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Silber, Wolfgang: Exequiae Rothianae. Leipzig, 1619.

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Christliche Leichpredigt.
enim senectutis nutricula bona conscientia. O es ist
ein niedliches bißlein im Alter/ ein gutes Gewissen von
Historia
von zween
Alten.
Strigeniti: de
conicient.
Conc.
8.
Jugend an behalten.

Auff eine zeit kamen zween alte Schulgesellen zu-
sammen/ die einander in vielen Jahren nicht gesehen/
nu aber beyde alt vnd graw worden/ da fraget einer den
andern vnd spricht:

Cur tibi tam levis est, cur tam jucunda sene-
ctus?
Wie kömpts mein Bruder/ daß du noch bey dei-
nem hohen Alter so lustig vnd wol zu muthe bist? darauff
gab jhm der ander zur antwort/ vnd sagte:

Libera quod vitijs tota juventa fuit. Jch wil
dirs wol sagen/ spricht er: daß macht es/ daß ich mich
mein lebetage/ vnd von Jugend auff eines guten ehrli-
chen Nahmens beflissen/ vnd dabey auch ein reines Ge-
wissen habe. Jst fast vermuthlich/ daß der ander ein
scrupulum oder nagendes Würmlein vnter der lincken
Brust gefühlet/ davon er nicht einem jedern sagen wol-
len. Das kan denn manchem in seinem Alter krencken/
drumb sollen sich Junge Leute eines guten Gewissens
befleissen/ wollen sie anders dermal eins ein geruhiges
Alter besitzen. Auch darneben jhrer selbst verschonen/
Prov. 19. 19.
& 22. 24.
Syr. 30. v. ult.
Prov. 29. 23.
& 27. 4.
Proverb.
6. 32.
& 7. 23.
mit Zorn/ sauffen/ vnzucht/ vnd dergleichen immodera-
tis, & inordinatis affectibus,
damit sie jhnen nicht
das Leben selber verkürtzen/ vnd für der Zeit aufffliegen
müssen.

Vnd das were auch den Jungen Leuten gesagt/ zu
jhrer Lehre vnd Erinnerung.

III.
Omnibus incommune.
III. Allen Menschen in gemein.

Vors dritte/ dienet diese heylsame nothwendige

Lehre

Chriſtliche Leichpredigt.
enim ſenectutis nutricula bona conſcientia. O es iſt
ein niedliches bißlein im Alter/ ein gutes Gewiſſen von
Hiſtoria
von zween
Alten.
Strigeniti: de
conicient.
Conc.
8.
Jugend an behalten.

Auff eine zeit kamen zween alte Schulgeſellen zu-
ſammen/ die einander in vielen Jahren nicht geſehen/
nu aber beyde alt vnd graw worden/ da fraget einer den
andern vnd ſpricht:

Cur tibi tam levis eſt, cur tam jucunda ſene-
ctus?
Wie koͤmpts mein Bruder/ daß du noch bey dei-
nem hohen Alter ſo luſtig vnd wol zu muthe biſt? darauff
gab jhm der ander zur antwort/ vnd ſagte:

Libera quod vitijs tota juventa fuit. Jch wil
dirs wol ſagen/ ſpricht er: daß macht es/ daß ich mich
mein lebetage/ vnd von Jugend auff eines guten ehrli-
chen Nahmens befliſſen/ vnd dabey auch ein reines Ge-
wiſſen habe. Jſt faſt vermuthlich/ daß der ander ein
ſcrupulum oder nagendes Wuͤrmlein vnter der lincken
Bruſt gefuͤhlet/ davon er nicht einem jedern ſagen wol-
len. Das kan denn manchem in ſeinem Alter krencken/
drumb ſollen ſich Junge Leute eines guten Gewiſſens
befleiſſen/ wollen ſie anders dermal eins ein geruhiges
Alter beſitzen. Auch darneben jhrer ſelbſt verſchonen/
Prov. 19. 19.
& 22. 24.
Syr. 30. v. ult.
Prov. 29. 23.
& 27. 4.
Proverb.
6. 32.
& 7. 23.
mit Zorn/ ſauffen/ vnzucht/ vnd dergleichen immodera-
tis, & inordinatis affectibus,
damit ſie jhnen nicht
das Leben ſelber verkuͤrtzen/ vnd fuͤr der Zeit aufffliegen
muͤſſen.

Vnd das were auch den Jungen Leuten geſagt/ zu
jhrer Lehre vnd Erinnerung.

III.
Omnibus incommune.
III. Allen Menſchen in gemein.

Vors dritte/ dienet dieſe heylſame nothwendige

Lehre
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[[48]/0048] Chriſtliche Leichpredigt. enim ſenectutis nutricula bona conſcientia. O es iſt ein niedliches bißlein im Alter/ ein gutes Gewiſſen von Jugend an behalten. Hiſtoria von zween Alten. Strigeniti: de conicient. Conc. 8. Auff eine zeit kamen zween alte Schulgeſellen zu- ſammen/ die einander in vielen Jahren nicht geſehen/ nu aber beyde alt vnd graw worden/ da fraget einer den andern vnd ſpricht: Cur tibi tam levis eſt, cur tam jucunda ſene- ctus? Wie koͤmpts mein Bruder/ daß du noch bey dei- nem hohen Alter ſo luſtig vnd wol zu muthe biſt? darauff gab jhm der ander zur antwort/ vnd ſagte: Libera quod vitijs tota juventa fuit. Jch wil dirs wol ſagen/ ſpricht er: daß macht es/ daß ich mich mein lebetage/ vnd von Jugend auff eines guten ehrli- chen Nahmens befliſſen/ vnd dabey auch ein reines Ge- wiſſen habe. Jſt faſt vermuthlich/ daß der ander ein ſcrupulum oder nagendes Wuͤrmlein vnter der lincken Bruſt gefuͤhlet/ davon er nicht einem jedern ſagen wol- len. Das kan denn manchem in ſeinem Alter krencken/ drumb ſollen ſich Junge Leute eines guten Gewiſſens befleiſſen/ wollen ſie anders dermal eins ein geruhiges Alter beſitzen. Auch darneben jhrer ſelbſt verſchonen/ mit Zorn/ ſauffen/ vnzucht/ vnd dergleichen immodera- tis, & inordinatis affectibus, damit ſie jhnen nicht das Leben ſelber verkuͤrtzen/ vnd fuͤr der Zeit aufffliegen muͤſſen. Prov. 19. 19. & 22. 24. Syr. 30. v. ult. Prov. 29. 23. & 27. 4. Proverb. 6. 32. & 7. 23. Vnd das were auch den Jungen Leuten geſagt/ zu jhrer Lehre vnd Erinnerung. III. Allen Menſchen in gemein. Vors dritte/ dienet dieſe heylſame nothwendige Lehre

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Zitationshilfe: Silber, Wolfgang: Exequiae Rothianae. Leipzig, 1619, S. [48]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508444/48>, abgerufen am 25.04.2024.