachter Mordthat/ ein Weib geruffen/ und zu mir geſchickt/ ſie ſolte mir ſagen/ er haͤtte ſein Kind geſchlachtet. O der grauſamen Mordthat! O der erſchreck- lichen Mord-Geſchicht. Laſt uns/ andaͤchtige und mitleidende Chriſten-Hertzen/ in unſerer be- truͤbten Andacht fortgehen/ und bey dem unſchuldig-vergoſſenen Blut auch anſehen II. Das gerechte Blut-Gericht. Darbey haben wir zu erwegen ±) die Inqviſition oder ſcharffe Ver- C 3

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Zitationshilfe: Bahn, Nikolaus: Das unschuldig vergoßne Blut. [Pirna], [1701], S. 21[19]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/421583/19>, abgerufen am 29.03.2024.