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Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740.

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Wer Böttners Treu erwägt, der wird von selbsten schlüssen,
Was wir für einen Schatz durch seinen Tod vermissen.
Wie hoch erstreckte sich Sein trefflicher Verstand!
Wie liebreich bot Er uns die holde Vater-Hand!
Wie gründlich war Sein Wort die Weißheit anzupreisen,
Und wie bemüht Sein Fuß, die Tugend-Bahn zu weisen!
Sein Ruhm, Sein Edler Ruhm war einem Balsam gleich.
Drang nicht der Ruf davon in manch entlegnes Reich?
Wo manch gelehrter Mann itzt Böttners noch erwähnet,
Der ihm den ersten Weg zum Helicon gebähnet.
Wie unermüdet war des theuren Mannes Fleiß!
Wer junge Leute zieht, der wischt den sauren Schweiß
Offt von der Stirne weg; die Arbeit voller Plage
Macht ihm, an statt der Ruh, die Nacht gar offt zum Tage.
Doch gab sein muntrer Geist nicht der Bemühung nach,
Wenn schon die Mattigkeit die Leibes-Kräffte brach;
So daß der Tag, der Jhm der letzte hier gewesen,
Jhn nicht verhinderte, noch offentlich zu lesen.
O Tag, den unsre Pflicht niemahls vergessen soll!
Erblaßter Lehrer, nimm den nassen Thränen-Zoll,
Den
Wer Boͤttners Treu erwaͤgt, der wird von ſelbſten ſchluͤſſen,
Was wir fuͤr einen Schatz durch ſeinen Tod vermiſſen.
Wie hoch erſtreckte ſich Sein trefflicher Verſtand!
Wie liebreich bot Er uns die holde Vater-Hand!
Wie gruͤndlich war Sein Wort die Weißheit anzupreiſen,
Und wie bemuͤht Sein Fuß, die Tugend-Bahn zu weiſen!
Sein Ruhm, Sein Edler Ruhm war einem Balſam gleich.
Drang nicht der Ruf davon in manch entlegnes Reich?
Wo manch gelehrter Mann itzt Boͤttners noch erwaͤhnet,
Der ihm den erſten Weg zum Helicon gebaͤhnet.
Wie unermuͤdet war des theuren Mannes Fleiß!
Wer junge Leute zieht, der wiſcht den ſauren Schweiß
Offt von der Stirne weg; die Arbeit voller Plage
Macht ihm, an ſtatt der Ruh, die Nacht gar offt zum Tage.
Doch gab ſein muntrer Geiſt nicht der Bemuͤhung nach,
Wenn ſchon die Mattigkeit die Leibes-Kraͤffte brach;
So daß der Tag, der Jhm der letzte hier geweſen,
Jhn nicht verhinderte, noch offentlich zu leſen.
O Tag, den unſre Pflicht niemahls vergeſſen ſoll!
Erblaßter Lehrer, nimm den naſſen Thraͤnen-Zoll,
Den
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[108/0109] Wer Boͤttners Treu erwaͤgt, der wird von ſelbſten ſchluͤſſen, Was wir fuͤr einen Schatz durch ſeinen Tod vermiſſen. Wie hoch erſtreckte ſich Sein trefflicher Verſtand! Wie liebreich bot Er uns die holde Vater-Hand! Wie gruͤndlich war Sein Wort die Weißheit anzupreiſen, Und wie bemuͤht Sein Fuß, die Tugend-Bahn zu weiſen! Sein Ruhm, Sein Edler Ruhm war einem Balſam gleich. Drang nicht der Ruf davon in manch entlegnes Reich? Wo manch gelehrter Mann itzt Boͤttners noch erwaͤhnet, Der ihm den erſten Weg zum Helicon gebaͤhnet. Wie unermuͤdet war des theuren Mannes Fleiß! Wer junge Leute zieht, der wiſcht den ſauren Schweiß Offt von der Stirne weg; die Arbeit voller Plage Macht ihm, an ſtatt der Ruh, die Nacht gar offt zum Tage. Doch gab ſein muntrer Geiſt nicht der Bemuͤhung nach, Wenn ſchon die Mattigkeit die Leibes-Kraͤffte brach; So daß der Tag, der Jhm der letzte hier geweſen, Jhn nicht verhinderte, noch offentlich zu leſen. O Tag, den unſre Pflicht niemahls vergeſſen ſoll! Erblaßter Lehrer, nimm den naſſen Thraͤnen-Zoll, Den

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: Leichen- und Gedächtniß-Rede. Lauban, 1740, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508578/109>, abgerufen am 25.04.2024.